Voller Mut und Zärtlichkeit
Von Lilian Darcy
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Über dieses E-Book
Dr. Hunters Kampf um das Leben der kleinen Zwillinge ist dramatisch! Doch zum Glück muss er den schweren Weg zwischen Hoffnung und Verzweiflung nicht allein gehen: Tag und Nacht ist die einfühlsame Kinderkrankenschwester Jessica bei ihm. Sie schenkt ihm Mut - und unendlich viel Zärtlichkeit …
Lilian Darcy
Die Australierin Lilian Darcy hat einen abwechslungsreichen Weg hinter sich. Sie studierte Russisch, Französisch und Sprachwissenschaften und ging nach ihrem Abschluss als Kindermädchen in die französischen Alpen. Es folgten diverse Engagements am Theater, sowohl auf der Bühne als auch als Drehbuchautorin. Später hat Lilian Darcy als Lehrerin für Französisch und Englisch gearbeitet, um dann einen ganz anderen Weg einzuschlagen und in die Computerbranche einzusteigen. Sie schrieb Computerprogramme, bis Sie Ihren Mann, einen New Yorker Schriftsteller, heiratete. Heute leben die Autorin und ihr Mann mit ihrer Tochter und ihren drei Söhnen in New South Wales, Australien. Lilian Darcys erster Roman wurde 1981 veröffentlicht. Seitdem hat sie mehr als 70 Liebesromane geschrieben. Sie wurde für ihre Romane „Der Prinz von Aragovia“ und „Schicksalhaftes Wiedersehen“ für den RITA-Award nominiert, den wichtigsten Preis für Liebesromane in den USA.
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Buchvorschau
Voller Mut und Zärtlichkeit - Lilian Darcy
IMPRESSUM
Voller Mut und Zärtlichkeit erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2004 by Lilian Darcy
Originaltitel: „Caring for His Babies"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA ARZTROMAN
Band 75 - 2006 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Peter Friedrich
Umschlagsmotive: Wavebreakmedia / Getty Images
Veröffentlicht im ePub Format in 11/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733735883
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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1. KAPITEL
Die Telefonverbindung von Sydney nach Riad war gut, womit Keelan gar nicht gerechnet hatte.
„Erzählen Sie mir von den Zwillingen", bat Jessica Russell am anderen Ende der Leitung.
In Saudi-Arabien war es vier Uhr nachmittags, aber ihre Stimme klang, als wäre sie gerade aufgewacht. Vielleicht hatte sie Nachtschicht gehabt und tagsüber geschlafen. Wie auch immer, in zwei Tagen würde sie im Flugzeug Richtung Australien sitzen und ihre kleinen neuen Patienten selbst kennen lernen.
„Nun ja, verglichen mit Tam ist Tavies Zustand stabiler …", begann Keelan zögernd.
Mit dem schnurlosen Telefon am Ohr wanderte er zum Fenster seines Arbeitszimmers und starrte in die Nacht. Die Hafenszenerie sah unverändert aus – eine weite Fläche glitzernden schwarzen Wassers, auf der die blauen und roten Neonlichter der Stadt am jenseitigen Ufer tanzten.
Doch ansonsten war seit zehn Tagen nichts mehr wie früher. „Wir brauchen Sie so bald wie möglich", fuhr er fort.
„Warum sagte er eigentlich ‚wir‘?" Seine Verwandten wussten seinen Einsatz zu schätzen, allerdings weigerten sie sich strikt, sich selbst um die Babys zu kümmern.
Seine Mutter legte mehr Hilfsbereitschaft an den Tag. Am Wochenende kam sie ins Krankenhaus, obwohl sie mit den Zwillingen nicht einmal leiblich verwandt war. Aber sie wohnte mehr als vier Stunden entfernt, und Keelan wollte ihr eigentlich nicht die Enkelkinder der Frau aufdrängen, die vor dreiundzwanzig Jahren ihre Ehe zerstört hatte.
Sein Vater schien vor Entsetzen wie gelähmt zu sein und würde eher die Flucht ergreifen, als sich zu engagieren. Hatte er ein schlechtes Gewissen, oder lag es daran, dass die Babys so winzig und zerbrechlich aussahen?
Keelan zwang sich, sein Augenmerk wieder auf die anstehenden Probleme zu richten. „Das Mädchen – Tavie – dürfte nächste Woche entlassen werden."
In einer besseren Welt wäre die Kleine in die Arme ihrer Mutter entlassen worden, aber Brooke – Keelans Halbschwester – war tot und …
Dann dachte er, dass in einer besseren Welt die einundzwanzigjährige Brooke gar nicht erst schwanger geworden wäre durch eine ihrer wilden Affären. Und sie wäre zu Vorsorgeuntersuchungen gegangen, so dass die Zwillinge nicht gar so früh zur Welt gekommen wären. Und Brooke hätte gemerkt, dass die Blutung nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus viel stärker war, als sie sein durfte.
Es gab zu viele Wenns.
Und zu viele dramatische Ereignisse in zu kurzer Zeit.
Die in der achtundzwanzigsten Schwangerschaftswoche geborenen Babys waren jetzt zehn Tage alt, und das Leben des kleinen Jungen – Tam – hing an einem seidenen Faden. Brooke war vor einer Woche in einem Café zusammengebrochen, und trotz sofortiger ärztlicher Hilfe auf dem Weg ins Krankenhaus verblutet. Der Hunter-Clan hatte die Beerdigung – und den Presserummel – mit seiner üblichen stoischen Würde überstanden.
Keelans Ex-Stiefmutter Louise jedoch – Brookes Mutter – erlitt einen Nervenzusammenbruch.
Ihr jetziger Ehemann Philipp hatte Keelan kategorisch erklärt: „Wir können die Babys nicht nehmen. Unmöglich. Vor allem wenn sich herausstellen sollte, dass sie behindert sind. Ich bin zu alt, und Louise ist psychisch angeschlagen. Es muss eine andere Lösung geben."
Da war Keelan klar, dass nur eine einzige Möglichkeit blieb. Der Vater der Zwillinge war schon vor Monaten aus Brookes Leben verschwunden, und niemand wusste, wie er hieß. Keelan kam als einziger naher Verwandter in Frage, um die Vaterrolle für Tavie und Tam zu übernehmen. Als Kinderarzt am North Sydney Hospital wusste er genau, welche Probleme auf ihn zukamen.
Trotzdem würde er die beiden adoptieren.
Es war keine Ideallösung, aber die Welt war eben nicht perfekt. Keelan fragte sich, wie viel er der neuen Krankenschwester der Babys erzählen sollte. Als Nachfahre von vier Generationen höchst erfolgreicher Rechtsanwälte, Ärzte, Politiker und Finanziers aus der Hunter-Familie schätzte er Diskretion.
„Dann soll ich mich bis dahin also mehr oder weniger nur einleben?, fragte Jessica Russell am Telefon. „Bis Tavie nach Hause kommt?
„Ich möchte, dass Sie so viel Zeit wie möglich mit den beiden im Krankenhaus verbringen und sich mit dem Zustand und den Bedürfnissen der Babys vertraut machen, erwiderte Keelan. „Einleben können Sie sich in Ihrer Freizeit.
Sie lachte ironisch. „Wie viel Freizeit wird es geben? Die Zwillinge werden meinen Stundenplan bestimmen."
Keelan vertraute ihr noch nicht völlig. Aber ein Kollege in Adelaide hatte sie wärmstens empfohlen, und bei einer Vermittlungsagentur für Krankenschwestern in Sydney tauchte ihr Name dann zufällig ebenfalls auf.
„Miss Russells Zeugnisse und Referenzen sind erstklassig. An Ihrer Stelle würde ich sie mit Handkuss nehmen", hieß es da.
Jessica Russell war derzeit an einer Frühgeborenenstation in Saudi-Arabien beschäftigt, aber nach zwei Jahren dort hatte sie genug. Und sie war bereit, sofort anzufangen.
Das zufällige Zusammentreffen beunruhigte Keelan. Er hielt nichts von den sogenannten Zeichen des Himmels. Aber Miss Russells Qualifikation war unbestreitbar gut, und über die Empfehlung eines Mannes, dem er vertraute, konnte er sich nicht hinwegsetzen.
„Was will sie in Saudi-Arabien?, hatte er seinen Kollegen Lukas Cheah gefragt. „Für eine Frau ist dieser Teil der Welt nicht ungefährlich.
„Das weiß ich nicht. Reiselust?"
„Abenteuerlust?"
„Nicht unbedingt. Vielleicht will sie Geld ansparen? Der Verdienst ist dort ausgezeichnet. Meine Frau meint, sie hat hier keine Familie, die ihr unter die Arme greifen könnte."
Im Unterschied zu ihr hatte Keelan genug Familie. Manchmal setzte es ihn unter Druck. Gelegentlich machte es ihn stolz.
„Dann haben Sie nichts gegen unregelmäßige Arbeitszeiten und Überstunden?", fragte Keelan.
„Nun, das bringt der Job so mit sich, und das ist wohl ein Grund für das … äh … großzügige Gehalt, das Sie mir anbieten. Egal, fügte sie schnell hinzu, „ich mache das nicht zum ersten Mal.
Er schien ihr peinlich zu sein, über Geld zu sprechen. Keelan ging es ebenso, wenn auch aus anderen Gründen. Die Hunter-Familie hatte jede Menge davon, aber das verschwieg er tunlichst. Stattdessen kam er auf den Gesundheitszustand der Zwillinge zurück.
„Ich möchte Ihnen noch genauer sagen, was auf Sie zukommt. Die Babys kamen zwischen der achtundzwanzigsten und neunundzwanzigsten Woche zur Welt. Das Mädchen – Tavie – ist deutlich schwerer und kräftiger."
„Wie viel hat sie bei der Geburt gewogen?"
„1220 Gramm. Tam lag knapp unter einem Kilo – 990 Gramm –, aber zu ihm kommen wir später. Ich will versuchen, systematisch vorzugehen. Tavie bekommt immer noch Sauerstoff."
„CPAP?"
„Erst war sie am Respirator, aber ja, inzwischen genügt CPAP."
Natürlich kannte Jessie die Methode – continuous positive airway pressure, kontinuierliche positive Überdruckbeatmung –, bei der die Eigenatmung des Kindes durch einen konstanten Überdruck unterstützt wird. Es war gut, nicht alles erklären zu müssen.
„Seit zwei Tagen bekommt sie auch UV-Lichttherapie gegen Gelbsucht, fuhr er fort. „Sie hatte ein Herzgeräusch, das auf PDA hindeutete,
– die häufigste Herzerkrankung bei Frühgeborenen, persistierender Ductus arteriosus – „aber das hat sich glücklicherweise von selbst gegeben."
„Darmprobleme?"
„Ihr Darm ist in Ordnung, aber sie hat immer noch wiederkehrende Apnoe und Bradykardien. Sie kann nur mit Sauerstoff und Überwachungsgeräten entlassen werden."
„Ja."
„Aber erst muss sie gleichmäßig zunehmen, um ihr Geburtsgewicht wieder zu erreichen."
„Wird Sie mit der Sonde ernährt?"
„Ja."
„Und der Junge – Tam?"
Keelan konnte einen Seufzer nicht unterdrücken. „Ihm geht es schlechter. Er hat ernste Herzprobleme. Wir … äh … realistisch gesehen … wissen nicht, ob er durchkommt."
„Das ist möglich." Die Bemerkung klang nicht herzlos. Jessie erlebte so etwas nicht zum ersten Mal und wusste, dass es keinen Trost gab.
„Als er ein paar Tage alt war, hörten wir ein Herzgeräusch, erläuterte Keelan und versuchte, sachlich zu bleiben. „Ein Echokardiogramm zeigte zwei Ventrikelseptumdefekte – VSDs.
Löcher in der Herzscheidewand waren einer der verbreitetsten angeborenen Herzfehler.
„Schwerwiegend?"
„Wir hofften, sie würden sich von selbst schließen. Aber vor vier Tagen begann sein Blutsauerstoffwert zu fallen. Nach einem weiteren Scan fanden wir ein drittes Loch, etwa sieben Millimeter groß. Außerdem eine Koarktation der Aorta."
„Für eine Operation ist er wohl noch nicht kräftig genug, vermutete sie. „Aber die Verdünnung der Aorta ist bedenklich.
„Vor einer Operation müssen wir ihn erst aufpäppeln und stabilisieren."
„Bekommt er auch UV-Licht, wie seine Schwester?", fragte sie.
„Ja."
„Damit können wir wenigstens etwas für sie tun, ohne ihnen Schmerzen zu bereiten."
„Ich weiß, was Sie meinen."
„Und auch noch der Verlust ihrer Mutter … Ein harter Weg. Ihre Stimme klang belegt. „Ich hoffe, Sie wissen, dass es eine Heldentat von Ihnen ist, sie zu sich zu nehmen, Dr. Hunter.
„Es gab keine Alternative", erwiderte er knapp.
Ihre Feststellung war sicher gut gemeint gewesen, aber sie hatte ihn damit auf dem falschen Fuß erwischt. Ein Kommentar wie dieser bedeutete, dass sie sich auch das Recht zur Kritik nehmen würde, und das kam nicht in Frage. Sie war lediglich eine bezahlte Pflegerin, ausgewählt nach ihrer Qualifikation, nicht wegen ihrer Ansichten oder Gefühle.
Nur …
Früh geborene Babys brauchten Liebe. Es war eine medizinische Tatsache, dass sie sich besser entwickelten, wenn sie warmen, liebevollen Körperkontakt bekamen. Tavie und Tam brauchten Jessica Russell.
Keelan war nicht verheiratet und hatte derzeit auch keine ernsthafte Beziehung. Unter seinem Dach gab es kein anderes weibliches Wesen, das eine mütterliche Rolle ausfüllen konnte, aber gleichzeitig wollte er nicht, dass Miss Russell zu wichtig für die Babys wurde, denn irgendwann würde sie wieder fortgehen. Was sollte dann aus den Kleinen werden, die bis dahin eine innige Bindung zu ihr aufgebaut hatten?
Herrgott, es würde nicht leicht werden!
Nach Keelan Hunters Anruf legte Jessica auf und starrte ins gleißende Nachmittagslicht der Wüste. Ihre Augen sehnten sich nach dem üppigen, beinahe tropischen Grün von Sydney. Noch zwei Tage. Es würde Spaß machen, in einer Stadt zu leben, die sie nur von gelegentlichen Urlaubsreisen kannte. Und vielleicht war es ganz angenehm, als private Pflegerin zu arbeiten.
Sie verspürte ein Gefühl der Ruhelosigkeit, das ihre Laune