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Liebe, Mord und andere Fälle: Kurze Geschichten und Gedichte
Liebe, Mord und andere Fälle: Kurze Geschichten und Gedichte
Liebe, Mord und andere Fälle: Kurze Geschichten und Gedichte
eBook361 Seiten3 Stunden

Liebe, Mord und andere Fälle: Kurze Geschichten und Gedichte

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Über dieses E-Book

Schöne Gedichte und viele außergewöhnliche und lustige Geschichten zu den verschiedenen Jahreszeiten, Heimatgeschichten, Liebesgeschichten, spannende Krimigeschichten und etliche Erzählungen, die leicht makaber sind, aber am Ende doch ein Lächeln auf das Gesicht des Lesers zaubern.

Ideal, um vor dem Einschlafen einen kurzen Text zu lesen, oder auch als Geschenk für viele Gelegenheiten.

 

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum17. Okt. 2022
ISBN9783743869837
Liebe, Mord und andere Fälle: Kurze Geschichten und Gedichte

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    Buchvorschau

    Liebe, Mord und andere Fälle - Anne Koch-Gosejacob

    Glocken

    Die Lebendigen rufen wir,

    die Toten beklagen wir!"

    Die alte Turmuhr am Eingang des verlassenen Friedhofs schlug zwölfmal. ‚Geisterstunde! Nein, so etwas gibt es nicht’, verscheuchte Alea ihre Ängste.

    Das verrostete Eisentor quietschte, als sie es ein wenig öffnete und sich hindurchzwängte, um dann eilig die uralte Totenstätte zu durchqueren. Diese Abkürzung nahm sie nur, wenn sie den letzten Bus verpasst hatte, der sie sonst bis kurz vor die Haustür brachte. Nun, den hatte sie heute verpasst. Machte aber nichts. Am Ende des Friedhofs musste sie nur noch durch den kleinen Buchenhain gehen und schon war sie zu Hause. Ein winziges Einfamilienhaus, das sie vor ein paar Jahren von ihrem Großvater Viktor geerbt hatte.

    Der leichte Nachtwind trug den silberhellen Klang einer Glocke zu ihr herüber. ‚Seltsam ... Hier gibt es doch nur die Glocke der Turmuhr auf der Friedhofskapelle … oder habe ich etwas nicht mitbekommen?’ Irritiert über den hellen Glockenklang ging sie weiter.

    Manche der Gräber dieses alten Friedhofs waren zur Gänze mit Unkraut überzogen und eingefallen. Die alten Holzkreuze hingen so schief, dass man meinen konnte, sie würden jeden Moment kopfüber auf die Gräber stürzen. Der fahle Mond, der ab und zu hinter den dunklen Wolkenbergen hervorlugte, unterstrich die gespenstische Atmosphäre.

    Alea hatte den Friedhof schon beinahe durchquert, als sie die Glocke ein zweites Mal zu vernehmen glaubte. Ganz fein war sie zu hören. Sie blieb stehen und lauschte, aber kein Klang war zu vernehmen.

    „Ich glaube, ich spinne. Oder ich habe zu viele Caipirinhas getrunken", murmelte sie vor sich hin. Zusammen mit ihren Freundinnen Greta, Ivonne und Nikola hatte sie in der angesagten italienischen Disco ‚La Marina‘ am heutigen Abend ihren Geburtstag gefeiert.

    Doch da. Sie lauschte angestrengt in das Dunkel. ‚Da ... Da ist er wieder, dieser silberhelle Glockenton.‘ Er schien aus dem uralten Mausoleum der Grafenfamilie von Hohenkamp zu kommen, deren Nachfahren immer noch im Schloss am Stadtrand wohnten. Alea kannte sich von vielen Gängen hier auf dem Friedhof bestens aus. Wie oft hatte sie sich gerade die uralten Familiengräber schon angeschaut.

    Versteckt zwischen dichten hohen Fliederbüschen schaute nur der kleine, mit grauen Schieferplatten belegte Zwiebelturm des Mausoleums heraus.

    Zögerlich, Schritt für Schritt, folgte Alea dem zarten Klang, bog die dichten Büsche auseinander und sah, dass die schwere Eisentür der Grabstätte weit offen stand. ‚Soll ich weitergehen? Soll ich nicht lieber auf direktem Weg nach Hause gehen …?‘

    Schließlich siegte ihre Neugierde. Im Schatten der Büsche schlich sie sich näher an die Grabstätte heran, lauschte immer wieder. Aber die Glocke schien mit einem Schlag wieder verstummt. Endlich erreichte sie die offene Eisentür. Mit angehaltenem Atem schaute sie vorsichtig in das Mausoleum hinein. Doch nichts war zu sehen. Mit tastendem Schritt betrat sie die Grabstätte. Die Neugierde vertrieb die vorhandene Angst. Durch das zerborstene Fenster an der Rückwand der Grabstätte fiel das Mondlicht direkt auf einen grauen Steinsarkophag. Sie presste die Hand vor den Mund. Warum war sie nur hierhergekommen?

    Plötzlich vernahm sie ein leises, schabendes Geräusch. ‚Hatte sich der schwere Sargdeckel nicht gerade bewegt? Und hinten in der Ecke, kauerte da nicht jemand?’ Im selben Moment ertönte ein sirrendes, zirpendes Geräusch, und als etwas über ihren Kopf hinwegflog und sie dabei leicht berührte, bemerkte sie, wie sich ihr Körper mit einer Gänsehaut überzog. Sie wagte kaum noch zu atmen.

    Angst gegen Neugierde. Diesmal siegte die Angst. Panikartig stürzte sie aus der Grabstätte, hetzte zum Ausgang des Friedhofs. Ihre Schritte verlangsamten sich erst, als sie den Buchenhain durchquert hatte. Sie atmete erleichtert auf, als sie unbeschadet die Haustür hinter sich schließen konnte.

    Am nächsten Tag telefonierte sie mit ihrer Freundin Nikola, berichtete ihr von ihrem nächtlichen Erlebnis.

    „Du hast sie doch nicht alle. Welcher vernünftige Mensch geht denn nachts über den Friedhof. Von unserem Geldgeschenk hättest du dir doch ohne Problem ein Taxi nehmen können!, fuhr Nikola sie aufgebracht an. Doch dann lachte sie und meinte: „Du, der alte Friedhofswärter, der bei uns nebenan wohnt, hat mir neulich erzählt, dass neuerdings immer ein paar Penner im Mausoleum übernachten. Mit der Glocke geben sie ein Zeichen, damit die anderen Tippelbrüder wissen, dass das Mausoleum schon als Schlafstätte besetzt ist. Außerdem gibt es dort etliche Fledermäuse. Du weißt doch, diese verkappten Vampire, die sich in den Hals von hübschen Jungfrauen beißen und ihnen das frische rote Blut aussaugen. Als Untote geistern die armen Viecher nachts auf dem Friedhof herum, suchen sich ein Mausoleum aus, wo sie den nächsten Tag verbringen können. Vielleicht bist du ja auch so eine, wenn du dich in der Nacht von Friedhöfen und Mausoleen so angezogen fühlst.

    „Danke für deine aufklärenden Worte, meine Liebe, entgegnete Alea lachend, „aber ich werde mich heute Nachmittag in die Sonne legen und relaxen. Du weißt ja, Untote können das nicht!

    Das Geschenk

    „Wir müssen dringend nach Nordhorn zum Friedhof", rief Manfred seiner Frau zu, die gerade die Blumen auf der Küchenfensterbank mit Wasser versorgte.

    „Das glaube ich auch. Das Grab sieht bestimmt wieder schlimm aus. Ist auch zu dumm, dass dein Vater unbedingt sein Grab unter der großen alten Buche haben wollte."

    „Da hast du vollkommen Recht! Ich frag mich nur schon seit Längerem, was wir in fünf Jahren mit dem Grab machen. Dann kann ich die weite Strecke bestimmt nicht mehr andauernd mit dem Auto fahren. Einen Gärtner hatten wir ja schon engagiert, aber da sah das Grab auch nicht viel besser aus als jetzt."

    „Können wir es nicht einebnen lassen?", erkundigte sich seine Frau.

    „Nein, das macht die Friedhofverwaltung in Nordhorn nicht. Und wenn doch, dann kostet es genauso viel, als würde es noch die nächsten zehn Jahre bestehen bleiben, meinte Manfred ärgerlich. „Am besten, wir warten erst einmal ab. Wer weiß, was in den nächsten Jahren so alles passiert.

    Als Peter ein paar Tage später seinen Vater besuchte, fragte der seinen Sohn, ob er mit ihm nach Nordhorn, zum Grab der Großeltern fahren würde. Doch Peter hatte alle möglichen Ausreden parat, musste für die Firma noch einige Sachen erledigen, seine Frau abends von der Arbeit abholen und die Kinder zu einem wichtigen Fußballspiel in die nächste Stadt bringen.

    „Heutzutage, so meinte sein Sohn, „lässt man sich verbrennen und nicht in einem großen Familiengrab bestatten. Ich verstehe nicht, warum Opa unbedingt eine Erdbestattung wollte.

    „Opa war katholisch und bei denen ist es von früher her so üblich. Ich für meinen Fall ziehe ja auch eine Feuerbestattung vor. Nachdem wir uns im letzten Monat den Friedwald angesehen haben, hat deine Mutter dies auch so in ihrer Vorsorgevollmacht festgelegt, erklärte Manfred seinem Sohn und fragte dann, um ein anderes Thema anzuschneiden: „Was ist eigentlich der Anlass deines heutigen Besuchs?

    „Na ja, in drei Wochen hast du Geburtstag. Biene und ich haben lange überlegt, was wir dir zum Siebzigsten schenken sollen, aber bisher ist uns nichts Passendes eingefallen."

    „Ihr braucht mir wirklich nichts schenken. Ich freue mich, wenn ihr mit den Enkelkindern zur Feier kommt."

    „Damit lässt sich Biene nicht abspeisen. Sie möchte dir unbedingt etwas Besonderes schenken!", antwortete ihm Peter.

    „Ich wüsste nicht was. Mutter und ich haben doch alles!", sagte Manfred.

    „Na gut, irgendetwas wird uns schon einfallen. Du bist ja immer für etwas Praktisches", meinte Peter und fuhr schon rasch wieder nach Hause, um nicht doch von seinem Vater zu einem Grabbesuch in Nordhorn überredet zu werden.

    An Manfreds Festtag saßen schon Nachbarn und Freunde am festlich gedeckten Kaffeetisch, als Peter reichlich spät mit seiner Familie ankam und das große Esszimmer betrat.

    Kichernd stießen sich die beiden Jungen immer wieder mit dem von den Eltern erlaubten Sektglas an und forderten den Vater auf, Opa Manfred das Geschenk endlich zu überreichen, was Peter nach geraumer Weile auch tat.

    Manfred nahm den hübschen Umschlag mit der dicken rotweißen Schleife dankend entgegen und sagte: „Kinder, ihr solltet mir doch nichts schenken!" Dann löste er vorsichtig die Schleife, öffnete den Umschlag, nahm die Karte heraus und stutzte für einen Moment. ‚O Gott!‘, durchfuhr es ihn, was sich offensichtlich auch in seiner Mimik ausdrückte.

    Schlagartig verstummten die Gespräche und alle Augen der Geburtstagsgäste richteten sich auf ihn, neugierig, warum er so erschrocken war über das Geschenk der Familie seines Sohnes. Was mochte er wohl von Peter bekommen haben?

    Manfred war zuerst blass geworden, doch dann siegte sein Humor und er bekam einen Lachkrampf. Nachdem er sich beruhigt hatte, sagte er: „Es ist etwas für später. Ein Gutschein für ein Grab unter einem Baum im Friedwald bei Bramsche. Ich hoffe aber, dass ich nicht in der nächsten Zeit todkrank werde, verunglücke oder dass mich jemand umbringt, sodass meine Frau schon vorzeitig den Gutschein einlösen muss."

    Verrückte Welt

    Ende Juni kam Martha Rottman kurz nach Mittag mit dem Fahrrad völlig aufgebracht zu uns. Mitten auf dem Hof ließ sie das Rad einfach fallen und rannte aufgeregt in die Küche, wo Mutter und Oma Gertrud gerade Erdbeermarmelade kochten. Neugierig schlich die kleine Margarete hinterher, blieb aber hinter der halb offenen Küchentür stehen und lauschte.

    „Hört mal! Ich komme gerade mit dem Rad aus dem Dorf. Stellt euch mal vor, was mir unterwegs passiert ist!"

    „Setz dich hin und beruhige dich erstmal, du bist ja ganz außer dir! Gertrud reichte Martha Rottmann ein Glas Wasser, das sie in einem Zug leer trank. Dann holte sie tief Luft und berichtete: „Kurz hinter Bauer Köhne sah ich ein Stück vor mir einen weißen VW-Käfer am Straßenrand stehen. Ich dachte, vielleicht ist dem Fahrer schlecht geworden. Also bin ich vom Rad abgestiegen, habe es geschoben, um notfalls gleich zu helfen. Als ich auf der Höhe des Wagens war, stieg ein Mann aus und sagte, er müsse mir etwas zeigen. Dabei öffnete er seinen hellen Sommermantel, wies auf seine offene Hose und wollte mit der anderen Hand nach dem Lenker meines Rades greifen. Ich war so erschrocken, dass ich es beinahe fallengelassen hätte. Geistesgegenwärtig bin ich aber schnell mit dem Rad ein Stück weitergerannt, wieder aufgestiegen und habe eilig die Abkürzung, das heißt den kleinen Weg mitten durch die Felder, genommen.

    „Du musst nochmal ins Dorf und bei der Polizei eine Anzeige machen", sagte Mutter.

    „Nein, auf keinen Fall. Ich fahr da nicht mehr lang! Wenn ich bedenke, was mir alles hätte passieren können. Bestimmt hätte keiner meine Hilfeschreie gehört."

    Martha Rottmann stand auf, schaute aus dem Fenster und fragte besorgt: „Ist eure Margarete denn schon von der Schule wieder da?"

    Ehe Mutter oder Oma antworten konnte, kam Margarete in die Küche gerannt. Offensichtlich hatte sie das Gespräch durch die offene Tür mitbekommen, denn sie trötete nun lautstark: Die Schule war heute eher aus und den Mann habe ich auch gesehen. Als er den Mantel aufgemacht und mir sein Ding gezeigt hat, habe ich nur gelacht und gesagt: ‚Vater seins ist viel größer.‘ Ich habe es nämlich schon mal gesehen, als er sich morgens angezogen hat. Der Mann hat ganz blöd geguckt und sich wieder ins Auto gesetzt. Ich bin dann schnell nach Hause gefahren."

    „O Herrgott, die Welt wird immer verrückter!" Oma Gertrud schlug die Hände über dem Kopf zusammen, während Mutter und Martha Rottmann ganz blass wurden.

    Margarete verstand die Aufregung der Erwachsenen nicht und dachte: ‚Na, besser wäre mal wieder gewesen, ich hätte nichts erzählt. Wie man es auch macht, so macht man es verkehrt.‘

    Abends versuchte Mutter, ihrer Tochter das Ganze zu erklären, außerdem musste diese der Mutter versprechen, nie zu einem Fremden ins Auto zu steigen.

    Martha Rottmann hat im Übrigen den Mann doch am nächsten Tag angezeigt, aber die Polizei hat den unbekannten Fremden nie erwischt.

    Beerdigung im Schuhkarton

    Ganz aufgeregt rief Elke am frühen Morgen bei ihrer Mutter Kerstin an und teilte ihr mit, dass sie nicht duschen könne, da das Wasser im Badezimmer kalt sei. Notgedrungen telefonierte Kerstin mit der Heizungsfirma, die für die Wartung zuständig war. Sie sollten umgehend kommen, den Fehler suchen und gleich beseitigen.

    Kerstin zog sich nach dem Anruf bei der Firma in aller Ruhe an, um zu ihrer Tochter zu fahren. Als sie nach einer Stunde dort ankam, berichtete diese: „Der Monteur war da und hat gesagt, dass die Heizung nicht anspringt, weil die Sauerstoffzufuhr blockiert ist. Der Schornsteinabzug sei dicht. Der ganze Keller sei schon voll Kohlenmonoxid. Wir hätten ersticken können. Er hat sofort den Schornsteinfeger alarmiert, der auch sofort gekommen ist und gerade dabei ist, den Kamin zu reinigen."

    Kerstin ging in den Keller, um nachzusehen, wie weit der Schornsteinfeger mit seiner Arbeit war. Ihr kleiner Enkel wollte unbedingt mitgehen, denn seine Mama hatte ihm erzählt, dass es Glück bringt, wenn man den schwarzen Mann anfasst. Und so eine spannende und aufregende Sache konnte er sich nicht entgehen lassen.

    Zusammen mit Oma im dunklen Keller angekommen, verließ den Kleinen allerdings rasch der Mut. Also musste Kerstin den schwarzen Mann fragen, ob ihr Enkel ihn anfassen dürfe. Schmunzelnd stellte sich der Schornsteinfeger in Positur. Zaghaft ging der Kleine näher und strich mit der rechten Hand über das nach Ruß stinkende Hosenbein des Mannes, während er sich mit der anderen Hand fest an Oma klammerte, da er dem schwarzen Mann, der tatsächlich sehr verwegen aussah, wohl nicht so recht traute.

    Danach zeigte der Schornsteinfeger Kerstin einen Karton, der voll mit vielen kleinen Ästen und Stöckchen war, die er alle aus dem verstopften Kamin beziehungsweise Luftschacht herausgeholt hatte.

    „Was ist das denn?" Entsetzt zeigte der Enkel auf etwas Großes, Schwarzes, das hinter dem Karton lag.

    „Das ist eine Dohle, ein Rabenvogel. Der ist tot, antwortete der Schornsteinfeger dem Kleinen – und zu Kerstin gewandt: „Der Grund des ganzen Missgeschicks. Der Vogel hat wohl versucht, oben auf dem Schornstein ein Nest zu bauen, und ist dann samt Unterlage in den Kamin hineingerutscht und elendig zugrunde gegangen. Damit so etwas nicht noch einmal passieren kann, werde ich aufs Dach steigen und oben auf dem Schornstein ein Gitter anbringen.

    Auf Bitten ihres Enkels nahm Kerstin die große, schwarze Dohle mit nach oben, legte sie in einen mit viel Watte ausgepolsterten alten Schuhkarton, deckte den Vogel sanft mit einem weichen Tempotuch zu und verschloss den Karton. In Begleitung ihres Enkels begrub sie die Dohle hinten im Garten unter dem alten knorrigen Birnenbaum. Anschließend durfte sich der Junge aus dem Blumenbeet ein blühendes Vergissmeinnicht ausbuddeln und auf das kleine Grab pflanzen, da er wusste, dass das Familiengrab auf dem Friedhof auch immer mit schönen Blumen bepflanzt wurde. Zusammen mit seiner Mutter hatte er im Sommer oft die Blumen gegossen.

    Ob das Anfassen des schwarzen Mannes tatsächlich Glück für den Kleinen bringen wird, steht noch in den Sternen.

    MORDnacht

    Ohne Krimi nie ins Bett

    denn es ist besonders nett

    sich vor dem Schlafen noch zu gruseln

    wenn Diebe, Mörder um dich wuseln

    Ein Schuss, ein Knall, ein Stich

    darauf ein Schrei ganz fürchterlich

    Das Opfer gleich zu Boden sinkt

    röchelnd es im eignen Blut ertrinkt

    Trotz Nacht und Nebel das ist klar

    der Mörder nicht der Gärtner war

    infrage kommt die Ehefrau

    ihr Alibi ist ungenau

    Die Tat wird schließlich aufgeklärt

    vom Kommissar der sich bewährt

    für Totschlag, Mord und andere Fälle

    der Täter sitzt jetzt in der Zelle

    Spannend so ein Krimi ist

    die Zeit dabei man ganz vergisst

    Geht dann im Traum auf Mördersuche

    wie es steht im Krimibuche

    Ohne Krimi nie ins Bett

    denn es ist besonders nett

    sich vor dem Schlafen noch zu gruseln

    wenn Diebe, Mörder um dich wuseln

    Onkel Erwins Jagdhütte

    Willst du mit mir geh‘n, Licht und Schatten verstehn, dich mit Windmühlen drehn, willst du mit mir geh‘n…, sang Daliah Lavi im Radio, als Bernd sie fragte: „Willst du mit mir gehen?"

    „Wohin soll ich mit dir gehen?"

    „Das ist eine Überraschung!"

    „Ich mag keine Überraschungen."

    „Nun stell dich nicht so an."

    „Was heißt hier anstellen? Das tust du doch. Du willst mir ja nicht sagen, wo ich mit dir hingehen soll."

    „Also gut. Ich möchte mit dir übers Wochenende in die alte Jagdhütte von Onkel Erwin fahren. Wir nehmen genügend an Essen mit und machen es uns dort gemütlich, gehen spazieren, baden im Waldsee und sitzen abends mit einem guten Glas Rotwein vor dem flackernden Kaminfeuer. Was hältst du davon?"

    „Kommt ein bisschen plötzlich, oder? Aber von mir aus, bitte!"

    „Gut, dann besorgen wir gleich noch den Wein und etwas zu knabbern, packen anschließend unsere Sachen ins Auto und fahren los."

    Karin überlegte: ‚Wann waren wir beide das letzte Mal dort? Ach ja, es muss kurz nach unserer Verlobung gewesen sein. Richtig, es war ein sehr romantisches Wochenende …‘

    Sie erinnerte sich, dass sie die meiste Zeit im Bett verbracht hatten. Genau! Onkel Erwin hatte es zusammen mit ein paar anderen Möbelstücken neu angeschafft, nachdem er die Hütte renoviert hatte. Als sein Vater damals verstorben war, hatte er Erwin das Waldstück mit See und heruntergekommener Jagdhütte hinterlassen. Und jetzt wollte Bernd unbedingt mit ihr dorthin. ‚Komisch! Er schläft seit geraumer Zeit im Gästezimmer, da ich angeblich zu laut schnarche. In der Jagdhütte gibt es aber nur das eine große Doppelbett, sodass ich dann wieder neben ihm liegen muss.‘

    Insgeheim freute sie sich allerdings schon auf das Wochenende. Sie würde das neue dünne Nachthemd mitnehmen und hoffen, dass es wieder so sein würde wie damals nach ihrer Verlobung.

    Und so geschah es dann auch. Bernd gab sich redlich Mühe, war sehr liebevoll und zärtlich zu ihr, sodass sie anschließend traumlos bis zum anderen Morgen durchschlief, erst vom frischen Kaffeeduft geweckt wurde, aus dem Bett sprang, in die Küche lief und sich hocherfreut an den von Bernd schön gedeckten Frühstückstisch setzte.

    Nach dem Essen räumten sie den Tisch nicht gleich ab, sondern nahmen ihre Badesachen und gingen hinunter zum kleinen See, der mitten in einer von der Sonne beschienenen Buchenlichtung lag.

    Bernd hoffte, dass jetzt der Augenblick gekommen war, wo er sich seiner Ehefrau ein für alle Mal entledigen könnte, denn an manchen Stellen war der grünlich schimmernde See ziemlich tief. In der Morgendämmerung, als seine Frau noch schlief, hatte er die Umgebung erkundet. Dabei war ihm aufgefallen, dass im Wasser etliche vom letzten Sturm abgerissene dicke Äste und Zweige schwammen. Damit würde er sie unter Wasser drücken bis sie erstickt beziehungsweise ertrunken sein würde. Anschließend würde er das grüne Gewirr von Ästen und Zweigen über sie ziehen, sodass es aussähe, als hätte sie sich darin verfangen, nicht mehr freigekommen und ertrunken wäre.

    Als er zwanzig Minuten später über dicke Baumwurzeln stolpernd und ziemlich genervt zur Jagdhütte zurücklief, war sein Plan aufgegangen. Sie hatte zwar um sich geschlagen, lauthals geschrien, doch in diesem abgelegenen Teil des Waldes hatten nur Hasen und Rehe sie gehört und die konnten schwerlich als Zeugen vernommen werden. Somit waren die starken Abwehrreaktionen seiner Frau völlig umsonst gewesen.

    Bernd wartete noch gut eine Stunde, dann rief er bei der örtlichen

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