Ein Kind für Dr. Kendrick
Von Alison Roberts
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Über dieses E-Book
"Tom?" Abbys Erleichterung, dass nach einem Erdbeben endlich Hilfe kommt, wandelt sich in Entsetzen. Denn Notarzt Tom Kendrick war nicht nur ihre große Liebe. Er ist auch der Mann, der niemals hinter ihr Geheimnis kommen darf. Aber jetzt bleibt ihr leider keine Wahl …
Alison Roberts
Alison wurde in Dunedin, Neuseeland, geboren. Doch die Schule besuchte sie in London, weil ihr Vater, ein Arzt, aus beruflichen Gründen nach England ging. Später zogen sie nach Washington. Nach längerer Zeit im Ausland kehrte die Familie zurück nach Dunedin, wo Alison dann zur Grundschullehrerin ausgebildet wurde. Sie fand eine Stelle als Lehrerin im Norden des Landes, wo sie ihren Traummann kennenlernte, der einen Wirbelsturm aus romantischen Gefühlen in ihr auslöste. Der Sturm gipfelte in der Hochzeit mit dem jungen Doktor und jetzigen Professor Mark. Es folgten zwei Jahre in Glasgow, Schottland. In dieser Zeit vollendete sie ihren ersten Roman – einen Medizinthriller mit einer ordentlichen Portion Romantik. Mit der Rückkehr nach Neuseeland begann ein neues turbulentes Kapitel in ihrem Leben, in dem sich alles darum drehte, sich um ihre kleine Tochter zu kümmern, ein altes Farmhaus zu renovieren, einen großzügigen Garten zu gestalten und ihre kleine Menagerie – Esel, Schafe, Hühner, Hunde und Katzen – zu versorgen. Neben ihrem Zuhause, der Familie und dem Schreiben engagiert sich Alison leidenschaftlich beim Rettungsdienst. Bei dieser Arbeit erhält sie viele Anregungen für ihre Arztromane. Die aufregenden Stunden im Einsatz und die Rettung von Patienten bilden den perfekten Ausgleich für die einsamen Stunden des Schreibens.
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Buchvorschau
Ein Kind für Dr. Kendrick - Alison Roberts
IMPRESSUM
Ein Kind für Dr. Kendrick erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2013 by Alison Roberts
Originaltitel: „Always the Hero"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN
Band 88 - 2016 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Claudia Weinmann
Umschlagsmotive: Wavebreakmedia/GettyImages
Veröffentlicht im ePub Format in 08/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733718251
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
„Was ist denn so interessant da draußen, Abby?"
„Nichts." Mit einem entschuldigenden Lächeln wandte Abigail Miller sich wieder der jungen Frau zu.
Ihre Antwort war im Grunde nicht ganz ehrlich gewesen, denn es gab eine Menge zu sehen, wenn man aus dem Fenster des Kaimotu-Inselkrankenhauses blickte. Das lang gestreckte, moderne Gebäude mit den Untersuchungsräumen und dem OP war an das malerische, alte Holzgebäude angebaut worden, das seit Jahrzehnten als medizinisches Versorgungszentrum genutzt wurde.
Die Lage und damit auch der Blick waren großartig. Auf einer kleinen Anhöhe gelegen, thronte das Krankenhaus über der Stadt und bot Patienten wie Mitarbeitern eine atemberaubende Aussicht auf den Hafen, der inmitten einer Bucht aus Vulkangestein lag. Auf der anderen Seite erstreckte sich ein endloser weißer Sandstrand.
Wie so oft im April war auch heute ein wundervoller, frischer Tag mit einem strahlend blauen Himmel über dem tiefblauen Ozean. Der Sandstrand wurde von riesigen Pohutukawa-Bäumen gesäumt, die in diesem Jahr ungewöhnlich lange ihre roten Blüten behalten hatten.
Von ihrem Fenster aus hatte Abby einen guten Blick auf die Hauptstraße des Ortes, wo Insulaner und einige Touristen plaudernd vor den malerischen Läden standen und das entspannte Leben auf Kaimotu Island genossen.
Auch nach fast sechs Jahren liebte Abby noch immer diese Aussicht und konnte sich gar nicht sattsehen an der Idylle ihrer Wahlheimat. Trotzdem wusste sie, dass sie nicht dafür bezahlt wurde, aus dem Fenster zu schauen. Vor allem an diesem Tag hatte sie Wichtigeres zu tun. Das Wartezimmer war voll, und Ben McMahon, der einzige Arzt auf der Insel, machte gerade einen Hausbesuch.
Abby hatte viel Mühe und Zeit investiert, um sämtliche Mütter mit Babys und Kleinkindern in die Sprechstunde zu locken. Ihr war es ein besonderes Anliegen, dafür zu sorgen, dass alle Kinder auf der Insel über einen ausreichenden Impfschutz verfügten. Um Ben, der ohnehin völlig überarbeitet war, zu entlasten, hatte sie sich fest vorgenommen, fertig zu sein, wenn er zurückkam.
Ruth hielt ihr sechs Wochen altes Baby Daisy im Arm und versuchte gleichzeitig, ihren sehr lebhaften knapp zweijährigen Sohn Blake im Zaum zu halten, der gerade auf die Untersuchungsliege klettern wollte.
„Möchtest du da rauf?, fragte Abby und hob den kleinen Jungen hoch. „Aber du musst ganz still sitzen bleiben. Wenn du herunterfällst, haben wir beide ein Problem.
Mit seinen zwei Jahren war Blake längst überfällig für die Schutzimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln. Bei Baby Daisy stand die Polio-Impfung an.
Blake strahlte Abby gut gelaunt an, doch sie wusste nur zu gut, dass er in wenigen Augenblicken weinen würde. Abby tat es immer in der Seele weh, den Kindern Schmerzen zuzufügen, doch natürlich wusste sie, dass es nicht zu ändern war. Der Schutz der Kleinen ging nun einmal vor. Zum Glück ließen die meisten sich nach der Spritze schnell mit einer Tapferkeitsmedaille oder einem zuckerfreien Lutscher beruhigen.
Abby arbeitete seit Jahren als leitende Krankenschwester im Kaimotu-Hospital. Sie war sehr effizient und professionell und erlaubte es sich niemals, dass persönliche Gefühle ihre Arbeit beeinträchtigten. Was war also heute los? Warum war sie so unruhig?
Während sie zum Kühlschrank ging, um den Impfstoff zu holen, schaute sie noch einmal verstohlen nach draußen.
Ruth stand auf und trat ebenfalls ans Fenster. Nach einigen Sekunden runzelte sie die Stirn.
„Du hast recht, sagte sie zu Abby. „Irgendetwas stimmt nicht.
„Ja, nicht wahr? Abby wärmte gerade die kleine Glasampulle ein wenig an. „Es ist anders als sonst.
„Aber es ist nichts Ungewöhnliches zu sehen."
„Nein. Es ist so ein Gefühl, als wäre man in den Urlaub gefahren und könnte nicht aufhören darüber nachzudenken, ob man wirklich das Bügeleisen ausgestellt hat. So eine Art dunkle Vorahnung."
Ruth lachte. „Ich habe gar kein Bügeleisen. Wir sind schon froh, wenn unsere Solarzellen genügend Strom für die Waschmaschine liefern."
Die beiden Frauen lachten.
„Schon meine Großmutter hat immer gesagt, ich würde mir zu viele Sorgen machen, gab Abby zu. „Sie fand, ich würde immer alles schwarzsehen und mich nur wohlfühlen, wenn ich etwas zum Grübeln hätte.
Sie war tatsächlich eine Expertin, wenn es darum ging, immer und überall potenzielle Katastrophen zu sehen. Schon seit sie drei Jahre alt war, hatte Abby diese zerstörerische Angewohnheit. Sie malte sich jedes nur mögliche Unglück aus und traf dann alle erdenklichen Vorkehrungen, um es zu verhindern.
„Vielleicht liegt es an dem Erdbeben vor ein paar Wochen, mutmaßte Ruth. „Das hat uns alle ganz schön aufgeschreckt. Der alte Squid redet seitdem von nichts anderem mehr als von dem ‚ganz großen Beben‘, das uns unmittelbar bevorsteht. Einige der letzten Sommer-Touristen sollen sogar wegen seiner düsteren Vorhersagen abgereist sein.
Abby schüttelte den Kopf. Es hatte schon seit Generationen kein wirklich schweres Beben mehr auf Kaimotu gegeben. Auch wenn Squid Davies, der älteste Fischer der Insel, nicht aufhören konnte zu unken, dass es schon bald eines geben werde. Die Vorzeichen waren angeblich genau dieselben, die sein Großvater ihm immer geschildert hatte.
Doch die letzten Beben waren nur minimal gewesen. Nichts Besonderes für jemanden, der in Neuseeland aufgewachsen war.
„Jack erzählte, sie hätten in der Schule viel Spaß bei der Erdbebenübung gehabt. Den ganzen Nachmittag hat er ‚Hinlegen, Schutz suchen, festhalten!‘ vor sich hin gesungen. Die Kinder mussten sich wie die Sardinen unter ihren Pulten zusammenquetschen."
Abby knickte den Kopf der Glasampulle ab und zog die Spritze auf.
„Ah … Ruth nickte. „Jetzt verstehe ich.
„Was verstehst du?"
„Warum du so unentspannt bist und dauernd nach draußen guckst."
Abby runzelte die Stirn. Gerade hatte sie Daisy die Injektion geben wollen, doch nun sah sie Ruth fragend an.
„Jack ist gerade erst eingeschult worden, und er ist dein einziges Kind. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es war, als meine Älteste zur Schule kam. Man überlegt den ganzen Tag, ob die Lehrer auch gut genug auf den kleinen Schatz aufpassen."
„Ich arbeite wieder, seit Jack drei war. Er ist schon ungefähr sein halbes Leben tagsüber in Spielgruppen und im Kindergarten."
„Mag sein, aber heute ist der große Schulausflug in der Grundschule. Meine Töchter Brooke und Amber sind auch dabei. Sie wandern erst zu den Schiffswracks und besichtigen dann noch die alte Kupfermine."
„Hm. Abby biss sich auf die Lippe. „Ich wäre gerne mitgegangen, aber der Impftermin stand schon lange vorher fest, und nachdem ich so dafür geworben hatte, wollte ich ihn nicht verschieben.
Ruth hatte recht. Die Angst um ihren geliebten kleinen Sohn war zweifellos der Grund für ihre Unruhe. Sie musste sich nun wieder auf ihre Arbeit konzentrieren.
Aus dem Wartezimmer war das laute Gebrüll eines Kindes zu hören. Hoffentlich verlor keine der Mütter die Geduld und ging wieder nach Hause. Bens jüngere Schwester Hannah kümmerte sich darum, die Kleinen im Wartezimmer bei Laune zu halten, doch was konnte eine gutmütige Siebzehnjährige schon gegen einen ganzen Raum voller unruhiger Kleinkinder ausrichten?
Ruth war genau der Typ Mutter, den Abby mit ihrer Kampagne erreichen wollte. Da Kaimotu Island sehr abgelegen war, hatte es von jeher eine große Anziehungskraft auf Aussteiger besessen. Ruth und ihr Mann Damien lebten mit ihren sechs Kindern in einem ausrangierten Eisenbahnwaggon, den sie sich ausgebaut hatten. Ihre Nahrungsmittel bauten sie überwiegend selbst an, und die wenigen Dinge, die sie sonst noch brauchten, finanzierten sie durch die Herstellung von Töpferwaren, die sie im Sommer an die Touristen verkauften.
Früher waren Ruth und Damien entschiedene Impfgegner gewesen, doch seitdem eine ihrer älteren Töchter im vergangenen Jahr so schwer an Masern erkrankt war, dass sie zur Behandlung aufs Festland geflogen werden musste, hatten sie ihre Meinung geändert.
Glücklicherweise war Kaimotu Island nicht so abgelegen, dass eine Notfall-Evakuierung aufs Festland unmöglich war. Abby war im dritten Monat schwanger gewesen, als sie auf die Insel gezogen war, und hatte große Angst vor Schwangerschaftskomplikationen gehabt. Doch dank der herausragenden medizinischen Fähigkeiten von Dr. Ben McMahon und dem Wissen, dass notfalls innerhalb von weniger als einer Stunde ein Rettungshubschrauber da sein würde, hatte sie sich schnell wieder beruhigt.
Wie befürchtet, erschrak die kleine Daisy, als Abby ihr die Spritze gab. Nach einer Schrecksekunde fing die Kleine an, ohrenbetäubend zu heulen. Blake, der große Bruder, wich ängstlich zurück und sah Abby entsetzt an. Abby ärgerte sich, dass sie ihn nicht als Ersten geimpft hatte. Baby Daisy war noch zu klein, um zu verstehen, dass die nette Krankenschwester ihr wehtun würde.
Ruth bot Daisy die Brust an, und prompt beruhigte das Baby sich und nuckelte zufrieden.
Abby nahm einen Lutscher aus ihrer Schublade und hielt ihn Blake hin.
„Für mich?", fragte der kleine Junge hoffnungsvoll.
„Ja, gleich", versprach Abby.
„Nein! Jetzt!"
Abby versuchte, beruhigend zu lächeln, doch die Stimmung im Behandlungszimmer war angespannt. Als sie Blakes Akte von ihrem Schreibtisch nahm, fiel ihr Blick auf das Foto, das in einem Bilderrahmen neben dem Telefon stand.
Ihr Sohn Jack grinste sie verschmitzt an, seine Schultüte stolz im Arm und den Ranzen auf dem Rücken. War es wirklich erst wenige Monate her, seit er eingeschult worden war? Sofort fühlte Abby sich besser. An ihren wundervollen kleinen Sohn zu denken, half ihr immer, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Wegen Jack war sie auf die Insel gekommen, denn nichts war ihr wichtiger, als ihm ein sicheres, geborgenes Zuhause zu bieten. Er sollte den bestmöglichen Start ins Leben bekommen.
Abby freute sich darüber, dass er heute diesen Ausflug machte. Für Jack war es ein richtiges Abenteuer, mit seinen Freunden die alte Mine zu erkunden. Die Lehrer würden bestimmt gut auf ihn achtgeben. Energisch schob Abby unliebsame Gedanken an Jack, der sich womöglich in der Mine verirrte, beiseite. Sie musste damit aufhören, immer und überall mögliche Probleme zu sehen. Leider konnte sie ihre Ängste nicht vollkommen abschütteln. Seitdem Jack laufen konnte, hielt er sie mit seiner Energie und seinem unerschrockenen Forscherdrang auf Trab.
Doch nicht nur die Sorge um Jack beschäftigte Abby. Es verging kaum ein Tag, an dem ihr Sohn sie nicht schmerzhaft an seinen Vater erinnerte. Mit den dunklen Locken und den großen braunen Augen war er seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten.
Tom, die Liebe ihres Lebens. Der Mann, den sie aufgegeben hatte.
„Na, hast du eine Standpauke bekommen?"
„Ich schätze, das war es wert. Thomas Kendrick grinste seine Kollegin an und ließ sich in einen der bequemen Sessel im Aufenthaltsraum der Rettungsleitstelle fallen. Felicity, der jüngste Neuzugang der Spezialeinheit für schwere Unfälle und Großeinsätze, schüttelte den Kopf. „Ich hab ja schon von deinen waghalsigen Aktionen gehört, bevor ich hier angefangen habe, aber die Realität ist offenbar noch um einiges aufregender. Gestern bist du deinem Ruf mehr als gerecht geworden.
Tom zuckte mit den Schultern. Okay, der Einsatz war ein wenig unorthodox gewesen. Und ja, es war riskant gewesen, in einen Unfallwagen zu klettern, der halb über einer Klippe gehangen hatte. Aber einen anderen Weg, um den