Ein Kind versteht die Welt nicht mehr: Mami Classic 7 – Familienroman
Von Gloria Rosen
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Ein goldener Sonnenschein tauchte das stolze Schloß Wildenburg in strahlenden Glanz. Oben auf dem Altan lehnte eine zierliche Frauengestalt an der Brüstung und ließ den Blick glückstrunken umherschweifen. Wie herrlich war doch diese Gegend, deren Schönheit an der Schloßgrenze nicht endete, sondern sich bis zum fernen Horizont hinzog. Seitdem Nina das erste Mal hier neben dem Grafen Alexander gestanden hatte, war sie in die wundervolle Landschaft verliebt. Nie vergaß sie dem Schloßherrn, welch großes Glück er ihr schenkte und wie er ihr seine Liebe jeden Tag aufs Neue bewies. Für die junge Gräfin schien jeden Tag die Sonne, auch wenn es in Strömen regnete. Alle Menschen waren gut zu ihr, und sie dankte es ihnen. Als Waise hatte sie hier zum ersten Mal tiefempfundene Mutterliebe durch Larissa von Wildenburg erfahren, die sie auf Anhieb als liebe Tochter ans Herz nahm. Nina versuchte ihrerseits, der gütigen, verständnisvollen Gräfin, die stets gutgelaunt war, nachzueifern. Das war nicht immer leicht, denn es kostete Kraft, sich von der freundlichen Seite zu zeigen, wenn man im Inneren Trauer verspürte. Eine feine Wehmut zeichnete sich auf Ninas Gesicht ab. Wie gern hätte sie eine fröhliche Kinderschar um sich versammelt! Leider durfte sie kein zweites Kind mehr bekommen, denn die Geburt des Stammhalters war sehr schwer gewesen und hatte ihr Herz geschwächt. Seitdem mußte sie vorsichtig sein. In ihre Gedanken drang Hufgeklapper. Sie beugte sich leicht vor und erspähte drunten einen Reiter. Es war Graf Alexander, der den fünfjährigen Sohn Falko vor sich im Sattel hielt. Nun hatte der Kleine die Mutter erspäht. Er winkte ihr zu und rief jauchzend hinauf: »Es war herrlich, Mutti.« »Bleib oben!«
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Mami Classic
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Ein Kind versteht die Welt nicht mehr - Gloria Rosen
Mami Classic
– 7 –
Ein Kind versteht die Welt nicht mehr
Gloria Rosen
Ein goldener Sonnenschein tauchte das stolze Schloß Wildenburg in strahlenden Glanz. Oben auf dem Altan lehnte eine zierliche Frauengestalt an der Brüstung und ließ den Blick glückstrunken umherschweifen.
Wie herrlich war doch diese Gegend, deren Schönheit an der Schloßgrenze nicht endete, sondern sich bis zum fernen Horizont hinzog. Seitdem Nina das erste Mal hier neben dem Grafen Alexander gestanden hatte, war sie in die wundervolle Landschaft verliebt. Nie vergaß sie dem Schloßherrn, welch großes Glück er ihr schenkte und wie er ihr seine Liebe jeden Tag aufs Neue bewies.
Für die junge Gräfin schien jeden Tag die Sonne, auch wenn es in Strömen regnete. Alle Menschen waren gut zu ihr, und sie dankte es ihnen. Als Waise hatte sie hier zum ersten Mal tiefempfundene Mutterliebe durch Larissa von Wildenburg erfahren, die sie auf Anhieb als liebe Tochter ans Herz nahm. Nina versuchte ihrerseits, der gütigen, verständnisvollen Gräfin, die stets gutgelaunt war, nachzueifern. Das war nicht immer leicht, denn es kostete Kraft, sich von der freundlichen Seite zu zeigen, wenn man im Inneren Trauer verspürte.
Eine feine Wehmut zeichnete sich auf Ninas Gesicht ab. Wie gern hätte sie eine fröhliche Kinderschar um sich versammelt! Leider durfte sie kein zweites Kind mehr bekommen, denn die Geburt des Stammhalters war sehr schwer gewesen und hatte ihr Herz geschwächt. Seitdem mußte sie vorsichtig sein.
In ihre Gedanken drang Hufgeklapper. Sie beugte sich leicht vor und erspähte drunten einen Reiter. Es war Graf Alexander, der den fünfjährigen Sohn Falko vor sich im Sattel hielt.
Nun hatte der Kleine die Mutter erspäht. Er winkte ihr zu und rief jauchzend hinauf: »Es war herrlich, Mutti.«
»Bleib oben!« rief Graf Alexander. »Wir kommen zu dir hinauf.«
Er warf dem Stallknecht die Zügel des herrlichen Hengstes Wotan zu und reichte dem herbeigeeilten Diener Franz den Kleinen. Dann waren beide verschwunden.
Kurz darauf tauchten sie Hand in Hand neben Nina auf. Falko riß sich los und flog in die ausgebreiteten Arme der Mutter. Mit glänzenden Augen berichtete er von dem wundervollen Ritt. »Wir haben auch schon einen Platz gefunden, zu dem wir Sonntag dann reiten können. Es ist…«
»… gar nicht schön von dir, wenn du Mutti etwas verrätst«, fiel ihm der Vater ins Wort. »Vergiß nicht, daß du mir dein großes Ehrenwort gegeben hast zu schweigen. Sonst ist es am Sonntag keine Überraschung mehr, und Mutti freut sich nicht. Möchtest du das?«
»Nein, Vati. Ich sage nichts.« Falko blickte betreten drein.
Nina beugte sich rasch zu ihm nieder und küßte ihn auf beide Wangen. »Ich bin schon ganz gespannt, wohin wir am Sonntag reiten werden, und werde bestimmt begeistert sein.« Sie strich ihm liebevoll über den blonden Haarschopf. »Heute nachmittag gehen wir dann zum Schloßsee, wo du deine Schiffchen treiben lassen kannst.«
Falko hüpfte vor Freude und klatschte in die Hände. »O fein, Mutti. Ich packe die Schiffchen gleich in die Badetasche.« Und fort war er.
Lächelnd trat Alexander an Ninas Seite und umfing sie herzlich bei den Schultern. »Es hat wirklich wieder ungeheuren Spaß gemacht, Falko vor mir im Sattel zu haben. Das nächste Mal kommst du aber mit. Dann kannst du den Jubel des Kleinen miterleben.«
Sie schmiegte sich an den geliebten Mann. Ein leiser Seufzer entfloh ihren Lippen. »Ach, ich bin ja so unaussprechlich glücklich. Manchmal habe ich richtig Angst, das könnte sich einmal ändern.«
»Aber, Liebling, ein solcher Gedanke allein ist schon absurd. Ich werde dich immer lieben – mit jedem Tag sogar mehr. Oder glaubst du mir das nicht?«
»O doch, Schatz. Du tust so viel für mich und beschämst mich beinahe in deinem Bestreben, mir quasi die Sterne vom Himmel zu holen.«
»Das Kompliment gebe ich dir voll zurück.« Er zog sie fest in seine Arme und küßte sie zärtlich.
Danach schaute er ihr aufmerksam in die Augen, in deren Winkeln eine feine leise Wehmut nistete. »Willst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?«
»Das weißt du doch. Ich möchte wenigstens noch ein zweites Kind haben. Vielleicht irrt sich ja der Arzt, und übertreibt in seiner Sorge, daß ich kein weiteres Kind haben darf.«
Alexanders Gesicht war bitterernst geworden. »Das glaube ich nun wieder nicht. Vor allen Dingen werde ich mich hüten, das Schicksal herauszufordern. Ich möchte nämlich unser großes Glück nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.«
Er schob sie vor sich hin und legte seine Hand leicht unter ihr Kinn, so daß sie ihn anschauen mußte. »Du hast mir alles geschenkt, was mein Herz begehrte: Liebe, Glück und Zufriedenheit. Wir haben unseren prächtigen Stammhalter. Was wollen wir noch mehr?«
Ihr Blick verdunkelte sich leicht. »Ein Kind ist ein Sorgenkind. Ich könnte es nie ertragen, wenn Falko etwas zustoßen sollte.«
Betroffen trat er einen Schritt zurück. »An was du plötzlich denkst! Das ist doch purer Unsinn. Schließlich bin auch ich ein Einzelkind und bin unbeschwert aufgewachsen. Jetzt siehst du einen vor Gesundheit strotzenden Mann vor dir. Und so wird es auch bei Falko sein.« Er schüttelte mehrmals verständnislos mit dem Kopf. »Ich begreife es einfach nicht, warum du mit einemmal so kleingläubig sein kannst.«
Sein Blick glitt zum Himmel hinauf. »Deine gedrückte Stimmung kann unmöglich auf das Wetter zurückzuführen sein, denn es sieht ganz und gar nicht nach einem Gewitter aus. Allerdings wird es wohl um die Mittagszeit sehr heiß werden. Da solltest du dich lieber im kühlen Schloß aufhalten und dein heutiges Vorhaben auf einen anderen Tag verschieben, an dem keine unerträgliche Hitze herrscht, wohl aber eine wohlige Wärme.«
Bevor Nina etwas erwidern konnte, stürmte Falko tascheschwenkend auf die Mutter zu. »Ich habe die Schiffchen schon eingepackt. Gehen wir jetzt gleich zum See? Bitte, bitte, Mutti«, bedrängte er sie ungestüm.
»Ihr werdet erst am Nachmittag dorthin gehen«, nahm Alexander seiner Frau die Antwort vorweg. »Mutti kann sich in der Mittagshitze nicht dorthin wagen.«
Falkos Freude erlosch schlagartig. Er ließ traurig den Kopf hängen. »Verzeih mir, weil ich vorhin so verzagt war. Ich habe mich dumm benommen«, flüsterte Nina ihrem Mann ins Ohr. Dann trat sie auf den Kleinen zu und hob sein Gesichtchen empor. Erschrocken stellte sie fest, daß sich seine Augen mit Tränen gefüllt hatten. »Weine nicht. Natürlich gehen wir nachher zum Schloßsee. Ich habe es dir doch fest versprochen. Gib mir deine Tasche und lauf rasch zu, um dir das Gesicht und die Hände zu waschen. Omi wird uns gleich zu Tisch bitten.«
»Mutti, du bist prima.« Falkos Gesicht glänzte bereits wieder. Er drückte der Mutter die Tasche in die Hand und spurtete davon.
»War es richtig, den Kleinen auf die Art zu trösten?« zweifelte Alexander. »Du kannst ihm doch nicht das Opfer bringen, dich der Sonne auszusetzen, nur, damit er seinen Willen kriegt.«
Ihre Augen sahen ihn verzweifelt an. »Ganz gewiß nicht. Ich werde im Schatten der Bäume bleiben, auch wenn sich dadurch der Weg zum See verlängert, weil wir den kürzesten nicht einschlagen können. Am