Die verlorene Kindheit: Familie Dr. Norden 792 – Arztroman
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Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen.
Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas.
Die Nachmittagssprechstunde hatte sich bis neunzehn Uhr hingezogen, als Dr. Daniel Norden den letzten Patienten verabschieden wollte, der sich mal wieder beklagt hatte, daß ihm kein Medikament helfen würde. Allerdings wußte der Arzt, daß er nur die Beipackzettel studierte und dann bestimmt bei den Gegenanzeigen etwas fand, was möglicherweise auf ihn zutreffen könnte, um das Medikament dann gar nicht erst zu nehmen. Manchmal verlor auch Dr. Norden die Geduld. »Ich kann Ihnen nur empfehlen, einen anderen Arzt aufzusuchen, Herr Pohl«, sagte Dr. Norden mit erzwungener Ruhe, da rief Wendy, daß er dringend Dr. Behnisch anrufen möge. »Ich will aber keinen anderen Arzt«, sagte Herr Pohl beleidigt und machte gleich Anstalten, Wendy seine eingebildeten Leiden zu klagen. Da kam er aber erst recht an die falsche Adresse. Daniel Norden hatte gleich zum Telefon gegriffen. Dieter Behnisch rief selten bei ihm an, das überließ er meist seiner Frau Jenny. Hoffentlich ist nichts mit Jenny, dachte Daniel deshalb auch sogleich. Dr. Behnisch hatte ein anderes Anliegen. »Ich brauche deine Hilfe, Daniel«, sagte er ohne lange Einleitung. »Ich habe hier eine Patientin, die mir Rätsel aufgibt.
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Dr. Norden
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Buchvorschau
Die verlorene Kindheit - Patricia Vandenberg
Familie Dr. Norden
– 792 –
Die verlorene Kindheit
Patricia Vandenberg
Die Nachmittagssprechstunde hatte sich bis neunzehn Uhr hingezogen, als Dr. Daniel Norden den letzten Patienten verabschieden wollte, der sich mal wieder beklagt hatte, daß ihm kein Medikament helfen würde. Allerdings wußte der Arzt, daß er nur die Beipackzettel studierte und dann bestimmt bei den Gegenanzeigen etwas fand, was möglicherweise auf ihn zutreffen könnte, um das Medikament dann gar nicht erst zu nehmen.
Manchmal verlor auch Dr. Norden die Geduld. »Ich kann Ihnen nur empfehlen, einen anderen Arzt aufzusuchen, Herr Pohl«, sagte Dr. Norden mit erzwungener Ruhe, da rief Wendy, daß er dringend Dr. Behnisch anrufen möge.
»Ich will aber keinen anderen Arzt«, sagte Herr Pohl beleidigt und machte gleich Anstalten, Wendy seine eingebildeten Leiden zu klagen. Da kam er aber erst recht an die falsche Adresse.
Daniel Norden hatte gleich zum Telefon gegriffen. Dieter Behnisch rief selten bei ihm an, das überließ er meist seiner Frau Jenny. Hoffentlich ist nichts mit Jenny, dachte Daniel deshalb auch sogleich.
Dr. Behnisch hatte ein anderes Anliegen.
»Ich brauche deine Hilfe, Daniel«, sagte er ohne lange Einleitung. »Ich habe hier eine Patientin, die mir Rätsel aufgibt. Sie ist vor ein paar Stunden eingeliefert worden, wurde ziemlich schwer verletzt im Birkenwäldchen gefunden. Da das in eurer Gegend ist, kennst du sie vielleicht.«
»Wie heißt sie?«
»Das weiß ich noch nicht, aber sie phantasiert dauernd und sagte merkwürdige Dinge, die mir zu denken geben. Bitte, komm, so schnell du kannst, du bist der bessere Psychologe.«
»Ich komme sofort, Dieter.« Er war schon an der Tür, als Wendy ihm noch nachrief, daß Herr Pohl ein Hypochonder sei.
»Das weiß ich«, gab er zurück.
*
Dr. Dieter Behnisch und seine Frau Jenny waren beide Chirurgen und hatten die eigene Klinik zu großem Ansehen gebracht. Jenny war zudem auch eine sehr gute Diagnostikerin und Internistin, und sie waren schon sehr lange mit dem Ehepaar Norden befreundet. Bei jedem besonders schwierigen Fall holten sie Daniels Meinung ein, wie jetzt bei dieser jungen Frau, die sich in ihrem Bett hin und her wälzte und zusammenhanglose Worte murmelte.
Sie hatte ein sehr schmales Gesicht, in dem sich tiefstes Leid abzeichnete und ein gewiß nicht leichtes Leben seine Spuren hinterlassen hatten, obgleich sie noch jung sein mußte.
»Ich kenne sie nicht«, sagte Daniel, »was hast du an Verletzungen festgestellt, Dieter?«
»Zwei Rippenbrüche, schwere und mittelschwere Prellungen und entsprechende Hämatome, sie ist untergewichtig und feingliedrig und Jenny meinte, daß sie möglicherweise ein Kind haben oder gehabt haben könnte. Wir schätzen sie nicht älter als dreißig. Sie trug keinerlei Schmuck und...«
Dr. Behnisch verstummte, denn die Patientin stöhnte auf und sagte laut, voller Angst und Abwehr: »Er kann es nicht sein, er ist tot, er kann nicht leben! Papa, hilf mir doch, er hat Timmy geholt!« Dann wurde ihre Stimme ganz leise, aber Daniel Norden beugte sich dicht über sie und konnte sie verstehen.
»Genau wie damals – geh nicht wieder fort, Papa.« Wieder folgte ein Stöhnen, dann öffnete sie plötzlich die Augen, die groß und blau waren und starr wie die einer Porzellanpuppe.
»Wer sind Sie?« frage sie monoton mit einem Ausdruck der Furcht.
»Ich bin Arzt, Dr. Daniel Norden«, erwiderte er langsam und betont, so daß sie es auch verstehen konnte. »Und wie heißen Sie?«
Er war schon darauf gefaßt, daß sie den Kopf schütteln und sagen würde, sie könnte sich nicht erinnern, aber nichts dergleichen geschah. Ihr Blick wurde nachdenklich.
»Den Namen habe ich schon gehört. Norden… Fee Norden. Ich heiße…«, dann ein kurzes Zögern, ein schneller Atemzug, »ich heiße Trebnitz, Rebecca Trebnitz.«
»Wo wohnen Sie?« fragte Daniel.
»Nirgends. Wo bin ich überhaupt? In welcher Stadt?«
Daniel tauschte mit Dieter einen Blick. Der zuckte mit den Schultern.
»In München sind Sie, in der Behnisch-Klinik, und das ist Dr. Dieter Behnisch. Seine Frau werden Sie auch kennenlernen.«
»Wie bin ich hergekommen?« fragte sie verwirrt.
»Das wird man Ihnen noch genau erklären. An was können Sie sich erinnern?«
Sie schloß die Augen. »Es ist alles so verschwommen, im Nebel, das Meer, das Haus. Ich finde mich nicht zurecht.«
»Wer sind Ihre Angehörigen? Wo sind sie zu erreichen?«
»Ich kenne niemand mehr. Es ist so lange her.«
»Sie haben nach ihrem Vater gerufen.«
»Papa ist tot«, sagte sie tonlos. »Er hat es gesagt.«
»Wer hat es gesagt?«
Sie stieß einen spitzen Schrei aus und deutete auf die Tür, dann verlor sie das Bewußtsein.
»Es war niemand an der Tür, ich habe mich gleich umgedreht«, sagte Dieter. »Das ist wohl doch ein Fall für den Psychiater.«
»Warten wir es noch ab. Sie hat sicher etwas Schreckliches durchgemacht, aber ich denke, sie wird sich erinnern können. Benno Heinze soll sich mit ihr befassen. Er ist Psychologe und könnte sie hypnotisieren.«
»Es käme auf einen Versuch an«, sagte Dieter, »zu Jennys Beruhigung. Sie hat einen Narren an dieser Frau gefressen. Es sind aber noch viele Rätsel zu lösen, wie es scheint.«
»Kein leichter Fall, das gebe ich zu«, nickte Daniel. »Wer ist Timmy? Wer der tote Mann, den sie gesehen hat?«
»Sicher in ihren Träumen. Ich träume auch manchmal von Toten und sehe sie lebend.«
»Ein Wunder, daß du überhaupt träumst, wo du doch kaum zum Schlafen kommst.«
»Jenny behauptet, daß ich schnarche, also muß ich wohl auch schlafen, aber ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt mit meiner Frau geschlafen habe. Da bist du wohl besser dran.«
»Du mußt dir auch Privatleben gönnen.«
»Sag den Patienten, daß sie mich mal in Ruhe lassen sollen. In letzter Zeit haben wir Unfälle wie nie zuvor. Woran mag das liegen?«
»Sollten wir es auch auf die Sonnenfinsternis schieben?«
»Die ist doch längst vorbei.«
»Aber sie soll ihre Nachwirkungen haben.«
»Auf etwas muß man es ja schieben, wenn kein Föhn ist«, brummte Dieter Behnisch.
Da kam Jenny.
»Ich habe etwas erfahren«, sagte sie hastig. »Ein Auto mit italienischem Kennzeichen hat eine ganze Zeit im Halteverbot am Birkenwäldchen gestanden. Vielleicht kann man dadurch etwas in Erfahrung bringen.«
»Wir haben inzwischen mit ihr gesprochen, nicht viel, aber wenigstens was«, erklärte Daniel. »Sie heißt Rebecca Trebnitz.«
»Sagt sie jedenfalls«, warf Dieter ein.
»Er ist immer skeptisch«, meinte Jenny nachsichtig. »Lieb, daß du gekommen bist, Daniel.«
»Ist doch selbstverständlich. Ich werde mich auch um die Patientin kümmern. Ihr ist nämlich der Name Fee Norden bekannt. Mal sehen, was wir da erfahren.«
»Nichts Gutes, wie ich annehme«, sagte Jenny ernst. »Aber fahr jetzt heim, sonst kündigt Fee uns die Freundschaft.«
»Sie ist immer schnell versöhnt, wenn ich etwas Interessantes zu berichten habe. Wenn man es recht bedenkt, ist unser Leben doch recht eintönig.«
»Jetzt hör aber auf, bei eurer Kinderschar kann es doch gar nicht eintönig sein.«
»Soviel Neues gibt es da auch nicht, und Fee hat sie ja den ganzen Tag um sich. Haltet mich bitte auf dem laufenden, wenn es etwas Neues von Rebecca Trebnitz gibt.«
Darauf brauchte er nicht lange zu warten, und Fee war nun auch sehr gespannt, wie