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Geh zum Teufel, Fremder!: Die großen Western 245
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eBook242 Seiten3 Stunden

Geh zum Teufel, Fremder!: Die großen Western 245

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Über dieses E-Book

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert.
Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen).

Die Frau saß im Stroh an der Boxen­wand, und sie blickte Thorpe erstaunt an. Dann glitten ihre Hände langsam über das Männerhemd, und Thorpe sah nun das Blut. Es lief in einem dünnen Faden über ihre nackte Haut, denn sie hatte das Männerhemd geöffnet gehabt und mit dem Mann an der Gangwand des Mietstalles von Powderville gestanden.


Der Mann lag mitten im Gang, er starb langsam und starrte auf Thorpes langläufigen Fünfundvierziger.


Mein Gott, dachte Thorpe, warum hat er geschossen, warum denn wie ein Irrer auf mich gefeuert? Stößt die Frau von sich, schießt sofort. Die Frau fällt hin, will hoch und kommt ihm in die Schußbahn. Er erschießt sie, ehe er zusammenbricht…


»Thorpe – Thorpe!« flüsterte der Mann. Sein Kopf sank jäh zur Seite, er lag still.


Er hat mich gekannt, dachte Thorpe, aber ich weiß nicht woher. Ich habe ihn vorher nie gesehen gehabt. Er hieß Joe Gall und war ein Stagecoachräuber. Und sie hieß Myrna Logan, eine Prostituierte, seine Freundin, die ihn in Männerkleidung begleitete.


Männer riefen jetzt draußen, dann kamen die ersten in den Mietstall. Einer riß entsetzt die Augen auf.


»Thorpe!« keuchte der Mann. »Thorpe!«


Danach wich er zurück, als hätte er den Teufel gesehen. Vielleicht war Thorpe für einige Männer wirklich der Teufel – zu schnell mit dem Revolver, zu hart, wenn er jemand verfolgte. Er war Marshal gewesen, Deputy-Sheriff, Unruheverhüter bei der Bahn. Er war schon eine Legende, und man hatte ihm Dinge angedichtet, die es nie gegeben hatte.


»Clay Thorpe?« ächzte jemand. »Vorsicht, Leute, zurück, es ist Clay Thorpe, der
SpracheDeutsch
HerausgeberKelter Media
Erscheinungsdatum24. Apr. 2018
ISBN9783740928544
Geh zum Teufel, Fremder!: Die großen Western 245

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    Buchvorschau

    Geh zum Teufel, Fremder! - G.F. Barner

    Die großen Western

    – 245 –

    Geh zum Teufel, Fremder!

    G.F. Barner

    Die Frau saß im Stroh an der Boxen­wand, und sie blickte Thorpe erstaunt an. Dann glitten ihre Hände langsam über das Männerhemd, und Thorpe sah nun das Blut. Es lief in einem dünnen Faden über ihre nackte Haut, denn sie hatte das Männerhemd geöffnet gehabt und mit dem Mann an der Gangwand des Mietstalles von Powderville gestanden.

    Der Mann lag mitten im Gang, er starb langsam und starrte auf Thorpes langläufigen Fünfundvierziger.

    Mein Gott, dachte Thorpe, warum hat er geschossen, warum denn wie ein Irrer auf mich gefeuert? Stößt die Frau von sich, schießt sofort. Die Frau fällt hin, will hoch und kommt ihm in die Schußbahn. Er erschießt sie, ehe er zusammenbricht…

    »Thorpe – Thorpe!« flüsterte der Mann. Sein Kopf sank jäh zur Seite, er lag still.

    Er hat mich gekannt, dachte Thorpe, aber ich weiß nicht woher. Ich habe ihn vorher nie gesehen gehabt. Er hieß Joe Gall und war ein Stagecoachräuber. Und sie hieß Myrna Logan, eine Prostituierte, seine Freundin, die ihn in Männerkleidung begleitete.

    Männer riefen jetzt draußen, dann kamen die ersten in den Mietstall. Einer riß entsetzt die Augen auf.

    »Thorpe!« keuchte der Mann. »Thorpe!«

    Danach wich er zurück, als hätte er den Teufel gesehen. Vielleicht war Thorpe für einige Männer wirklich der Teufel – zu schnell mit dem Revolver, zu hart, wenn er jemand verfolgte. Er war Marshal gewesen, Deputy-Sheriff, Unruheverhüter bei der Bahn. Er war schon eine Legende, und man hatte ihm Dinge angedichtet, die es nie gegeben hatte.

    »Clay Thorpe?« ächzte jemand. »Vorsicht, Leute, zurück, es ist Clay Thorpe, der Gunner!«

    Gunner, dachte Thorpe, Revolvermann – ich? Das war ich nie, aber nun werden sie schreiben, ich hätte auch noch eine Frau mit zwei Kugeln ins Jenseits befördert. Daß Joe Gall sie erschoß, daß ich nur, weil ich ein frisches Pferd brauchte, in den Mietstall kam – das wird auch nicht ganz wahr sein. Wahrscheinlich habe ich Joe Gall gejagt, um ihm das Geld aus dem Post­raub wieder abzunehmen, he? Der Narr brauchte ein Pferd für seine Freundin und überfiel den Stallhelp, und er hatte die gesamte Beute auf seinem Gaul, den er hinter dem Stall angebunden hatte.

    Gall war tot – die Frau auch, und das Geld hatte Thorpe nur drei Minuten später im Packen des Pferdes gefunden. Daß Gall den Überfall mit zwei Partnern ausgeführt hatte, hatte Thorpe erst vom Sheriff erfahren.

    Clay Thorpe, der Mann, den sie einen Revolverschießer nannten, hielt jäh sein Pferd zurück. Er hatte die Kuppe des Hügels erreicht und sah sich blitzschnell um.

    Immerhin gab es noch Galls beide Partner. Gall, als der Boß, hatte die Beute gehabt – seine Partner mußten weit vor der Stadt warten. Dann waren sie bei der Schießerei Hals über Kopf geflohen. Niemand kannte sie, sie hatten beim Überfall Gesichtsmasken getragen, und Thorpe fragte sich seit zwanzig Stunden, ob sie nicht nach Pow­derville zurückgekommen waren. Da man sie nicht kannte, hätten sie es tun können.

    Wenn es so war, hatte er sie vielleicht im Nacken. Sie würden Galls Tod und den Verlust des Geldes rächen wollen.

    Keine Staubwolke, nirgendwo ein Reiter. Er war allein, ritt wieder an und hatte den direkten Weg nach Sheridan in Wyoming längst verlassen. Thorpe ritt nun auf die Bighorn Mountains zu. Er kannte zwei Wege über die Berge, und er würde auf beiden Wegen keine Stadt mehr berühren.

    Thorpe konnte machen, was er wollte – immer wieder stand das Bild der Frau vor seinen Augen.

    Wie sie mich angesehen hat, grübelte er: staunend, verwirrt. Wäre sie doch am Boden liegengeblieben. Jetzt werden sie aus ihr das unschuldige Opfer einer Schießerei zwischen dem berüchtigten Clay Thorpe und einem kleinen Banditen machen.

    Thorpe fror, obgleich es Nachmittag und heiß war, er ritt jetzt durch den Buschstreifen in einem Tal.

    Dann hörte er das Singen und zuckte zusammen. Thorpe hatte gegrübelt, fuhr herum, als das Schwirren ihn erreichte.

    Ich Narr, dachte Thorpe – ein Lasso! Ein Pferd geht hinter mir an, hinter mir!

    Er warf sich zur Seite. Und dann sah er das zweite Lasso und hörte das zweite Pferd. Das zweite Lasso erwischte ihn.

    Galls Freunde waren da!

    *

    Er hing wie ein Fisch an der Angel. Das Pferd raste durch die Büsche. Stöße warfen Thorpe herum, und er sah nun durch den Staub, den das Pferd hochwirbelte, die Lichtung.

    »Halt an, Nick – halt an, der ist fertig!«

    Der Mann schrie es hinter ihm. Der andere riß das Pferd herum. Thorpes Körper kollerte auf der abfallenden Lichtung ein paar Schritt weiter. Die Augen geschlossen, die Arme durch das Seil fest an den Körper gepreßt, lag Thorpe wie tot auf den Steinen. Das Seil zog sich hart zusammen.

    »Halte ihn stramm!« sagte der Mann und kam auf ihn zu. »Nick, laß nicht locker, vielleicht trickst er nur, der Hundesohn.«

    Thorpe blinzelte, er stellte sich tot. Es war nicht das erste Mal, daß er an einem Lasso gehangen hatte, und er wußte, wie man das Schleifen einigermaßen heil überstehen konnte. Der Bursche hatte ihn etwa sechzig Schritt weit nachgeschleift. Der Mann hielt sein Gewehr im Hüftanschlag und näherte sich Thorpe vorsichtig.

    »Quinn, paß bloß auf. Der Hund ist vielleicht lebendiger, als du ahnst!«

    »Werde ich sehen!«

    Das war alles, was Quinn sagte. Er kam näher, streckte dann das Gewehr vor und tat so, als wollte er Thorpe anheben.

    Der stößt zu, dachte Thorpe, also schlaff machen, nur nicht zucken, nicht stöhnen…

    Er war darauf vorbereitet – nur nicht auf die Wucht des Stoßes. Der Mann Quinn jagte ihm den Gewehrlauf so hart in die Rippen, daß Thorpe glaubte, das Brechen seiner Knochen zu hören. Schmerz raste durch seinen Körper, aber er zuckte nicht.

    »Na?«

    »Der ist fertig«, sagte Quinn nach dem Stoß. Jetzt streckte er die Gewehrmündung unter Thorpes Rippen und wuchtete einmal. Thorpe flog auf den Rücken. Er ließ seine Halsmuskeln ganz locker und wackelte etwas mit dem Kopf, als er herumflog. Danach nahm er den Kopf noch quer zur Seite und wußte, was Quinn nun denken mußte.

    »Mensch!« sagte Nick und ließ das Lasso etwas lockerer. »Hat der Lump sich das Genick gebrochen?«

    »Nee«, erwiderte Quinn maulend. »Aber er ist total alle. Gib mal ’n Ende Stoff, damit ich ihn binden kann. Mit dem spiele ich Fangball – den hänge ich an den nächsten Baum und haue ihm die Gedärme aus dem Bauch.«

    Heiliger Moses, die ganz rauhe Sorte, dachte Thorpe entsetzt. Wie konnte ich Idiot auch dösen und an Myrna Logan denken. Ich habe sie nicht umgebracht, also, was denke ich dauernd an die Frau?

    Das Lasso wurde ganz locker. ­Thorpe lag still. Quinn kam, Thorpe blinzelte und sah, daß Quinn eine Schlinge machte, um ihm die Beine zu binden.

    Er hatte sich zu tief gebückt. Thorpe riß die Beine blitzschnell an, drückte sich mit den Händen ab und rutschte dem dicken Burschen entgegen. Dann trat er blitzartig nach oben. Die Stiefel schossen Quinn in den Bauch. Quinn röchelte, flog zurück, er bekam keine Luft mehr. Thorpe wälzte sich zur Seite, seine Rechte war frei, riß das Messer aus der Scheide und durch­trennte den Strick. Das Herumrollen endete, als Thorpe Quinns Gewehr erreicht hatte. Quinn hatte es auf die Steine gelegt, ehe er begann, den Strick zu einer Schlinge zu formen.

    Mit einem Griff hatte Thorpe das Gewehr, kam auf die Knie, stieß sich ab und sah den Mann Nick zum Colt greifen. Thorpe drückte ab. Das Gewehr spie Feuer. Die Kugel riß Nick den Hut vom Schädel, und er stieß einen entsetzten Schrei aus, während seine Arme in die Höhe sausten. Thorpe sprang weiter, flog zur Seite und sah den dicken Quinn am Boden kauern. Er wollte ziehen, als Thorpe ihm das Gewehr knallhart über den Schädel schlug und sofort wieder zu Nick herumwirbelte.

    »Na?« fragte Thorpe. »Na, du Hundesohn?«

    »Nicht – nicht schießen!« stöhnte Nick und starrte in die Gewehrmündung.

    »Wie habt ihr das geschafft?« fragte Thorpe. »Beinahe fünfzig Meilen – wie habt ihr es gemacht?«

    »Was – was?« ächzte Nick. »Fünfzig Meilen – ich verstehe nicht?«

    Thorpe blickte auf die Chaps, sah jetzt erst den Eisengriff und die Stange am Sattel aus dem Packen ragen. Ein Brandeisen! Sein Blick wanderte weiter, traf Quinns Pferd. Auf dem Gaul waren ein gutes Dutzend langer Eisenstangen mit angeschmiedeten Ösen zu sehen – Stangen, wie man sie zum schnellen Aufbau eines Corrals brauchte. Beide Pferde hatten dasselbe. Brandzeichen – ein großes C mit einem Stern über dem oberen Bogen.

    Ich werde verrückt, dachte Thorpe, Weidereiter!

    »Los runter!« befahl er scharf. »Steig ab, aber versuche nichts, du Narr! Warum habt ihr mich aus dem Sattel geholt, he?«

    »Das – das weißt du doch ganz genau«, erwiderte der Mann. »Drück nicht ab. Du wirst uns doch nicht wegen der paar Rinder abknallen wollen? Hör mal, wir können dich ja nicht gesehen haben, wie?«

    »Rinder? Hat man euch Rinder gestohlen?«

    Nick lachte verrückt, antwortete nicht.

    »Ich verstehe«, sagte Thorpe finster. »Ihr habt mich für einen Viehdieb gehalten, was? Warum?«

    »Wenn einer so reitet wie du – sich dauernd umsieht«, sagte er schließlich. Er war vom Gaul gerutscht und zwei Schritte zur Seite gegangen. »Hör zu, Mann, wir vergessen die Sache – und du stellst dich nicht an, als wüßtest du von nichts – in Ordnung? Du hast nach dem einen Bullen sehen wollen, der euch gestern nacht entlaufen ist, als ihr hier durchgezogen seid. Du hättest nicht zu suchen brauchen – er trat in eins der verdammten Erdlöcher und brach sich ein Bein – ich habe ihn erschossen. Also, Mann, du tust uns nichts, wir tun dir nichts und Big Sam erfährt kein Sterbenswort, klar?«

    »Big Sam – wer ist Big Sam?«

    Thorpe ging auf Nick zu, nahm ihm die Waffen ab, entlud sie und feuerte sie in die Büsche. Dann warf er das Gewehr Quinns auch noch fort, zog seinen Colt, und Nick erbleichte, als er die langläufige Waffe sah.

    »Du – du bist gar kein Viehdieb, was?« fragte er stockheiser. »Aber was machst du hier in den Hügeln? Hier ist kein Weg, hier ist Buschland. Warum bist du hier…?«

    »Muß ich auf einer Straße reiten?« fragte Thorpe grimmig. »Für welche Ranch reitet ihr?«

    »Cookridge«, antwortete Nick gepreßt. »Big Sam Cookridge hat uns losgeschickt, die Viehdiebe zu suchen, aber wir haben sie nicht gefunden, nur den Bullen, Mann, wer bist du?«

    »Jemand, der nur so reitet«, gab Thorpe kalt zurück. Er hatte Quinn erreicht, riß ihm den Colt aus den Halfter und warf ihn den anderen Waffen nach. »Ist das hier eure Weide?«

    »Das ist Badland«, sagte Nick. »He, was soll das – was zum Teufel…«

    Thorpe stieg auf Quinns Gaul, nahm den von Nick an die Longe und ritt an. Die Berge waren etwa neun Meilen entfernt.

    »He!« schrie Nick entsetzt. »He, wir haben einen Tagesritt bis zur Ranch – wo willst du mit den Pferden hin?«

    »Geht der Spur nach«, erwiderte Thorpe. »Lauft etwas, Freunde, dort hinten liegen die Berge – in der Schlucht neben den beiden Nadelfelsen werdet ihr sie finden – und denkt, während ihr die Stiefel abwetzt, darüber nach, daß ihr genauso gut tot sein könntet.«

    Der Mann schrie und tobte. Dann rannte er zu Quinn und rüttelte ihn.

    Diese verdammten Narren, dachte Thorpe, sollen sie laufen! In vier Stunden ist es dunkel, und in den Bergen findet man keine Spur mehr von mir. Vielleicht wissen sie in ein paar Tagen, wem sie begegnet sind. Hol’s der Teufel, ich brauche Schlaf. Irgendwo in den Bergen werde ich ausschlafen und die Kerle nie wiedersehen.

    *

    Der Hufschlag hatte Thorpe geweckt. Die beiden Reiter hielten jetzt an der Feldscheune und saßen ab. ­Thorpe lag auf dem Dachboden der Scheune an der Stauluke und atmete erleichtert auf.

    Er hatte keine zwei Stunden geschlafen, war in der Dämmerung in dieses Hochtal gekommen und hatte den Corral im Seitental entdeckt, ehe er auf die Scheune gestoßen war.

    Er umklammerte seinen Colt, hörte das Gemurmel an der Scheune und dann die Schritte. Das Tor knarrte, aber es war so stockdunkel, daß Thorpe kaum die Schatten im Tor sah. Der Klang der Stimme unten ließ ihn zusammenfahren.

    »Komm schnell«, sagte die Frau keuchend. »Komm jetzt, wir haben nicht mehr viel Zeit – er wird schon warten.«

    »Warum denn hier?« fragte der Mann – die Frau zog ihn jetzt am Arm in die Scheune. »Wir hätten es auch unterwegs machen können.«

    »Es muß hier sein – hier haben wir es das erste Mal getan«, kicherte die Frau. »Komm doch, zieh dich aus!«

    Allmächtiger, dachte Thorpe, ich werde verrückt!

    Die Schatten verschwanden, das Tor hatte der Mann herangezogen, und die Schwärze füllte die Scheune aus. Dann begann Stoff zu rascheln. Heu knisterte, und die Frau stöhnte lustvoll.

    »Er wird es merken!« keuchte der Mann abgerissen. »Ich sage dir, irgendwann kommt er dahinter.«

    »Auf die Idee kommt er nie«, gab die Frau mit flatterndem Atem zurück.

    Sie stöhnte schärfer, dann begann sie zu wimmern, und das Heu knisterte, als ob sie sich in ihm wälzten.

    Thorpe vernahm die ganze Skala der Liebesspieltöne, das jagende Geflüster, das tiefe Stöhnen und die erstickten Seufzer, bis es endlich ruhig wurde.

    »Frierst du?« fragte der Mann halblaut. »Du hast eine Gänsehaut.«

    »Nicht wegen der Kühle, du dummer Kerl! Ach, was verstehst du eigentlich? Du bist ein richtiger Kindskopf.«

    »Ich habe Angst«, sagte er plötzlich. »Ich begreife nicht, wie du so ruhig bleiben kannst. Wenn es herauskommt, bringt er uns beide um. Wäre ich dein Mann, würde ich es tun, hörst du?«

    »Bringen wir ihn um, ehe er es erfährt«, sagte sie mit jäher Kälte in der Stimme. »Ein Unfall, wie? Er reitet oft genug allein aus, und es gibt hundert Stellen, an denen ein Unfall passieren könnte.«

    »Hör auf, hör doch auf, ich kann so etwas nicht!« keuchte der Mann laut. »Ich verdanke ihm eine Menge, ich komme mir die ganze Zeit wie der letzte Lump vor, aber…«

    »Aber – das ist es!« unterbrach sie ihn. »Wann wirst du endlich verstehen, daß es aus mit dir ist, wenn er es erfährt? Neulich, als er oben auf den Klippen stand und mit seinem Fernglas die Gegend absuchte, hättest du nur zustoßen brauchen, und er wäre dreihundert Schritt tief abgestürzt. Du Feigling – du liebst mich?«

    »Ich kann es nicht!« ächzte er. »Ich will dich haben, ich muß dich haben, aber nicht zu dem Preis!«

    »Du wirst mich nie haben«, sagte sie eiskalt. »Nie, hörst du? Wenn es jemals herauskommt, dann schiebe ich die Schuld auf dich. Mir wird es dann immer noch besser als dir ergehen. Du wirst arm sein, so arm wie nie zuvor – oder tot, denn er brächte dich um, eigenhändig, du Feigling!«

    »Ich bin kein Feigling, ich bin es nicht!« schrie er. »Ich kann es nicht tun. Kauf doch jemand, du hast doch Geld genug.«

    »Jemand kaufen?«

    Ihre Stimme klang nachdenklich. »Wir würden ihn nie los«, sagte sie dann. »Es wäre nicht schwer, jemand zu finden, aber dann müßte er auch sterben, verstehst du? Könntest du wenigstens ihn umbringen?«

    »Ja, einen Fremden – das machte mir nichts, glaube mir! Sei doch wieder gut, vergiß es, hörst du?«

    »Laß mich!« stieß sie hervor. »Faß mich nicht an.«

    Du großer Gott, dachte Thorpe, das ist ja ein sauberes Paar, pfui Teufel! Wenn ich sie doch sehen könnte, aber – was geht es mich an, he?

    Stoff raschelte, anscheinend zogen sie sich an.

    »Warte doch!« rief er ihr nach, als sie hinausging und das knarrende Tor weit aufstieß. »Warte!«

    Einen Moment sah Thorpe ihre Umrisse. Sie mußte groß und schlank sein. Der Mann stürzte ihr nach, warf das Tor zu.

    »Hör mich an! Ich tue es, ja, ich tue es!«

    »Wann?« fragte sie. »Wann endlich?«

    »Bei der nächsten Gelegenheit – bestimmt!«

    Sie küßten sich anscheinend, sie stöhnte wieder. Dann aber drängte sie zum Aufbruch, und sie ritten davon.

    Thorpe hockte an der Leiter, die nach unten führte. Er starrte in die düstere Tiefe, dachte einen Augenblick daran, daß er ihnen nur zu folgen brauchte, um herauszubekommen, wer ihr Mann war und wer der Bursche, der einen Mord mit ihr verabredet hatte. Dann schüttelte Thorpe den Kopf. Er fluchte, denn er konnte nicht mehr schlafen.

    Als er die Scheune leise verließ, verklang der Hufschlag bereits. Er lief zum Corral, holte das Pferd heraus, brachte es zur Scheune und beseitigte dann die Spuren. Die Sache ging ihm nicht aus dem Kopf. Er dachte an den Mann in Idaho Springs, sein erstes Erlebnis, das er mit einem Mörder gehabt hatte…

    Der Mann hatte seine Frau wegen einer anderen umgebracht. Hier war es umgekehrt – hier sollte ein Mann getötet werden, der vollkommen ahnungslos war.

    »Was geht es mich an?« knurrte Thorpe schließlich. Er gab der Scheunentür einen Stoß – die fiel krachend zu, und er ging zu seinem Pferd, stieg auf. »Es geht mich nichts an!«

    Als er anritt, hatte er das Gefühl umkehren zu müssen, aber er ritt weiter.

    *

    Die Frau hielt ihr Pferd jäh zurück, der Mann fuhr zusammen.

    »Was ist?«

    »Die Haarspange!« sagte sie erschrocken.

    »Meine Haarspange ist fort!«

    »Was?« fragte er verstört. »Die Haarspange? Mein Gott, du hast sie an der Scheune noch gehabt, ich weiß es genau. Als wir kamen, steckte sie noch in deinem Haar. Wo hast du sie verloren?«

    Die Furcht packte ihn. Er wußte, wie wertvoll die Spange war. Sie hatte sie zu ihrem letzten Geburtstag von ihrem Mann geschenkt bekommen.

    »Ich weiß nicht«, stöhnte sie, ihr Schreck verwandelte sich in Panik. »Wenn sie weg ist, wenn sie irgendwo am Weg liegt und jemand findet sie, dann bringt er sie mir. Und wenn er dabei ist …«

    Vor Furcht wurde ihr schlecht, sie stieg ab und lehnte sich mit zitternden Knien an das Pferd.

    »Erinnere dich doch!« forderte er scharf. »Hast du sie noch gehabt, als wir die Scheune verließen?«

    »Ich weiß nicht – ich weiß nicht!« Er fluchte, saß auch ab.

    »Verdammte Finsternis, aber es hilft nichts, wir gehen zu Fuß zurück. Die Schmucksteine des Kammes werden doch sicher glitzern, wir finden sie schon. Komm, komm, es wird immer später!«

    »Ja«, sagte sie

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