Gedächtniswelten, Bertas Entscheidung
Von Claudia Krüger
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Über dieses E-Book
Claudia Krüger
Nach ihrer Berufslaufbahn als Ergotherapeutin, Erzieherin und Medienpädagogin sowie nebenberuflicher Tätigkeit als Sängerin und Autorin machte Claudia Krüger ihr Hobby zum Beruf und studierte Journalismus. Seit 2009 arbeitet sie als freie Journalistin und Redakteurin für Technik-Magazine. Als Autorin veröffentlichte sie in den vergangenen Jahren Bücher und Texte im belletristischen und lyrischen Genre.
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Buchvorschau
Gedächtniswelten, Bertas Entscheidung - Claudia Krüger
An den Scheidewegen des Lebens
stehen keine Wegweiser
(Charlie Chaplin)
Danksagung
Liebe Leser,
eine Danksagung findet man in der Regel erst am Ende eines Buches, zu dessen Gelingen es aber nicht nur dem auf dem Cover genannten Autor und des Verlages bedarf, sondern meistens gleich mehrerer Personen. Sehr viel Glück hat ein Schreiberling, wenn ihm oder ihr, so wie mir, gleich eine ganze Arbeitsgruppe mit Rat und Tat zur Seite steht.
Aus diesem Grund möchte mich bereits an dieser Stelle ganz herzlich bei Edith Post, Ilse Grieger, Irene Rühlow, Ruth Kitschler, Waltraud Gehler, Martchen Kaatz, Gerda Köhler, Ilse Albrecht, Dieter Drywa, Eva Mertens und Fritz Schütte sowie allen weiteren Bewohnern und Besuchern des Lebens- und Gesundheitszentrums Haus Philia bedanken, die mit mir ihre Geschichten ausgetauscht, zusammen in Erinnerungen geschwelgt, neue Charaktere erfunden und Textstellen erarbeitet haben.
Ein besonderer Dank gebührt jenen Mitgliedern der Gedächtniswelten-Arbeitsgruppe, die für die Illustration Modell gestanden haben, damit es auf und in unserem Buch nicht nur etwas zum Lesen, sondern auch etwas zum Gucken gibt:
Ruth Kitschler (Titelbild)
Ilse Grieger und Dieter Drywa (Seite →)
Ilse Albrecht (Seite →)
und Hündchen Luna (Titelbild, Seite →, Seite →). Un
ser Fototermin hat mir viel Spaß gemacht!
Dem Lebens- und Gesundheitszentrum Haus Philia und seinen Mitarbeitern möchte ich ein dickes Dankeschön für die liebevolle Unterstützung unserer Arbeitsgruppe und die Bereitstellung der schönen Räumlichkeiten zukommen lassen.
Mein Dank gilt selbstverständlich auch der WH Care Holding GmbH, die das Gedächtniswelten-Projekt überhaupt erst ermöglicht hat, außerdem Jessica Herzog für das tolle Coverdesign – sowie meiner Familie, die es sich auch dieses Mal nicht nehmen ließ, einen prüfenden Blick auf das Manuskript zu werfen, bevor es in den Druck ging.
Ohne all diese wunderbaren Menschen wäre dieses Buch nicht entstanden.
Claudia Krüger
Inhaltsverzeichnis
Eine Überraschung für Berta, Juli 2015
Ein kleiner Abschied, Mai 2015
Eine schöne Bescherung, April 1957
Eine glückliche Familie, März 1959
Auf der Parkbank, Mai 2015
Joschis Geburtstag, November 1962
Streit um Erna, Juni 2015
Böses Erwachen, November 1962
Die Verbündeten, Juni 2015
Eine wahre Lüge, Dezember 1962
Die Blamage, Juli 2015
Zeit des Dämmerns, Dezember 1962
Die beste Freundin, Januar 1963
Guter Rat ist teuer, Juli 2015
Neue Wege, Juli 1963
Der Erfolg, Mai 1968
Lumpi, August 2015
Geduld zahlt sich aus, Oktober 2015
Epilog – Marcus Mollik
Eine Überraschung für Berta, Juli 2015
Verblüfft starrte Berta auf den riesigen Blumenstrauß vor ihrer Nase.
Lotti und Jakob hatten sie vorhin in die Cafeteria der Seniorenresidenz geschickt und gesagt, es gäbe dort eine Überraschung für sie. Was genau sie erwarten würde, hatten die beiden Freunde ihr nicht verraten. Nicht mal ein kleiner Tipp war ihnen zu entlocken gewesen.
Wie lieb von ihnen, ihr so ein üppiges Präsent zukommen zu lassen, wo doch heute gar nicht Bertas Geburtstag war! Womit hatte sie das bloß verdient?
»Sehr angenehm, gnä` Frau!«, näselte es hinter dem aufdringlich duftenden Buquet aus Lilien und gelben Rosen hervor.
»Ebenso«, Berta versuchte vergebens, an dem Dickicht, das sie von ihrem Gegenüber trennte, vorbeizuschauen.
Als wüsste er von ihren Bemühungen, machte der Strauß eine Linkswendung, fegte Berta dabei quer über das Gesicht und gab den Blick auf seinen männlichen Träger frei, dessen Stirn sich in etwa auf einer Höhe mit dem Kinn der Seniorin befand.
Berta prustete pikiert und wischte sich mit ihrem Spitzentaschentuch, das sie stets im Blusenärmel parat hatte, den Blütenstaub aus der Nase. Was für ein ungehobeltes Benehmen manche Leute heutzutage hatten!
»Der ist für Sie!« Der schmächtige Mann gehobenen Alters drückte ihr, gänzlich unbeeindruckt von seinem eigenen Missgeschick, sein Mitbringsel in die Hand.
»Es tut mir leid«, sagte Berta, lehnte ihren messingfarbenen Gehstock gegen einen Stuhl und klopfte demonstrativ auf ihre Rocktasche, »ich habe gerade kein Trinkgeld dabei.«
»Ich fürchte, Sie verstehen mich falsch, gnä` Frau. Mein Name ist Biedermann. Ferdinand Biedermann. Wir waren hier meines Wissens nach zum Kaffee verabredet.«
»Wie bitte? Ich kenne Sie doch gar nicht!«, erwiderte Berta halb verärgert, halb belustigt.
»Sie sind doch die Frau«, er fummelte einen Briefbogen aus seiner Hemdentasche und warf einen Blick darauf, »die Frau Wesselhausen, wenn ich nicht irre.«
Demonstrativ wies er auf das paillettenbestickte Seidentuch, das Berta an diesem Nachmittag um ihren Hals trug, als stünde dort ihr Name drauf.
»Ja schon, aber …«, Berta musterte den Fremden genauer. Zur kleinen, knubbeligen Nase gesellten sich blassgrau schimmernde Augen über wulstigen Wangenknochen. Das schüttere Resthaar hatte der unscheinbare Mann in einer pomadisierten Strähne über die glänzende Halbglatze gekämmt. Nichts an seinen Gesichtszügen kam ihr bekannt vor.
Den kannte sie keinesfalls!
Moment mal. Hatten nicht Lotti und Jakob sie vorhin ermuntert, ausgerechnet dieses Tuch umzuwerfen, obwohl es Bertas Meinung nach gar nicht zu ihrer fliederfarbenen Rüschenbluse passte?
»Geben Sie mal her!« Alarmiert entriss Berta ihrem Besucher das Blatt Papier.
Ihre Augen weiteten sich, als sie sich selbst auf einem Bild erkannte, das in der oberen rechten Ecke des Briefes klebte. Mit zunehmender Entrüstung las sie den darunter stehenden Text.
Nein, das konnten sie nicht gewagt haben. Das schlug doch wohl dem Fass den Boden aus!
Ohne ein weiteres Wort klatschte die alte Dame ihrem verstört dreinschauenden Besucher die Blumen vor die Brust und stürmte, die Quelle ihrer Empörung wie eine Fahne neben sich herschwenkend, aus dem Café der Seniorenresidenz.
Ein kleiner Abschied, Mai 2015
»Hallo, bist du da?«
Jakob versuchte, die fordernde Stimme auf der anderen Seite der Tür zu ignorieren und sich möglichst still zu verhalten. Vielleicht würde sich das Problem alias Berta dann ganz von selbst lösen.
»Jakob! Ich habe doch vorhin gesehen, dass du mit Erna zusammen in dein Zimmer gegangen bist!«
Die zierliche Hündin, die gerade auf Jakobs Bett eingenickt war, riss ihre braunen Kulleraugen weit auf und bellte, als sie ihren Namen hörte.
»Schönen Dank auch, kleines Fräulein!«, schimpfte der alte Herr mit Erna, die prompt Richtung Tür stürmte.
Genau das war nämlich das Ärgernis bei Berta, dachte er, als er dem Hündchen hinterherschlurfte: Sie sah wirklich alles, besonders das, was sie eigentlich nichts anzugehen hatte.
»Wenn du schon weißt, dass ich hier bin, warum fragst du dann noch?«, fuhr er die silbergelockte Dame an, als er sie hereinließ.
»Also wirklich, Jakob, deine Laune lässt heute aber mal wieder zu wünschen übrig!«, erwiderte die Angesprochene und schob sich unbeeindruckt an ihrem Bekannten vorbei ins Zimmer, um die aufgeregte Erna auf den Arm zu nehmen.
»Nicht wahr, mein Schätzchen, wir haben uns doch so lange nicht mehr gesehen!«, fuhr sie fort und überschüttete das zappelnde Fellbündel mit feuchten Küssen.
»Zwei Stunden, Berta. Es ist erst zwei Stunden her, seitdem du sie nach dem Spaziergang bei mir abgeliefert hast!«, entgegnete Jakob, während er Erna aus ihrer ungemütlichen Umklammerung befreite. »Du wirst dich ohnehin langsam mal an den Gedanken gewöhnen müssen, dass Mathilde bald für immer im Haus nebenan wohnen und Erna dann vorzugsweise bei ihr sein wird.«
Bertas Blick verdunkelte sich und die Furche zwischen ihren Augenbrauen nahm bedenkliche Ausmaße an.
»Das wollen wir ja mal sehen! Erna möchte bestimmt lieber bei mir bleiben.«
»Kinderkram!«, erboste sich Jakob, dem