Erben um jeden Preis: Sophienlust Extra 73 – Familienroman
Von Gert Rothberg
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Über dieses E-Book
In der Reihe Sophienlust Extra werden die schönsten Romane dieser wundervollen Erfolgsserie veröffentlicht. Warmherzig, zu Tränen rührend erzählt von der großen Schriftstellerin Patricia Vandenberg.
Denise und Alexander von Schoenecker hatten mit ihrem jüngsten Sohn Henrik Sophienlust für einige Zeit verlassen. Sie waren während der Ferien auf die Insel Amrum gefahren, während die großen Kinder zum Zelten unterwegs waren. Alexander von Schoenecker war der Meinung gewesen, dass es für seine Frau wieder einmal höchste Zeit sei, sich zu erholen und die vielen Pflichten zu vergessen, die sie im Kinderheim Sophienlust hatte. Dass Henrik mit von der Partie sein durfte, freute den Jungen ganz besonders. Er genoss nicht nur, dass er seine Eltern einmal für sich allein hatte, er strolchte auch viel am Strand von Wittdün herum, immer auf der Suche nach Freunden. Obwohl er die bald fand, lief er in seiner Unternehmungslust oft weit über den stark bevölkerten Strand hinaus. Es reizte ihn, an die kleinen, geduckten Fischerhäuser heranzukommen. Dort kam er in eine Welt, die es in Wildmoos nicht gab. Er sah zu, wenn die Kutter aufs Meer hinausfuhren und wenn sie mit dem Fang zurückkamen. Er bewunderte auch die Geschicklichkeit, mit der die Fischer oder ihre Frauen die Netze flickten. Am meisten hatte es Henrik ein etwas abseits stehendes Fischerhaus angetan. Dort lebte ein kleiner Junge, der ihm sehr gut gefiel. Zwar war der friesenblonde, blauäugige Irmo Eckert jünger als er, aber Henrik war ja von Sophienlust her gewohnt, auch mit kleinen Kindern zu spielen. Irmo war ein aufgeweckter vierjähriger Junge. Er freute sich jedes Mal, wenn Henrik ihn besuchte. Auch Irmas junge Mutter Silke Eckert sah den fremden Jungen gern, und deren Vater hatte Henrik versprochen, ihn einmal mit hinaus aufs Meer zu nehmen. Davon schwärmte Henrik, wenn er zu seinen Eltern an den Strand oder ins Hotel zurückkehrte. Denise war wegen dieser Fahrt ein wenig skeptisch und begleitete Henrik deshalb einmal zu den Eckerts. Denise wurde dort sehr freundlich aufgenommen, sah aber auch, wie schwer sich diese Familie tat. Silke Eckert, so blond wie ihr Sohn Irmo, war erst dreiundzwanzig Jahre alt.
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Buchvorschau
Erben um jeden Preis - Gert Rothberg
Sophienlust Extra
– 73 –
Erben um jeden Preis
Henriks Abenteuer am Meer ...
Gert Rothberg
Denise und Alexander von Schoenecker hatten mit ihrem jüngsten Sohn Henrik Sophienlust für einige Zeit verlassen. Sie waren während der Ferien auf die Insel Amrum gefahren, während die großen Kinder zum Zelten unterwegs waren. Alexander von Schoenecker war der Meinung gewesen, dass es für seine Frau wieder einmal höchste Zeit sei, sich zu erholen und die vielen Pflichten zu vergessen, die sie im Kinderheim Sophienlust hatte.
Dass Henrik mit von der Partie sein durfte, freute den Jungen ganz besonders. Er genoss nicht nur, dass er seine Eltern einmal für sich allein hatte, er strolchte auch viel am Strand von Wittdün herum, immer auf der Suche nach Freunden. Obwohl er die bald fand, lief er in seiner Unternehmungslust oft weit über den stark bevölkerten Strand hinaus. Es reizte ihn, an die kleinen, geduckten Fischerhäuser heranzukommen. Dort kam er in eine Welt, die es in Wildmoos nicht gab. Er sah zu, wenn die Kutter aufs Meer hinausfuhren und wenn sie mit dem Fang zurückkamen. Er bewunderte auch die Geschicklichkeit, mit der die Fischer oder ihre Frauen die Netze flickten.
Am meisten hatte es Henrik ein etwas abseits stehendes Fischerhaus angetan. Dort lebte ein kleiner Junge, der ihm sehr gut gefiel. Zwar war der friesenblonde, blauäugige Irmo Eckert jünger als er, aber Henrik war ja von Sophienlust her gewohnt, auch mit kleinen Kindern zu spielen.
Irmo war ein aufgeweckter vierjähriger Junge. Er freute sich jedes Mal, wenn Henrik ihn besuchte. Auch Irmas junge Mutter Silke Eckert sah den fremden Jungen gern, und deren Vater hatte Henrik versprochen, ihn einmal mit hinaus aufs Meer zu nehmen.
Davon schwärmte Henrik, wenn er zu seinen Eltern an den Strand oder ins Hotel zurückkehrte. Denise war wegen dieser Fahrt ein wenig skeptisch und begleitete Henrik deshalb einmal zu den Eckerts. Denise wurde dort sehr freundlich aufgenommen, sah aber auch, wie schwer sich diese Familie tat.
Silke Eckert, so blond wie ihr Sohn Irmo, war erst dreiundzwanzig Jahre alt. Sie musste den Haushalt führen und dem Vater oft beim Fischfang helfen. Darüber hinaus brachte sie den frischen Fang auch in die Hotels von Wittdün. Dann war sie jedes Mal mit dem Fahrrad unterwegs.
Obwohl Silke viel Arbeit hatte, nahm sie sich doch die Zeit, mit Denise Kaffee zu trinken, während die beiden Jungen vor dem Haus spielten. Auch für Denise war es eine neue Welt, die sie hier kennenlernte. Die bildhübsche Silke gefiel ihr sehr gut. Man merkte ihr nicht an, wie abgeschieden sie hier lebte. Sie hatte für alles Interesse und ließ sich besonders gern von dem Kinderheim Sophienlust erzählen. »So arm die Kinder dort auch sein mögen«, sagte Silke versonnen, »sie haben doch Spielgefährten. An denen fehlt es meinem Irmo hier. Wir liegen etwas abseits, und die nächsten Nachbarn sind ältere Leute ohne Kinder. Deshalb freut sich Irmo so, dass Henrik ihn immer wieder besucht. Ich bin dafür auch sehr dankbar, Frau von Schoenecker, weil ich mir manchmal um Irmo große Sorgen mache. Zu gut weiß ich, wie es ist, wenn man als Einzelkind und in dieser Abgeschiedenheit aufwächst. Mir ist es nicht anders als meinem Jungen ergangen. Zudem verlor ich noch sehr früh meine Mutter. Leider geht es meinem Vater in letzter Zeit gesundheitlich nicht gut. Es kommen immer wieder Tage, an denen ich für ihn hinausfahren muss. Wir können auf den täglichen Fischfang nicht verzichten, denn von dem Erlös müssen wir leben.«
»Aber das ist doch sehr schwere Arbeit, die Sie da leisten müssen«, meinte Denise und musterte dabei die zarte Silke.
»Ich bin nichts anderes gewöhnt. Dadurch, dass mich mein Vater immer brauchte, konnte ich keinen Beruf erlernen, wie ich es gern getan hätte.« Silke zögerte kurz, ehe sie weitersprach. »Dazu hat mich noch das Unglück getroffen, dass ich keinen Vater für meinen Jungen habe. Sie werden sich schon gedacht haben, dass er ein uneheliches Kind ist.« Ihr schönes Gesicht sah jetzt etwas verbittert aus, ihre blauen Augen blickten traurig drein. Doch dann machte sie sich selbst Mut. »Aber wir werden es schon schaffen, immer wieder durchzukommen. Ich möchte auf Irmo nicht mehr verzichten. Er ist mein einziges Glück.«
»So muss es nicht bleiben«, versuchte Denise zu trösten. »Sie sind noch viel zu jung, um schon zu resignieren. Sicher finden Sie einmal einen Mann, der Sie liebt und der Irmo ein guter Vater ist.«
»Nein, das wird so bald nicht passieren.« Wieder stockte Silke und starrte auf ihre Hände. Als sie den Blick hob, sagte sie: »Ich habe Irmos Vater so sehr geliebt, dass ich wohl nie zu einem anderen Mann hinfinden werde. Obwohl ich noch so jung bin, komme ich mir manchmal schon viel älter vor. Es bedrückt mich, dass ich meinem Vater Sorgen machen muss. Ich weiß, wie sehr ihn die Frage belastet, was einmal aus mir und dem Jungen werden soll, wenn er nicht mehr ist. Aber es hat eben jeder sein Los zu tragen.«
Denise empfand große Sympathie für die junge Frau und besuchte sie nun öfter. Manchmal kam auch ihr Mann mit. Bald neckte er Denise damit, dass sie selbst im Urlaub Leute finde, die ihrer Hilfe bedurften.
»Wie sollte ich Silke Eckert helfen können?«, fragte Denise. »Ich kann ihr nicht einmal anbieten, Irmo für einige Zeit zu uns nach Sophienlust zu geben. Dann wäre er viel zu weit von seiner Mutter entfernt.«
»Weißt du, wer Irmos Vater ist?«, fragte Alexander.
»Nein, das weiß ich nicht. Silke machte vor Kurzem eine Bemerkung, dass das nur sie, der Mann selbst und ihr Vater wissen. Sie hat es wohl sonst niemandem verraten. Eines aber scheint sicher zu sein, dass diese Verbindung nicht mehr besteht. Vielleicht ist das arme Mädchen auf einen Hallodri hereingefallen. Wundern würde mich das nicht, denn Silke ist sicher sehr unerfahren. Ich finde es schlimm, dass sie Irmos Vater noch immer zu lieben scheint. Wäre es anders, täte sie sich vielleicht leichter. Der Abschied von den Eckerts wird nicht nur Henrik schwerfallen, sondern auch mir.«
Alexander von Schoenecker zog seine Frau liebevoll an sich und seufzte. »Weil du nicht helfen kannst, Denise. Ich kenne dich und dein gutes Herz. Solche Verhältnisse, wie du sie bei den Eckerts erlebst, gehen dir wieder wochenlang nicht aus dem Sinn.«
Denise musste ihrem Mann recht geben. Sie spürte, dass sie Silke und den kleinen Irmo ins Herz geschlossen hatte. Der Abschied fiel ihr wirklich schwer. Sie lud Silke ein, einmal nach Sophienlust zu Besuch zu kommen.
»Das wäre schön.« Silkes Augen leuchteten, aber gleich darauf wurde die junge Frau ernst. »Leider sehe ich keine Möglichkeit, das zu tun, Frau von Schoenecker. Vater kann mich ja keinen Tag entbehren und Urlaub ist bei uns ein Fremdwort. Ich kann wohl nur hoffen, dass Sie wieder einmal auf die Insel kommen, Frau von Schoenecker.«
»Das ist durchaus möglich«, meinte Denise, »weil es uns hier sehr gut gefallen hat, aber leider wird Urlaub auch bei mir nicht sehr groß geschrieben. Würde mein Mann nicht immer wieder darauf bestehen, dass ich mich einmal freimache, würde ich wohl ständig in Sophienlust bleiben.« Sie drückte Silkes Hand. »Lassen Sie mich wenigstens ab und zu wissen, wie es Ihnen und Irmo geht. Ich würde mich über jeden Brief sehr freuen.«
Silke versprach, Denise zu schreiben. Dann ging sie mit ihr noch am Strand entlang, um sie bis zu ihrem Hotel zu bringen. Die beiden Jungen liefen voraus. Ihnen schien noch nicht bewusst zu sein, dass sie sich vielleicht nie mehr sehen würden. Erst vor dem Hotel wurde vor allem Irmo traurig. Er flüchtete sich zu seiner Mutter und ging mit ihr schweigend zu dem kleinen Fischerhaus zurück, obwohl er sonst sehr lebhaft war.
Auf Silke wartete zu Hause viel Arbeit. Immer wieder hielt sie dazwischen Ausschau, ob der Vater vom Fang zurückkomme. Als sie seinen Kutter kommen sah, lief sie an den Strand und half, das Boot zu verankern. Dann trug sie die schweren Körbe mit den Fischen vor das Haus, sortierte die Fische und machte sich bald darauf auf den Weg nach Wittdün. Sie hatte dort zwar ihre Abnehmer, war aber immer etwas in Angst, dass man ihr den Preis herunterhandeln könnte. Ihr Vater legte sich nach der anstrengenden Fahrt meistens zwei Stunden hin, und Irmo war dann wieder sich selbst überlassen.
Dadurch hatte Silke es auch an diesem Tag eilig, nach Hause zurückzukommen. Irmo kam ihr schon entgegengelaufen und half ihr später in der Küche. Trotz seiner erst vier Jahre war er ganz und gar nicht ungeschickt. Er sprach immer wieder von Henrik, weil ihm