Ein überraschender Besuch ...: Toni der Hüttenwirt 295 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Franz Boller hatte im Großhandel eingekauft. Der Geländewagen war bis auf den letzten freien Zentimeter vollgepackt. Er parkte auf dem Parkplatz, um im Laden anzurufen. Veronika nahm das Gespräch nicht an. Es war Mittagszeit und es gab sicher viel zu tun. Franz hatte seiner Frau schon oft vorgeschlagen, eine Aushilfe anzustellen, wenigstens im Sommer. In der Saison kamen viele Urlauber nach Waldkogel, dann konnten er und seine Frau froh sein, wenn sie mal ein paar Minuten für sich hatten. Aber Veronika gab nicht gern etwas ab. Dabei ging es nicht um die Schmälerung des Gewinns, den sie mit dem Trachten – und Andenkenladen erwirtschafteten. Zumal sie im etwas tiefer gelegenen Teil des Geschäfts Haushaltswaren und Lebensmittel des täglichen Bedarfs anboten. Veronika war fest davon überzeugt, dass niemand so gut die Kunden bedienen und beraten konnte wie sie. Der Laden war ihr Leben. Sie und Franz hatten eine Arbeitsteilung: Franz war für das Lager, den Einkauf und die Kalkulation zuständig, Veronika bediente. Dabei unterhielt sie sich gern mit jedem, der den Laden betrat, natürlich besonders gern mit den Waldkoglern. Sie galt als sehr neugierig, denn sie hatte keine Hemmungen, jeden auszufragen und sich in alles einzumischen. ›Wenn du über jemanden etwas wissen willst, dann musst du nur die Veronika fragen‹, das wusste jeder in Waldkogel. Dabei wurde allgemein anerkannt, dass es Veronika Boller bei aller Einmischung niemals böse meinte. Im Gegenteil, sie galt als hilfsbereit. Endlich sprang der Anrufbeantworter an. Veronikas Stimme erklang: »Grüß Gott!
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Buchvorschau
Ein überraschender Besuch ... - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 295 –
Ein überraschender Besuch ...
Befolgt Ole Geros Rat?
Friederike von Buchner
Franz Boller hatte im Großhandel eingekauft. Der Geländewagen war bis auf den letzten freien Zentimeter vollgepackt. Er parkte auf dem Parkplatz, um im Laden anzurufen.
Veronika nahm das Gespräch nicht an. Es war Mittagszeit und es gab sicher viel zu tun. Franz hatte seiner Frau schon oft vorgeschlagen, eine Aushilfe anzustellen, wenigstens im Sommer.
In der Saison kamen viele Urlauber nach Waldkogel, dann konnten er und seine Frau froh sein, wenn sie mal ein paar Minuten für sich hatten. Aber Veronika gab nicht gern etwas ab. Dabei ging es nicht um die Schmälerung des Gewinns, den sie mit dem Trachten – und Andenkenladen erwirtschafteten. Zumal sie im etwas tiefer gelegenen Teil des Geschäfts Haushaltswaren und Lebensmittel des täglichen Bedarfs anboten. Veronika war fest davon überzeugt, dass niemand so gut die Kunden bedienen und beraten konnte wie sie. Der Laden war ihr Leben. Sie und Franz hatten eine Arbeitsteilung: Franz war für das Lager, den Einkauf und die Kalkulation zuständig, Veronika bediente. Dabei unterhielt sie sich gern mit jedem, der den Laden betrat, natürlich besonders gern mit den Waldkoglern. Sie galt als sehr neugierig, denn sie hatte keine Hemmungen, jeden auszufragen und sich in alles einzumischen. ›Wenn du über jemanden etwas wissen willst, dann musst du nur die Veronika fragen‹, das wusste jeder in Waldkogel. Dabei wurde allgemein anerkannt, dass es Veronika Boller bei aller Einmischung niemals böse meinte. Im Gegenteil, sie galt als hilfsbereit.
Endlich sprang der Anrufbeantworter an. Veronikas Stimme erklang: »Grüß Gott! Hier ist der Trachten- und Andenkenladen von Franz und Veronika Boller in Waldkogel. Wir sind im Augenblick im Kundengespräch. Bitte hinterlassen Sie Ihren Namen und Ihre Telefonnummer. Wir rufen Sie zurück!«
Franz wartete den Piepton ab, dann sprach er auf den Anrufbeantworter: »Veronika, ich bin es, Franz. Du wirst viel zu tun haben. Ich wollte dir nur sagen, ich habe alles bekommen. Es hat ein wenig länger gedauert, aber ich fahre jetzt los. Nur damit du dir keine Sorgen machst, wo ich bleibe. Pfüat di!«
Franz legte auf. Er ließ den Motor an und fuhr los.
In Kirchwalden war um die Mittagszeit sehr viel Verkehr. Außerdem war an einer Hauptkreuzung die Ampel ausgefallen. Es gab einen Stau. Franz war froh, als er die kleine Landstraße nach Waldkogel erreichte, dort war wenig Verkehr. Er kam gut voran und musste hinter keinem landwirtschaftlichen Nutzfahrzeug hertuckern.
Mittagshitze lag über dem Marktplatz.
Franz stutzte, als er in Richtung des Ladens blickte. »Geschlossen?«
Alle Ständer und Körbe mit Waren, die sonst vor dem Geschäft auf dem Bürgersteig standen, waren weggeräumt. Die Ladentür war geschlossen. Innen hing das rote Schild mit der Aufschrift: ›Geschlossen‹ Darunter standen, in kleineren Buchstaben, die Öffnungszeiten.
Franz spürte, wie sein Herz schneller schlug. Die Gedanken überschlugen sich. War etwas mit Veronika? Er machte sich Sorgen. Dass der Laden an einem Werktag geschlossen war, war noch so gut wie nie vorgekommen! Und schon gar nicht, dass er nichts davon wusste.
Franz bekam feuchte Hände. Er steuerte das Auto in die Einfahrt und stieg aus.
»Franz!«, rief eine Stimme. Bürgermeister Fellbacher kam über den Marktplatz. »Was ist passiert, Franz? Warum ist das Geschäft geschlossen?«
»Fellbacher, das kann ich dir nicht sagen. Ich bin selbst erstaunt. Ich komme gerade aus Kirchwalden, vom Großhandelseinkauf. Halte mich nicht auf! Ich verstehe nicht, dass unser Geschäft geschlossen ist. Ich muss Veronika suchen. Hoffentlich geht ihr es gut«, stieß Franz Boller aufgeregt hervor.
»Veronika geht es gut. Ich habe beobachtet, wie sie alles hineingetragen und den Laden geschlossen hat.«
Für einen Augenblick war Franz erleichtert. Veronika schien bei bester Gesundheit zu sein. Aber was war dann vorgefallen?
»Ich muss wieder ins Rathaus, Franz. Schau doch später mal vorbei!«, rief Fellbacher ihm noch zu.
Franz nickte nur und eilte zur Hintertür. »Veronika! Veronika, wo bist du?« Er betrat die Ladenräume und roch Kaffee. »Veronika?«
»Hier bin ich, im Lager!«
Franz ging zum Lager. Verwundert blieb er im Türrahmen stehen und betrachtete seine Frau.
Veronika saß auf einem Stuhl, längs des großen Tisches, und hatte ihre Beine auf einen anderen Stuhl gelegt. Auf dem Tisch stand die Kaffeekanne aus Glas, die halbgefüllt war.
»Veronika, was ist los? Warum hast du den Laden zugemacht?« Franz trat zu seiner Frau, befühlte ihre Stirn. »Fieber hast du nicht. Bist du krank? Tut dir etwas weh? Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Nimm die Hand fort! Du ruinierst mir die Frisur. Schmarrn, ich bin doch nicht krank.«
»Was ist dann?«
»Das wirst du gleich erfahren. Nimm dir einen Becher und setze dich!«
Franz war mit seiner Frau über dreißig Jahre verheiratet. Wenn sie ihn aufforderte, sich Kaffee zu nehmen und sich zu setzen, wusste er, dass vorher kein Wort der Erklärung über ihre Lippen kam. Also kam er ihrer Bitte nach. Er schenkte sich Kaffee ein, setzte sich hin und trank einen Schluck.
Veronika schwieg immer noch.
»Himmelherrschaftszeiten! Maria-und-Josef«, schimpfte er ärgerlich. »Jetzt red schon! Warum ist der Laden zu?«
»Weil ich beschlossen habe, dass er geschlossen wird.«
»Du hast … einfach so … ohne mich zu fragen … warum?«, stieß Franz stotternd hervor. »Was soll das heißen? Wir müssen doch noch bis zur Rente arbeiten. Von was sollen denn leben, wenn wir den Laden nicht mehr haben?«
»Mei, Franz, doch nicht für immer! Erst mal für heute und vielleicht auch noch morgen«, erklärte Veronika. »Ich verpasse denen einen Denkzettel, das schwöre ich!«
Franz trank einen Schluck Kaffee. Er schüttelte den Kopf. »Ich verstehe kein Wort, Veronika. Jetzt sagst du sofort, was geschehen ist. Ich habe nicht ewig Zeit. Das Auto ist voller Zeug. Ich muss noch ausräumen, die Waren auspreisen und einsortieren«, stieß Franz jetzt genervt hervor. Auf der einen Seite war er froh, dass es Veronika gut ging. Auf der anderen Seite war ihm klar, dass sie mal wieder über das Ziel hinausgeschossen war. Das geschah bei ihrem Temperament öfter. Irgendetwas musste sie aufgebracht haben. »Sag endlich, was los ist!«
»Franz, ich habe mich geärgert. Schwarz habe ich mich geärgert. Alle, alle sind mir in den Rücken gefallen! Du hättest das erleben müssen. Ich stand hinter der Kasse. Alle haben sich darüber unterhalten und bereits Pläne gemacht. Sie waren Feuer und Flamme. Alle waren auf Wendys Seite. Sie haben mir überhaupt nicht zugehört. Ich war Luft für sie.«
»Wendy? Was ist mit ihr? Ist ihr etwas passiert?«
»Mei, die will uns Konkurrenz machen!«
Franz Boller legte die Stirn in Falten. »Da musst du etwas falsch verstanden haben, Veronika …«
»Du schwärmst wohl auch für das junge, fesche Madl? Die verdreht allen Burschen und Mannsbildern den Kopf. Erst hat man sie mit Kuno gesehen, dem Enkel vom alten Alois. Dann ist sie mit dem Simon Oberländer zusammen gewesen. Und wer ist der Nächste? Mit der ganzen Sache will sie wohl die jungen Burschen scharenweise auf die Alm locken.«
Franz Boller seufzte. »Ich weiß nicht, was das vorhandene oder nicht vorhandene Liebesleben von Wendy mit unserem Laden zu tun haben soll. Du kommst vom Thema ab, Veronika. Was hat das mit unserem Geschäft zu tun?«
»Ach, Franz, es geht doch nicht darum, mit welchen Burschen Wendy gerade herumpoussiert. Sie will einen kleinen Laden aufmachen, oben auf der Alm.«
»Auf der Alm?«, wiederholte Franz, als hätte er sich verhört.
»Ja, du hast mich genau verstanden, oben auf der Alm.«
Franz Boller konnte sich das nicht vorstellen. Er schüttelte den Kopf. »Wer hat dir das erzählt?«
»Niemand! Das ist es ja. Keiner unserer Kunden hat es für nötig gefunden, mir – uns – etwas zu sagen.