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Tod im Ungewissen
Tod im Ungewissen
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eBook187 Seiten2 Stunden

Tod im Ungewissen

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Über dieses E-Book

Der Bankier Pierre Dupont ist auf seinem Balkon stehend erschossen worden. Kurz nach dem Mord meldet sich Gaston Orland bei der Polizei und erklärt, der Mörder zu sein. Wenig später bringt die Mordkommission den zweiten Täter, Eugene Plisier, einen Schaubudenbesitzer, zur Wache, der im gegenüberliegenden Garten mit der Waffe in der Hand steht. Eindeutig, aus dieser Waffe wurde geschossen – doch er behauptet felsenfest, nichts mit dem Mord zu tun zu haben. Einer der beiden lügt ... oder gibt es wo möglich einen dritten, Unbekannten?-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum7. Apr. 2016
ISBN9788711508541
Tod im Ungewissen

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    Buchvorschau

    Tod im Ungewissen - Hans Heidsieck

    www.egmont.com

    Kommissar Martin legte den Hörer in die Gabel zurück. Er tat dies mit seiner gewohnten Gelassenheit, — obwohl ihm soeben ein Kapitalverbrechen gemeldet wurde. Ein Mord sogar, wenn sich die Untersuchungskommission nicht geirrt haben sollte. Aber das war wohl kaum anzunehmen. Der Fall schien nach dem, was er eben gehört hatte, ganz klar zu liegen.

    Der Bankier Pierre Dupont hatte, spät abends noch, ein Buch lesend, auf der Veranda gesessen und war vom Garten her plötzlich durch einen einzigen Schuß niedergestreckt worden.

    Der genaue Bericht der Kommission blieb noch abzuwarten.

    Es klopfte.

    Martin erhob sich und rief: „Herein!"

    Sein Sekretär trat aufgeregt in die Stube. Ein Mann sei da, wolle den Herrn Kommissar unbedingt sprechen, und zwar sofort, koste es was es wolle.

    Bevor der Kommissar eine Antwort gab, zündete er sich gelassen eine Zigarre an, als wollte er auch den anderen damit zur Ruhe zwingen.

    „Name?" sagte er dann kurz.

    „Wie bitte?"

    „Den Namen des Mannes möchte ich wissen."

    „Er nannte mir keinen Namen, Herr Kommissar, kommt mir überhaupt völlig — völlig verwirrt vor, wie geistesgestört."

    „Bringen Sie mir doch bitte den Aschenbecher vom Rauchtisch herüber. So, danke. — Also geistesgestört, sagten Sie? Gut — soll hereinkommen."

    *


    Dem Eintretenden hing eine Haarsträhne wirr ins Gesicht. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Er tappte mit unsicherem Schritt auf den Kommissar zu. In seinem Gesicht spielten sämtliche Muskeln. Die Augen hatten einen fiebernden, flackernden Glanz.

    „Herr Kommissar! stotterte er, „ich komme — Sie wissen vielleicht noch gar nicht — — — ich — — ich habe Dupont erschossen.

    Martin schob dem Mann einen Stuhl zu. Auch jetzt verriet nichts an ihm, daß er irgendwie aus der Fassung zu bringen wäre. Seine Gelassenheit wirkte auf den anderen geradezu eine aufreizende Wirkung aus. Nein, er setzte sich nicht. Wie kann er sich setzen — — mit einer solchen Schuld auf dem Gewissen! Ein Verbrecher, den man verurteilen, vor dem man ausspucken wird.

    „Sie — — Sie haben wohl nicht verstanden, Herr Kommissar, ich — — ich bin der Mörder des Bankiers Pierre Dupont."

    „Ich glaube eher, daß Sie mich nicht verstanden haben, entgegnete Martin, an seiner Zigarre drehend, „ich bat Sie, zunächst einmal Platz zu nehmen.

    Der nächtliche Besucher schien hin und her zu torkeln. Sollte er etwa betrunken sein?

    „Nein, danke! rief er mit sich überschlagender Stimme, „ich nehme nicht Platz. Sie können mich doch gleich abführen lassen. Warum verhaften Sie mich denn nicht?

    „Weil ich auf Ihre Behauptung allein noch nichts geben kann, mein Herr! Sie scheinen mir überhaupt einen über den Durst getrunken zu haben."

    Der Befragte strich sich rasch und nervös über den kurzen Spitzbart und wich einen Schritt zurück.

    „Ich — getrunken? Allerdings — etwas, ein wenig. Zwei Glas Whisky. Um mir Mut zu machen. Mut. Jawohl. Ein professionierter Mörder bin ich ja schließlich nicht. Das will alles gelernt sein. — —"

    Martin zweifelte einen Augenblick: redet der Mann wirklich irr? Sollte er etwa tatsächlich betrunken sein? Ein Mörder?

    Die Angelegenheit kam ihm äußerst merkwürdig vor. Er ging auf den Fremden zu, legte ihm eine Hand auf die Schulter und drückte ihn so auf den Stuhl herunter. Dann nahm er selber an seinem Schreibtisch Platz.

    „Also bitte — erzählen Sie — was ist vorgefallen?"

    Der Mann sprang wieder empor. Er war nicht zu halten. „Aber ich habe es Ihnen doch schon deutlich gesagt. Ich habe Dupont erschossen?"

    „Erschossen?"

    „Jawohl! Hier bitte — sehen Sie, das ist der Revolver! Nehmen Sie, nehmen Sie."

    Er warf seinen Trommelrevolver vor den Kommissar auf den Tisch. Martin nahm das Ding zur Hand, löste das Magazin aus und betrachtete es lange und ausgiebig, ohne sich irgendwie dabei zu beeilen. Das Magazin war für sechs Kugeln eingerichtet. Ein Schuß fehlte. Der Lauf war geschwärzt.

    „Hm — hm — wer sind Sie denn?" fragte er langsam.

    „Wer ich bin? Ah — Sie kennen mich nicht? Nein — Sie können mich auch nicht kennen. Ich bin ein ganz unbedeutender kleiner Bürovorsteher. Gaston Orland ist mein Name. Gaston Orland, Mörder."

    Martin legte die Waffe vor sich hin. Stille. Vor den Fenstern rasselten die Jalousien. Sie wurden vom Sturm hin und her geschlagen.

    *


    Die Kommission befand sich noch am Tatort. Alles wurde genau aufgenommen. Der Fotograf hatte zu tun. Blitzlicht flammte auf, und der Arzt untersuchte den Toten.

    Die Dienerschaft wurde verhört. Doch niemand konnte etwas Rechtes sagen. Es war keiner dabei gewesen. Dupont hatte allein auf der Veranda gesessen. Erst als Philippe, der Diener, kam, um den Herrn zu fragen, ob man ihn noch benötige, da es schon spät sei — erst da hatte man das Unglück bemerkt.

    Wurden denn keine Schüsse gehört?

    Nein.

    Der alte Diener stand wie eine Bildsäule da. Neben ihm Mademoiselle Ardenne, die Hausdame, steif, korrekt, völlig benommen. Das Hausmädchen Eglantine hockte in einer Ecke und weinte still vor sich hin.

    Wo sich die Angestellten während der Zeit befanden? Eglantine hatte noch Geschirr abgewaschen. Philippe befand sich bei ihr in der Küche und putzte an einem Messingleuchter herum. Die Hausdame hatte sich zur Ruhe begeben. An diesen Feststellungen war nicht zu zweifeln.

    „Hat Ihr Herr oft Besuch empfangen?" fragte der Kriminalsekretär, der die Angelegenheit leitete.

    Philippe schien erst nachdenken zu müssen.

    Mademoiselle Ardenne nahm ihm die Antwort ab. „Nein, sagte sie, „äußerst selten. Heute allerdings war ein Herr da —

    „Ein Herr? Ah! Wer denn?"

    „Ich kenne ihn nicht, Herr Kommissar, — aber er hat Herrn Dupont öfter aufgesucht. Wenigstens von Zeit zu Zeit. Manchmal ließ er sich auch monatelang nicht blicken."

    „Sie kennen ihn wirklich nicht?"

    „Nein, wirklich nicht."

    „Aber er mußte sich doch irgendwie melden lassen", wollte jetzt der Kommissar von Philippe wissen.

    „Nein — das heißt —, sagte der Diener hüstelnd, „wenn der Herr kam, sagte er immer nur, Herr Dupont wisse bereits Bescheid. Ich erhielt auch den Auftrag, ihn stets gleich vorzulassen.

    „Hm. Können Sie eine Beschreibung geben?"

    „Gewiß. Er war klein, ziemlich dick. Auffallend war eine Warze auf seiner Stirn, an der linken Seite."

    „Wie ging er gekleidet? Gut — einfach?"

    „Etwas altmodisch — wenn ich so sagen darf. Meistens hatte er einen karierten Anzug an. Heute auch wieder."

    „Für was hielten Sie ihn?"

    Fräulein Ardenne mischte sich wieder ein. „Wahrscheinlich war er ein Schmetterlingssammler."

    „Ein Schmetterlingssammler? Verstehe ich recht?" fragte Sekretär Léon verwundert, während er an seiner Krawatte zupfte.

    „Ja, ganz recht, Schmetterlingssammler. Monsieur hatte nämlich eine Vorliebe für solche Tiere; er besitzt riesige Sammlungen, ein Zimmer hängt voll davon, alles schön aufgespießt unter Glas. Es sind sehr seltene Exemplare darunter."

    „So so — und Sie meinen also, daß dieser andere Herr, dieser geheimnisvolle Besucher, ihm neue Schmetterlinge brachte?"

    „Das nahm ich an, ja. — Heute schienen die beiden sich allerdings etwas gezankt zu haben. Jedenfalls hörte ich sie einmal sehr aufgeregt debattieren. Verstehen konnte ich aber nichts."

    Léon machte Notizen. Er fragte noch nach verschiedenen Einzelheiten. Dann wurde die Richtung ermittelt, aus der der tödliche Schuß abgefeuert sein mußte. Man ging durch den Park zur Straße, leuchtete alles ab. Jenseits der Straße glaubte der Kriminalsekretär ein Geräusch zu vernehmen. Es kam aus dem Nachbargrundstück. Er lauschte. Hatte er sich getäuscht?

    Seine Taschenlampe spielte über die Sträucher und Bäume hin. Der Strahl blieb an einem Tuchfetzen hängen. Kurzerhand schwang sich Léon über den Zaun. Gleich darauf hörte man sein erstauntes „Ah!"

    Einen völlig verschüchterten Mann hinter sich herschleifend, kam er wieder zum Vorschein. Der so unerwartet Entdeckte wurde über den Zaun gezogen. Man hielt ihn fest.

    Im Scheinwerferlicht des Polizeiautos, das vor dem Eingang der Villa stand, nahm man ihn näher in Augenschein.

    Der Mann trug einen karierten Anzug. Auf seiner linken Stirnhälfte saß eine Warze.

    Léon durchsuchte ihm rasch die Taschen. Man fand eine Waffe, aus der zwei Schüsse abgefeuert waren.

    Der Mann wurde festgenommen.

    Kommissar Martin ließ sich von seinem seltsamen Selbstankläger den Vorgang beschreiben. Während der Mann, erst noch stotternd und unzusammenhängend, berichtete, schien er nach einer Weile doch seine Fassung wiederzufinden. Er hatte sich sogar wieder hingesetzt.

    „Ja, sehen Sie, sagte er, „das ist alles so — so über mich hergefallen. Ich habe ihm eigentlich nur einen Denkzettel geben wollen, wahrhaftig, Herr Kommissar.

    „Einen Denkzettel? Ah — also ein — Racheakt."

    „Ja, gewissermaßen — das heißt — mir selbst hat er eigentlich gar nichts getan. Aber den Vater meiner Frau, der sein Bruder war — den hat er doch um seinen ganzen Erbteil betrogen, indem er ihm damals minderwertige Aktien angedreht hatte — ich weiß die Geschichte nicht so genau."

    „Der Tote war also ein Onkel von Ihrer Frau?"

    „Ja, ich nannte ihn auch so."

    „Wie?"

    „Onkel. Er lud uns manchmal in die Villa ein. Aber nur so der Form halber — aus Pflichtgefühl, besser, aus Schuldbewußtsein."

    „Ist es denn zwischen ihm und Ihnen zu Auseinandersetzungen gekommen?"

    „Nein. Das gerade nicht. Aber meine Frau — meine Frau haßte ihn."

    „So! Da hat Ihnen Ihre Frau wohl sozusagen den Tip gegeben — —?"

    Orland schien plötzlich in sich zusammenzufallen.

    „Ja! hauchte er, „schon seit Jahren hat sie mir zugesetzt. Sie wissen ja gar nicht, wie so eine Frau einem zusetzen kann. Oder sind Sie verheiratet, Herr Kommissar?

    „Das gehört jetzt wohl nicht hierher!" erwiderte Martin mit einem ganz feinen Lächeln.

    „Ja — also — es muß mir ja doch herunter von meiner Seele. Hat mich schon lange genug gequält — und schließlich zu dieser entsetzlichen Tat getrieben."

    Der Kommissar wurde aufmerksam. Nach dem Zucken in seinen scharfen Zügen zu urteilen, schien in ihm etwas vorzugehen.

    „Ja, fuhr der andere unaufgefordert fort, „getrieben. Sie hat mich zu dieser Tat getrieben. Und wie! Davon können Sie sich gar keine Vorstellung machen. Geradezu tropfenweise hat sie mir das Gift eingeflößt, dieses schleichende Gift der Verbitterung, in der sie sich selber schon vollkommen festfraß. Erst waren es nur kleine Sticheleien, Herr Kommissar. Jawohl. Bis sie dann immer deutlicher wurde. Es sei eine Schande, behauptete sie, daß dieser Mann, der sein ganzes Vermögen doch nur durch Betrug und Gemeinheit erlangt habe, — also, daß der so im Fett säße, während wir uns mit den zwei Kindern kümmerlich durchwürgen müßten. Jawohl. Und so ist es auch. Kümmerlich. Sie wissen nicht, was das heißt, Kinder großzuziehen. Da fehlt es bald hier, bald dort am Nötigsten. Und anständig angezogen will man doch auch gehen, nicht wahr? Ja. Und wir hätten es genauso gut haben können, wie dieser Onkel, wenn er eben nicht meinen Schwiegervater betrogen hätte. Jawohl!

    „Na — und — wie kam es dann endlich zu der Tat?"

    „Wie es immer, oder doch meistens zu einer Tat kommt, Herr Kommissar: langsam, doch zwangsläufig, so von innen heraus, bis man völlig verblendet ist und dann sozusagen gar nicht mehr weiß, was man eigentlich tut."

    Martin sah den Sprecher mit einem Blick an, der mehr als eine Amtsmiene war. Diese Geschichte — sagte er sich — hatte ganz andere Hintergründe, als es gewöhnlich der Fall war. Hier wirkten Motive mit, die man zum mindesten etwas verstehen konnte. Irgendwie nahm er Anteil an diesem unglücklichen Menschen, der ihm da seine Herzensnot schilderte. Jedenfalls witterte er bereits, daß kein gemeiner Racheakt vorlag, daß sich die Dinge noch ganz anders entwickeln konnten.

    „Sie stehen wohl stark unter dem Einfluß Ihrer Frau?" sagte er.

    Der andere senkte beschämt den Kopf. „Ja, erwiderte er, „leider muß ich das eingestehen. Leider. Ich war zu vernarrt in sie, als sie noch jung war — und das wußte sie auszunutzen. Es wurde für mich ein Martyrium. Ich wurde zu einem Werkzeug in ihren Händen. Schließlich hatte ich gar keine Ruhe mehr. Tag und Nacht hat sie mir zugesetzt. Dann ist es schließlich soweit gekommen.

    „Und Sie schämen sich gar nicht, sich von einer Frau beherrschen zu lassen?"

    „Herr Kommissar — verzeihen Sie — aber ich glaube, jeder Mann wird mehr oder weniger von seiner Frau beherrscht."

    „Ach, das ist Unsinn, entgegnete Martin ärgerlich, „wer das tut, ist in meinen Augen kein Mann mehr.

    Orland schwieg zerknirscht. Endlich bemerkte er:

    „Jedenfalls, Herr Kommissar, sollen Sie mich auch nicht mißverstehen. Ich will mich damit gar nicht entschuldigen. Ganz im Gegenteil. Es war meine Tat und ich muß auch dafür verurteilt werden. Vielleicht — ja — vielleicht habe ich eben durch diese Tat nur den furchtbaren Bann einmal brechen wollen."

    „Kommen wir wieder zur Sache, lenkte Martin ruhig ein, „bitte erzählen Sie, wie sich dann alles zutrug.

    Orland strich sich über die Stirn, als ob er sich erst besinnen müßte.

    In diesem Augenblick wurde die Tür geöffnet. Léon trat ein.

    *


    „Ah! Léon! rief Martin, „nun — ich glaube, Sie brauchen sich nicht mehr viel um den Fall zu bemühen.

    Der Sekretär sah ihn verblüfft an. „Wieso? fragte er, „allerdings, wir haben den Täter schon, wenn nicht alles trügt. Aber wie können Sie wissen — —?

    Martin drückte auf einen Knopf. Dann wandte er sich wieder Orland zu, der Léon verständnislos ansah.

    „Ich lasse Sie jetzt in die Haftzelle führen, Monsieur Orland. Alles Weitere findet sich. Morgen früh werden wir weiterreden. Ich muß erst noch mit diesem Herrn hier sprechen."

    Orland wurde hinausgeführt.

    „Also, was gibt es — Sie haben den Täter?"

    Der Sekretär berichtete in knappen Worten. Sein Vorgesetzter hörte ihm ruhig zu. Dann bemerkte er:

    „Wenn ich Ihnen nun aber sage, daß ich

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