Die verlorenen Kinder: Sophienlust - Die nächste Generation 79 – Familienroman
Von Carina Lind
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Über dieses E-Book
Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Papa, wann kommst du endlich? Pauline und ich warten schon mit dem Frühstück!« Wie ein Wirbelwind kam Carlotta in Michael Müllers Arbeitszimmer gestürmt. Sie blieb kurz vor Papas Schreibtisch stehen, – und schon war sie wieder verschwunden. »Sofort, mein Schatz«, rief Michael seiner kleinen Tochter hinterher. Auch wenn es ihm schwerfiel, seine Arbeit zu unterbrechen, stand er von seinem Schreibtisch auf, um Carlotta in Paulines Wohnung zu folgen. Michael und seine Nachbarin Pauline van Bargen lebten in einem Mietshaus Tür an Tür. Sie waren eng miteinander befreundet, beide gingen in der jeweils anderen Wohnung wie selbstverständlich ein und aus. Auch Michaels Kinder, Carlotta und Madeleine, liefen, wann immer sie wollten, zwischen beiden Wohnungen hin und her. Als Michael die Küche der Nachbarin betrat, saßen Pauline und Carlotta bereits am Frühstückstisch. Nur Madeleine fehlte noch. »Wo ist denn Madeleine?«, fragte Michael verwundert. »Meine kleine Schwester ist wieder in ihr Zimmer gegangen«, erklärte Carlotta, indem sie herzhaft in ihr Frühstücksbrötchen biss. »In ihr Zimmer?«, fragte Michael erstaunt. »Warum denn das?« »Keine Ahnung.
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Buchvorschau
Die verlorenen Kinder - Carina Lind
Sophienlust - Die nächste Generation
– 79 –
Die verlorenen Kinder
Ein riesengroßer Schreck für Vater Michael …
Carina Lind
»Papa, wann kommst du endlich? Pauline und ich warten schon mit dem Frühstück!« Wie ein Wirbelwind kam Carlotta in Michael Müllers Arbeitszimmer gestürmt. Sie blieb kurz vor Papas Schreibtisch stehen, – und schon war sie wieder verschwunden.
»Sofort, mein Schatz«, rief Michael seiner kleinen Tochter hinterher. Auch wenn es ihm schwerfiel, seine Arbeit zu unterbrechen, stand er von seinem Schreibtisch auf, um Carlotta in Paulines Wohnung zu folgen.
Michael und seine Nachbarin Pauline van Bargen lebten in einem Mietshaus Tür an Tür. Sie waren eng miteinander befreundet, beide gingen in der jeweils anderen Wohnung wie selbstverständlich ein und aus. Auch Michaels Kinder, Carlotta und Madeleine, liefen, wann immer sie wollten, zwischen beiden Wohnungen hin und her.
Als Michael die Küche der Nachbarin betrat, saßen Pauline und Carlotta bereits am Frühstückstisch. Nur Madeleine fehlte noch.
»Wo ist denn Madeleine?«, fragte Michael verwundert.
»Meine kleine Schwester ist wieder in ihr Zimmer gegangen«, erklärte Carlotta, indem sie herzhaft in ihr Frühstücksbrötchen biss.
»In ihr Zimmer?«, fragte Michael erstaunt. »Warum denn das?«
»Keine Ahnung. Ich glaube, sie weint.«
»Sie weint?« Mit schnellen Schritten kehrte Michael in seine eigene Wohnung zurück, wo er sofort Madeleines Zimmer aufsuchte. Dort hockte die Kleine wie ein Häufchen Elend auf ihrem Bett.
»Was ist denn los mit dir, Schatz?«, fragte Michael besorgt und setzte sich neben seine Tochter.
»Ich glaube, ich bin krank«, sagte das Mädchen und zog geräuschvoll die Nase hoch.
»Das kann ich gar nicht glauben. Vor einer halben Stunde warst du noch topfit.«
»Ja, vorhin. Aber jetzt bin ich traurig.«
»So plötzlich? Warum denn nur?«
»Weil ich plötzlich an Mama denken musste. Da habe ich gemerkt, dass ich mich gar nicht mehr an sie erinnern kann.« Madeleine schlang ihre Ärmchen um Michaels Körper und drückte sich ganz eng an ihn. »Warum kann ich mich nicht mehr an Mama erinnern, Papa? Warum nicht? Warum denn nicht?«
»Mama ist schon lange tot«, sagte Michael und streichelte seinem Töchterchen über das Haar. »Du warst noch sehr klein, als Mama gestorben ist.«
»Wie alt war ich denn, Papa?«
»Du warst erst drei. Aber das weißt du doch, Schatzi.«
»Jetzt bin ich sechs. Dann ist Mama schon drei Jahre tot.« Madeleine löste sich wieder von ihrem Papa und zählte die Jahre an ihren Fingern ab. »Wenn jemand drei Jahre tot ist, dann kann man sich nicht mehr an ihn erinnern?«
»Kleine Kinder sicher nicht«, sagte Michael.
»Aber ich bin doch gar nicht klein!«, wollte Madeleine protestieren.
»Nein, jetzt nicht mehr. Aber damals, als Mama gestorben ist, da warst du noch klein.«
»Ach so.« Madeleine wischte sich mit dem Ärmel über die Nase. »Mama ist gestorben, weil sie das Leu-Leukom ... hatte.«
»Leukämie. Es heißt Leukämie.«
»Jetzt ist Mama im Himmel. Ich kann mich nicht mehr an sie erinnern, weil sie jetzt ein Engel ist. Mit Flügeln und so.«
»Ja, meine Süße. So ist es. Ganz genau so.«
»Dann sollte ich jetzt nicht mehr traurig sein? Ich sollte mich freuen, dass Mama ein Engel ist? Bestimmt ist es ganz toll im Himmel. Da geht es der Mama wahrscheinlich echt gut. «
»Ganz bestimmt. – Aber jetzt sollten wir zu Pauline zum Frühstück gehen. Carlotta ist auch schon da. Du willst doch nicht, dass deine Schwester die leckersten Sachen verputzt hat, ehe du überhaupt am Tisch bist.«
»Du meinst die tolle Erdbeermarmelade? Die Pauline selbst gemacht hat? Zusammen mit mir und Carlotta?«
»Zum Beispiel.«
Michael stand wieder auf und nahm seine Tochter bei der Hand, um zu Pauline hinüberzugehen. Im Türrahmen blieb Madeleine plötzlich stehen. Aus großen Augen schaute sie zu ihrem Vater auf.
»Was ist denn, Schatzi?«, fragte Michael. »Hast du noch etwas auf dem Herzen?«
»Wenn ich mich nicht mehr an die Mama erinnern kann, dann …, dann könntest du uns doch eine neue Mama besorgen, Papa. Für mich und für Carlotta.«
»Eine neue Mama? Wie stellst du dir das denn vor? Wo soll ich denn plötzlich eine neue Mama herzaubern?«
»Du könntest doch die Pauline heiraten!«
»Soso, die Pauline«, meinte Michael und lächelte Madeleine liebevoll an.
*
Das gemeinsame Frühstück mit Pauline und den Kindern war für Michael immer ein besonderer Höhepunkt in seinem arbeitsreichen Tag. Michael war freiberuflicher Architekt, der von zu Hause aus arbeitete. Er war es gewohnt, jeden Morgen sehr früh aufzustehen, um in aller Ruhe ein, zwei Stunden zu arbeiten, ehe er die Kinder wecken und für den Tag vorbereiten musste. Danach konnte er sich beim gemeinsamen Frühstück in Paulines Küche ein wenig entspannen. Jeden Morgen freute er sich auf das Zusammensein mit ihr. Er liebte es, mit ihr und seinen Kindern am Frühstückstisch über Gott und die Welt zu schwatzen.
Doch heute war Michael ziemlich schweigsam. Madeleines Worte hatten die alte Wunde, welche der Tod seiner Frau hinterlassen hatte, wieder aufgerissen. Miriam war viel zu früh von ihm gegangen, noch immer haderte Michael mit seinem Schicksal. Gleichzeitig ging ihm Madeleines Idee, Pauline einen Heiratsantrag zu machen, nicht aus dem Kopf. Natürlich hatte er längst selbst darüber nachgedacht, ihre Freundschaft mit einem Bund fürs Leben zu besiegeln.
Ja, dachte Michael, während er nach dem Brötchenkorb langte. Ich werde Pauline fragen, aber nicht einfach so, nicht zwischen Tür und Angel. Ich denke mir für meinen Heiratsantrag etwas ganz Besonderes aus ...
»Was ist heute nur los mit dir, Michael?«, fragte Pauline plötzlich. »Du bist so schweigsam. So kenne ich dich ja gar nicht. Wahrscheinlich grübelst du über deinen neuen Auftrag nach?«
»Papas neuer Auftraggeber ist ein echt komischer Kauz«, verkündete Carlotta lauthals. »Der alte Knabe macht immerzu Sperenzchen. Dauernd will er etwas von Papa. Dann muss Papa sofort springen.«
»Na, springen muss ich sicher nicht«, meinte Michael. »Aber Herr Kaltenbrock ist in der Tat ziemlich schwierig. Andauernd hat er neue Ideen, und dann muss ich die Pläne, die ich gerade fertiggestellt habe, schon wieder ändern.«
»Aber das bekommst du doch bezahlt?«, fragte Pauline und köpfte ihr Frühstücksei mit einem Zack.
»Natürlich. Trotzdem ist es sehr frustrierend. Ich gebe mir immer sehr viel Mühe mit meiner Arbeit, und wenn dann alles umsonst war, macht es irgendwann keinen Spaß mehr. Außerdem ist da auch noch der Architekturwettbewerb für den Umbau der Stadthalle.«
»Du hast dich also doch beworben?«
»Ja, das habe ich. Allerdings sind die Bedingungen der Ausschreibung extrem anspruchsvoll.«
»Das schaffst du schon«, meinte Pauline und lächelte Michael aufmunternd zu. Dann wechselte sie das Thema, um mit Michael den weiteren Tagesablauf zu besprechen. Pauline war Grundschullehrerin, sie arbeitete an derselben Schule, welche Carlotta und Madeleine besuchten. Jeden Morgen, gleich nach dem Frühstück, ging sie zusammen mit den beiden dorthin, und nach der Schule kam sie wieder mit ihnen zurück. Heute wollte Pauline nach der Schule noch einen Großeinkauf machen und die Kinder mitnehmen. »Dann hast du etwas mehr Zeit für deine Arbeit, bis wir lästigen Weiber wieder da sind«, schmunzelte sie. »Ich werde auch das Mittagessen übernehmen. Das gibt es dann allerdings etwas später als gewohnt. Falls du bis dahin nicht verhungert bist, Michael.«
»Eigentlich bin ich heute mit dem Mittagessen dran«, meinte Michael verwundert. »Hast du vielleicht etwas Besonderes geplant, Pauline? Etwas, das ich noch nicht kochen kann?«
»Heute soll es selbst gemachte Pizza geben. Das haben Carlotta und ich vorhin so besprochen.«
»Au ja! Selbst gemachte Pizza!« Madeleine klatschte vor Freude in ihre Händchen. »Die kriegst du nicht hin, Papa!«
»Ich glaube, ich bin ein ziemlich guter Koch. Aber eine selbst gemachte Pizza – das ist natürlich etwas Besonderes«, musste Michael zugeben. »Das kann ich noch nicht.«
»Zum Ausgleich darfst du nachher den Ausguss in