Sebastians letzte Hoffnung?: Toni der Hüttenwirt 326 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Pfarrer Heiner Zandler fuhr ganz langsam. Die Pendler hupten, die auf dem Weg zur Arbeit nach Kirchwalden oder München waren. Zandler fuhr rechts ran und ließ alle vorbei. Einer hielt vor dem Geistlichen an. »Grüß Gott, Herr Pfarrer! Macht ihr Auto mal wieder Mucken? Sie schleichen dahin wie eine Schnecke.« »Grüß Gott, Jan!« Der junge Mann war als Bub Messdiener bei Zandler. »Ich fahre extra ein bisserl langsam. Ich will den Motor schonen. Er klappert ein bisserl.« Das war nicht die ganze Wahrheit. Aber sie war glaubhaft, denn Pfarrer Zandlers altes Auto, ein echter Oldtimer, ging immer mal wieder kaputt. »Wenn es Ihnen recht ist, komme am Samstagnachmittag bei Ihnen vorbei und bringe Heino mit. Wir werden der Karre wieder Leben einhauchen.« »Das ist lieb, Jan. Samstagnachmittag passt mir. Vielen herzlichen Dank! Ich werde Helene Träutlein bitten, einen schönen Kuchen für euch zu backen.«
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Buchvorschau
Sebastians letzte Hoffnung? - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 326 –
Sebastians letzte Hoffnung?
Ella schreitet heimlich ein
Friederike von Buchner
Pfarrer Heiner Zandler fuhr ganz langsam. Die Pendler hupten, die auf dem Weg zur Arbeit nach Kirchwalden oder München waren. Zandler fuhr rechts ran und ließ alle vorbei.
Einer hielt vor dem Geistlichen an. »Grüß Gott, Herr Pfarrer! Macht ihr Auto mal wieder Mucken? Sie schleichen dahin wie eine Schnecke.«
»Grüß Gott, Jan!« Der junge Mann war als Bub Messdiener bei Zandler. »Ich fahre extra ein bisserl langsam. Ich will den Motor schonen. Er klappert ein bisserl.«
Das war nicht die ganze Wahrheit. Aber sie war glaubhaft, denn Pfarrer Zandlers altes Auto, ein echter Oldtimer, ging immer mal wieder kaputt.
»Wenn es Ihnen recht ist, komme am Samstagnachmittag bei Ihnen vorbei und bringe Heino mit. Wir werden der Karre wieder Leben einhauchen.«
»Das ist lieb, Jan. Samstagnachmittag passt mir. Vielen herzlichen Dank! Ich werde Helene Träutlein bitten, einen schönen Kuchen für euch zu backen.«
»Sagen Sie Ihrer Haushälterin viele liebe Grüße! Ihre Kuchen sind besser, als von jedem Konditor.«
»Das hast du lieb gesagt, Jan. Ich werde es ausrichten. Sie wird sich freuen.«
Sie verabschiedeten sich.
Jan ging zu seinem Auto und fuhr weiter.
Zandler warf einen Blick auf das Kruzifix, das am seinem baumelte. »Herr, verzeihe mir! Aber ich konnte doch nicht sagen, dass ich so langsam fahre, weil ich Angst habe, einen Unfall zu bauen. Meine Gedanken sind bei Sebastian.« Pfarrer Zandler fuhr weiter.
Als er vor der Autopforte des Klosters stoppte, kam die Pfortenschwester heraus. »Grüß Gott, Pfarrer Zandler! Sie sind früh heute«, sagte sie.
»Der frühe Vogel fängt den Wurm.«
»Das stimmt, Herr Pfarrer.« Sie ging zurück ins Haus und betätigte den elektrischen Türöffner. Langsam schwenkte das zweiflügelige Tor rechts und links zur Seite. »Alle Schwestern sind in der Frühandacht, Herr Pfarrer«, sagte sie. »Ich kann Oberin Justina aber eine SMS schicken, in der Hoffnung, dass sie einen Blick darauf wirft. Allerdings stehen die Aussichten dafür nicht gut. Sie schaltet das Handy während den Andachten immer aus.«
»Das ist auch gut so. Ich werde warten, bis die Andacht zu Ende ist.«
Zandler fuhr weiter. Das Kloster lag in einem sehr großen Park. Die Ordensschwestern betrieben eine Schule mit Internat und ein Waisenhaus. Das eigentliche Gebäude der Schwestern lag ganz hinten auf dem Gelände.
Zandler stellte seinen Wagen auf dem Parkplatz ab, der zur Schule gehört. Er wollte die restlichen Meter zu Fuß gehen.
Der Wind rauschte leise in den Bäumen. Das Gras und die Blumenbeete waren noch feucht vom Tau. Jeder Tautropfen glitzerte wie ein Juwel im morgendlichen Sonnenlicht.
Zandler suchte den Andachtsraum auf.
Die Nonnen waren in das Morgengebet vertieft.
Zandler setzte sich auf die letzte Bank und wartete, während er den Rosenkranz durch seine Finger gleiten ließ.
Nach der Andacht verließen die Schwestern in Zweierreihen den Raum. Jede nickte ihm freundlich zu, als sie an ihm vorbeiging.
Oberin Justina war die Letzte. Sie blieb stehen und musterte ihn kritisch. Wortlos gingen beide hinaus in den Flur. Es war ein Gesetz, dass im Andachtsraum keine alltäglichen Worte gewechselt wurden.
»Heiner, du siehst nicht gut aus«, sagte sie ihm auf den Kopf zu.
Die beiden kannten sich seit vielen Jahren, waren befreundet und duzten sich, wenn sie allein waren.
»Ich fühle mich auch nicht gut, Justina. Ich habe heute Nacht nicht geschlafen.«
»Müsstest du um diese Uhrzeit nicht die Frühmesse lesen?«
»Die habe ich heute ausfallen lassen.«
»Oh! Sicherlich hast du dafür einen triftigen Grund. Komm mit! Du kannst mir gleich alles erzählen.«
Justina nahm Zandler mit in den kleinen Empfangsraum, in dem sie nur besondere Gäste empfing. Sie griff zum Telefon und verständigte ihre Vertretung, dass sie nicht zum gemeinsamen Frühstück erscheinen würde, stattdessen sollte man ein reichhaltiges Frühstück bringen.
»Justina, ich muss mit jemandem reden. Auch ich bin nur ein Mensch. Ich habe eine Idee. Dazu benötige ich deine Hilfe.«
Das Frühstück wurde gebracht.
»Heiner, du weißt, dass du alle Hilfe von mir bekommst, zu der ich fähig bin. Aber jetzt wird zuerst gefrühstückt. Du machst einen sehr geschwächten Eindruck. Das ist kein guter Ausgangspunkt, um über Sorgen zu sprechen.«
Zandler wollte nichts essen. Aber Justina ließ sich nicht darauf ein. Geschickt lenkte sie ihn ab, sprach von der Schule und erzählte ausführlich von diesem Schüler oder jener Schülerin, die Zandler kannte. Endlich war das Frühstück zu Ende. Eine Mitschwester räumte den Tisch ab. Die große Thermoskanne ließ sie stehen und zwei Tassen, Zucker und Milch.
»So, Heiner, jetzt kannst du anfangen.«
»Justina, erinnerst du dich an Sebastian Baumberger?«
»Heiner, machst du Witze? Natürlich erinnere ich mich an Sebastian und an seine Schwester. Wir haben sie damals, nach dem Unfalltod ihrer Eltern, in unserem Waisenhaus aufgenommen. Sie sind weggelaufen. Toni und Anna haben sie gefunden und sich liebevoll um sie gekümmert. Sie gaben ihnen zunächst als Pflegekinder ein Heim, bald adoptierten sie die Kinder. Außerdem besuchten sie hier die weiterführende Schule. Ich habe Sebastian seit dem letzten Sommerfest nicht mehr gesehen. Meistens kommen alle Ehemaligen zum Fest. Zu Franziska war der Kontakt enger, bis sie mit Lukas ging.« Justina hob die Hände in einer Hilflosigkeit andeutenden Geste. »Heiner, frage mich bitte nicht, was ich davon halte, dass die beiden ohne Trauschein nach Norddeutschland sind!«
»Dazu möchte ich auch nichts sagen. Du kannst dir denken, was ich davon halte. Aber zu Franziskas Ehre muss ich sagen, dass sie Lukas Meininger lieber gestern als heute geheiratet hätte. Es liegt an Lukas und an seinem mangelnden Selbstwertgefühl, dass er noch nicht heiraten will. Ich hoffe, das ändert sich bald.« Zandler seufzte. »Franziska war mit Sebastian heute Nacht in der Kirche. Sebastian war in seinem sehr bedenklichen Zustand. Eigentlich hätte er bei Doktor Martin Engler auf der Krankenstation liegen sollen. Dorthin haben Franziska und ich ihn später auch gebracht.«
Oberin Justina sah ihn erschrocken und fragend an.
»Justina, Sebastian ist lebensbedrohlich erkrankt. Er und seine Schwester wandten sich an die Engel um Hilfe. Helene Träutlein hatte kurz vorher einen anonymen Anruf entgegengenommen. Eine Frauenstimme bat sie, sie möge die Kirche öffnen und mir ausrichten, dass mich jemand um die letzte Ölung bitten würde. Später fand ich Franziska kniend in der Altarnische, der den Engeln vom ›Engelsteig‹ geweiht ist. Sebastian saß völlig kraftlos und zusammengesunken in der Bank. Ich nahm ihm die Beichte ab und gab ihm die letzte Ölung.«
»Der Herr stehe Sebastian bei!«, stieß Oberin Justina hervor. »Was hat er? Warum wollte er die letzte Ölung? Beim letzten Sommerfest, auch wenn das jetzt schon ein Dreivierteljahr her ist, strotzte er vor Gesundheit. Ist es möglich, dass er eine unheilbare Krankheit in sich trug?«
Zandler schluckte. Er schüttelte den Kopf. »Doktor Martin Engler meint, Sebastian sei von erst vor wenigen Wochen befallen worden. Die Zeit von der Ansteckung bis zu den ersten Anzeichen der Krankheit kann zwei bis drei Wochen betragen. Sebastian, ehrgeizig wie er ist, dachte zuerst an eine Sommergrippe und pumpte sich mit Schmerzmitteln voll. Das ging so lange gut, bis er am letzten Wochenende einen Anfall bekam. Er war bei Wendy zu Besuch. Zuerst standen alle vor einem Rätsel, was die Diagnose angeht. Martin hat natürlich sofort Kollegen hinzuzogen. Aber auch sie standen vor einem Rätsel. Erst der alte Hausmeister des Hotels, in dem Sebastian vertretungsweise Hoteldirektor ist, brachte Martin auf die Fährte. Max Moser, so heißt der Hausmeister, hatte mit seinem Chef in der Schweiz telefoniert. Die beiden sind sehr gut befreundet. Sie erinnerten sich an einen ähnlichen Fall, den es vor einigen Jahren in einem anderen Hotel gegeben hatte.«
Justina unterbrach Zandler nicht. Ganz wie es ihre