Wo ist seine Herzensheimat?: Toni der Hüttenwirt 284 – Heimatroman
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"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Wendy stand am Brunnen vor der Almhütte und säuberte die Milchkannen. »Grüß Gott, Wendy!« Wendy erschrak und drehte sich um. »Mei, bin ich jetzt erschrocken! Grüß Gott, Ella! Ich habe dich nicht kommen gehört.« »Das glaube ich dir gern. Du bist ganz in Gedanken vertieft gewesen«, schmunzelte die alte Ella Waldner. »Ich hoffe, es waren schöne Gedanken, solche Gedanken, wie sie junge Madln haben.« Wendy musste lachen. »Falls du denkst, ich habe an einen Burschen gedacht, dann irrst du dich gewaltig, Ella. Ich habe keinen Burschen.« »Der Richtige wird schon noch kommen«, lächelte Ella. »Das hoffe ich. Gelegentlich meint Toni, ich müsste mir einen backen lassen.« »So? Wie kommt Toni darauf? Es ist auch ziemlich unfreundlich.«
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Buchvorschau
Wo ist seine Herzensheimat? - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 284 –
Wo ist seine Herzensheimat?
Ole muss sich entscheiden
Friederike von Buchner
Wendy stand am Brunnen vor der Almhütte und säuberte die Milchkannen.
»Grüß Gott, Wendy!«
Wendy erschrak und drehte sich um. »Mei, bin ich jetzt erschrocken! Grüß Gott, Ella! Ich habe dich nicht kommen gehört.«
»Das glaube ich dir gern. Du bist ganz in Gedanken vertieft gewesen«, schmunzelte die alte Ella Waldner. »Ich hoffe, es waren schöne Gedanken, solche Gedanken, wie sie junge Madln haben.«
Wendy musste lachen.
»Falls du denkst, ich habe an einen Burschen gedacht, dann irrst du dich gewaltig, Ella. Ich habe keinen Burschen.«
»Der Richtige wird schon noch kommen«, lächelte Ella.
»Das hoffe ich. Gelegentlich meint Toni, ich müsste mir einen backen lassen.«
»So? Wie kommt Toni darauf? Es ist auch ziemlich unfreundlich.«
»Toni macht doch nur Scherze.«
»Ja, das ist so seine Art. Trotzdem, wie kommt er darauf, dass du zu wählerisch wärst?«
»Ach, Ella, das ist schnell erzählt. Wenn ich oben auf der Berghütte bin, dann machen mir die Burschen schöne Augen und versuchen, mit mir anzubandeln. Aber alle holen sich einen Korb von mir. Toni meint, ich sei zu grausam zu ihnen.«
»So?«, staunte Ella. »Was machst du denn mit ihnen?«
»Reden tue ich mit ihnen, warum auch nicht. Dabei horche ich sie ein bisserl aus. Weißt du, wenn ich mich verliebe, dann will ich mich nur in jemanden verlieben, der auch zu mir passt. Er muss die Berge lieben und Waldkogel und natürlich die Alm.«
Wendy stellte die Milchkannen in die Sonne, damit sie trockneten.
»Magst du einen Kaffee mit mir trinken?«, fragte Wendy.
»Gern! Sag mal, ich sehe Bella gar nicht.«
Wendy lachte. »Komm mit, ich zeige sie dir!«
Ella folgte ihr in den großen Wohnraum der Almhütte. Dort stand die Tür zu Wendys Schlafzimmer weit offen. Bella, die Neufundländerhündin, hatte sich auf Wendys Bett ausgestreckt. Sie wedelte mit dem Schwanz, als sie Wendy sah.
»Eigentlich habe ich ihr verboten, sich auf mein Bett zu legen. Toni hat die Türklinke gegen einen Türknopf ausgetauscht, damit Bella sie nicht mehr öffnen kann. Aber wenn ich so dumm bin und die Tür nicht schließe, darf ich mich nicht ärgern. Sie ist hineingeflitzt und hatte mich so glücklich angeschaut, dass mein Herz weich wurde. Schau, wie sie es genießt! Sie liegt nun schon den ganzen Morgen hier.«
Ella schmunzelte.
Bald saßen sie zusammen und tranken Kaffee. Dazu aßen sie norwegische Plätzchen, die Wendy gebacken hatte.
»Die Almhütte ist sehr schön«, sagte Ella. »Alles ist jetzt wunderbar hell und freundlich, Wendy. Das muss ein ganzes Stück Arbeit gewesen sein.«
»Ja, aber es hat Freude gemacht. Ich war ja auch nicht ganz allein. Franziska hat mir geholfen. Wir haben uns Zeit gelassen, viel geredet und dabei unseren Spaß gehabt.«
»Übernachtet Franziska immer noch hier? Schön für dich, dass sie so anhänglich ist. Sicherlich genießt du es, deine kleine Stiefschwester hier zu haben.«
Wendy trank schnell einen Schluck Kaffee, damit sie Zeit zum Nachdenken hatte. Sie legte die Stirn in Falten und zog die Augenbrauen hoch.
»Du scheinst nicht allzu begeistert zu sein, Wendy.«
»Ella, ich habe Franziska sehr lieb. Ich war ein Einzelkind, wie du weißt. Jetzt habe ich zwei Geschwister, Sebastian und Franziska. Ich sage bewusst Geschwister und nicht Stiefgeschwister. Das klingt so negativ. Aber es braucht wohl mehr, als Sympathie und Liebe, bis zu einer wirklichen Vertrautheit. Wir sind nicht zusammen aufgewachsen. Ich frage mich, ob ich mutiger wäre, wenn ich Franziska länger kennen würde, wenn es eine Herzensbindung gäbe, die sich seit ihrer Geburt entwickelt hätte.«
»Wendy, das ist Unsinn. Franziska war zehn Jahre alt, als Toni und Anna sie und ihren Bruder Sebastian adoptierten. Dass du sie deine Geschwister nennst und nicht Stiefgeschwister, das ist löblich. Aber etwas macht dir Kummer.«
Wendy nippte erneut an ihrem Kaffee.
»Dir kann ich wohl nichts vormachen?«, lächelte Wendy.
»Wenn du meinst. So schnell kann mir niemand etwas vormachen. Weißt du, ich bin eine alte Frau und habe viele Jahre auf dem Buckel. Ich habe viel gesehen und erlebt. Das alles trug zur Menschenkenntnis bei.«
»Das glaube ich gern, Ella«, seufzte Wendy. »Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann wünschte ich mir, ich wäre weiterhin so jung, hätte aber die Menschenkenntnis und die Erfahrung eines langen Lebens. Das wäre vieles einfacher. Dann würde ich auch weniger Fehler machen. Oder ich würde nicht so oft zweifeln, mache ich es so oder mache ich es besser so.«
»Nur Misserfolge und bittere Erfahrungen bringen einen Menschen weiter. Aber nur, wenn er sich daran erinnert und es ihm eine Lehre war. Leider lernen viele nichts daraus. Aber damit habe ich mich längst abgefunden, Wendy.«
Ella Waldner lächelte gütig.
»Wendy, heute ist auch vieles anders, als es zu meiner Zeit, als junges Madl, war. Die Menschen machen sich zu viele Gedanken. Man will ja auf keinen Fall einen Fehler machen, selbst wenn es nur darum geht, ein Stück Seife zu kaufen. Und nach Weisheiten sucht man im Internet. Das ist dann wie das Amen in der Kirche, auch wenn es nur dummes Geschwätz ist.«
»Du kennst dich mit dem Internet aus?«, staunte Wendy.
»Nicht so ganz. Aber ich weiß, dass dort alles zu finden ist. Es gibt Leutchen, die für mich etwas suchen, wenn ich etwas wissen will oder brauche. Ich weiß, dass man dort zu einem Thema so viele Standpunkte finden kann, dass man am Schluss nicht mehr weiß, ob man hü oder hott sagen soll. Ich sage dir etwas: Je mehr Möglichkeiten ein Mensch hat, desto länger schiebt er eine Entscheidung auf. Doch nun zurück zu deinem Kummer, Wendy. Wenn du willst, dann höre ich gern zu. Oft hilft es schon, seinen Kummer oder Ärger jemanden zu erzählen. Du kannst dich darauf verlassen, dass ich alles für mich behalte.«
Ella schaute Wendy zärtlich an. Wendy seufzte mehrere Male leise vor sich hin. Sie schlürfte Kaffee und schwieg. Ella ließ ihr Zeit.
»Ella, ich mache mir Sorgen um Franziska. Sie war in Lukas Meininger verliebt. Die beiden hatten sich sehr gut verstanden. Das weiß ich von Franziska selbst.«
Ella schmunzelte.
»Dass der Franziska der Lukas Meininger gefällt, ist kein Geheimnis. Sie hätte damals auf eine weiterführende Schule gehen können. Aber nein, sie wollte eine Lehre in der Landwirtschaft machen, bei den Meiningers. Dass bei der Entscheidung Lukas der Grund war oder jedenfalls ein gewichtiger Grund, dass wissen alle auf der Berghütte. Hm, ich folgere, Franziska hat Liebeskummer?«
»Liebeskummer? Wie eng die beiden miteinander waren, weiß ich nicht. Jedenfalls wurde Franziska jäh aus ihren Träumen gerissen.«
»Er hat ein anderes Madl.«
»Du weißt das?«, staunte Wendy.
»Na, ich weiß gar nix. Aber wenn ein Madl wie die Franziska hinter einem Burschen wie Lukas her ist und es dann Liebeskummer gibt, steckt meist ein anderes Madl dahinter.«
»Lukas hat eine Kommilitonin mit auf den Hof gebracht, Helene von Markschlotten, gerufen Hella. Sie ist eine sehr elegante, junge Dame aus einem sehr guten Stall. Du verstehst?«
Ella nickte. Wendy sprach weiter:
»Lukas Meiningers Mutter ist in die junge Frau vernarrt. Es hat sich viel verändert auf dem Hof, seit Hella regelmäßig kommt.«
»Wenn sie regelmäßig kommt, dann hat Lukas wahrscheinlich doch etwas mit ihr.«
Wendy zuckte mit den Schultern.
»Jedenfalls behandelt Hella Franziska von oben herab.«
»Und Franziska legt jedes Wort auf die Goldwaage. Mei, das sind keine guten Aussichten«, sagte Ella.
»Das stimmt. Aber es kommt noch schlimmer. Franziska verwandelt sich jeden Abend, mit Glitzerlook, in eine Discoqueen und rauscht ab nach Kirchwalden oder auch nach München, vermute ich. Sie ist unberechenbar, schläft kaum noch, isst wenig und ist sehr übellaunig. Es ist kaum noch mit ihr auszukommen. Ich kann mit ihr nicht reden. Sie braust sofort auf und wir