Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Dynamit
Dynamit
Dynamit
eBook181 Seiten2 Stunden

Dynamit

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Barlet und Companie, die größte Bank des Städtchens, wird von einer Explosion erschüttert, bei der lediglich die Fensterscheiben platzen - doch auf der Gegenseite wurde eine Filmgesellschaft bis auf die Grundmauern zerstört. Nach einigen Tagen stellt sich heraus, dass das gesamte Bankvermögen durch das Gebäude der Filmgesellschaft gestohlen wurde. Direktor Barlet ist völlig ruiniert und seine Tochter Betty muss erleben, dass der Freiherr von Edenhausen noch am selben Tage die Verlobung mit ihr löst. Kriminalhauptwachtmeister Otto tappt völlig im Dunkeln. Er nimmt sich den Schriftsteller Bettner zu Hilfe, einen Mann, den Betty liebt, einen Mann, der viel theoretische Fantasie hat und gleichzeitig einen Mann, der vor einer Operation steht - ein Bombensplitter muss entfernt werden. Nach der Operation gibt es Fortschritte. Man erfährt, dass alles Geld in einem riesigen Koffer im D-Zug nach München transportiert wurde und dass der Hilfsfahrer Dick und der Diener Thomas verschwunden sind ...-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum11. Apr. 2016
ISBN9788711508428
Dynamit

Mehr von Hans Heidsieck lesen

Ähnlich wie Dynamit

Ähnliche E-Books

Fiktion für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Dynamit

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Dynamit - Hans Heidsieck

    www.egmont.com

    10 Uhr 23 Minuten vormittags wurde plötzlich die ganze Stadt durch eine gewaltige Detonation in Atem gehalten. Es war, als wanke den Leuten der Boden unter den Füssen; Scheiben zersprangen; Menschen und Tiere wurden an die Wände der Häuser geschleudert. Am Ostbahnhof stürzte eine Baracke ein.

    Mit verstörten Mienen liefen die Leute herum. Jeder fragte, was denn geschehen sei. Niemand wusste zu antworten.

    Ein kleiner, untersetzter Mann hastete durch die Stadtanlagen, wo er mit einem Aufseher zusammenstiess.

    „Was ist geschehen?" fragte der Aufseher. Der Kleine meinte, in der Mittelstadt habe eine Explosion stattgefunden. Er hastete weiter. Überall hatten sich Gruppen aufgeregter Menschen gebildet. Je näher er an die Mittelstadt kam, um so heftiger und eindrucksvoller waren die Anzeichen eines katastrophalen Ereignisses.

    In rasendem Tempo kam die Feuerwehr angefahren. Die Leute stoben wirr auseinander. An verschiedenen Stellen hatten sich grosse Menschenaufläufe gebildet.

    Endlich hatte der Kleine das Zentrum der Stadt erreicht. Hier schien man etwas zu wissen. Viele steckten die Köpfe zusammen. Man vernahm die Worte:

    „Berlet und Kompagnie".

    Berlet und Kompagnie war die grösste Bank, die man in der Stadt aufweisen konnte. Der Kleine schob sich durch die Massen gewaltsam vor, um dorthin zu gelangen.

    Das Bankgebäude stand unversehrt, abgesehen von den zersprungenen Fensterscheiben. Aber schräg gegenüber bot sich ein Bild der Verwüstung. Das grosse, monumentale Gebäude einer Filmgesellschaft war total auseinandergeborsten, in sich zusammengefallen und zu einem feuerspeienden Trümmerhaufen verwandelt worden.

    Die Polizei hatte schon abgesperrt. Fieberhaft arbeiteten die Leute der Feuerwehr; sie suchten zu retten — wo wenig zu retten war.

    Der kleine, untersetzte Mann mischte sich unter die Neugierigen, die in Scharen herbeigestürzt kamen.

    Eben nahte Verstärkung der Polizei. Sechs Mann begaben sich in das Bankgebäude. Ein blatternarbiger Wachtmeister mit verfeinerten Zügen schien ihnen, heftig gestikulierend, besondere Anweisungen zu geben.

    Über die Miene des Kleinen huschte ein befriedigtes Lächeln. Niemand bemerkte es; kein Mensch beobachtete ihn. Äusserlich gab er eine völlig unscheinbare Figur ab. Sein Gesicht war stereotyp und schablonenhaft. Man hätte nichts Besonderes an ihm finden können.

    Um ihn her begannen die seltsamsten Vermutungen laut zu werden.

    „Donnerwetter, war das ein Schlag! sagte ein Dienstmann, der in der Nähe stand, „da muss ein ganzes Filmlager explodiert sein!

    „Unsinn, meinte ein anderer, „ein Film kann nicht explodieren. Aber in einem Keller nebenan war ein Benzinlager. Vielleicht dass da —

    Man verstummte. Einige grässlich verstümmelte Leichen wurden davongetragen. Städtische Ambulanzautos führten Verwundete ab. Mauerreste fielen klatschend und einen gewaltigen Rauch erzeugend, in sich zusammen.

    Auch jetzt wusste noch niemand was eigentlich vor sich ging. Die unsinnigsten Behauptungen wurden aufgestellt.

    Der Kleine arbeitete sich bis zum Eingang der Bank vor, den er schon immer beobachtet hatte. Das grosse Tor konnte er ungehindert passieren. In der Halle trat ihm ein Schutzmann entgegen.

    „Bitte zurücktreten!" gebot der Beamte,

    „die Bank ist geschlossen,"

    ohne eine Miene zu verziehen, kehrte das Männchen um.

    Als es dem Schutzmann den Rücken wandte, glitt wieder ein befriedigtes Lächeln über sein Gesicht.

    Ohne sich um die weiteren Vorgänge zu kümmern, bahnte es sich wieder einen Weg durch die Menge und ging mit festen Schritten der Vorstadt zu.

    *


    An der Peripherie des Häusermeeres in der Vorstadt lagen die Schrebergärten. Einige Mietskasernen hatten sich hier zu einem grossen Block zusammengefunden. Mit mürrischen Mienen hielten sie menschliches Elend umklammert.

    In einem der Häuser befand sich ein zahntechnisches Laboratorium. Die Kellerräume des Hinterhauses dienten als Lager für eine Ölfabrik. Eine Möbelfabrik hatte hier ebenfalls eine Flucht von Lagerräumen gemietet.

    In dem Hof, auf den die Fenster des technischen Laboratoriums mündeten, war es meist leer und still. Nur in dem obersten Stockwerk eines der angrenzenden hohen Gebäude wohnte eine Artistenfamilie, die meistens auf Reisen war. In den anderen Stockwerken befanden sich gleichfalls nur Lagerräume.

    Das Laboratorium bestand aus drei ineinander laufenden Zimmern. Etwas besonderes verriet es in seiner Ausstattung nicht. In grossen Glaskästen fand man allerlei Instrumente, Gipsabgüsse, Gebisse und Zahnutensilien jeglicher Art. Das einzig Auffallende konnte höchstens eine grosse altertümliche Standuhr sein, die neben einem Versuchstisch in dem grössten der Räume errichtet war.

    Eine hohe breitschultrige Gestalt machte sich an einem der Tische zu schaffen. Der Mann mochte sich in der Mitte der Dreissig befinden. Er hatte ein ovales Gesicht mit nicht unsympathischen Zügen. Der Mund schien etwas klein im Verhältnis zu den anderen Teilen. Sonderbar nahmen sich die grossen, buschigen Brauen aus, die sich über ein Paar stechend grauen Augen geschwungen hatten. Ausser diesem Manne befand sich noch ein anderer in diesem Raume. Der war kleiner, aber auch von kräftigem Wuchs, trug die Haare nach hinten zugestrichen und besass eine überaus vorwitzige Vogelnase.

    Plötzlich horchte der stämmige Grosse auf. Mit grossen Schritten tappte er auf die Wand und hier auf einen der Glasschränke zu, aus dem sich augenblicklich ein abgerissenes Summen vernehmen liess.

    „Hören Sie, Gebhard? fragte er mit näselnder Stimme, „das verabredete Zeichen. Es scheint alles in Ordnung zu sein!

    „Dick muss ja auch bald erscheinen, bemerkte der Angeredete, „die Explosion war Punkt 10 Uhr 23 Minuten vernehmbar!

    „Ja, genau, wie ich befohlen hatte. Haben Sie für alle Fälle das Auto bereit gemacht?"

    „Jawohl, es steht fahrbereit im Schuppen bei 22."

    Das Telephon rappelte plötzlich. Der Grosse meldet sich.

    „Hier Versuchsstation!" sagte er.

    „Hier Dynamit!"

    rief eine Stimme, „alles in Ordnung. Ankunft in 20 Minuten!"

    „Gut!"

    „Haben Sie die Angeln der Tapetentür frisch geölt?" fragte der Grosse, nachdem er mit Befriedigung das Gespräch entgegengenommen.

    Gebhard blickte ihm vorwurfsvoll ins Gesicht.

    „Habe ich jemals eine Anweisung von Ihnen nicht ausgeführt?" fragte er mit beleidigter Stimme.

    Der Grosse schwieg.

    Er schien etwas nachzurechnen. Endlich bemerkte er: „Ich bin gespannt, was sie mitbringen werden. Aber Dick müsste schon hier sein. Seine Zeit ist überschritten!"

    Plötzlich hörte man Spatzengezwitscher. Der Grosse drückte auf einen Nagel, der neben der Tür in der Wand stak. Mit einem rollenden Summen öffnete sich eine Tapetentür. Der kleine Mann mit den stereotypen Zügen trat grinsend in das Laboratorium.

    „Nun, Dick? fragte der Grosse, „hast Du alles beobachtet —? Taten die Polizisten, wie ihnen geheissen war —?

    „Ja."

    „Ist nichts aufgefallen —?"

    „Nein nichts!"

    „Gut, Dick. In wenigen Minuten müssen sie da sein!! Marsch! In den Kachelofen!"

    Dick verschwand hinter einer gewaltigen Ofenklappe, die mit eisernen Rosen verziert war.

    „Gebhard?"

    „Ja, Herr —!"

    „Ich glaube, es dürfte sich auch für Sie empfehlen, Ihr Quartier aufzusuchen!"

    Gebhard verschwand im Nebenzimmer im Gehäuse der Standuhr.

    Der mit Herr Angeredete steckte sich eine Pfeife an. Irgendwoher scholl eine Stimme: „Hallo!"

    „Losungswort?"

    „Dynamit!"

    „Gut. Eintreten! Knopf ist gedrückt!"

    Wieder öffnete sich die Tapetentür. Drei Männer in Arbeiterkleidung betraten das Laboratorium.

    Der Herr hatte einen Revolver zur Hand genommen, mit dem er scheinbar gleichgültig spielte.

    „Nun, Philipp Mertens?"

    Der so Angeredete, ein blatternarbiger Mensch, mit verfeinerten Zügen und nervösen zitternden Händen, trat vor.

    „Herr, es ist alles nach Wunsch gegangen, teilte er mit, „man hat sich durch die Polizisten düpieren lassen!

    „Ja, ja, lachte der Grosse, „war das nicht ein vorzüglicher Fang?

    „Es ist eine Menge, Herr! Kaum zum Schleppen. Die beiden da haben alles in das Auto geladen, Fred Jack und Anderson packen eben noch aus. Sie werden gleich hier sein. Was wir schleppen konnten, haben wir mitgebracht."

    Jetzt erst bemerkte der Grosse, dass die beiden andern Säcke auf den Schultern hatten.

    „Stellt ab! befahl er, „wir wollen ans Zählen gehen.

    Man packte die Säcke aus. Eine Unmenge Geldnoten kamen zum Vorschein. Das Zählen musste Stunden in Anspruch nehmen.

    *


    In der Kriminalabteilung des Polizeigebäudes herrschte eine fieberhafte Geschäftstätigkeit. Die Telephonapparate kamen überhaupt nicht zur Ruhe. Radfahrer und berittene Boten hasteten und jagten wirr durcheinander.

    Im Privatbureau des Polizeipräsidenten spielte sich eine aufregende Szene ab. Der Direktor Berlet von Berlet und Companie war in einem völlig aufgelösten Zustande hereingestürzt und packte, sich völlig vergessend, den Präsidenten am Kragen an.

    „Herr — Sie — Herr — — ich bin ausser mir!" brüllte er.

    „Sie haben sich wie ein Simpel an der Nase herumführen lassen — — mein Gebäude ist ausgeplündert, sämtliche Safes geräumt — — — Herr — — Ich ziehe Sie zur Verantwortung! 6 Schutzleute haben am Eingang gestanden — — wie konnte das dann geschehen — —?!"

    Der Präsident forderte den Tobenden auf, sich zu beruhigen.

    „Es ist festgestellt worden, bemerkte er sachlich, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, „dass die angeblichen Schutzleute gar keine Beamten waren!

    „So — — o — —? Der Direktor verzog sein Gesicht zu einer nicht sehr geistreichen Miene. „Sie glauben also —

    „Man ist auf die raffinierteste Weise zu Werke gegangen, fuhr der Polizeipräsident ruhig fort, „und alles lässt darauf schliessen, dass die ganze Explosion ein vorbereiteter Trick war!

    „Ja, und ich — — meine Verluste, Herr? Glauben Sie, dass ich das überleben kann? Ich bin ruiniert! Ruiniert bin ich, Herr Präsident!"

    Direktor Berlet wischte sich den Schweiss von der Stirn. Er war nahe daran, vor Verzweiflung um sich zu schlagen. Der Präsident legte ihm den Arm auf die Schulter.

    „Warten Sie doch erst einmal ab, ob wir der Verbrecher nicht habhaft werden! bemerkte er, „wahrscheinlich wird sich dann das Geld auch finden lassen!

    „Das ist ein schwacher Trost. Ich bin ruiniert, sage ich Ihnen! Und meine Tochter — — was soll denn aus Betty werden? Sie wissen doch?" —

    „Ich habe mir allerdings sagen lassen, dass sie dem Freiherrn von Ebenhausen versprochen ist!"

    „Ganz recht. Freiherr von Ebenhausen! Denken Sie — — einem so exquisiten Mann, dem ich meine Tochter für ein kleines Vermögen verkaufen musste! Und nun? Wo ist mein Vermögen? Ich bin ruiniert, sage ich Ihnen; das Glück meiner Tochter ist hin!"

    „Lassen Sie mich jetzt mit Ihrer Tochter in Frieden, sagte der Präsident ärgerlich, „zuerst müssen wir handeln. Sie sehen, ich werde verlangt!

    In der Tür war ein Beamter erschienen und wartete ehrerbietig, bis er gerufen würde. Direktor Berlet griff mechanisch nach seinem Hut.

    „Wir werden uns noch sprechen, Herr Präsident, sagte er mit erhobener Stimme, „nachgeben tue ich nicht. Ich erwarte, dass Sie mir zu meinem Rechte verhelfen!

    „Ich tue selbstverständlich, was meine Pflicht ist. Leben Sie wohl, Herr Direktor — — Nun Otto?"

    Kriminaloberwachtmeister Otto trat an den Tisch heran.

    „Die ersten grössten Recherchen sind abgeschlossen, bemerkte er, „der Sachverständige meint, dass es sich um eine Dynamitexplosion handelt. Der Bankraub muss damit in Verbindung stehen!

    „Hat man Spuren gefunden?"

    „Nein, ich konnte nur einige Leute vernehmen lassen, die alle das Gleiche berichten. Sie befanden sich teils in, teils vor der Bank, als das Filmgebäude zusammenbrach. Bei der allgemeinen Panik bemerkten sie flüchtig bloss, wie sich ein kleiner Trupp Schutzleute nahte, um die Bank abzusperren; sämtliche Beamte, mit Ausnahme eines älteren Prokuristen, waren kopflos davongestürzt. Der Prokurist wurde später bewusstlos vor einem Safe aufgefunden. Die Schutzleute waren verschwunden!"

    Der Präsident schritt nervös auf und ab.

    „Es wäre also nicht schwer, folgenden Schluss zu ziehen: Das Dynamitattentat auf das Gebäude der Filmgesellschaft wurde nur unternommen, um das Publikum und die Angestellten aus der Bank zu entfernen. Die Schutzleute waren gedungene Räuber und haben das Weitere selbst besorgt."

    „Ja, sagte Otto, „das dürfte eine einfache Lösung sein.

    „Sind Menschen zu Schaden gekommen?"

    „Soviel ich erfahren konnte, hat man schon vier Tote geborgen. Weitere sechs sollen noch unter den Trümmern liegen. Neun verwundete Personen wurden in das städtische Krankenhaus überführt."

    Der Präsident war nachdenklich stehen geblieben.

    „Das ist das unerhörteste Verbrechen von dieser Art, das mir jemals zu Ohren kam, sagte er, „es scheint sich um eine ganze Bande zu handeln. Recherchieren Sie weiter und berichten Sie jede Kleinigkeit. Spannen Sie alle Kräfte an. Jede andere Sache soll vorläufig eingestellt werden. Ich stelle Ihnen den gesamten Beamtenapparat zur Verfügung.

    Otto verneigte sich.

    „Es soll geschehen, Herr Präsident, erwiderte er mit seiner polternden Stimme, „was an mir liegt, werden wir die Räuber bald haben ...

    Auf den Strassen wurden die ersten Extrablätter schon ausgerufen. Die Leute rissen sie den Trägern geradezu aus den Händen.

    Der Bericht sagte recht wenig:

    „Heute vormittag 10 Uhr 23 Minuten ereignete sich auf der Hallerstrasse eine erschütternde Explosion. Das Gebäude der Lux-Film-Kompagnie ist einer völligen Zerstörung anheimgefallen. Sämtliche Fensterscheiben in weitem Umkreise wurden zertrümmert; die Oberleitung der elektrischen Strassenbahn ist durch den gewaltigen Luftdruck zerrissen. Es wurden bereits vier Tote geborgen. Man

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1