Der Mann im Schatten
Von Hans Heidsieck
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Buchvorschau
Der Mann im Schatten - Hans Heidsieck
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Solveig zuckte schaudernd zusammen, als sie durch das Fenster geblickt hatte: neben dem leblosen Mann auf dem Boden lag ein kleiner Revolver; unter dem Körper sickerte Blut hervor.
Völlig verwirrt trat sie zurück und suchte einen Gedanken zu fassen.
Da kam Gunnar Tönnessen, den sie vom Ansehen kannte. Schon immer hatte er sie mit seinen Blicken verzehrt — er wollte sie kennenlernen, das wußte sie. Nun zwang sich ihr die Gelegenheit auf, die sie ihm immer schon geben wollte. Der junge Mensch interessierte sie.
Instinktiv trat sie auf den Verblüfften zu: „Verzeihen Sie, daß ich Sie anspreche — aber — ich glaube, da drinnen ist ein Unglück geschehen!"
Gunnar warf seinen Kopf zurück, um die blonden Haare aus dem Gesicht zu schütteln. Er starrte das Mädchen an; sein Blick glitt verwirrt über ihre anmutigen Züge. „Bitte — ein Unglück? Wo?" — stammelte er.
Sie deutete auf das Häuschen, das mitten in einem blühenden Steingarten lag. Es war das Wochenendhäuschen des Maklers Selmer, der sich auch alltags hier öfter blicken ließ, um den gepflegten Garten instandzuhalten.
Gunnar trat an der Seite des Mädchens auf das Haus zu. Er drückte die Klinke herunter. Die Tür war offen; sie traten ein.
„Dort in der Stube, deutete Solveig auf eine andere Tür, „ich habe nur von außen hineingeblickt — aber hier muß es sein.
Der junge Mann zeigte keine sonderliche Erregung, als er an den leblosen Körper herantrat. Mit kritischen Blicken suchte er die Situation zu erfassen.
„Ist das nicht schauderhaft? hörte er hinter sich eine bebende Stimme. Er fuhr herum und blickte in Solveigs blasses Gesicht. Impulsiv faßte er sie bei der Hand und meinte: „Das ist nichts für zarte Mädchen. Gehen Sie bitte wieder hinaus. Ich werde gleich nachkommen.
Die Bestimmtheit in seinem Ton — die Ruhe und Sicherheit, die er zeigte, blieben nicht ohne Eindruck auf sie. Mit einem stummen Kopfnicken verließ sie den Raum ...
*
Gunnar rührte weder den Toten noch die neben diesem liegende Waffe an. Er wußte, daß alles so bleiben mußte, bis die Polizei kam, die er gleich alarmieren würde. Aber er wollte sich zuerst selbst überzeugen, was hier eigentlich vorlag — und er hatte bald seine eigenen Gedanken dabei. In ihm steckte ein Detektiv — wenigstens seiner eigenen Meinung nach. Dieser Fall kam wie gerufen. War er nicht der Neffe des weit über die Grenzen Norwegens hinaus bekannten Kriminalkommissars Dix, den er auf das Höchste bewunderte und dem nachzueifern er schon seit Jahren im stillen bemüht war?
Er hatte sich über das Wesen der Kriminalistik und ihrer Bekämpfung ein besonderes Urteil gebildet — er würde auch neue, eigene Methoden anwenden, wenn es ihm wirklich gelingen sollte, diesen Beruf zu ergreifen. Auf Wunsch seines Vaters hatte er vorläufig Medizin zu studieren.
Lange dachte er über die Lage des Mannes und auch der Waffe nach. Er suchte sich vorzustellen, was hier geschehen war. Irgend etwas, empfand er, paßte zu einem Selbstmord nicht.
Endlich griff er nach seinem Notizbuch und zeichnete alles auf. Dann verließ er den Raum, um draußen Solveig, die ihn erwartete, mit ernster Miene entgegenzutreten.
„Wir müssen die Polizei rufen, sagte er, „aber vorher erzählen Sie bitte noch, wie Sie zu dieser Entdeckung gekommen sind!
„Eigentlich muß ich mich schämen, erwiderte sie, während ein zartes Rot ihre Wangen färbte, „es war die Neugierde, die mich trieb. Das Gartentor hat weit aufgestanden, als ich vor zwei Stunden vorbeikam; — als ich vor kurzer Zeit wiederkehrte, hatte sich nichts geändert. Ich wußte aber, daß Selmer das Tor sonst immer peinlich verschlossen hielt. Nun wollte ich eben nachschauen, was hier los war. Ich ging um das Haus herum; dabei warf ich einen Blick durch die Fenster —
„Sie kannten den Mann?"
„Ja, natürlich. Er war unser Nachbar — das heißt, sozusagen unser Wochenendnachbar. Das Häuschen hier nebenan gehört meinem Vater."
„Ja so. Dann wissen Sie wohl auch über die Lebensverhältnisse Ihres Nachbarn einigermaßen Bescheid?"
Solveig schüttelte den Kopf. „Näheres weiß ich nicht. — — Wollten Sie nicht die Polizei anrufen?"
„Richtig! — Wo ist hier ein Telefon?"
„Drüben beim Kaufmann werden Sie sprechen können."
„Warten Sie bitte. Ich komme sofort zurück."
Ihr freundlich zunickend, schritt er hastig davon. Solveig blieb unschlüssig stehen; dann wandte sie sich einer Steinbank zu, um sich für einen Augenblick niederzusetzen — als plötzlich von einer energischen Männerstimme ihr Name gerufen wurde.
„Vater!?" erwiderte sie erbebend.
„Wo steckst du? — Was machst du da drüben? Du kommst sofort her!"
„Ich komme!"
Solveig kannte ihrem gestrengen Vater gegenüber nur unbedingten Gehorsam — aber es fiel ihr diesmal nicht leicht, folgsam zu sein.
*
Kommissar Dix hob den Hörer: „Du, Gunnar? Also, was gibt es?"
„Ein Mord, Onkel. Du mußt sofort kommen!"
Dix horchte auf. „Ein Mord? Wirklich? Wo?"
Gunnar gab die Lage des Häuschens in der Wochenendsiedlung bekannt. Dix räusperte sich. „Hoffentlich, meinte er, „hast du mir nicht ins Handwerk gepfuscht?
„Nein, Onkel. Ich habe alles so stehen und liegen lassen, wie ich es vorfand. Aber es würde mich freuen und würde mir eine Ehre sein, wenn du mich später bei einer Untersuchung mit hinzuziehen wolltest!"
„Du bist also immer noch von deiner Berufung zum Detektiv überzeugt?"
„Ja, Onkel, das bin ich."
Gunnar glaubte den Onkel am anderen Ende der Leitung lächeln zu sehen.
„Na schön, sagte Dix, „ich will die Angelegenheit selbst in die Hand nehmen. In einer Viertelstunde werde ich dort sein.
*
Das Polizeiauto raste, sich mit einem fortwährend auf und ab schwankenden Heulton freie Bahn schaffend, durch die Straßen der Stadt. Einige Leute hoben die Köpfe und blickten — eine Sensation witternd — dem dahinschwindenden Fahrzeug nach. Es fegte an riesigen Bauten vorüber, die wie aus tausend Augen mit ihren zahllosen Fensterreihen gläsern hinab in die Tiefe starrten — dann wieder ging es surrend durch eine ruhige Villenstraße, die rechts und links von freundlichen Birken eingesäumt war. Die Fahrt führte auf und ab und schließlich eine Höhe empor, von der aus man Oslo sowie den Fjord weithin überblicken konnte. Die Abendsonne tauchte das herrliche Bild in ein goldenes Licht.
Wenige Minuten darauf war das Ziel erreicht. Dix sprang aus dem Wagen. Arzt, Fotograf sowie Kriminalassistent Olsen, sein treuer Gehilfe, folgten ihm.
Gunnar trat den Herren mit wichtiger Miene entgegen. Er hatte, als er vom Telefonieren zurückkam, vergebens nach Solveig Umschau gehalten. Warum war sie fortgegangen? Warum hatte sie nicht gewartet, wie er ihr doch geraten hatte?
Er mußte sich zugestehen, daß er darüber bitter enttäuscht war. Aber zu solchen Betrachtungen gab es jetzt keine Zeit. Mit festen Schritten ging er dem Onkel voraus.
*
Solveig trat ihrem Vater erregt entgegen. Hastig sprudelte sie hervor, daß sich Selmer erschossen habe — aber Herrn Einar Larsen rührte das nicht. Er blickte ihr mit seinen glasklaren Augen starr ins Gesicht. „Na und? Ist das nicht seine Sache? Was geht es uns an? Der Mann ist mir niemals sympathisch gewesen. Es ist nicht schade um ihn."
„Papa!"
„Was willst du?"
„Du bist gefühllos! Selmer war immer nett zu dir."
Larsens Stirn zog sich in Falten. „Ja ja, so nett, brummte er, „daß er mir damals für diese Mistbude zweitausend Kronen zuviel abnahm.
„Das bildest du dir nur ein, Papa. Und — eine Mistbude darfst du nicht sagen. Es ist doch ein nettes Wochenendhäuschen. Mama und mir gefällt es jedenfalls gut."
Larsen blickte an ihr vorbei. Offenbar hatte er gar nicht auf das gehört, was sie sagte. „Wer war der junge Mann, fuhr er fort, „mit dem du da drüben sprachst? Habe ich dir nicht verboten, dich von fremden Männern anreden zu lassen?
„Gewiß, Papa — aber du verbotest mir nicht das Gegenteil."
„Wie? Das Gegenteil? Was meinst du damit?"
„Ich habe ihn angesprochen, — aber auch nur, um ihm zu sagen, daß da drüben ein Unglück geschehen sei."
Larsen musterte seine Tochter mit einem forschenden Seitenblick. „War es nicht Gunnar Tönnessen?" fragte er.
„Ja. Es war Gunnar Tönnessen."
„Also der Sohn des Mannes, der mir schon zwei Prozesse auf den Hals gehängt hat — dem ich es zu verdanken habe, daß meine Nerven allmählich zerrüttet werden. Soll ihn der Teufel holen! Nein, nein, mein Mädel, so haben wir nicht gewettet! In eine solche Familie, in der der Leichtsinn zu Hause ist, heiratest du nicht hinein. Das kommt nicht in Frage."
„Aber Papa! Wer spricht denn vom Heiraten?Lächerlich!"
„Übrigens hat Tante Maria aus Dresden geschrieben. Du bist ihr willkommen. — Wann fährst du ab?"
Solveig blickte den Vater beklommen an. Merkwürdig — bis vor kurzem hatte sie sich noch auf diese Reise nach Deutschland zum Besuch und zur Pflege der stets etwas kränklichen Tante in Dresden gefreut. Und nun auf einmal kam ihr das wie ein böser Traum vor. „Ja so — —" war alles, was sie herausbrachte.
„Was heißt: ja so? Hattest du dich nicht darauf gefreut?"
„Ge—wiß, Papa."
„Na also! Das will ich auch meinen. Es wird langsam Zeit, daß du die Nase mal in die Welt steckst. — Warum bist du so aufgeregt?"
„Hörst du, Papa? Das Auto der Polizei!"
„Na und? Willst du mit zu den Gaffern gehören, die überall zu finden sind, wo es eine Sensation gibt?"
„Nein — aber — —"
„Was?"
„Schließlich ist Selmer doch unser Nachbar gewesen. Was meinst du, warum er sich wohl erschossen hat?"
„Was weiß ich? Vielleicht hat ihm das Gewissen geschlagen. Vielleicht mußte er wegen einer betrügerischen Geschichte befürchten, entlarvt zu werden — —"
„Papa! Warum nimmst du immer gleich etwas Schlimmes an?"
„Weil man sich wegen einer angenehmen Sache nicht zu erschießen pflegt", gab Larsen zynisch zur Antwort und zündete sich eine Zigarre an. Dann klopfte er Solveig die Schulter, nickte ihr einmal kurz zu und entfernte sich.
*
Dix hatte alles genau untersucht, zog seinen Neffen zur Seite und fragte ihn: „Wie bist du nur zu der Meinung gekommen, daß hier ein Mord vorliegt? Wo es sich doch ganz offensichtlich um einen Selbstmord handelt!"
„So? Glaubst du wirklich? Gunnar blickte den Onkel ein wenig spöttisch an. „Dann scheint der hohen Kommission manches entgangen zu sein.
Dix kniff, über die vermeintliche Besserwisserei seines Neffen verärgert, die Augen zusammen. „So! Und was wäre das?"
Gunnar zuckte mit den Achseln und lächelte. „Ich werde nicht gleich mein Geschäftsgeheimnis verraten, erklärte er, „schließlich bin ich in deinen Augen ein Laie und Stümper — und deshalb wirst du auf meine Meinung ohnedies wenig geben.
„Sei nicht so störrisch, Gunnar! erwiderte Dix, jetzt wirklich ärgerlich. „Wenn du tatsächlich etwas entdeckt hast, was von entscheidender Bedeutung sein könnte, dann muß ich dich schon ersuchen, damit herauszurücken.
„Ich behaupte sogar, sagte Gunnar, „daß der Mann die Waffe, die neben ihm lag, überhaupt nicht in der Hand gehabt hat.
„Wunderbar! Na — das wird sich ja nachweisen lassen!"
Gunnar nickte. „Gewiß wird sich das nachweisen lassen. Und dann wirst du mir recht geben müssen."
Dix räusperte sich. Es war ihm unbehaglich zumute. Er wandte sich ab, um Olsen flüsternd eine Weisung zu geben. Die anderen Herren gingen daraufhin noch einmal ins Haus.
Zwei Stunden später wurde der Tote abgeholt.
*
Solveig war in die Stadt gefahren. Hier suchte sie ihre Freundin Ingrid auf. Wenn sie aber geglaubt hatte, Ingrid mit ihrer Neuigkeit etwas Besonderes bieten zu können, so irrte sie sich — ja, sie wurde noch übertrumpft. Die Freundin fiel ihr erregt um den Hals:
„Ach, es ist gut, daß du kommst, Solveig — laß dir erzählen, was mir Unerhörtes begegnet ist."
Solveig ließ sich in einen Sessel fallen und zeigte sich recht enttäuscht. „Na — und? ahmte sie ihren Vater nach, „dir ist auch etwas Unerhörtes begegnet?
„Ja. Mit dem Los. Du weißt ja, ich habe es einlösen wollen. Da sagte der Losverkäufer, das gehe nicht. Es sei Einspruch erhoben worden."
Solveig suchte sich zu besinnen. Wie war das noch? — Richtig! Ingrid hatte vor einiger Zeit auf der Straße ein Lotterielos gefunden. Zu ehrlich, um es einfach an sich zu nehmen, hatte sie nach dem Verlierer geforscht, hatte ihn schließlich auch ausfindig machen können. Es handelte sich um einen alten Artisten in einer Pension. Aufgeregt klopfte sie an die Tür, an die sie verwiesen wurde. Als sie auf einen schwachen Ruf hin dann eintrat, stand sie zu ihrer Überraschung am Lager eines Sterbenden. Die Augen des Mannes ruhten gespannt auf ihr. „Was bringst du mir, kleine Pike? (Mädchen) fragte er mühsam mit schwankender Stimme. „Kommst du, um mir durch deinen Anblick das Sterben leichter zu machen? Du bist wirklich hübsch — das muß man schon sagen.
Ingrid war so benommen, daß sie zunächst nichts erwidern konnte. Der alte Mann flößte ihr Mitleid ein. Sie faßte nach seiner blassen, zitternden Hand.
Endlich brachte sie ihr Anliegen vor. „Sie haben ein Los verloren, nicht wahr?"
Der Mann horchte auf, suchte sich hochzurichten — sank aber wieder erschöpft in die Kissen zurück.
„Haben Sie es gefunden?"
„Ja — auf der Straße. Es muß Ihnen fortgeweht worden sein."
„Und ich hatte hier alles schon auf den Kopf gestellt. Oh — Sie liebes, ehrliches Mädchen. Behalten Sie nur das Los. Es gehört Ihnen. Mir nützt es nichts mehr. Im Himmel, denke ich, werde ich auch ohne Geld leben können — — und übrigens wird es gewiß eine Niete sein."
„Wenn es aber doch ein Gewinn ist?"
„Dann würde ich mich für Sie freuen!"
Ingrid bedankte sich herzlich und ging, — aber nicht, ohne dem alten Mann noch Trost zugesprochen zu haben.
*
Die Szene, die Ingrid ihr anschaulich wiedergegeben hatte, stand Solveig wieder deutlich vor Augen. „Aber das Los, sagte sie, „wurde dir doch geschenkt. Wer konnte Einspruch erheben? Daraus darf ich wohl schließen, daß es gewonnen hat?
„Wie — das weißt du noch nicht? Aber Solveig! Ja richtig, wir hatten uns ja schon tagelang nicht gesehen. Denke dir — fünfzigtausend Kronen ist der Gewinn. Ich werde eine reiche Partie dadurch, das heißt — ich würde es werden, wenn eben nicht — —"
Solveig zog mit dem Stift ihre roten Lippen nach. Jede ihrer Bewegungen war voller Anmut. „Wahrhaftig? horchte sie auf, „und wer will dir das streitig machen?
„Ein Erbe des alten Herrn Blakstadt. So hieß der Artist, der nun vor einigen Tagen gestorben ist."
„Wer ist dieser Erbe?"
„Ein gewisser Herr Lindström. Wir waren schon bei dem Juristen, der Papa immer berät."
„Und was sagte der?"
„Denke dir — der behauptet, es sei nichts zu machen. Ich müßte beweisen können, daß mir das Los geschenkt worden sei — entweder durch etwas Schriftliches oder durch einen Zeugen."
„Das kannst du nicht?"
„Leider nein. Das heißt — — ich wandte mich an die Inhaberin der Pension. Die behauptete, daß in dem Nebenzimmer damals jemand gewesen sei, der möglicherweise etwas gehört hat. Jedenfalls hatte der Mann ziemlich laut gesprochen."
„Wie? Im Nebenzimmer ist jemand gewesen?"
„Ja. Da wohnte auch ein Artist, der einen Bekannten zu sich gebeten hatte — selbst aber noch einmal fortgehen mußte. Der Bekannte wartete in dem Zimmer auf ihn."
„Aber das ist ja ganz einfach — dann brauchst du doch nur den anderen Artisten zu fragen."
„Richtig! Wenn der Mann zu erreichen wäre! Aber er ist auf Tournee gegangen, und niemand weiß, wo er steckt. Den Namen des Mannes, der auf ihn wartete, kann mir die Wirtin leider nicht nennen. Aber da bin ich auf einen Einfall gekommen. Ich werde der Sache durch Gunnar Tönnessen nachforschen lassen."
Solveig fuhr jäh zusammen. „Was? Gunnar Tönnessen? Kennst du den auch?"
„Schon lange. Der studiert doch auch Medizin, wie ich — obwohl er lieber Detektiv werden möchte, wie er mir einmal erzählt hat. Wann hast du ihn denn kennengelernt?"
„Ich? Heute. Deshalb komme ich ja; ich wollte dir gerade berichten — — denke dir, Ingrid, unser Nachbar hat sich erschossen!"
Solveig erzählte ihr Erlebnis — und wie sie bei dieser Gelegenheit Gunnars Bekanntschaft gemacht hatte. Ingrid hörte aufmerksam zu und lächelte. „Dein Interesse für diesen jungen Mann scheint recht lebhaft zu sein!"
„Gefällt er dir nicht?"
„O ja, sehr gut sogar. Im Kolleg haben wir oft nebeneinander gesessen."
Solveig warf einen Seitenblick auf die Freundin. Eine plötzliche Unruhe packte sie. „Interessierst du dich etwa für ihn?"
„Nein. Da brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Ich habe ja meinen Sven. — — Aber was hast du, Solveig? Du krümmst dich ja plötzlich so!"
Solveigs Miene zeigte einen leidenden Ausdruck. „Ja du — ich weiß nicht — es schmerzt mich hier in der Seite. Sie deutete der Freundin die Stelle an. Ingrid fühlte in sich die angehende Ärztin erwachen, untersuchte die Freundin und meinte mit ernster Miene: „Das scheint mir bedenklich zu sein. Seit wann spürst du das?
„Jetzt — eben zum erstenmal. Ich bin selbst