Ich will meinen Vater wiederhaben: Sophienlust 194 – Familienroman
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Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
»Seht doch, ist der nicht goldig?« Sigrids Zeigefinger, dessen Nagel wie die übrigen Nägel leuchtendrot lackiert war, wies auf etwas, was sich hinter Sascha von Schöneckers und Michael Langenbachs Rücken befand.Die beiden wandten sich nur zögernd um. Der Abend hatte vielversprechend begonnen. Erst allmählich war sich Sascha einer schleichenden Langeweile bewusst geworden.Die beiden Freunde waren in den Semesterferien auf einen kurzen Besuch nach Wildmoos gekommen. Es gab viel Gemeinsames zwischen ihnen. Beide waren ungefähr einundzwanzig Jahre alt und studierten in Heidelberg. Während Sascha jedoch einen Vater, eine Schwester, eine Stiefmutter, einen Stiefbruder und einen Halbbruder besaß, hatte Michael nur zwei Schwestern, die zwölfjährige Vicky und die vierzehnjährige Angelika. Die Eltern der drei Geschwister waren bei einem Lawinenunglück ums Leben gekommen. Die beiden Mädchen hatten in dem Kinderheim Sophienlust, das von Saschas Stiefmutter Denise von Schoenecker geleitet wurde, ein neues Zuhause gefunden. Auch Michael wohnte während seiner kurzen Aufenthalte in Wildmoos, meist dort, gelegentlich aber auch in Schoeneich. Sascha bezog dagegen natürlich jedesmal sein altes Zimmer auf Schoeneich, dem Gut seines Vaters.Meist waren die Besuche der beiden jungen Männer in Wildmoos voll ausgelastet. Michael wurde von seinen Schwestern in Anspruch genommen, die es stets kaum erwarten konnten, ihm alles, was sich während seiner Abwesenheit in Sophienlust zugetragen hatte, zu erzählen. Ähnlich erging es Sascha mit seinem Stiefbruder Dominik und seinem Halbbruder Henrik, die sich einander im Aufzählen höchst merkwürdiger und nervenaufreibender Ereignisse überboten.Denise, die ihrem Stiefsohn mit herzlicher Zuneigung zugetan war, hatte, wie stets, auch diesmal dazu geschwiegen.Kaum hatten Nick und Henrik jedoch die erste Atempause eingelegt, erkundigte sie sich nach Saschas Studienerfolgen und danach, ob sein Gesundheitszustand wirklich auch immer in Ordnung sei, ob er genug esse und ob er sich nicht überanstrenge.Sascha beantwortete diese besorgten Fragen mit einem Ja oder Nein, je nachdem, was von ihm erwartet wurde. Später ging er nach Sophienlust und spielte mit Denises Schützlingen.
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Buchvorschau
Ich will meinen Vater wiederhaben - Elisabeth Swoboda
Sophienlust
– 194–
Ich will meinen Vater wiederhaben
Wer vermag Raffaele auf andere Gedanken zu bringen?
Elisabeth Swoboda
»Seht doch, ist der nicht goldig?« Sigrids Zeigefinger, dessen Nagel wie die übrigen Nägel leuchtendrot lackiert war, wies auf etwas, was sich hinter Sascha von Schöneckers und Michael Langenbachs Rücken befand.
Die beiden wandten sich nur zögernd um. Der Abend hatte vielversprechend begonnen. Erst allmählich war sich Sascha einer schleichenden Langeweile bewusst geworden.
*
Die beiden Freunde waren in den Semesterferien auf einen kurzen Besuch nach Wildmoos gekommen. Es gab viel Gemeinsames zwischen ihnen. Beide waren ungefähr einundzwanzig Jahre alt und studierten in Heidelberg. Während Sascha jedoch einen Vater, eine Schwester, eine Stiefmutter, einen Stiefbruder und einen Halbbruder besaß, hatte Michael nur zwei Schwestern, die zwölfjährige Vicky und die vierzehnjährige Angelika. Die Eltern der drei Geschwister waren bei einem Lawinenunglück ums Leben gekommen. Die beiden Mädchen hatten in dem Kinderheim Sophienlust, das von Saschas Stiefmutter Denise von Schoenecker geleitet wurde, ein neues Zuhause gefunden. Auch Michael wohnte während seiner kurzen Aufenthalte in Wildmoos, meist dort, gelegentlich aber auch in Schoeneich. Sascha bezog dagegen natürlich jedesmal sein altes Zimmer auf Schoeneich, dem Gut seines Vaters.
Meist waren die Besuche der beiden jungen Männer in Wildmoos voll ausgelastet. Michael wurde von seinen Schwestern in Anspruch genommen, die es stets kaum erwarten konnten, ihm alles, was sich während seiner Abwesenheit in Sophienlust zugetragen hatte, zu erzählen. Ähnlich erging es Sascha mit seinem Stiefbruder Dominik und seinem Halbbruder Henrik, die sich einander im Aufzählen höchst merkwürdiger und nervenaufreibender Ereignisse überboten.
Denise, die ihrem Stiefsohn mit herzlicher Zuneigung zugetan war, hatte, wie stets, auch diesmal dazu geschwiegen.
Kaum hatten Nick und Henrik jedoch die erste Atempause eingelegt, erkundigte sie sich nach Saschas Studienerfolgen und danach, ob sein Gesundheitszustand wirklich auch immer in Ordnung sei, ob er genug esse und ob er sich nicht überanstrenge.
Sascha beantwortete diese besorgten Fragen mit einem Ja oder Nein, je nachdem, was von ihm erwartet wurde. Später ging er nach Sophienlust und spielte mit Denises Schützlingen. Auch seine Schwester Andrea von Lehn, die mit einem Tierarzt verheiratet war und im Nachbarort Bachenau wohnte, besuchte er. Dort erwarteten ihn ähnliche Fragen, wie sie bereits Denise an ihn gestellt hatte. Er beantwortete auch sie mit gleichbleibender Freundlichkeit und bewunderte Andreas kleinen Sohn Peterle.
Nach einigen Tagen in der ruhigen Atmosphäre von Wildmoos wurde Sascha jedoch von einer gewissen Unruhe erfasst. Er war dieses beschauliche Leben nicht mehr gewohnt. Es gab im Februar in Wildmoos wenig Möglichkeiten, sich sportlich zu betätigen. Die Kinder rodelten zwar mit Begeisterung über die verschneiten Hänge, aber Sascha fand diesen Sport insgeheim zu zahm, um ihn ebenfalls auszuüben. Auf dem zugefrorenen Waldsee Schlittschuh zu laufen, erlaubte wiederum Denise von Schoenecker nicht, da ihrer Ansicht nach das Eis nicht hart genug war. Außerdem schneite es so häufig, dass der See von einer dicken Schneeschicht bedeckt war, genau wie der Tennisplatz, der so durchweicht war, dass an eine Benutzung nicht zu denken war.
Obwohl Sascha sich Mühe gab und sich nichts anmerken ließ, fiel Denise dennoch auf, dass er nichts Rechtes mit sich anzufangen wusste. »Es ist leider im Augenblick nicht viel los bei uns«, meinte sie. »Das heißt, ich bin darüber eher froh, aber du langweilst dich wahrscheinlich.«
»Aber nein«, protestierte Sascha.
»Aber ja.« Denise lächelte. »Ich habe dich gestern Abend, als wir uns nach dem Essen um den Kamin versammelt hatten, beobachtet. Du hast beinahe ununterbrochen gegähnt. Nicht einmal Henriks farbige Schilderung seiner letzten Streiche schien dich aufzumuntern.«
»Es tut mir leid …«
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, unterbrach Denise ihn. »Ich wundere mich nur, dass du jeden Abend zu Hause herumsitzt, und nicht ausgehst. Herrscht Ebbe in deiner Kasse?«
»So arg ist es nicht«, beruhigte Sascha seine Stiefmutter. »Ich habe nur gedacht …, da ich so selten bei euch bin …« Er hielt zögernd inne.
»Trotzdem ist es nicht deine Pflicht, uns jeden Abend Gesellschaft zu leisten«, sagte Denise. »Im Vorjahr warst du doch mit Michael öfter in dieser Diskothek, in der dir die Musik so gut gefallen hat.«
»Ja, sie hatten recht gute Platten dort«, stimmte Sascha ihr zu. »Wenn du nichts dagegen hast und Vati auch nicht, könnte ich heute Abend vorbeischauen.«
»Was sollten wir dagegen haben. Du bist erwachsen und kannst tun, was dich freut.«
Sascha lächelte innerlich über diesen großzügigen Ausspruch. Natürlich gewährten ihm sein Vater und seine Stiefmutter ein großes Maß an Freiheit, aber gerade Denise war es, die aus Besorgtheit allzu waghalsigen Unternehmungen Einhalt gebot.
Ein Besuch in einer der Diskotheken in Maibach, der nächstgelegenen Kreisstadt, war jedoch ein harmloses Unternehmen. Sascha lud Michael dazu ein, und dieser griff begeistert zu.
»Ich habe Vicky und Angelika wirklich gern«, vertraute er seinem Freund an, »aber inzwischen haben sie mir alle Begebenheiten, die sich in Wildmoos und Umgebung in den letzten paar Monaten ereignet hatten, bereits ein dutzendmal erzählt. Ich bin mit ihnen gerodelt und habe sie sogar bergauf gezogen, was gar nicht so einfach war, denn die beiden sind in letzter Zeit ganz schön gewachsen und schwer geworden. Ich habe mit ihnen Puppenjause gespielt und habe die Faschingskostüme, an denen sie gerade nähen, bewundert. Aber langsam bekomme ich das Gefühl …«
Michael ließ ungesagt, welches Gefühl er bekam, aber Sascha verstand ihn auch so. »Mir geht es ähnlich«, sagte er. »Es ist schön, zu Hause und bei der Familie zu sein, aber ein freier Abend zur Abwechslung wird uns guttun.«
*
So saßen sie also jetzt in der Diskothek an einem der winzigen runden Tische, die dichtgedrängt die Tanzfläche umgaben. Ihnen gegenüber saßen zwei Mädchen, die sie vor eineinhalb Stunden kennengelernt und mit denen sie seither fast pausenlos getanzt hatten. Es waren hübsche Mädchen und ausgezeichnete Tänzerinnen. Sigrid war schlank und hatte lange blonde Haare. Das andere Mädchen, Monika, war dunkelhaarig. Sie neigte trotz ihrer Jugend ein wenig zur Üppigkeit und hatte einen etwas unreinen Teint, aber für einen Abend wollte Sascha es nicht so genau nehmen. Obwohl sie sich alle gegenseitig bereits duzten, hatten weder er noch Michael die Absicht, diese Zufallsbekanntschaft fortzusetzen.
Die laute Musik hatte bisher ein Gespräch vereitelt, aber nun hatte der Diskjockey eine Pause eingelegt. Die Mädchen hatten somit Gelegenheit, munter draufloszuschwatzen. Beim Anhören dessen, was sie von sich gaben, wünschte sich Sascha insgeheim, daheim vor dem Kamin zu sitzen und Henriks ausführlichen Erzählungen über Sophienlust zu lauschen. Als die Mädchen den Tisch kurz verließen, um ihr Make-up aufzufrischen, machte er eine diesbezügliche Bemerkung zu Michael.
»Ja«, stimmte Michael ihm zu, »du hast recht. Die beiden sind strohdumm. Umgekehrt sind wir aber nicht hierhergekommen, um tiefschürfende Gespräche zu führen.«
»Das nicht«, gab Sascha zu. »Im Übrigen hast du leicht reden. Deine Partnerin ist wenigstens sehr hübsch, während ich die Dicke mit den Pickeln erwischt habe.«
»Gar so übel ist sie nicht und …« Michael unterbrach sich und warnte Sascha. »Pst, sie kommen zurück.«
Sigrid und Monika nahmen mit strahlendem Lächeln, ohne zu ahnen, was für ein abfälliges Urteil in ihrer Abwesenheit über sie gefällt worden war, wieder ihre Plätze ein.
Sascha bemühte sich nach besten Kräften, den Mädchen nicht zu zeigen, dass sie ihn anödeten, womit er recht guten Erfolg hatte, bis plötzlich etwas, was sich hinter ihm befand, die Aufmerksamkeit und das Entzücken der beiden Mädchen erregte.
»So dreht euch doch endlich um und schaut ihn an!«, forderte Monika Sascha und Michael auf. »Mein Gott, ist der süß. Ich muss ihn streicheln.«
Sascha und Michael drehten sich also um, und stießen, da der Platz für den einzelnen Gast in diesem Lokal äußerst knapp berechnet war, zusammen.
»Au«, sagte Michael und rieb sich die Schulter.
Saschas Blick folgte Sigrids ausgestrecktem Zeigefinger. Als sein Auge den Gegenstand, um den es sich handelte, erfasst hatte, verzog er angewidert das Gesicht und knurrte: »Tierquälerei. Das sollte verboten sein.«
»Aber nein«, ereiferten sich Sigrid und Monika gleichzeitig. »Der Mann tut dem Löwen doch nichts Böses. Er trägt ihn herum. Das kann man doch nicht Tierquälerei nennen.«
»Hm«, brummte Sascha nur. Seiner Ansicht nach waren die Mädchen viel zu dumm und nicht wert, dass er sich mit ihnen auf eine Diskussion einließ.
»Wie süß der Löwe blinzelt. Oh – und wie er sich mit seinen dicken Pfoten über die Augen fährt«, schwärmte Monika.
»Das tut er nur, weil er die rauchige und stickige Luft da herinnen nicht verträgt«, meinte Michael trocken, der sich insgeheim über Saschas steife Ablehnung ein wenig amüsierte.
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Monika. »Wir fühlen uns ja auch wohl. Warum sollte der Löwe … Ach, er gähnt! Was für eine entzückende rosa Zunge er hat, und diese spitzen Zähnchen … Wenn dieser Mann ihn nur endlich zu uns bringen würde, damit ich ihn streicheln könnte. Mach doch nicht so ein Gesicht, Sascha. Du hast doch das mit der Tierquälerei nicht im Ernst gemeint, nicht wahr?«
»O doch. Meine Schwester Andrea würde sogar noch härtere