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Die großen Western 111: Die Schlinge
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Die großen Western 111: Die Schlinge
eBook119 Seiten1 Stunde

Die großen Western 111: Die Schlinge

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Über dieses E-Book

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen).


Ich hörte die Schüsse aus großer Weite. Das scharfe Geräusch der Detonation riss mich aus meiner Lethargie. Die Monotonie der Wüste, die mich seit fünf Stunden umgab, wirkte ermüdend. Wieder krachten Schüsse. Das Geräusch kam von vorn. Ich ritt schneller. Erregung erfasste mich, wie immer, wenn ich die Nähe von Gefahr spürte. Unwillkürlich griff ich zum Scabbard und zog die Springfield heraus. Mein Pferd zog eine tiefe Spur durch den weichen Sand, die von dem ständig wehenden Wind bald wieder geschlossen wurde. Der Wind kam von Südwesten und traf mich von der Seite. Er trug feinkörnigen Staub mit sich, der längst die Fasern von Hemd und Hose durchdrungen und sich auf meiner Haut festgesetzt hatte. Auf meinem Gesicht hatte er mit dem Schweiß eine dünne graue Kruste gebildet. Meine Kehle brannte, meine Mundhöhle war ausgetrocknet, die Schleimhäute geschwollen. Ich besaß nur noch wenig Wasser, und das wollte ich mir aufsparen, solange es möglich war, denn ich hatte keine Ahnung, wann ich wieder auf eine Wasserstelle stoßen würde. Auf einem Dünenkamm hielt ich an. Die Sonne stand schräg über mir und stach mir ins Gesicht. Die Luft flimmerte, und die feinen Staubbahnen, die der Wind in Wellenbewegungen über die glühend heiße Sandfläche trieb, verliehen dem Land ein Leben, das es nicht besaß. Kandelaberartig geformte Saguaro-Kakteen reckten sich wie einsame Landmarken aus der Einöde. Hier und da erhoben sich Yuccapflanzen, deren Blätter wie gespannte Stahlfedern vibrierten. Westlich von mir begann ein Geröllfeld, das in der grellen Sonnenglut wie verharschter Schnee wirkte.
SpracheDeutsch
HerausgeberKelter Media
Erscheinungsdatum29. Sept. 2015
ISBN9783959792486
Die großen Western 111: Die Schlinge

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    Buchvorschau

    Die großen Western 111 - John Gray

    Die großen Western

    – 111 –

    Die Schlinge

    John Gray

    Ich hörte die Schüsse aus großer Weite. Das scharfe Geräusch der Detonation riss mich aus meiner Lethargie. Die Monotonie der Wüste, die mich seit fünf Stunden umgab, wirkte ermüdend. Wieder krachten Schüsse. Das Geräusch kam von vorn. Ich ritt schneller. Erregung erfasste mich, wie immer, wenn ich die Nähe von Gefahr spürte. Unwillkürlich griff ich zum Scabbard und zog die Springfield heraus.

    Mein Pferd zog eine tiefe Spur durch den weichen Sand, die von dem ständig wehenden Wind bald wieder geschlossen wurde. Der Wind kam von Südwesten und traf mich von der Seite. Er trug feinkörnigen Staub mit sich, der längst die Fasern von Hemd und Hose durchdrungen und sich auf meiner Haut festgesetzt hatte. Auf meinem Gesicht hatte er mit dem Schweiß eine dünne graue Kruste gebildet.

    Meine Kehle brannte, meine Mundhöhle war ausgetrocknet, die Schleimhäute geschwollen. Ich besaß nur noch wenig Wasser, und das wollte ich mir aufsparen, solange es möglich war, denn ich hatte keine Ahnung, wann ich wieder auf eine Wasserstelle stoßen würde.

    Auf einem Dünenkamm hielt ich an. Die Sonne stand schräg über mir und stach mir ins Gesicht. Die Luft flimmerte, und die feinen Staubbahnen, die der Wind in Wellenbewegungen über die glühend heiße Sandfläche trieb, verliehen dem Land ein Leben, das es nicht besaß.

    Kandelaberartig geformte Saguaro-Kakteen reckten sich wie einsame Landmarken aus der Einöde. Hier und da erhoben sich Yuccapflanzen, deren Blätter wie gespannte Stahlfedern vibrierten. Westlich von mir begann ein Geröllfeld, das in der grellen Sonnenglut wie verharschter Schnee wirkte. Weit vor mir entdeckte ich graue und rötlich schimmernde Quader- und Tafelfelsen, die sich – teilweise schachtelartig übereinandergeschichtet – wie bizarre Bauwerke einer untergegangenen Welt erhoben.

    In einer lang gestreckten Bodensenke, die sich an die Gesteinshäufungen anschloss, bemerkte ich, als ich die flache Rechte zum Schutz gegen die Sonne über die Augen hob, eine dunkle Gestalt, die sich schnell bewegte.

    Ich zog mein altes Armeefernglas aus der Satteltasche und setzte es an die Augen. Als ich es schärfer einstellte, erkannte ich einen Mann. Er war zu Fuß. In der rechten Faust hielt er ein Gewehr. Er hastete durch den Sand, in den er bei jedem Schritt bis zu den Knöcheln einsank.

    Seinen Hut hatte er bereits verloren. Der Wind zerrte an seinem langen dunklen Haar. Das Hemd war zerrissen und hing aus der Hose, es umflatterte seinen hageren Körper.

    Immer wieder schaute er sich um, gehetzt, offensichtlich verzweifelt. Ich konnte es nur vermuten. Ich war zu weit entfernt und konnte nicht einmal mit dem Fernglas seinen Gesichtsausdruck so genau erkennen.

    Der Mann lief auf eine Dünenkette zu, die die Senke nach Süden begrenzte. Seine schwerfälligen und doch von unglaublicher Anstrengung zeugenden Bewegungen wirkten auf eine geradezu furchterregende Weise grotesk.

    Diese unermessliche Weite, diese mörderische Hitze – ein Mann ohne Pferd und ohne Hut hatte hier nicht mehr Chancen als ein Schneeball in der Hölle.

    Ich ließ meinen Blick zu den Quaderfelsen zurückschweifen und entdeckte dort plötzlich zwei Reiter; hohe Gestalten mit breitrandigen Hüten. Sie hielten Gewehre in den Fäusten, auf deren dunklen Metallteilen sich das Sonnenlicht brach.

    Sie wirkten in diesem Moment nicht weniger unwirklich als der Mann zu Fuß. Aber das, was ich sah, war kein Traum. Es war Wirklichkeit, und mich fror plötzlich inmitten dieser Gluthitze.

    Die beiden Reiter jagten den Mann, der durch das Wüstental hetzte. Sie taten es sichtlich ohne größere Anstrengung und mit kalter Entschlossenheit.

    Meine Linke krampfte sich fester um den Schaft der Springfield. Wie immer, wenn ich Zeuge wurde, wie ein Schwächerer gequält wurde, packte mich heftiger Zorn. Ich wusste nicht, weshalb der Mann gejagt wurde, aber was ich sah, brachte mich zu der Überzeugung, dass die beiden Reiter keine Gesetzesvertreter waren. Doch ich konnte nichts tun. Ich war zu weit entfernt. Ich konnte die beiden Reiter mit meiner Springfield nicht erreichen.

    Sie trieben ihre Pferde an und ritten langsam in das Tal hinein. Der Mann, der vor ihnen flüchtete, hatte sie bemerkt. Er rannte noch schneller, und ich glaubte fast, seinen rasselnden Atem hören zu können. Unvermittelt blieb er stehen, drehte sich um, hob sein Gewehr und feuerte.

    Er traf die Reiter nicht. Vermutlich war er längst zu erschöpft, hatte sich zu sehr verausgabt und war nicht mehr in der Lage, sein Gewehr mit der nötigen Ruhe zu halten.

    In wilder Angst warf sich der Mann herum und rannte weiter auf die Dünen zu, hinter denen er Deckung zu finden hoffte.

    Die Anspannung in mir wuchs, verbunden mit einem Gefühl totaler Hilflosigkeit. Am liebsten hätte ich mich abgewandt, aber ich konnte nicht. Das, was ich sah, zog mich magnetisch an.

    Kurz bevor der Mann die Dünen erreichte, krachten in rascher Folge zwei Schüsse. Die beiden Reiter hatten ihre Pferde wieder angehalten und sorgfältig gezielt. Die Mündungsfeuer blitzten züngelnd aus ihren Gewehren.

    Der Mann wurde am Fuß der Dünenkette nach vorn gestoßen. Ein paar Schritte rannte er auf einmal unnatürlich schnell. Dann strauchelte er, drehte sich halb herum und ließ sein Gewehr fallen. Ich sah, wie er sich mit beiden Händen an die Brust griff und schließlich zusammenbrach.

    Er verschwand aus meinem Blickfeld, vermutlich war er in eine Bodenvertiefung gestürzt.

    Es war ein eiskalter Mord gewesen. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass der Mann tot war. Er hatte nicht die geringste Chance gehabt, die Kugeln hatten ihn in den Rücken getroffen.

    Ich behielt die Mörder im Auge. Sie unterzogen sich nicht einmal der Mühe, nachzusehen, ob sie richtig getroffen hatten. Sie zogen ihre Pferde herum und ritten davon. Zwischen den Tafelfelsen tauchten sie unter.

    Die Wüste lag wieder still und scheinbar in unberührter Unschuld da. Nur das monotone, durchdringende Singen des Windes war noch zu hören.

    Ich steckte das Fernglas weg und ritt nordwärts. Die Springfield behielt ich in den Händen.

    *

    Ich näherte mich dem reglosen Körper im Sand. Die Sonne war noch ein Stück höher gerückt und stand nun fast senkrecht über dem Wüstental. Beständig hatte ich die Tafelfelsen beobachtet, aber dort rührte sich nichts mehr. Sehr hoch am Himmel entdeckte ich ein paar schwarze Punkte; die Aasvögel verloren nicht viel Zeit.

    Ich zügelte den Hengst knapp zehn Schritte von dem Körper entfernt und stieg ab. Die Springfield in der Rechten und die Feldflasche mit dem schäbigen Rest Wasser, das ich noch hatte, in der Linken schritt ich auf den Mann zu.

    Seine Augen waren geschlossen, sein sehr junges Gesicht wirkte unnatürlich aufgedunsen. Er lag auf der Seite, und ich konnte die beiden Kugeleinschläge in seinem Rücken sehen. Das Blut war in der Hitze zu einer starren Kruste geronnen.

    Ich kniete mich neben ihn. Er konnte noch keine zwanzig sein, ich schätzte ihn auf höchstens achtzehn Jahre. Er war ein kräftiger, hochgewachsener Bursche. Das braune Haar hing ihm wirr um den Kopf.

    Als ich mich tief über ihn beugte, hörte ich seine Atemzüge. Er lebte noch.

    Ich war überrascht. Als ich seine Wunden untersuchte, sank meine Hoffnung jedoch sofort wieder. Es war ein Wunder, dass er überhaupt noch atmete.

    Ich zögerte, mein weniges kostbares Wasser an einen Mann zu verschwenden, der in wenigen Minuten tot sein würde. Ich wischte meine Zweifel jedoch beiseite. Was immer dieser Junge getan hatte, sein Tod war dreckig genug, er hatte einen letzten Schluck Wasser verdient.

    Ich setzte die Feldflasche an seine Lippen, stützte seinen Kopf und flößte ihm das Wasser ein. Die ersten Tropfen liefen ihm zu den Mundwinkeln wieder heraus. Dann begann er zu schlucken. Er hustete. Plötzlich schlug er die Augen auf.

    Sein Blick war trübe. Ich nahm die Feldflasche weg. Ein schwaches Stöhnen drang aus seinem Mund.

    »Hast du Schmerzen, mein Junge?« Meine Stimme klang belegt. Der Tod war mir vertraut. Ich hatte oft selbst töten müssen. Aber nie verließ mich die Befangenheit vor diesem letzten Geheimnis, das noch niemand zu lösen vermocht hatte. Ich fühlte mich unsicher und wusste nicht, was ich sagen sollte.

    »Wer – sind – Sie …?« In dem Jungen steckte Kraft. Sein Brustkorb hob und senkte sich schnell. Sein junger Körper kämpfte gegen die Dunkelheit, in die er schon halb hinübergeglitten war.

    »Ein Freund«, sagte ich. »Willst du noch Wasser?«

    »Ja.«

    Ich hielt die Flasche wieder an seine Lippen. Er schluckte schwer. Seine Bewegungen hatten die Kruste über den Ausschusslöchern der Kugeln in seiner Brust gesprengt. Die Wunden bluteten wieder.

    »Ich wollte doch nur …« Die Stimme des Jungen wurde immer brüchiger. Den Rest des Satzes konnte ich nicht verstehen. Ich senkte meinen Kopf bis auf sein Gesicht hinunter.

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