Toni der Hüttenwirt Extra 111 – Heimatroman: Jenny wächst über sich hinaus
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Auf sehr spezielle, romantische Weise findet Toni, der Hüttenwirt seine große Liebe in einer bezaubernden Frau, die aus einer völlig anderen Umgebung stammt als der markante Mann der Berge. Sie lernt durch ihn Schönheit und Idylle seiner Heimat kennen und lieben. Gemeinsam eröffnen die beiden allen Besuchern die Werte und Besonderheiten ihres Lebens auf der Alm. Romantik, Beschaulichkeit, dramatische Spannung und feinsinnige Gespräche: Das ist die Welt von Toni, dem Hüttenwirt, der sich niemand entziehen kann.
Der Baumaschinen- und Heimwerkermarkt Neuner war noch ein echter Familienbetrieb. Edith Neuner machte die Schreibarbeiten und erledigte mit einigen Angestellten die Buchhaltung und die Warenbestellung. Ihr Mann Ulrich kümmerte sich im Laden um die Kunden. Gegen Mittag öffnete Edith die Post. Zuoberst lag ein Kuvert ohne Absender. Es war das anonyme Schreiben von Pia und Cleo. Edith musste es zweimal lesen. Ihr wurde heiß. Sie schluckte. ›Nur nichts anmerken lassen‹, schoss es ihr durch den Kopf. Sie steckte den Brief in die Tasche ihrer Dirndlschürze und verließ das Büro. »Ich muss mal kurz rauf«, rief sie den beiden Frauen im Büro noch im Hinausgehen zu. Dann eilte sie die Treppe hinauf in die obere Etage, in der die Wohnung lag. Sie rief ihren Mann nicht im Laden an. Er war sicher in einem Kundengespräch und sie wollte kein Risiko eingehen, dass jemand etwas mithören konnte. ›Ich bin oben in der Wohnung. Komme bitte sofort! Es dauerte etwas, bis ihr Mann kam. »Mei, was ist denn los?«
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Toni der Hüttenwirt Extra 111 – Heimatroman - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt Extra
– 111 –
Jenny wächst über sich hinaus
Friederike von Buchner
Der Baumaschinen- und Heimwerkermarkt Neuner war noch ein echter Familienbetrieb. Edith Neuner machte die Schreibarbeiten und erledigte mit einigen Angestellten die Buchhaltung und die Warenbestellung. Ihr Mann Ulrich kümmerte sich im Laden um die Kunden.
Gegen Mittag öffnete Edith die Post.
Zuoberst lag ein Kuvert ohne Absender. Es war das anonyme Schreiben von Pia und Cleo. Edith musste es zweimal lesen. Ihr wurde heiß. Sie schluckte. ›Nur nichts anmerken lassen‹, schoss es ihr durch den Kopf. Sie steckte den Brief in die Tasche ihrer Dirndlschürze und verließ das Büro.
»Ich muss mal kurz rauf«, rief sie den beiden Frauen im Büro noch im Hinausgehen zu.
Dann eilte sie die Treppe hinauf in die obere Etage, in der die Wohnung lag. Sie rief ihren Mann nicht im Laden an. Er war sicher in einem Kundengespräch und sie wollte kein Risiko eingehen, dass jemand etwas mithören konnte.
Sie schrieb ihm eine SMS:
›Ich bin oben in der Wohnung.
Komme bitte sofort!‹
Es dauerte etwas, bis ihr Mann kam. »Mei, was ist denn los?«, fragte er.
»Hast du unseren Buben richtig aufgeklärt?«, fragte Edith Neuner. Ihre Stimme bebte dabei.
»Wie bitte? Aufgeklärt? In Beziehung auf was?«
»Aufgeklärt meine ich, wie man so sagt. Ich meine: über das Kinderkriegen.«
Ulrich Neuner schüttelte den Kopf. »Das fragst du mich jetzt? Deswegen lässt du mich heraufkommen? Der Laden ist voller Kunden!«
»Das ist mir egal. Die Kunden können warten«, zischte seine Frau.
»Edith, ich verstehe dich nicht. Wie kommst du jetzt darauf, mit mir über dieses Thema sprechen zu wollen. Klar, habe ich mit unserem Buben darüber gesprochen. Das ist schon Jahre her.«
»Hast du ihm auch gesagt, dass er vorsichtig sein soll vor der Ehe mit solchen Sachen?«
Ulrich Neuner starrte seine Frau erst fassungslos an, dann brach er in lautes Lachen aus.
»Ja, das habe ich. Bist du jetzt zufrieden? Kann ich wieder an meine Arbeit gehen? Ich begreife immer noch nicht, wie du plötzlich auf dieses Thema kommst?«
Edith holte aus der Schürzentasche ihres Sommerdirndls den Brief und reichte ihn ihrem Mann. »Hier, lies selbst! Dann wirst du mich verstehen. Der Brief war eben in der Post. Kein Absender! Keine Unterschrift!«
Ulrich Neuner betrachtete den Umschlag von allen Seiten und nahm dann das Blatt heraus. Er überflog es.
Dann setzte er sich hin, zog seine Lesebrille mit den halben Gläsern heraus und las den Text noch einmal. »Mei, das ist ein Ding«, murmelte er. Er sah seine Frau über den Rand der Brille an, die vorn auf seiner Nase saß.
»Siehst du, jetzt bist du auch …«
»Geschockt!«, fiel er ihr ins Wort. »Du meinst, dass sich da zwischen unserem Buben und Gitta etwas abgespielt haben könnte?«
Edith zuckte mit den Schultern. »Sie sind seit Jahren befreundet, Ulrich. Ich weiß nicht, ob sie sich so nahe gekommen sind. Aber warum hätten wir sonst den Brief bekommen?«
Ulrich rieb sich das Kinn.
Edith sagte: »Wir müssen mit Urs sprechen, sobald er von der Schule daheim ist.«
»Wann hat er heute Schulschluss?«, fragte Ulrich.
»Später Nachmittag, so weit ich es überblicke. Das bedeutet aber nicht, dass er gleich heimkommt. Oft geht er auch mit Gitta heim. Dann machen sie dort Hausaufgaben und lernen gemeinsam fürs Abitur.«
Edith schaltete den Wasserkocher ein. Sie machte zwei Becher Pulverkaffee.
Sie saßen eine Weile schweigend am Mittagstisch und tranken Kaffee. Sie mussten den Inhalt des anonymen Briefes erst einmal sacken lassen.
»Wir müssen warten, bis er kommt. Dann fragen wir ihn«, sagte Ulrich.
»Nein, das halte ich nicht aus. Ich fahre jetzt zu Ute und spreche mit ihr«, sagte Edith mit entschlossenem Unterton in der Stimme. Sie stand auf und trank im Stehen ihren Kaffeebecher leer. Sie nickte entschlossen. »Als Gittas Mutter wird sie wohl wissen, ob da etwas geschehen ist.«
»Wenn du meinst«, antwortete Ulrich. Er las immer wieder das in seinen Augen ominöse Schreiben und schüttelte den Kopf. Ihm war klar, dass es ein Skandal geben könnte, der in der Öffentlichkeit breitgetreten würde.
Edith Neuner nahm ihre Handtasche und verließ das Haus.
Es war nicht weit bis zur Gärtnerei und dem Blumenladen der Familie Baumhaber. Der Blumenladen war voller Kunden.
Edith winkte Ute Baumhaber zu.
Ute lächelte zurück. Sie kassierte noch die nächste Kundin, dann sagte sie etwas zu ihrer Verkäuferin und ging auf Edith zu.
»Habt ihr auch einen anonymen Brief bekommen?«, flüsterte Ute.
Edith nickte.
»Komm, wir gehen zu uns«, sagte Ute Baumhaber leise.
Edith folgte Ute aus dem Laden. Sie gingen an der Mauer entlang bis zum Wohnhaus der Familie, einem schönen alten Eckhaus.
Ute schloss auf und ließ Edith Neuner eintreten.
Sie gingen in die Küche.
Dort lag auf dem Tisch der Brief.
»Was sagst du dazu, Ute?«, fragte Edith.
»Nichts! Mein Mann und ich haben uns entschlossen, Ruhe zu bewahren«, antwortete Ute sachlich.
»Wirklich? Hast du schon mit Gitta gesprochen?«, fragte Edith.
Sie konnte nicht fassen, dass Ute Baumhaber so ruhig war.
»Nein, unser Madl war schon in der Schule, als die Post kam. Denkst du vielleicht, ich sollte ihr eine SMS schicken, wegen dieses depperten Zettels?«
Edith schaute Ute mit großen Augen an.
Ute musste laut lachen. »Oh Edith, jetzt verstehe ich, weshalb du hier bist! Hast du gedacht, dass Gitte …, dass die Freundschaft, die erste Liebe, zwischen eurem Buben und unserem Madl …? Dass da was passiert ist … Edith, das kann nicht dein Ernst sein. Also mal gleich zu deiner Beruhigung. Unsere Gitte ist nicht… Du weißt schon.«
Edith Neuner atmete auf. Sie war so erleichtert.
Ute musste wieder lachen.
»Höre auf, mich auszulachen, Ute. Ich war in Sorge.«
»Mei, Edith. Euer Bub und unser Madl erleben die erste Liebe. Das geht schon ziemlich lange mit ihnen. Ob da etwas war, weiß ich nicht. Wenn etwas gewesen wäre, das Folgen gehabt hätte, wie hier in dem Brief steht, dann wüsste ich es. Die beiden verstehen sich gut. Sie lernen zusammen. Sie machen am Ende dieses Schuljahres zusammen ihr Abitur. Sie wollen zusammen studieren. Ich denke schon, sie sind sich ziemlich sicher, dass sie zusammengehören. Aber beide sind sehr bodenständig und deshalb auch vorsichtig. Wir haben vertrauen zu unserem Madl. Seid ihr euch, was Urs angeht, nicht sicher?«
»Doch, doch …«, stotterte Edith, »aber man weiß ja nie. Aber es ist schlimm, wenn so etwas passiert. Und ich dachte, die Schule würde die Kinder besonders behüten. Immerhin ist sie dem Kloster angeschlossen, beziehungsweise, wird sie von dem Orden betrieben. Da erwartet man doch so etwas nicht. Gerade da nicht!«
»Mei, Edith, du machst dich mit jedem Wort lächerlicher.«
»Nein, das mache ich nicht. Es ist schlimm. Es wird ein Makel bleiben, Ute.«
»Und wenn? Lass sie reden! Darüber wächst auch sehr schnell Gras.«
»Vielleicht sollten wir die Kinder die Schule wechseln lassen. Schließlich gibt es hier in Kirchwalden noch ein Gymnasium«, schlug die Inhaberin des Heimwerkermarktes vor.
»Also, für unsere Gitta kommt das nicht in Frage. Mitten in der Abiturklasse wechseln? So ein Unsinn!«
»Das ist kein Unsinn, Ute. Es wäre besser, wenn das Abitur an einer anderen Schule abgelegt würde, deren Ruf nicht beschädigt ist.«
Ute Baumhaber schüttelte den Kopf. Sie holte Fruchtsaft und Sprudel, für eine Schorle, und schenkte ein, nachdem Edith Kaffee abgelehnt hatte.
»Jetzt übertreibst du aber gewaltig, Edith. Du steigerst dich da in etwas hinein«, sagte Ute. »Wie ihr es mit Urs haltet, ist eure Sache. Darauf haben wir keinen Einfluss. Für uns steht fest, Gitta bleibt dort auf