Wir sind für einander bestimmt: Mami Classic 27 – Familienroman
Von Gisela Reutling
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Als er sie zum ersten Mal in dem crèmeweißen Porsche sah, dachte er noch, es könnte ein Zufall sein. Sie mochte den Bus verpaßt haben. Ein junger Mann, der gerade vorbeikam und an der Ampel halten mußte, hatte das hübsche Mädchen mitgenommen. So etwas gab es ja. Carolin würde es ihm erzählen, mit vergnügt funkelnden Augen: Du, stell dir vor, ich bin heute in einem weißen Porsche gefahren! Aber, ganz gegen ihre sonstige Art, daß sie ihm doch haarklein alles berichtete, was sie in der Schule und außerhalb erlebte, dies erwähnte sie nicht. Das machte Stefan schon stutzig. Sollte er sich geirrt haben, überlegte er. Aber er hatte sie doch erkannt. Wo in der Stadt gab es denn auch sonst noch so einen goldrotblonden Wuschelkopf? Natürlich hätte er sie beiläufig danach fragen können. Doch das kam ihm dann auch zu dumm vor, und schließlich vergaß er es. Es fiel ihm erst wieder ein, als Carolin nun öfter keine Zeit für ihn hatte. Nicht einmal am Sonntag, der doch seit bald einem halben Jahr immer ihnen gehört hatte. Ihre Vorwände erschienen ihm fadenscheinig. Einmal war es eine Freundin, der sie in ihrem Liebeskummer beistehen mußte, ein anderes Mal gab es einen Geburtstag in der Verwandtschaft, bei dem sie nicht fehlen durfte, ohne jemand zu kränken. Zu arbeiten hatte sie auch noch, denn das Abitur lag nicht mehr allzufern. Endlich riß Stefan der Geduldsfaden. Er fing sie in der Friedrichstraße vor dem Ballettstudio ab. Carolin nahm dort von siebzehn bis achtzehn Uhr fünfzehn Unterricht.
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Mami Classic
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Wir sind für einander bestimmt - Gisela Reutling
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Mami Classic
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Wir sind für einander bestimmt
Gisela Reutling
Als er sie zum ersten Mal in dem crèmeweißen Porsche sah, dachte er noch, es könnte ein Zufall sein. Sie mochte den Bus verpaßt haben. Ein junger Mann, der gerade vorbeikam und an der Ampel halten mußte, hatte das hübsche Mädchen mitgenommen. So etwas gab es ja. Carolin würde es ihm erzählen, mit vergnügt funkelnden Augen: Du, stell dir vor, ich bin heute in einem weißen Porsche gefahren!
Aber, ganz gegen ihre sonstige Art, daß sie ihm doch haarklein alles berichtete, was sie in der Schule und außerhalb erlebte, dies erwähnte sie nicht. Das machte Stefan schon stutzig.
Sollte er sich geirrt haben, überlegte er. Aber er hatte sie doch erkannt. Wo in der Stadt gab es denn auch sonst noch so einen goldrotblonden Wuschelkopf?
Natürlich hätte er sie beiläufig danach fragen können. Doch das kam ihm dann auch zu dumm vor, und schließlich vergaß er es.
Es fiel ihm erst wieder ein, als Carolin nun öfter keine Zeit für ihn hatte. Nicht einmal am Sonntag, der doch seit bald einem halben Jahr immer ihnen gehört hatte. Ihre Vorwände erschienen ihm fadenscheinig.
Einmal war es eine Freundin, der sie in ihrem Liebeskummer beistehen mußte, ein anderes Mal gab es einen Geburtstag in der Verwandtschaft, bei dem sie nicht fehlen durfte, ohne jemand zu kränken. Zu arbeiten hatte sie auch noch, denn das Abitur lag nicht mehr allzufern.
Endlich riß Stefan der Geduldsfaden. Er fing sie in der Friedrichstraße vor dem Ballettstudio ab. Carolin nahm dort von siebzehn bis achtzehn Uhr fünfzehn Unterricht. Wozu eigentlich, das war ihm nicht ganz klar. Sie war auch ohne dies schlank und graziös genug.
Sie wurde rot, als sie ihn sah. Sie hatte ein sehr hellhäutiges Gesicht, mit ein paar Sommersprossen auf der geraden kleinen Nase, die auch jetzt im Herbst nicht verblaßten.
»Ach, Stefan, du?« sagte sie etwas hilflos und blickte die Straße entlang, wo sich ein Auto an das andere reihte.
»Hattest du jemand anderes erwartet?« fragte Stefan. »Komm, steig ein, ich stehe im Halteverbot. Wir gehen zusammen essen. Ich muß mit dir reden. Siehst du, Max wartet schon auf dich.«
Tatsächlich bellte Max freudig und fuhr mit den Vorderpfoten wie wild an der Autoscheibe auf und nieder. Er war ein schöner, kluger Airedeale-Terrier, Stefan nannte ihn seinen besten Freund.
Carolin mußte Max nun erst begrüßen, ihm über das glänzendbraune krause Fell streicheln, bevor sie neben Stefan Platz nehmen konnte. Die ersten hundert Meter herrschte ein sehr angespanntes Schweigen zwischen ihnen. Dann redeten sie über das Wetter. Es war feuchtkalt und neblig, aber wenn man den Meteorologen glauben durfte, sollte es in den nächsten Tagen ja wieder besser werden…
»So«, sagte Stefan, als sie in ihrem Stammlokal »Bei Mario« am Tisch saßen und Max sich brav darunter ausgestreckt hatte, »jetzt wollen wir doch unsere hochinteressante Unterhaltung über das Wetter beenden.«
»Und uns was Gutes aussuchen«, fiel ihm Carolin mit einem spitzbübischen Lächeln ins Wort und griff nach der Speisekarte. »Ich habe nämlich wirklich Hunger«, fuhr sie im Plauderton fort, »die Frau Fabry hat uns heute ganz tüchtig ’rangenommen. Stell dir vor, sie wird mit ihrem Partner zum Tanzturnier nach Baden-Baden fahren, in den Lateinamerikanischen Tänzen sind die beiden große Klasse. Hoffentlich holen sie sich da den ersten Preis.«
Immer schön ablenken, dachte Stefan grimmig. Aber so kommst du mir diesmal nicht davon, meine Süße.
Sie bestellten doch wieder die Pizza Napoli, die bei Mario eine Spezialität war. Er bediente sie persönlich, warf der »bella Carolin« einen glühenden Blick aus dunklen Augen zu. »Sie waren zwei Wochen nicht da«, behauptete er.
»Das ist Ihnen aufgefallen?« lachte Carolin kokett.
»Es waren drei Wochen«, stellte Stefan richtig, als der Wirt sich mit tänzelndem Schritt entfernt hatte, »und ich möchte wissen, warum du dich neuerdings so rar machst, Carolin. Nun denk dir keine neue Ausrede aus, sondern sage mir die Wahrheit.«
Carolin machte ihren Schmollmund. »Du sprichst so streng heute zu mir, Stefano. Bald in einem Ton wie unser Mathe-Lehrer.«
»Fährst du vielleicht lieber in einem weißen Porsche, anstatt mit einem Mittelklassewagen?« fragte Stefan sehr direkt.
Es war ein Schuß ins Schwarze gewesen. Sie zuckte deutlich zusammen, und wieder lief eine Blutwelle über ihr zartes Gesicht.
Stefan preßte die Lippen zusammen. Etwas, tief innen, tat plötzlich weh. Aber das hatte er schon einmal erlebt.
»Wie kommst du denn darauf«, murmelte Carolin und beugte sich über ihr Glas mit dem leichten italienischen Rotwein.
Für Stefan besagte das nun nichts mehr. »Ich habe dich gesehen…« Er stockte, weil in diesem Moment der Kellner an den Tisch trat, ihnen mit Schwung die Pizza servierte und »Buon appetito« wünschte.
Die beiden griffen nach ihrem Besteck. »Es ist doch nichts dabei«, sagte Carolin vage, aber ihre Wangen brannten immer noch.
»Das möchte ich eben wissen, ob etwas ›dabei‹ ist oder nicht«, erwiderte Stefan. »Doch iß erst. Du bist doch hungrig.«
Die Pizza war knusprig und so köstlich belegt wie sonst auch. So recht genießen konnten sie sie diesmal nicht. Man sah es Carolin förmlich an, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete.
»Es liegt mir wahrhaftig nicht, den eifersüchtigen Othello zu spielen«, begann Stefan, als sie mit der Speise fertig waren. »Aber du mußt mir schon sagen, woran ich bin. Ich mag keine unklaren Verhältnisse.«
Carolin zerknüllte ihre Papierserviette. »Also gut, ich bin ein bißchen verliebt in Tim«, bekannte sie, »und er ist es in mich. Er verwöhnt mich, und er schenkt mir jedes Mal rote Rosen, wenn wir uns sehen.«
»Jedes Mal«, wiederholte Stefan betont und nicke dabei mit übertriebener Hochachtung. »Und wer ist dieser Tim, wenn man fragen darf?«
»Tim Schweikart. Ihm gehört das schicke Werbebüro am Rathaus-Platz. Supermodern eingerichtet ist das, und Aufträge haben die, ganz toll.«
»So so.« Damit konnte er natürlich nicht konkurrieren. Er, Stefan Eschbach, 27 Jahre alt und angestellter Diplom-Ingenieur bei der Baufirma Goebel. Er nahm einen großen Schluck Bier, um den bitteren Geschmack in seinem Mund hinunterzuspülen.
»Es ist ja mehr nur so ein Flirt, Stefan«, sagte Carolin unsicher. »Ich meine, etwas Freiraum sollten wir uns schon lassen, nicht?«
Freiraum. Wie das klang aus dem Mund der Neunzehnjährigen. Stefan sah sie an, mit ihrem schwellenden roten Mund, den er oft und gern geküßt hatte. Jetzt küßte diesen ein anderer, der ihr rote Rosen schenkte.
»Tut mir leid, ich kann mit dem Wort nichts anfangen«, äußerte er achselzuckend. »Du hast mir etwas vorgeschwindelt und dich indessen mit einem Mann namens Tim getroffen. Das nennst du Freiraum. Ich teile doch meine Freundin nicht, Carolin.«
»Ich möchte dich aber doch auch nicht verlieren«, behauptete Carolin kleinlaut. »Nur darum hab’ ich manchmal ein kleines bißchen geschwindelt.« Ihre weitgeschnittenen hellbraunen Augen blickten unschuldig, beinahe kindlich. Sie ist doch zu jung für mich, ging es Stefan durch den Sinn. Sie tändelt noch, läßt sich beeindrucken von Äußerlichkeiten, will ausprobieren – und den guten alten Stefan im Hintergrund behalten.
Er schüttelte den Kopf und lächelte nachsichtig, wie man über ein Kind eben lächelt. Etwas verzerrt war es dennoch.
»Nein, Carolin, so geht das nicht. Dann machen wir lieber gleich Schluß. Du wirst dich sicher noch öfter verlieben, und die Freiheit sollst du auch