Frühling in Kent
Von Charlotte Lamb
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Über dieses E-Book
Seit Bianca als Babysitterin der kleinen Lisa die Nacht im Haus des attraktiven Witwers Morgen Hearne verbracht hat, kann sie nicht mehr ruhig schlafen. Doch leider ist diese Bekanntschaft geschäftlicher Natur - und komplizierte Verwicklungen haben so viel Misstrauen zwischen ihnen geschürt, dass für Gefühle kein Platz zu sein scheint …
Charlotte Lamb
Die britische Autorin Charlotte Lamb begeisterte zahlreiche Fans, ihr richtiger Name war Sheila Holland. Ebenfalls veröffentlichte sie Romane unter den Pseudonymen Sheila Coates, Sheila Lancaster, Victoria Woolf, Laura Hardy sowie unter ihrem richtigen Namen. Insgesamt schrieb sie über 160 Romane, und zwar hauptsächlich Romances, romantische Thriller sowie historische Romane. Weltweit wurden über 200 Millionen Bücher von Charlotte Lamb verkauft. Nachdem Charlotte Lamb mit 16 Jahren die Klosterschule verließ, begann sie bei der Bank of England zu arbeiten. Ihre Mittagspausen verbrachte sie in der großen Bibliothek der Bank, sie las alles und bildete sich weiter. Als sie bei der BBC als Sekretärin arbeitete, lernte sie ihren späteren Mann Richard Holland kennen, er war politischer Berichterstatter. Durch ihren Mann kam sie zum Schreiben. Da sie gern Liebesromane las, schlug er ihr zu Beginn der 1970er Jahre vor, doch selbst einen Liebesroman zu schreiben. Umgeben von drei lebhaften Kindern schrieb Charlotte Lamb ihren ersten kurzen Roman innerhalb von drei Tagen. Obwohl sie bald fünf Kinder hatte, verfasste sie weitere Manuskripte, im Jahr 1973 schließlich konnte sie ihren Liebesroman an den Verlag Mills & Boon verkaufen.
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Buchvorschau
Frühling in Kent - Charlotte Lamb
IMPRESSUM
Frühling in Kent erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 1999 by Charlotte Lamb
Originaltitel: „The Seduction Business"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA
Band 1322 - 2000 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Franziska Schröder
Umschlagsmotive: GettyImages_bowdenimages, william87
Veröffentlicht im ePub Format in 06/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733757656
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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1. KAPITEL
Vier Männer und zwei Frauen versammelten sich an jenem sonnigen Maimorgen um zehn Uhr im Sitzungssaal und nahmen ihre Plätze an dem großen Mahagonitisch ein, der in der Mitte des Raumes stand. Jack Rowe, der Vertriebsleiter, blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr. „Er kommt spät. Man sollte meinen, dass er wenigstens heute einmal pünktlich ist, finden Sie nicht?"
„Seit acht Uhr telefoniert er ununterbrochen", erklärte Noelle Hyland, die Werbeleiterin, in scharfem Ton und blickte Jack missbilligend an.
„Er sieht sehr müde aus", seufzte Andrea Watson, die Personalchefin, die Jack Rowes kritische Bemerkung über den leitenden Direktor genauso ärgerlich fand. Sie, die immer fröhlich war, blickte heute genauso ernst und besorgt drein wie ihre Kollegen.
Morgan Hearne blieb an der Tür zum Sitzungssaal stehen und betrachtete seine leitenden Angestellten abschätzend, bevor sie ihn bemerkten. War ein Judas unter ihnen, bereit, ihn und seine Firma zu verkaufen?
Irgendjemand in der Firma müsse die Hand im Spiel haben, hatte sein Anwalt Leigh Hampton ihm vor zehn Minuten erzählt. „Finde heraus, wer es ist, und wirf ihn raus."
Morgan wollte es nicht glauben. Er ließ den Blick seiner blauen Augen über die Gesichter schweifen und wünschte, er könnte in ihnen lesen. Wer von ihnen hatte heimlich einen Job angeboten bekommen, falls die Übernahme gelang?
Kalte Wut stieg in ihm auf. Er hatte die Firma aufgebaut. Seit zehn Jahren war sie der Mittelpunkt seines Lebens. Und jetzt wollte man sie ihm wegnehmen. Aber das würde ihnen nicht gelingen. Er würde alles tun, die Übernahme zu verhindern.
Als Morgan den Raum betrat, blickten alle alarmiert auf und versuchten in seinem Gesicht zu lesen, was in ihm vorging.
Andrea lächelte ihn zuversichtlich an. Sie fand ihren Chef brillant, viel cleverer als alle anderen Männer, denen sie begegnet war. Und sexy war er obendrein. Obwohl glücklich verheiratet und Mutter von zehnjährigen Zwillingen, bekam sie Herzklopfen, wenn Morgan in der Nähe war.
„Du verschwendest deine Zeit, mein Schatz, hatte ihr Mann Gary sie aufgezogen, als sie Morgan während einer Dinnerparty im vergangenen Winter mit vor Bewunderung glänzenden Augen beobachtet hatte. „Computer machen ihn an, nicht Frauen. Was findet ihr eigentlich so toll an ihm? Was hat er, was ich nicht habe?
„Nichts, Liebling. Absolut nichts", hatte Andrea ihrem Mann schnell versichert. Auf keinen Fall wollte sie seine Gefühle verletzen. Sie liebte ihren Mann, auch in alten Jeans und abgetragenem Hemd. Aber Morgan war einfach umwerfend, eher ein Filmstar als ein Boss. Alle Frauen im Büro dachten so. Noelle himmelte ihn geradezu an. Ja, Andrea kannte keine Frau, die seine warmen blauen Augen, das hellbraune, seidige Haar, das charmante Lächeln und die lässige Eleganz seiner Bewegungen nicht liebte.
Seit seine Frau Aileen vor drei Jahren bei der Geburt ihrer zu früh geborenen Tochter gestorben war, hatte es keine Frau mehr in Morgans Leben gegeben. Seine Ehe war überaus glücklich gewesen. Er und Aileen hatten sich seit ihrer Schulzeit gekannt. Ihr Tod hatte ihn tief getroffen.
Andrea hatte ihn zu trösten versucht, aber er hatte sie schroff zurückwiesen. „Sie sind sehr freundlich, Andrea, aber ich möchte nicht darüber reden."
Zehn Tage lang hatte er sich nicht im Büro blicken lassen, und als er zurückkehrte, war er wie verwandelt gewesen. Er hatte sich in seine Arbeit vergraben, war grimmig und schweigsam geworden.
Alle hatten sich Sorgen um ihn gemacht, aber der harte Ausdruck in seinen Augen hatte sie davon abgehalten, etwas zu sagen.
Zum Glück war Morgan in den vergangenen beiden Jahren wieder der Alte geworden. Er lachte wieder, plauderte mit ihnen, war umgänglich wie früher. Doch wenn er sich unbeobachtet fühlte, entdeckte man immer noch einen schmerzerfüllten Ausdruck in seinen blauen Augen.
„Guten Morgen, alle miteinander, begrüßte er sie jetzt und setzte sich auf seinen Platz am Kopfende des Tisches. „Danke, dass Sie so pünktlich sind. Ich will Sie nicht mit langen Vorreden aufhalten. Wir alle wissen, warum wir hier sind. Man ist dabei, unsere Aktien aufzukaufen. Bereits in der Vergangenheit hat man zweimal versucht, unsere Firma zu übernehmen. Wir wissen also, was los ist. Offensichtlich ist es ein ernsthafter Angriff, denn es wird viel Geld auf den Markt geworfen. Ich habe Rod gebeten, so viel wie möglich herauszufinden. Wir wollen uns zuerst ihn anhören, und dann möchte ich gern von jedem von Ihnen wissen, wie er persönlich über das Angebot denkt, bevor wir über Gegenmaßnahmen reden. Einverstanden?
„Hat man denn schon Verbindung zu Ihnen aufgenommen, Morgan?", fragte Jack Rowe nervös.
„Nein, noch nicht. Zweifellos wird das aber bald geschehen. Erzählen Sie, mit wem wir es diesmal zu tun haben, Rod."
„Mit TTO", erwiderte Rod Cadogan.
Niemand ist überrascht, stellte Morgan mit einem ironischen Lächeln fest. Sie wissen bereits, dass Tesmost Technical Operations hinter dem Übernahmeangebot steht. So etwas kann man nicht geheim halten. Alle großen internationalen Firmen in der EDV-Branche kennen sich untereinander.
Seit durchgesickert war, dass sie einen preiswerten stimmgesteuerten Computer herausbringen wollten, hatten mehrere Firmen in den vergangenen beiden Jahren versucht, Hearne’s aufzukaufen. Man musste ständig neue Ideen entwickeln, wenn man in der Branche überleben wollte, oder es war aus. Morgan hatte seine Forschungen so lange wie möglich geheim gehalten und nur mit den engsten Kollegen darüber gesprochen. Aber irgendwann hatte er den Computer bauen müssen. Und nun, da weit mehr Leute in das Projekt involviert waren, hatte es sich schnell herumgesprochen und die Konkurrenz auf den Plan gerufen.
Bisher hatte Morgan immer genug Geld gehabt, alle Interessenten aus dem Feld zu schlagen. Aber TTO war ein riesiges Unternehmen mit weit mehr Kapital, als er aufbringen konnte.
Er wünschte, er hätte eine Idee, wie er die Firmenübernahme verhindern könnte, ohne jemand um Hilfe bitten zu müssen. Vielleicht sollte er das Haus in Essex verkaufen, das er und Aileen sich nach der Heirat gekauft hatten.
Jetzt wohnte er in seiner Londoner Wohnung. Sie hatte genau die richtige Größe für einen Junggesellen, lag nicht weit entfernt vom Arbeitsplatz und war von Restaurants und Läden umgeben. Aber seine Mutter und seine kleine Tochter wohnten in dem Haus in Essex. Es war nur eine Autostunde von London entfernt, sodass er die beiden oft besuchen konnte. Nach Aileens Tod war seine Mutter in das Haus gezogen, um sich um Lisa zu kümmern. Das Arrangement funktionierte so gut, dass er nie erwogen hatte, es zu ändern.
Traurigkeit erfüllte ihn. Mitunter konnte er nicht glauben, dass seine Frau für immer gegangen war. Aileen war so voller Leben gewesen. Im Geiste sah er sie vor sich, wie sie ihn anlachte, während der Wind von der Essex-Küste in ihrem Haar spielte.
Hör auf, ermahnte er sich. Blick nicht zurück. Denk an die Zukunft.
Wenn er das Haus verkaufen musste, würde er auch seine Wohnung verkaufen und sich nach einer Bleibe umsehen, die auch für seine Mutter und seine kleine Tochter groß genug war. Vielleicht war es Zeit, dass sie alle zusammenwohnten. Er sollte Lisa öfter sehen, nun, da sie größer wurde und kein Baby mehr war.
„Wie du siehst, Morgan, ist es ein gut organisierter Angriff", riss Rod ihn aus seinen Gedanken.
Morgan nickte. „Das ist es leider."
Rod seufzte. „Ich habe hier eine Liste von Aktienübertragungen, die bereits von den großen Investoren, den Pensionsfonds und den Firmen vorgenommen wurden." Er las die Namen in einem Tonfall vor, als würde er die Trauergäste bei einer Beerdigung ansagen.
Er machte eine Pause und blickte auf. „Für die Organisation der Übernahme und den Aufkauf der großen Aktienpakete ist Bianca Milne, Forward Planning Director of TTO, verantwortlich", erklärte er und legte ein großes Farbfoto auf den Tisch, das sich alle ansahen.
Jack Rowe pfiff leise durch die Zähne. „He, ich finde sie gut."
Andrea verspürte bei der Betrachtung des Bildes einen Anflug von Neid. Könnte sie doch so aussehen! Sie würde ihr braunes Haar gern gegen das blonde, zu einem Nackenknoten zusammengebundene Haar eintauschen. Und dann das Gesicht … Es war nicht fair. Manche Frauen hatten einfach alles.
Morgan hatte von Bianca Milne gehört, sie aber nie gesehen. Er nahm das Foto in die Hand und verzog den Mund. „Sie ist überhaupt nicht mein Typ, Jack. Ich würde sogar behaupten, dass du bei ihr nicht weit kommst. Sie ist der Rühr-mich-nicht-an-Typ. Sehen Sie sich die Augen an. Sie sind kalt wie Eis."
„Wie alt ist sie denn?, fragte jemand. „Sie sieht viel zu jung aus, um eine führende Rolle bei einem Übernahmeangebot zu spielen.
„Sie ist nicht so jung, wie sie aussieht, erwiderte Rod. „Sie wird dreißig in einem Monat oder so.
„Das nenne ich jung, meinte Jack. „Ich wünschte, ich würde dreißig im nächsten Monat.
„Ist sie verheiratet?", fragte Andrea hoffnungsvoll.
Rod schüttelte den Kopf. „Nein. Zurzeit ist sie ohne Mann. Den Gerüchten zufolge hat sie zuletzt eine Beziehung mit Lord Mistells Sohn Harry Mistell gehabt, der für eine der Handelsbanken arbeitet, für die ihre Firma die neueste Hardware lieferte."
Morgan blickte Rod an. „Wer hat denn die Beziehung beendet? Sie oder er?"
„Sie. Ihre Firma hat Millionen bei dem Deal verdient, und Bianca Milne hat den Kauf organisiert. Wenige Woche danach hat sie sich nicht mehr mit dem jungen Mistell getroffen."
„Sie ist nur mit ihm ausgegangen, um den Kauf unter Dach und Fach zu bringen? Noelle runzelte die Stirn. „Das ist furchtbar.
Rod zuckte die Schultern. „Ob sie ihn benutzt hat, oder ob die Beziehung zufällig in die Brüche gegangen ist, wer weiß? Bianca Milne ist seit neun Jahren bei TTO und schnell aufgestiegen. Ihr gutes Aussehen war sicherlich hilfreich, aber sie ist auch clever, zäh und sehr ehrgeizig. Man munkelt, dass sie eine heimliche Affäre mit Don Heston hat, dem Chef der Firma. Ob es stimmt, kann ich nicht sagen. Nach einer kurzen Pause fügte Rod hinzu: „Heston ist verheiratet.
„Und hat Kinder", ergänzte Morgan.
Rod nickte. „Ja, einen Jungen und ein Mädchen im Teenageralter. Heston ist fast fünfzig, sieht aber jünger aus. Seine Frau sieht man nie. Sie lebt mit den Kindern auf dem Lande. Sie haben ein großes Haus in Buckinghamshire. Heston jettet meistens in der Weltgeschichte herum, wobei Bianca Milne ihn oft begleitet."
„Daher der Klatsch, meinte Morgan. „Und wer will es ihm verübeln, wenn er bei einer so attraktiven Frau tatsächlich Geschäftliches mit Privatem vermengt? Okay, berichten Sie über TTOs gegenwärtige Marktposition, Rod. Hören Sie alle gut zu. Wir müssen TTOs schwachen Punkt herausfinden. Ich werde in den nächsten Tagen ein Treffen mit Heston vereinbaren, um zu erfahren, was für ein Krieg das werden soll.
Sein Blick fiel wieder auf das Foto. Bianca Milne hatte das Gesicht einer Madonna, aber was ging hinter ihrer Stirn vor? Offensichtlich war sie eine Frau, die sich eher von ihrem Verstand als von ihrem Herz leiten ließ.
Morgan dachte an seine verstorbene Frau, die warmherzig, fröhlich und liebenswert gewesen war, eine Frau, die immer ihrem Herzen gefolgt war. Er vermisste sie sehr.
Er verdrängte die Erinnerungen und betrachtete das Foto von Bianca Milne. Gerüchte entstanden nicht von ungefähr. Hatte sie mit Lord Mistells Sohn geschlafen, nur um den Vertrag zu bekommen? Was für eine Frau war sie? Nach dem, was Rod gehört hatte, war sie sowohl Hestons Geliebte als auch seine rechte Hand.