Endlich sind wir eine Familie: Sophienlust Bestseller 86 – Familienroman
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Das Kinderheim Sophienlust erfreut sich einer großen Beliebtheit und weist in den verschiedenen Ausgaben der Serie auf einen langen Erfolgsweg zurück. Denise von Schoenecker verwaltet das Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim Sophienlust gehören wird.
Martina Palmer warf einen Blick in den Rückspiegel und erschrak vor ihrer Blässe. Die Aufregungen des Nachmittags hatten sie anscheinend doch mehr mitgenommen, als sie sich eingestehen wollte. Dabei sollte sie eigentlich froh sein, dass ihre zweijährige Verlobungszeit, die alles andere als harmonisch verlaufen war, nun ein schnelles Ende gefunden hatte. Aber ich bin dreißig Jahre alt, ging es Martina durch den Sinn. Das ist ein Alter, in dem die meisten Frauen bereits verheiratet und Mutter sind. Oh, wie sehr beneidete sie diese Frauen! Was gab es denn Schöneres für eine Frau, als verheiratet zu sein und Kinder zu haben? Auch sie sehnte sich danach. Doch wie es augenblicklich aussah, würde sie dieses Glück nie kennenlernen. Martina seufzte tief auf, dann blickte sie auf die Uhr. Acht Uhr fünfundvierzig! Sie musste sich beeilen, denn die Baronin Buchwitz, bei der sie Gesellschafterin und Mädchen für alles war, hasste Unpünktlichkeit. Martina gab mehr Gas und konzentrierte sich auf die Straße, die breit und leer vor ihr lag. Auf den Feldern zu beiden Seiten war das Korn schon gemäht. In der zarten blauen Dämmerung des Sommerabends verblassten die leuchtenden Farben des Tages schnell zu einem sanften Pastell. Die Hitze hatte merklich nachgelassen. Ein frischer Wind rauschte geheimnisvoll in den Kronen der alten Bäume, die die Straße säumten, in die Martina jetzt einbog. Sie war in schlechtem Zustand, so dass Martina etwas langsamer fahren musste. Jetzt hatte sie es plötzlich auch nicht mehr ganz so eilig heimzukommen. Sie kurbelte beide Fenster herunter und atmete tief die würzige Abendluft ein.
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Sophienlust Bestseller
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Endlich sind wir eine Familie - Patricia Vandenberg
Sophienlust Bestseller
– 86 –
Endlich sind wir eine Familie
Patricia Vandenberg
Martina Palmer warf einen Blick in den Rückspiegel und erschrak vor ihrer Blässe. Die Aufregungen des Nachmittags hatten sie anscheinend doch mehr mitgenommen, als sie sich eingestehen wollte. Dabei sollte sie eigentlich froh sein, dass ihre zweijährige Verlobungszeit, die alles andere als harmonisch verlaufen war, nun ein schnelles Ende gefunden hatte.
Aber ich bin dreißig Jahre alt, ging es Martina durch den Sinn. Das ist ein Alter, in dem die meisten Frauen bereits verheiratet und Mutter sind. Oh, wie sehr beneidete sie diese Frauen! Was gab es denn Schöneres für eine Frau, als verheiratet zu sein und Kinder zu haben? Auch sie sehnte sich danach. Doch wie es augenblicklich aussah, würde sie dieses Glück nie kennenlernen.
Martina seufzte tief auf, dann blickte sie auf die Uhr. Acht Uhr fünfundvierzig! Sie musste sich beeilen, denn die Baronin Buchwitz, bei der sie Gesellschafterin und Mädchen für alles war, hasste Unpünktlichkeit.
Martina gab mehr Gas und konzentrierte sich auf die Straße, die breit und leer vor ihr lag. Auf den Feldern zu beiden Seiten war das Korn schon gemäht.
In der zarten blauen Dämmerung des Sommerabends verblassten die leuchtenden Farben des Tages schnell zu einem sanften Pastell. Die Hitze hatte merklich nachgelassen. Ein frischer Wind rauschte geheimnisvoll in den Kronen der alten Bäume, die die Straße säumten, in die Martina jetzt einbog. Sie war in schlechtem Zustand, so dass Martina etwas langsamer fahren musste. Jetzt hatte sie es plötzlich auch nicht mehr ganz so eilig heimzukommen. Sie kurbelte beide Fenster herunter und atmete tief die würzige Abendluft ein. Dabei genoss sie die ländliche Stille, die sie umgab.
Was für ein göttlicher Friede! dachte Martina. Zugleich kämpfte sie darum, nicht an das hässliche Erlebnis des Nachmittags zu denken. Das Leben ging für sie weiter, auch ohne Horst Reuter, dem das Geld mehr bedeutete als wahre Liebe. Außerdem – es war sonst nicht ihre Art, sich unterkriegen zu lassen. Warum sollte sie eines Tages nicht doch noch ein wirkliches Glück finden?
Martinas Aufmerksamkeit wurde jetzt auf zwei kleine Gestalten gelenkt, die, Hand in Hand, weiter vorn auf der rechten Straßenseite zu sehen waren. Na, so was, dachte Martina erstaunt. Was taten zwei Kinder um diese Zeit in einer so einsamen Gegend allein auf der Straße? Das ging doch nicht mit rechten Dingen zu! Die nächste Ortschaft war mehr als zehn Kilometer entfernt. Ob die Kleinen sich verlaufen hatten?
Martina bremste den Wagen neben den Kindern ab, die erschrocken stehenblieben und bis zum Straßengraben zurückwichen.
»Hallo, ihr beiden!«, rief Martina ihnen zu. »Passt auf, dass ihr nicht in den Graben fallt. Ich tue euch nichts.«
Zögernd näherten die Kinder sich dem Wagen, wobei sie sich fest an den Händen hielten. Misstrauisch blickten sie auf Martina, der sofort die große Ähnlichkeit der beiden auffiel. Zwillinge? Schon möglich.
»Wo wollt ihr denn hin?«, fragte Martina freundlich, um die Kleinen nicht noch mehr zu verängstigen.
Da sie keine Antwort erhielt, wiederholte sie ihre Frage. Doch die Kinder blieben auch diesmal stumm.
Natürlich konnte Martina die Kleinen – ihrer Schätzung nach waren sie nicht viel älter als sieben oder acht Jahre – nicht ihrem Schicksal überlassen.
»Steigt ein!«, forderte sie sie in einem Ton auf, der keinen Widerspruch duldete, und öffnete die Tür. Schweigend stiegen die Kinder ein und setzten sich neben sie.
Martina vergewisserte sich, dass die Tür fest geschlossen war, und startete. Dabei überlegte sie, was sie mit den beiden Kindern anfangen sollte. Zwar gab es in dem Bungalow der Baronin ein Fremdenzimmer, aber die alte Dame würde entsetzt sein, wenn sie mit zwei kleinen Kindern ankäme. Sie hatte einmal geäußert, dass sie gegen Kinderlärm allergisch sei.
Martina warf einen Blick auf die beiden Findelkinder, die, nach dem Ausdruck ihrer Gesichter zu schließen, im Augenblick ganz zufrieden zu sein schienen.
»Wie heißt ihr?«, fragte sie energisch.
Diesmal bequemten sie sich zu einer Antwort. »Puck und Flo«, entgegneten sie wie aus einem Mund.
»Puck und Flo?«, wiederholte Martina kopfschüttelnd. »Was für seltsame Namen! Das sind doch nicht eure richtigen Namen? Ihr müsst doch noch andere Namen haben. Jeder Mensch hat einen vernünftigen Vornamen und einen Familiennamen.«
»Wir heißen Puck und Flo«, erwiderte das eine Kind ernst.
»Also gut, lassen wir es dabei«, gab sich Martina widerstrebend zufrieden. »Und wo wohnt ihr?«
»Das können wir Ihnen nicht sagen«, antwortete diesmal das andere Kind leise.
»Nein, das können wir nicht sagen«, echote das zweite.
»So? Und warum nicht?« Martina verlor allmählich ihre Geduld.
»Ja, weil … ja, weil wir es nicht wissen«, wurde ihr erwidert.
»Ihr wisst es nicht? Dann seid ihr nur in den Ferien hier und habt die Adresse der Pension oder des Hotels, in dem ihr mit euren Angehörigen wohnt, vergessen? Nicht wahr, so ist es doch?«
»Wir wissen nicht, wo wir wohnen«, blieben die beiden hartnäckig bei ihrer Behauptung.
Martina unterdrückte einen Seufzer. Da hatte sie sich etwas Schönes aufgehalst. Vielleicht sollte sie die beiden Ausreißer, denn das waren sie gewiss, doch mit zur Baronin nehmen. Doch sofort verwarf sie diesen Gedanken wieder. Ihr würde nichts anderes übrigbleiben, als zum nächsten Polizeirevier zu fahren, um die Kinder dort abzuliefern.
Plötzlich fiel Martina das Kinderheim Sophienlust ein. Baronin Buchwitz, die sich für jeden Klatsch brennend interessierte und deshalb über alle Ereignisse in dieser Gegend genauestens orientiert war, hatte einmal dieses Sophienlust erwähnt. Sie hatte auch erzählt, dass eine Frau von Schoenecker das Kinderheim leitete. Oder war sie die Besitzerin? An die Einzelheiten konnte Martina sich nicht mehr genau entsinnen. Doch, jetzt fiel es ihr wieder ein. Ein kleiner Junge hatte das Gut Sophienlust von seiner Urgroßmutter geerbt. Seine Mutter verwaltete sein Erbe, bis er selbst dazu in der Lage sein würde.
Wenn sie doch nur wüsste, welche Richtung sie einschlagen musste, um nach Sophienlust zu kommen! Sehr weit kann es nicht sein, überlegte Martina. Aber dort vorn war ein Wegweiser.
Martina fuhr langsamer und las auf dem Schild: Sophienlust 15 km. Das war weiter, als sie angenommen hatte. Aber sie musste in den sauren Apfel beißen und die Kinder dorthin bringen.
»Ich bringe euch jetzt in ein Kinderheim«, bemerkte sie, wobei sie hoffte, dass die Kleinen ihr endlich sagen würden, wohin sie gehörten. Aber sie schwiegen auch jetzt.
»Na dann«, seufzte Martina und bog in die Straße ein, die nach Sophienlust führte.
*
Frau Rennert und ihre Schwiegertochter Carola saßen um diese Stunde noch auf der Terrasse, um den herrlichen Sommerabend zu genießen. Nach der drückenden Schwüle des Tages war das kühle Lüftchen, das jetzt wehte, eine wahre Wohltat.
»Was für ein wunderschöner Abend«, schwärmte Carola. Dabei dachte sie sehnsüchtig an ihren Mann, Wolfgang Rennert, der für einige Tage hatte verreisen müssen.
»Ja, Carola, solche Abende sind recht selten bei uns geworden«, entgegnete Frau Rennert mit einem lieben Lächeln und blickte die reizende junge Frau an. Dass Wolfgang dieses liebevolle Geschöpf geheiratet hatte, war für sie eine große Freude. Denn sie hatte die stille, bescheidene und begabte Carola tief in ihr Herz geschlossen. Außerdem war sie sehr stolz auf ihre Schwiegertochter, die als Malerin bereits einen Namen hatte.
Jetzt wandten sich Frau Rennerts Gedanken Denise von Schoenecker zu, der ihr Sohn und sie so unendlich viel zu verdanken hatten. Bedenkenlos hatte diese gütige Dame ihren Sohn als Lehrer engagiert, obwohl er einmal gestrauchelt war. Dabei hatte ihr Sohn diese Dummheit nur begangen, um ihr, seiner damals so kranken, hilflosen Mutter, zu helfen. Nur deshalb hatte er das Geld unterschlagen. Er war dafür verurteilt worden und hatte seine Strafe verbüßt. Eine Jugendtorheit, mehr nicht. Aber wie viele Menschen tragen so etwas einem jungen Menschen ein Leben lang nach! Damals schien es so, als ob die Zukunft ihres Sohnes für immer verbaut sei. Doch das Schicksal hatte ihn mit Frau von Schoenecker zusammengebracht, die nicht nur ihm, sondern auch ihr selbst geholfen hatte. Was konnte sich eine Frau in ihrem Alter mehr wünschen, als Leiterin in einem großzügig geführten Kinderheim zu sein?
Wieder streifte Frau Rennerts Blick Carola, die, den Kopf zurückgelehnt, mit offenen Augen träumte. Über ihnen wölbte sich die dunkle Kuppel des nächtlichen Himmels, an dem die Sterne hell blinkten.
»Die Sterne gleichen Edelsteinen, die auf weichem Samt glitzern«, sagte die junge Frau leise.
»Ja, Carola, es ist eine zauberhafte Nacht. Aber horch mal, kommt da nicht ein Auto?«
Carola hob lauschend den Kopf. »Ja, du hast recht. Wer mag denn um diese späte Stunde zu uns kommen? Vielleicht kehrt Wolfgang früher heim?«
»Das glaube ich weniger, mein Kind. Er hat ja morgen erst die Besprechung, um derentwillen er nach Frankfurt gefahren ist.«
»Ob jemand von Schoeneich kommt?«, rätselte Carola weiter.
»Unmöglich! Der Wagen kommt ja aus der entgegengesetzten Richtung.«
»Ich schau mal nach, Mama.« Carola erhob sich.
»Ich begleite dich«, erklärte Frau Rennert und folgte der jungen Frau.
Im gleichen Augenblick bog ein fremder Wagen in den Hof ein und