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Der unheimliche Gast
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eBook181 Seiten2 Stunden

Der unheimliche Gast

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Über dieses E-Book

Der Gutsherr Aldergast bekommt gegen 21 Uhr am Abend Besuch von einem Herrn, der vorgibt, in einer wichtigen Familienangelegenheit mit dem Hausherrn sprechen zu müssen, obwohl die Familie des Gutsherrn, einschließlich der Kinder Dr. Manfred und Beate Aldergast, vorhat, an diesem Abend zu einer Tanzveranstaltung ins nahe Grünberg zu fahren. Aldergast verspricht nachzukommen, doch von Stund an bleibt er verschwunden. Die Tochter Beate, die den Gast als Einzige gesehen hat, wird von der Kriminalpolizei befragt. Doch sie kann lediglich sagen: dunkelhaariger, hagerer Gast und man hat einen braunen Wagen gesehen. Nach einer weiteren Woche wird im Hotel in Destedt ein Hotelzimmer geöffnet, denn man hat den Gutsherrn Aldergast erkannt – doch sein Zimmer ist leer. Im zweiten Einzelzimmer, das eine junge Frau in seiner Begleitung gemietet hat, findet man zwei Personen am Tisch – beide mit Kopfschuss getötet. Der Mann ist Aldergast – doch wer ist die Frau? Es gibt bald zwei weitere Leichen, Die Polizei arbeitet fieberhaft, man sucht nach dem hageren Mörder. Vier Leichen, die nichts miteinander zu tun haben – so meint die Kriminalpolizei, doch ein Privatdetektiv liefert schließlich die brillante Lösung.-
SpracheDeutsch
HerausgeberSAGA Egmont
Erscheinungsdatum11. Apr. 2016
ISBN9788711508435
Der unheimliche Gast

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    Buchvorschau

    Der unheimliche Gast - Hans Heidsieck

    www.egmont.com

    Otto, der Diener, kommt, bringt auf silbernem Teller eine Besuchskarte, reicht sie dem gnädigen Herrn.

    „In einer dringenden Angelegenheit!" fügt er hinzu.

    Frau Rita Aldergast blickt ihren Gatten befremdet an. Jetzt — gegen neun Uhr des Abends — ein Gast noch? Ein Gast, der sich durch eine Karte anmelden läßt?

    Der Gutsherr erhebt sich, kommt auf sie zu und küßt ihr die Stirn. Die Gäste blicken verwundert auf.

    „Entschuldige, meine Liebe! sagt Aldergast. „Entschuldigen Sie einen Augenblick, meine Herrschaften!

    Damit ist er verschwunden.

    Man schaut sich betreten an. Es ist etwas geschehen, was ganz und gar urplötzlich aus dem Rahmen des Aldergastschen Lebens herausfällt. Seltsam — sehr seltsam! Es springen gleich Fragen auf, dringende, zwingende Fragen:

    Wer hat sich da melden lassen? Warum ließ Aldergast diesen Besucher nicht bitten, auch auf die Terrasse zu kommen? Was hat er Geheimnisvolles? Warum wurde er plötzlich so aufgeregt, als er die Karte gelesen hatte?

    Man sitzt ein wenig befangen um die Bowle herum: Frau Rita Aldergast, Beate, die Tochter, Manfred, der Sohn, und die Gäste, Familie Grevenbruch. Mann, Frau und Tochter, — gute, liebwerte Nachbarn, die ebenfalls große Besitztümer hatten und öfter des Abends herüber kamen.

    Draußen ist Frühling: sprießender, blühender, lachender Frühling. Um das Bassin herum, gleich vorn im großen Park schaukeln flackernde Lampions. Blütenduft weht angenehm, anheimelnd, berauschend auf die Terrasse zu. Dort — die Mandelbäumchen tun schon ihr Bestes. Überall leuchtet es, rosa und weiß. Das letzte Abendrot zuckt am Himmel.

    Aldergast, Manfred, Grevenbruch und Frau Kitty Grevenbruch hatten Skat gespielt, während die anderen sich unterhielten. Nun ist alles auseinandergerissen. Frau Rita springt für den Gatten ein; aber das Spiel geht gewissermaßen nur erzwungen weiter.

    Beate Aldergast schreitet mit ihrer Freundin Brigitte Grevenbruch langsam die Stufen der Terrasse zum Park hinunter. Arm in Arm, nach Art junger Mädchen, die gern etwas zu schwärmen pflegen.

    „Sag’ mal, Beatchen, — wer mag das nur sein — der Herr, der Deinen Pa noch besuchen kommt zu so — — sagen wir’s offen: inoffizieller, ungelegener Stunde?"

    Beate schüttelte den welligen Blondkopf und zuckt die Achseln. „Ich weiß es wahrhaftig nicht! In der letzten Zeit ist er manchmal ganz sonderbar —"

    „Wer?"

    „Na — mein Vater! Irgendetwas scheint ihn zu quälen, ihm jedenfalls Gedanken zu machen. Manchmal schaut er mich lange an — weißt Du, so — — so sinnend, als wolle er mir etwas sagen, — mich etwas fragen — ich weiß es nicht!"

    Brigitte schlurft mit dem Fuß auf dem Kiesweg. Ein Grübchen spielt bei ihr auf der linken Wange. Sie tippt an einen der Lampions. „Höre mal — was sollte Dein Vater denn haben? Er ist doch der ruhigste, liebste und glücklichste Mensch von der Welt, meine ich! So ein Familienleben, wie Ihr es führt — da könnten sich meine Eltern noch ein Beispiel daran nehmen!"

    Beate zeigt lachend die schönen Zähne: „So — meinst Du? Sind Deine Eltern etwa nicht glücklich?"

    „Nun — wie man’s nimmt. So mit Kitt und Kleister — verstehst Du —?"

    „Nein, — das verstehe ich wirklich nicht!"

    „Na — sagen wir: mit dem Kitt der Gewohnheit und dem Kleister einer gewissen Duldsamkeit und bequemen Lebensauffassung."

    „So — das — — allerdings — bei meinen Eltern gibt es so etwas nicht. Da herrscht Harmonie, auch von innen her!"

    Brigitte hat einen kleinen Blütenzweig abgerissen, mit dem sie spielt.

    „Siehst Du — darin sind Deine Eltern mir immer ein Vorbild gewesen. Bei Euch herrscht stets Frieden, das wahre Glück und das große, unbedingte Vertrauen. Dein Papa ist die Ruhe, die Güte selbst. Ich könnte mir niemals bei ihm etwas Schlechtes denken."

    „Da kann ich Dir allerdings nicht widersprechen. Ich liebe ihn abgöttisch. Vielleicht ist es unrecht, wenn ich es sage, Gittchen, aber an ihm — — an ihm hänge ich mehr als an der Mutter."

    „Das glaube ich Dir, Beate. Obwohl ich auch gegen Deine Mutter nichts sagen kann. Aber bei ihm — bei Deinem Pachen, meine ich, da kommt alles so richtig von innen heraus, so vom Herzen — ich habe ihn eigentlich noch niemals bei schlechter Laune gesehen. Immer hat er einen harmlosen Scherz, eine frische Bemerkung. Wie habe ich oft lachen müssen! Und Du — weißt Du — — gerade deshalb fiel es mir auf, wie er vorhin auf einmal so ernst und nachdenklich wurde, als Otto ihm die Karte brachte. So — gänzlich — — anders!"

    „Das ist mir auch aufgefallen. Es beunruhigt mich. Überhaupt — dieser Fremde — — warum muß uns der bei dem friedlichen Zusammensein stören!"

    „Wir wollten doch noch alle nach Grünberg zur Tanzunterhaltung des Sportklubs! Ob daraus nun noch etwas werden wird?"

    „Wer weiß! — Horch, mein Muttchen ruft eben!"

    Beide eilten zur Terrasse zurück.

    „Höre mal, Beatchen! bemerkt Frau Rita und streicht ihrer Tochter dabei über das wellige Blondhaar, „Du könntest eigentlich einmal schauen, ob Vater noch lange mit dem Fremden zu tun hat. Sei aber leise und vorsichtig. Erinnere ihn daran, daß wir noch zu dem Sportfest wollten — — natürlich mußt Du Dich wegen der Störung entschuldigen.

    „Ja, Muttchen — ich gehe sofort!"

    Sie eilt durch das große Vestibül ins Innere des Schlosses. Klopft vorsichtig beim Zimmer des Vaters an.

    „Herrrrein! ertönt es etwas erregt von innen. „Ach — Du, mein Kind?

    „Ja, Pachen — wir wollten doch noch — —"

    „Richtig, mein Kind — — aber — höre, sage der Mutter, sie möge mit Euch und- Grevenbruchs schon vorausfahren. Ich komme nach, sobald ich hier fertig bin. Schickt nur den Wagen gleich wieder hierher zurück!"

    „Entschuldigen Sie bitte die Störung! bemerkt Beate, zu dem Fremden gewendet; dann wieder zum Vater: „Gut, Pachen — wir werden also vorausfahren. Auf Wiedersehen!

    „Auf Wiedersehen, mein Liebling!"


    Die Fahrt bis Grünberg ist gar nicht weit. Nach zwanzig Minuten bereits ist man dort. Grevenbruchs fahren in ihrem Wagen voraus. Aldergasts hinterher; aber Manfred, am Steuer sitzend, läßt es sich nicht nehmen, einen kleinen Wettfahrtversuch heraufzubeschwören. Er weiß, daß bei dem anderen Wagen Brigitte die Führung hat. Der möchte er imponieren.

    Minutenlang sausen die beiden ungefähr gleich starken Autos auf der Landstraße neben einander her. Endlich kommt Manfred vor. Aber Brigitte fährt auch sehr wacker.

    Die anderen Insassen kreischen zum Teil vor Angst, zum Teil vor Vergnügen.

    Vor dem Gesellschaftshaus in Grünberg wird halt gemacht. Fliederduft — Musik — Lampions — tanzende Paare. Gartenfest.

    „Phänomenal!" meint Manfred, der seiner Mutter behilflich ist, aus dem Wagen zu steigen.

    Den Chauffeur, der neben ihm saß, schickt er zurück, um den Vater zu holen.

    Nun mischt man sich unter die anderen Gäste des Festes. Begrüßungen allerseits, teils wirklich herzlich, teils förmlich-steif. Im allgemeinen hat man viele Bekannte hier, da auf dem Lande die Menschen sich enger zusammenschließen als in der Stadt.

    Brigitte hat sich sehr bald von den anderen abgesondert. Sie ist nicht mehr zu halten, nachdem sie der junge, blonde Referendar Max Alsen zum Tanze gebeten hat. Lächelnd schaut ihr Beate nach. Der steckt auch schon der Frühling in allen Gliedern!

    Ja — der Frühling!

    Freude, Lebenslust leuchtet aus allen Augen. Der Mond blinzelt schelmisch über die Büsche — er ist halt neugierig, und böse kann ihm hier niemand sein. Selbst dem Blasorchester ist man nicht böse, obwohl sein Pusten mehr falsche als reine Töne zutage fördert.

    Alles ist ziemlich ländlich und primitiv. Aber gerade deshalb vielleicht so traulich, so schön und gleichsam so familiär.

    Nur Manfred steht etwas traurig abseits. Er sieht Brigitte mit dem Referendar tanzen. Das paßt ihm nicht.

    Herr und Frau Grevenbruch mit Frau Rita zusammen suchen zunächst einen Tisch, an dem sie Platz nehmen können. Da findet sich eine Ecke in einer Laube. Von hier aus kann man das ganze Fest übersehen.

    Der Vorsitzende des Sportklubs, ein Arzt in den Vierzigern, kommt, um die späten Gäste herzlich willkommen zu heißen.

    Beate hat sich mit an den Tisch gesetzt, während ihr Bruder Manfred die Tombola erst besichtigen muß. Sie blickt verträumt in den flimmernden Glanz der im Bogenlicht tanzenden Paare; als suche sie etwas. Ihr Herz schlägt hoch in Erwartung und Freude. Aber sie darf es nicht merken lassen. Sie hat ihr Geheimnis; glaubt es zu haben. Eigentlich ist es eine ganz böse Sache, muß es wenigstens — müßte es wenigstens sein in den Augen der Eltern; denn der, den sie schon lange liebte, war nicht ihres Standes, obwohl er der Sohn jenes Arztes ist, der eben noch allen die Hand gedrückt hatte. Jedenfalls spekulierte die Mutter für sie auf einen hochgestellten Beamten oder gar auch einen Gutsherrn.

    Mit Hellmut Unger war das so eine eigene Sache. Obwohl er es zehnmal konnte, so hatte er doch keine Lust zu studieren. Er liebte nur die Natur; es zog ihn von je zu den Blumen, zum Garten und in den Sonnenschein. Gärtner wollte er werden, ein ganz einfacher Gärtner. Nach einem Studium stand ihm der Kopf nicht. Er bat den Vater, es ihm zu erlauben, er flehte — lag vor ihm auf den Knien. Niemals wird Beate vergessen, wie er ihr das erzählte, und wie das Leuchten in seine Augen kam, als er berichtete, wie der Vater schließlich gesagt hatte: Gut — magst du nach deinen Anlagen glücklich werden!

    Das war groß von dem Vater, der seine Wünsche hinter die des Sohnes zurückstellen konnte. Und sie — — sie fühlte sich nun einmal mit unwiderstehlicher Gewalt dem Banne ihres Gärtners verfallen.

    Jetzt blitzt es in ihren Augen: da ist er — hat sie erspäht, — kommt an den Tisch, bittet um einen Tanz.

    Frau Aldergast runzelt die Stirn. Schon lange ahnte sie etwas. Jetzt hat sie Gewißheit. Um ihre fein geschwungenen Lippen zuckt es bedeutungsvoll.

    Sich zu Frau Grevenbruch wendend, bemerkt sie: „Kennen Sie diesen jungen Mann?"

    „Aber gewiß doch — — Ungers Sohn — man nennt ihn hier nur den ‚Gärtner‘."

    „Haben Sie nicht bemerkt, wie Beate — — mein Gott — — wären wir doch nicht hierher gefahren!"

    „Ich bitte Sie, beste Freundin — er stammt doch schließlich aus guter Familie!"

    „Nein, nein — — so etwas würde ich niemals dulden! — Der junge Mann ist ein Sonderling. Hätte zehnmal studieren und etwas Besseres werden können. Hingegen — Gärtner! — Ein unangenehmer Zug umspielt die Lippen der sonst noch recht hübschen Frau. „Das muß ich ihr auszutreiben versuchen.

    „Versuchen — jawohl. Dabei wird es auch bleiben!"

    Grevenbruch mischt sich ein: „Ja, das fürchte ich auch, beste Frau Aldergast! Jugend läßt sich in Dingen des Herzens nur schwer beraten. Wir sind ja auch einmal jung gewesen. Und wenn Sie bitte bedenken wollen — — soviel mir Marcel einmal erzählte — — — Sie stammen selbst aus einer einfachen Kaufmannsfamilie — — —"

    Frau Aldergast zuckt unwillkürlich zusammen. Das war ein Hieb!

    „Aber — aber — sie stottert ein wenig — „ich meine es doch wirklich nur gut mit dem Kinde! Bei dieser Erziehung, die sie genossen hat — Sie wissen: Beate besuchte ein erstklassiges Pensionat in der Schweiz. Und das alles, um später Kohl und Rüben bauen zu helfen — —?

    „Ich glaube, Verehrteste, Sie haben einen ganz falschen Begriff von dem Beruf eines Gärtners!"

    „Sind Sie einmal einer gewesen —?"

    „Haha — durchaus nicht!"

    „Dann können Sie auch nicht mitreden, lieber Freund! — Aber lassen wir jetzt dieses unerquickliche Thema. — — Marcel könnte übrigens wirklich nun endlich kommen! — Wo bleibt er denn nur!?"

    „Der fremde Gast wird ihn noch immer in Anspruch nehmen."

    „Ich verstehe das nicht — — dieser Gast — — mir — — mir kommt die ganze Geschichte so unheimlich vor!! Warum sagte er nicht, wer es war? Er sagt mir doch sonst immer alles!"

    „Ja — das mögen die Götter wissen! — Na — — er wird schon noch kommen."


    Es ist zwei Uhr nachts. Aldergast war nicht mehr gekommen. Von Stunde zu Stunde hatte man noch gehofft, daß er plötzlich auftauchen werde. Es war eine Täuschung. Frau Rita wird ungeduldig. Sie drängt zur Heimkehr. Um zwei Uhr dreißig kommt man zuhause an. Otto, der Diener, steht in der Tür.

    „Wo ist denn Papa?" fragt Beate.

    Der Diener hebt, offensichtlich beklommen, die Schultern hoch: „Der gnädige

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