Was nahm ihr den Lebensmut?: Familie Dr. Norden 789 – Arztroman
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Die Familie bleibt für Daniel Norden der wichtige Hintergrund, aus dem er Kraft schöpft für seinen verantwortungsvollen Beruf und der ihm immer Halt gibt. So ist es ihm möglich, Nöte, Sorgen und Ängste der Patienten zu erkennen und darauf einfühlsam einzugehen.
Familie Dr. Norden ist der Schlüssel dieser erfolgreichsten Arztserie Deutschlands und Europas.
Für Dr. Norden war es nicht neu, daß sich Mütter um ihre heranwachsenden Töchter Sorgen machten. Bei Dana von Coslin jedoch verhielt es sich anders. Sie hatte keine Mutter mehr, und obgleich Dr. Norden das junge Mädchen schon zwei Jahre kannte, hatte er noch nicht erfahren, ob ihre Mutter nicht mehr lebte oder die Eltern geschieden waren. Dana war zwanzig Jahre jung und ein sehr selbständiges, natürliches und intelligentes junges Mädchen. Junge Dame sollte man besser sagen, aber sie hatte nur gelacht, als Dr. Norden dies angedeutet hatte. Sie studierte Informatik für Wirtschaft und Recht, woraus schon zu schließen war, daß sie keine weiblichen Ambitionen hatte. Ihr herbes Gesicht verriet Willenskraft und Entschlossenheit, und so war er auch gar nicht überrascht, als sie erklärte, daß sie mit ihrer Clique einen Abenteuerurlaub in Kanada plane. Sie wollte sich deshalb einmal durchuntersuchen lassen. »Was sagt Ihr Vater dazu?« fragte Dr. Norden beiläufig. Er kannte den Baron von Coslin als einen sehr konservativen Mann, obgleich er keinen Wert auf den Titel legte und auch in recht bescheidenen Verhältnissen lebte. Die Coslins gehörten zum verarmten Adel. Dana wurde leicht verlegen. »Er braucht es nicht zu wissen. Wir machen ja offiziell auch eine Studienreise, und auch Tante Milli weiß es nicht anders. Ihnen vertraue ich es an, weil ich ja wissen muß, ob ich etwaigen Strapazen auch gewachsen bin.«
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Dr. Norden – Retro Edition
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Was nahm ihr den Lebensmut? - Patricia Vandenberg
Familie Dr. Norden
– 789 –
Was nahm ihr den Lebensmut?
Patricia Vandenberg
Für Dr. Norden war es nicht neu, daß sich Mütter um ihre heranwachsenden Töchter Sorgen machten. Bei Dana von Coslin jedoch verhielt es sich anders. Sie hatte keine Mutter mehr, und obgleich Dr. Norden das junge Mädchen schon zwei Jahre kannte, hatte er noch nicht erfahren, ob ihre Mutter nicht mehr lebte oder die Eltern geschieden waren.
Dana war zwanzig Jahre jung und ein sehr selbständiges, natürliches und intelligentes junges Mädchen. Junge Dame sollte man besser sagen, aber sie hatte nur gelacht, als Dr. Norden dies angedeutet hatte.
Sie studierte Informatik für Wirtschaft und Recht, woraus schon zu schließen war, daß sie keine weiblichen Ambitionen hatte. Ihr herbes Gesicht verriet Willenskraft und Entschlossenheit, und so war er auch gar nicht überrascht, als sie erklärte, daß sie mit ihrer Clique einen Abenteuerurlaub in Kanada plane. Sie wollte sich deshalb einmal durchuntersuchen lassen.
»Was sagt Ihr Vater dazu?« fragte Dr. Norden beiläufig. Er kannte den Baron von Coslin als einen sehr konservativen Mann, obgleich er keinen Wert auf den Titel legte und auch in recht bescheidenen Verhältnissen lebte. Die Coslins gehörten zum verarmten Adel.
Dana wurde leicht verlegen. »Er braucht es nicht zu wissen. Wir machen ja offiziell auch eine Studienreise, und auch Tante Milli weiß es nicht anders. Ihnen vertraue ich es an, weil ich ja wissen muß, ob ich etwaigen Strapazen auch gewachsen bin.«
»Wenn Sie sich nicht hautnah mit einem Bären einlassen wollen, sind Sie schon einigen Strapazen gewachsen. Ich will Ihnen das Vorhaben auch nicht ausreden, möchte aber doch sagen, daß Sie gewisse Grenzen einhalten sollten. Lassen Sie sich nicht zu etwas überreden, dem Sie sich doch nicht gewachsen fühlen.«
»Ich weiß schon, was ich mir zumuten kann, aber ich weiß auch, was Sie meinen, Dr. Norden.«
»Ansonsten ist nichts dagegen einzuwenden, wenn wißbegierige junge Menschen die Nase in den Wind stecken und Länder und Leute kennenlernen wollen, anstatt faul irgendwo an einem Strand zu liegen und nach einem heißen Tag auch noch ein heißes Nachtleben genießen wollen.«
»Damit habe ich gar nichts am Hut und meine Freunde auch nicht.«
»Wie viele seid ihr denn?«
»Acht, und in Toronto treffen wir noch zwei, mit denen wir im Briefwechsel stehen.«
»Bekomme ich mal eine Karte?« fragte Daniel Norden.
Dana lachte. »Wenn ich einen Briefkasten finde? Wenn Tante Milli zu Ihnen kommt, verraten Sie ihr aber bitte nichts von unserem Gespräch. Sie ist zwar sehr modern eingestellt, aber ihr sind Urlaube mit einem bestimmten Ziel und einem guten Hotel auch lieber.«
Dana wohnte bei ihrer Tante Ludmilla von Coslin, die sie liebevoll Milli nannte, die auch ihre Patin war. Sie war zehn Jahre mit einem bürgerlichen Armin Dörfler verheiratet gewesen. Sie hatte ihren Namen behalten, und er hatte diesem seinen hinzugefügt. Dafür hatte er ihr dann ein beträchtliches Vermögen hinterlassen, das ihr ein sorgenfreies Leben ermöglichte. Es hatte ihr, deren Ehe kinderlos geblieben war, auch gestattet, ihrer geliebten Nichte ein Zuhause zu geben. Ihr Bruder Al-brecht lebte nur für seine Hobbys, Orchideen und andere seltene Blumen und Pflanzen züchtete, während sich in einer riesigen Voliére eine Vielzahl von Vögeln tummelte, mit denen er ebenso sprach, wie mit seinen vier Hunden unterschiedlicher Rassen.
Albrecht von Coslin war ein wunderlicher Mann, er selbst sah sich nur als einen Naturfreund. Mit seinem Auto, das er unbedingt brauchte, weil er weitab vom nächsten Ort lebte, stand er ständig auf Kriegsfuß.
Dana besuchte ihren Vater regelmäßig, Milli kam auch manchmal mit. Sie fühlten sich ihm beide verbunden, aber sie wußten nicht viel mit ihm anzufangen, abgesehen davon, daß sie Freude an den Vögeln hatten, die herrlichen Blumen bewunderten und mit den guterzogenen Hunden gut Freund waren.
Über Danas Mutter wurde nicht gesprochen. Sie war aus ihrem Leben verschwunden, als Dana zwei Jahre alt gewesen war, weshalb sie auch keinerlei Erinnerung an sie hatte. Da Dana Tante Milli hatte, interessierte sie sich nicht für den Verbleib ihrer Mutter. Sie wußte nur, daß deren Vorname Marie Luise lautete.
Soviel hatte Dr. Norden im Laufe der Zeit auch erfahren. Da auch Milli keine sehr mitteilsame Frau war, war es auch dabei geblieben. Obgleich Fee gar zu gern mehr über die Coslins erfahren hätte. Sie hatte etwas für ungewöhnliche Menschen übrig.
*
Eine Patientin, die zu der Kategorie der besorgten Mütter gehörte und in ganz normalen Verhältnissen lebte, kam auch an diesem Vormittag zu Dr. Norden in die Praxis.
Zu Übertreibungen neigte Ursula Rieger nicht, und so wurde Dr. Norden sehr nachdenklich, als sie ihm erzählte, daß ihre Tochter Andrea sich auffallend verändert hätte, seit sie aus dem Urlaub, den sie mit ihrer Freundin Vicky Sanders in Kenia verbracht hatte, zurück sei.
Dr. Norden kannte Andrea als fröhliches, lebenslustiges Mädchen.
Jetzt war er verwundert, daß sie nicht zu ihm gekommen war, wenn sie irgendwelche Beschwerden hatte, denn Andrea hatte zu ihm auch immer Vertrauen gehabt.
Als Ursula Rieger sagte, daß Andrea manchmal unter Schwindelanfällen leide und sich übergeben müsse, fragte er gleich spontan, ob sie vielleicht schwanger sei.
»Zuerst habe ich auch daran gedacht und sie auch gefragt. Sie weiß doch, daß wir über alles reden können. Aber sie ist nicht schwanger. Bei ihr ist wenigstens das auszuschließen, aber sonst ist sie ganz eigenartig, so verschlossen. Das haben sie auch im Büro festgestellt, obgleich an ihrer Arbeit nichts auszusetzen ist. Ich glaube, sie hat das Lachen verlernt. Gibt es einen Virus, der die Psyche negativ beeinflußt, Herr Doktor?«
»Hat sie womöglich Liebeskummer?«
Ursula Rieger zuckte die Schultern.
»Sie hat noch keinen festen Freund, es fällt mir nur auf, daß sie sich kaum noch mit Vicky trifft, mit der sie in Kenia war. Mit meinem Mann kann ich darüber nicht reden. Er sagte, daß Andrea erwachsen sei und ich mich nicht mehr wie eine Glucke verhalten soll. Ihm fällt es anscheinend auch gar nicht auf, wie verändert Andrea ist. Ich übertreibe bestimmt nicht, Herr Doktor.«
»Wenn sie mal zu mir gekommen wäre, könnte ich etwas dazu sagen, aber so tappe ich auch im dunkeln.«
»Ich habe schon gesagt, daß sie Sie doch mal aufsuchen solle, aber sie war sehr abweisend und erklärte, daß ihr nichts fehle und ich ihr gewaltsam was einreden wolle. Was soll ich also machen? Würden Sie kommen, wenn sie mal wieder zusammenklappt?«
»Selbstverständlich. Sie brauchen nur anzurufen. Wie wäre es, wenn sie mal mit Andreas Freundin sprechen würden?«
»Das ist doch peinlich. Es sind ja erwachsene Mädchen, volljährig und berufstätig. Sie haben es nicht gern, wenn Eltern sich einmischen. Es würde zwischen Andrea und mir eine noch größere Spannung geben, wenn ich mit Vicky reden würde.«
Dr. Norden verstand schon, daß Frau Rieger sich Sorgen machte, denn er zweifelte jetzt nicht mehr, daß sie wirklich Grund dazu hatte. Helfen konnte er aber nicht, bevor er Andrea nicht gesehen hatte.
Vielleicht steckte da eine Urlaubsbekanntschaft dahinter, von der sie sich mehr versprochen hatte. Wie oft passierte es, daß in der Urlaubslaune ein heißer Flirt zu ernstgenommen wurde. Dann kam der Alltag, und Versprechungen wurden nicht eingehalten. Jeder war in seine Umgebung zurückgekehrt. Aber er hatte keine Zeit, sich darüber noch länger den Kopf zu zerbrechen. Er hatte genügend Patienten, die weitaus schwerwiegendere Probleme hatten.