Das Schicksal war gnädig: Kinderärztin Dr. Martens 93 – Arztroman
Von Britta Frey
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Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen extrem liebenswerten Charme. Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
Der Kaffee war ausgezeichnet. Kitty hatte Oberschwester Elli keinen ihrer berühmten Kräutertees vorgesetzt, weil sie wußte, daß die Oberschwester Tee nicht nur nicht mochte, sondern ihn geradezu verabscheute. Sie trank ihn nur, wenn es gar nicht anders ging. Wenn sie ihn als Medizin trinken mußte. Aber sonst…? Es ging doch nichts über eine gute Tasse Kaffee! Kitty hatte kleine Teekuchen gebacken und war stolz, als ihr Oberschwester Elli schon zum zweiten Mal bescheinigte, daß sie unübertroffen im Backen von Teegebäck sei. »Kannst ja mal öfter herkommen«, sagte Kitty ruhig. »Dann kriegst du das Teegebäck vorgesetzt. Ich habe immer einen gewissen Vorrat da.« »Das soll ein Wort sein, Kitty. In meiner nächsten Freistunde tauche ich wieder bei dir auf.« Sie stand auf und strich sich den hellgrauen Rock glatt. »Aber jetzt wird es allerhöchste Zeit, daß ich zur Klinik zurückkehre. Ich habe mich selbstverständlich wieder bei dir verplaudert. Es ist aber auch immer hochinteressant, sich mit dir zu unterhalten.« Elli lachte Kitty an. Sie waren ungleiche Frauen, schon allein des großen Altersunterschiedes wegen – aber sie verstanden sich ausgezeichnet. Manchmal befolgte Elli sogar heimlich einen Rat der alten Kräuter-Kitty – aber sie hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als das auch zuzugeben.
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Kinderärztin Dr. Martens
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Das Schicksal war gnädig - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens
– 93 –
Das Schicksal war gnädig
Die Liebe erwacht von Neuem
Britta Frey
Der Kaffee war ausgezeichnet. Kitty hatte Oberschwester Elli keinen ihrer berühmten Kräutertees vorgesetzt, weil sie wußte, daß die Oberschwester Tee nicht nur nicht mochte, sondern ihn geradezu verabscheute. Sie trank ihn nur, wenn es gar nicht anders ging. Wenn sie ihn als Medizin trinken mußte. Aber sonst…? Es ging doch nichts über eine gute Tasse Kaffee!
Kitty hatte kleine Teekuchen gebacken und war stolz, als ihr Oberschwester Elli schon zum zweiten Mal bescheinigte, daß sie unübertroffen im Backen von Teegebäck sei.
»Kannst ja mal öfter herkommen«, sagte Kitty ruhig. »Dann kriegst du das Teegebäck vorgesetzt. Ich habe immer einen gewissen Vorrat da.«
»Das soll ein Wort sein, Kitty. In meiner nächsten Freistunde tauche ich wieder bei dir auf.« Sie stand auf und strich sich den hellgrauen Rock glatt. »Aber jetzt wird es allerhöchste Zeit, daß ich zur Klinik zurückkehre. Ich habe mich selbstverständlich wieder bei dir verplaudert. Es ist aber auch immer hochinteressant, sich mit dir zu unterhalten.« Elli lachte Kitty an.
Sie waren ungleiche Frauen, schon allein des großen Altersunterschiedes wegen – aber sie verstanden sich ausgezeichnet. Manchmal befolgte Elli sogar heimlich einen Rat der alten Kräuter-Kitty – aber sie hätte sich lieber die Zunge abgebissen, als das auch zuzugeben.
Kitty ging eilig hinaus in den Garten und rief über die Schulter zurück: »Du wirst noch so viel Zeit haben, darauf zu warten, daß ich dir einen Strauß Blumen abschneide. Ich möchte, daß du dir Blumen mitnimmst, denn ich bin fest davon überzeugt, daß du so hübsche Blumen nicht kaufen kannst. Und wenn, dann sind sie schon nach spätestens zwei Tagen verwelkt. Meine Blumen halten sich aber, wenn du nur ein Stückchen Zucker in die Vase gibst. Zucker haben sie gern, und es ist nicht selten, daß sogar kleine Rosenknospen sich öffnen, wenn du meinen Rat befolgst.«
Elli stand, wie man zu sagen pflegt, »auf heißen Kohlen«, denn sie hatte sich wirklich ordentlich verplaudert. Hoffentlich vermißte man sie noch nicht in der Kinderklinik Birkenhain. Das hätte sie sich selbst nämlich so schnell nicht verziehen. Wer von anderen ordentliche Arbeit erwartete, der mußte auch mit gutem Beispiel vorangehen. Das war jedenfalls ihre Devise. Nun, und heute war sie wirklich nicht mit gutem Beispiel vorangegangen.
*
Während sich Oberschwester Elli mit höchst unnötigen Selbstvorwürfen auseinandersetzte, herrschte im nahen Zeltlager in der Heide Übermut. Man hatte sich müde getobt und saß nun im Halbkreis um die Lagerfeuerstelle. Das Feuer brannte noch nicht, aber man hatte schon den hohen Holzhaufen aufgeschichtet, in dem man in Folie gewickelte Kartoffeln briet und dazu den herrlichen Käse aß, den man im Dorf gekauft hatte. Dazu kam noch die wunderbare gelbe Butter, wie man sie in keinem Geschäft kaufen konnte. Es würde wieder mal ein Hochgenuß werden, und mehr als einer der Jungen schielte heimlich zur Uhr, obwohl noch keiner so richtig hungrig war. Aber allein die Aussicht auf das lukullische Abendessen war schon dazu angetan, Bärenhunger zu entwickeln.
Der neunjährige Simon Sanders lag neben dem großen Zelt und döste. Er war ein aufgeweckter, sportlicher Junge, Sohn eines Maschinen-Fabrikanten aus Bielefeld. Von Simon konnte man mit Fug und Recht behaupten, daß er nichts ausließ. Nichts an sportlichen Spielen, nichts an Streichen, die sie miteinander ausheckten, und auch nichts an Hilfe bei anderen, die nicht so geschickt mit dem Angeln waren wie er oder Mühe hatten, eine richtige Kochstelle aus Steinen zu bauen. Aber ebenso gern lag er auch abseits, döste vor sich hin und »erholte« sich, wie er es bezeichnete.
Simon befand sich in dem Zustand zwischen Wachen und Träumen, in dem man sich tagsüber so herrlich entspannen kann. Plötzlich spürte er im Unterbewußtsein, wie ihn etwas kitzelte. Mit der Hand schlug er nach der vermeintlichen Mücke und schnaufte laut auf, als er einen ganz gemeinen, stechenden Schmerz verspürte. Das war keine Mücke. Er stand auf, trat ins Zelt und holte den Taschenspiegel hervor. Über dem Ausschnitt des weißen T-Shirts, direkt über dem Kehlkopf, entdeckte er eine zerquetschte Biene.
»Mist!« sagte er laut und wandte sich Klaus Mencke, seinem besten Freund zu.
»Sagt man nicht, daß Bienen ihren Stachel verlieren, wenn sie einen Warmblüter gestochen haben?« fragte er. Klaus nickte.
»Sagt man«, gab er zurück.
»Na, dann sieh mal nach und zieh ihn mir heraus. Mich hat nämlich eine in den Hals gestochen, und es brennt höllisch.«
Simon setzte sich auf einen der Camping-Stühle, und Klaus neigte sich zu ihm hinab. Auf Anhieb fand er den Stachel und zog ihn mit Daumen- und Zeigefingernagel heraus, betrachtete ihn und sagte anerkennend: »Menschenskind, das ist aber ein Oschi! Komm, ich hab meine eigene Reiseapotheke da. Da muß auch etwas Salmiakgeist gegen Insektenstiche drin sein. Ist das beste Hausmittel, das ich dir empfehlen kann.« Simon nickte. Es war ihm egal, was man auf den Stich gab – Hauptsache, das Brennen hörte endlich auf. Es konnte einen ja verrückt machen!
Klaus machte einen Wattebausch mit Salmiakgeist naß und drückte ihn gegen den Bienenstich, der sich rot und deutlich sichtbar an Simons Hals abzeichnete. Es war ganz merkwürdig: Simon wurde immer nervöser und unruhiger. Sein Hals schmerzte, sein Rachen brannte, war trocken, obwohl er dauernd Mineralwasser trank. Dr. Volkert, der Klassenlehrer, der sich den Bienenstich angesehen hatte, schüttelte den Kopf. Er fand Simons Reaktion nicht normal und fragte mißtrauisch: »Könnte es sein, daß du allergisch gegen Bienengift bist, Simon?«
Der Junge, dem es sichtlich nicht gut ging, schüttelte den Kopf.
»Keine Ahnung. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nicht von einer Biene gestochen worden.«
»Ich finde, das sollte sich ein Arzt ansehen. Besser ist besser«, sagte Dr. Volkert und versuchte, sich seine Besorgnis nicht allzu deutlich anmerken zu lassen. »Ich fahre am besten mal gleich mit dem Fahrrad zum Forsthaus hinüber. Von da aus kann ich sicher telefonieren.«
Simon sah zu Klaus, seinem besten Freund, auf und stieß mit seltsam heiserer Stimme hervor: »Sagt man nicht, daß die Bienen im Frühjahr besonders starkes Gift haben? Na, ich habe bestimmt eine doppelte Dosis davon abbekommen.«
Simon fröstelte, und dann erhob er sich und taumelte zu seiner Luftmatratze, ließ sich schwer daraufsinken und murmelte nur: »Wieso bin ich eigentlich plötzlich so kraftlos? Mein Kopf glüht, aber ich friere schrecklich. Und Luft bekomme ich auch fast keine mehr.«
»Bleib ganz ruhig liegen, Mann«, sagte Klaus und legte dem Freund besorgt auch noch seine eigene Decke über. Aber sie schien nicht viel zu nutzen, denn Simon zitterte vor Kälte, während sein Kopf ganz heiß war. Klaus hatte Angst um den Freund, aber er beherrschte sich. Er wollte ihn nicht noch zusätzlich aufregen, indem er seine Angst allzu deutlich zeigte.
*
In der Klinik Birkenhain hatte Dr. Camillo Olegra Dienst. Er hörte, was Dr. Volkert ihm berichtete, und wußte genau, was getan werden mußte. Er benachrichtigte Martin Schriewers, der den Notarztwagen gleich bereitmachte. Die Krankenwärter ließen sie meistens daheim, besonders wenn Dr. Olegra mitfuhr, denn der war sich nicht zu schade, auch mal anzupacken, wenn man einen Patienten mit der Krankentrage in den Notarztwagen heben mußte.
Genau sechs Minuten nach Dr. Volkerts Anruf in der Kinderklinik Birkenhain war der Notarztwagen schon am Zeltlager. Alle atmeten auf. Mittlerweile hatte die Neuigkeit überall die Runde gemacht, und die Jungen saßen bedrückt im Halbkreis um Simon, den alle mochten, denn er kehrte nie den Sohn reicher Eltern hervor und galt allgemein als hilfsbereit. Und was noch wichtiger war: Er war äußerst erfinderisch, wenn es darum ging, einen harmlosen Streich auszuhecken und durchzuführen.
Dr. Olegra trat an die Luftmatratze, auf der Simon lag. Der Junge litt unter schrecklicher Atemnot.
Dr. Olegra sah Martin auffordernd an.
»Wir bringen ihn sofort in den Wagen. Ich fürchte, ich muß gleich hier, an Ort und Stelle eine Tracheotomie machen.«
»Okay!« sagte Martin nur, und schon hatten sie Simon auf die leichte Aluminiumtrage gelegt und trugen ihn zum Notarztwagen.
Dr. Volkert, der mit einsteigen wollte, wurde von Dr. Olegra daran gehindert.
»Besser, Sie bleiben draußen«, sagte er nur. »Hier haben wir vier zu wenig Platz. Sie würden uns nur behindern.«
»Aber wenn ich mich nicht irre, wollen Sie einen Luftröhrenschnitt machen. Das ist doch… ich wollte sagen, daß ich die Verantwortung für