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Ferien auf dem Annenhof: Fürstenkinder 73 – Adelsroman
Ferien auf dem Annenhof: Fürstenkinder 73 – Adelsroman
Ferien auf dem Annenhof: Fürstenkinder 73 – Adelsroman
eBook132 Seiten1 Stunde

Ferien auf dem Annenhof: Fürstenkinder 73 – Adelsroman

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Über dieses E-Book

In der völlig neuen Romanreihe "Fürstenkinder" kommt wirklich jeder auf seine Kosten, sowohl die Leserin der Adelsgeschichten als auch jene, die eigentlich die herzerwärmenden Mami-Storys bevorzugt.
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.

Von dem Glockenturm im Gutshof hallten vier dünne Schläge. Gudrun Gräfin von Born zählte mit. Seit Mitternacht hatte sie bei jedem Stundenschlag mitgezählt. Ein vom nächtlichen Sturm zerrissenes, fahles Morgenlicht stand vor ihrem Schlafzimmerfenster, und noch immer hatte der übermüdete Körper keine Ruhe, hatten die von vielen geweinten Tränen brennenden Augen keinen Schlaf gefunden. Nur noch wenige Stunden, und sie und Bettina, ihre neunjährige Tochter, mußten Schloß Born verlassen. Wie konnte man weiterleben ohne Born? Wie konnte ein Baum Äste treiben und Blüten ansetzen, wenn man ihn aus dem Mutterboden riß und in fremdes ausgedörrtes Erdreich verpflanzte? Gudrun von Born gab sich gar keine Mühe mehr, tapfer zu sein und die hervorquellenden Tränen zurückzuhalten. Alles, was sie bisher in bewunderungswürdiger Haltung zurückgedrängt hatte, wurde jetzt, in der einsamen Nacht, zu einem reißenden Strom, der sich durch nichts eindämmen ließ. Dreißig Jahre alt war Gräfin Gudrun, zu jung, um einsam zu sein und auf alles verzichten zu müssen, zu alt, um sich so leicht wie ein ganz junger Mensch umzustellen. Claus Graf von Born hatte, als er Schloß Born übernommen hatte, die damals achtzehnjährige Gudrun von Kelting geheiratet. Sie hatte gerade ihre Lehrzeit auf einer Hausfrauenschule beendet und vor der Frage gestanden, was nun zu beginnen sei, als sie sich kennengelernt hatten. Wie ein Sturmwind war die Liebe über die beiden Menschen gekommen, und obgleich ihr Entschluß schnell gefaßt und in die Tat umgesetzt worden war, hatten sie ihn niemals bereut. Gudrun und Claus waren füreinander geschaffen gewesen und ihre auf der Frauenschule erworbenen Kenntnisse waren ihr bei der Führung des Gutshaushalts sehr zustatten gekommen. Als sie drei Jahre verheiratet gewesen waren, war die Tochter Bettina, kurz Tina genannt, geboren worden. Wenn es in diesen wunderbaren Ehe überhaupt einen Kummer gegeben hatte, so war es der gewesen, daß sich für Tina kein Geschwisterchen mehr eingestellt hatte. Doch Liebe und Harmonie waren so groß gewesen, daß es zum wahren Traurigsein gar nicht gekommen war. Sie waren sich ihres Glücks und dessen Unantastbarkeit so sicher gewesen, sie hatten in ihrer Geborgenheit nicht an den Neid der Götter geglaubt. Wie jeden Morgen war Claus von Born hinausgeritten, um die Arbeiten der Frühjahrsbestellung zu überwachen. Froh hatte er der geliebten Frau noch einmal zugewinkt, bevor er auf seinem Rapphengst ›Komet‹ den Gutshof verlassen hatte.
SpracheDeutsch
HerausgeberKelter Media
Erscheinungsdatum15. Nov. 2022
ISBN9783740920333
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    Buchvorschau

    Ferien auf dem Annenhof - Lia von Massow

    Fürstenkinder

    – 73 –

    Ferien auf dem Annenhof

    … und Tina blühte auf

    Lia von Massow

    Von dem Glockenturm im Gutshof hallten vier dünne Schläge. Gudrun Gräfin von Born zählte mit. Seit Mitternacht hatte sie bei jedem Stundenschlag mitgezählt. Ein vom nächtlichen Sturm zerrissenes, fahles Morgenlicht stand vor ihrem Schlafzimmerfenster, und noch immer hatte der übermüdete Körper keine Ruhe, hatten die von vielen geweinten Tränen brennenden Augen keinen Schlaf gefunden.

    Nur noch wenige Stunden, und sie und Bettina, ihre neunjährige Tochter, mußten Schloß Born verlassen. Wie konnte man weiterleben ohne Born? Wie konnte ein Baum Äste treiben und Blüten ansetzen, wenn man ihn aus dem Mutterboden riß und in fremdes ausgedörrtes Erdreich verpflanzte?

    Gudrun von Born gab sich gar keine Mühe mehr, tapfer zu sein und die hervorquellenden Tränen zurückzuhalten. Alles, was sie bisher in bewunderungswürdiger Haltung zurückgedrängt hatte, wurde jetzt, in der einsamen Nacht, zu einem reißenden Strom, der sich durch nichts eindämmen ließ. Dreißig Jahre alt war Gräfin Gudrun, zu jung, um einsam zu sein und auf alles verzichten zu müssen, zu alt, um sich so leicht wie ein ganz junger Mensch umzustellen.

    Claus Graf von Born hatte, als er Schloß Born übernommen hatte, die damals achtzehnjährige Gudrun von Kelting geheiratet. Sie hatte gerade ihre Lehrzeit auf einer Hausfrauenschule beendet und vor der Frage gestanden, was nun zu beginnen sei, als sie sich kennengelernt hatten. Wie ein Sturmwind war die Liebe über die beiden Menschen gekommen, und obgleich ihr Entschluß schnell gefaßt und in die Tat umgesetzt worden war, hatten sie ihn niemals bereut. Gudrun und Claus waren füreinander geschaffen gewesen und ihre auf der Frauenschule erworbenen Kenntnisse waren ihr bei der Führung des Gutshaushalts sehr zustatten gekommen.

    Als sie drei Jahre verheiratet gewesen waren, war die Tochter Bettina, kurz Tina genannt, geboren worden. Wenn es in diesen wunderbaren Ehe überhaupt einen Kummer gegeben hatte, so war es der gewesen, daß sich für Tina kein Geschwisterchen mehr eingestellt hatte. Doch Liebe und Harmonie waren so groß gewesen, daß es zum wahren Traurigsein gar nicht gekommen war. Sie waren sich ihres Glücks und dessen Unantastbarkeit so sicher gewesen, sie hatten in ihrer Geborgenheit nicht an den Neid der Götter geglaubt.

    Wie jeden Morgen war Claus von Born hinausgeritten, um die Arbeiten der Frühjahrsbestellung zu überwachen. Froh hatte er der geliebten Frau noch einmal zugewinkt, bevor er auf seinem Rapphengst ›Komet‹ den Gutshof verlassen hatte. Mit ihrem leuchtenden, liebevollen Blick war sie ihm gefolgt, bis nur mehr eine feine Staubwolke, aufgewirbelt von den trabenden Pferdehufen, zu sehen gewesen war.

    Eine Stunde später war der erste Vorarbeiter verstört auf das Schloß gekommen. Aus seiner stammelnden Rede war unschwer herauszuhören gewesen, daß der Herr Graf gestürzt sei, als ›Komet‹, erschreckt von einem Rudel Damwild, durchgegangen sei. Der Hengst hatte den eingezäunten Graben im Sprung zu kurz genommen und war mit dem linken Hinterhuf im Draht hängengeblieben. Graf Claus war über den Hals seines Pferdes gestürzt und in merkwürdig verzerrter Haltung regungslos liegengeblieben. Der herbeigeeilte Inspektor war bei dem Toten zurückgeblieben und hatte den Vorarbeiter mit der grausamen Botschaft ins Schloß geschickt.

    Das alles war nun vier Monate her, aber die Wunde, die der Tod des geliebten Mannes geschlagen hatte, blutete wie zur ersten Stunde. Neu und völlig unbegreiflich für Gudrun war weiterhin die Mitteilung, daß Schloß Born völlig überschuldet sei, und in Gedanken an die Tradition der Familie Born mußte man wohl noch dankbar sein, daß sich ein entfernter Vetter gleichen Namens fand, der den verschuldeten Besitz erwarb.

    Schlimm war, daß sie sich von ihrer Heimat, von Schloß Born trennen mußten. Tina sollte nie mehr den Geruch der Pferdeställe atmen, sie und die Mutter durften niemals wieder über ihre Felder und die weichen, moosigen Waldwege reiten. Den weiten Blick über die sanftgewellten Äcker und Weiden mit dem großen, glitzernden See würden sie in der Steinwüste der Großstadt schmerzlich entbehren.

    Zugegeben, sie mußten noch dankbar sein, denn sie hatten eine Wohnung in einer abgelegenen Villenstraße gefunden. Sogar kleine Vorgärten gab es dort und Lindenbäume, welche die Straße säumten, aber für Gudrun und Tina war es wie die Vertreibung aus dem Paradies.

    An Leib und Seele zerschlagen, schlüpfte Gudrun von Born in ihren Morgenrock und stellte sich an das geöffnete Fenster. Von hier aus konnte sie über die Wiesen und Felder sehen, bis zum Rand des Waldes.

    Über das Kopfsteinpflaster des Gutshofes rumpelte der Milchwagen, ab und zu stießen die metallenen Kannen klirrend aneinander. In den Pferdeställen begann der Bursche Hannes jetzt seine Arbeit. Laut pfeifend oder singend schüttete er den Pferden das Futter in die Raufen und ließ rauschend das Wasser in die Behälter strömen. Anschlie-ßend standen die Haflingerstute Nelly und der Holsteiner Vollblutwallach Lord, die edlen Köpfe lauschend über das Türgitter hängen lassend, und warteten auf ihre kleine und die große Herrin, die um diese Stunde immer ihren Morgenritt machten.

    ›Komet‹ hatte man damals, als das Unglück geschah, erschießen müssen, und das war wohl gut so, denn wer hätte es später noch ertragen, in seine schönen, feuchten Augen zu sehen? Wer hätte, ohne es als Dolchstoß mitten ins Herz zu empfinden, sein helles, freudiges Wiehern hören können?

    Mit Heino Graf von Born und seiner Frau Theda war ein ganz neuer Ton nach Born gekommen; militärisch knapp. Immer wieder hatte Gudrun auf etwas 
gewartet, unbewußt Dingen nachge-lauscht, die einmal dagewesen waren und die so plötzlich, wie ein Klang, den der Wind davongetragen hat, verschwunden waren. Bis zu dieser Stunde, bis eine Wohnung in der Stadt gefunden war, hatten sie bleiben dürfen, plötzlich von einer Stunde zur anderen als Gast in der Heimat.

    »Ma?«

    Erschrocken drehte Gudrun sich um, die vielen Gedanken hatten sie die Zeit vergessen lassen. Fertig angezogen stand Tina im Raum. Das Pepitakostüm mit dem Faltenrock und der weißen Hemdbluse ließen das Mädchen fremd und viel erwachsener erscheinen, aber in der Stadt konnte man wohl nicht weiter Bluejeans und die alten Blusen und Pullover tragen, oder doch? Bettina hatte sie ganz zuunterst in den großen Kabinenkoffer getan.

    »Liebling, du bist schon fertig? Setz dich einen Augenblick, auch ich bin gleich soweit.«

    Kurze Zeit später schloß Gräfin Gudrun mit zitternden Händen ihren Koffer, das Kind saß völlig zusammengesunken in dem kleinen französischen Sessel am Fenster und starrte blicklos hinaus, wo sich am Horizont schattenhaft die Leiber der weidenden Jährlinge abzeichneten. Fest legte sie ihren Arm um Tina, und zusammen gingen sie die breite Treppe hinunter in die Halle, wo ein Frühstück für sie bereit stand. Doch es würde heute wohl niemanden wundern, daß das adrette junge Mäd-chen im weißen Häubchen und dem schwarzen Kleid alles fast unberührt wieder abtrug.

    Heino und Theda von Born stellten sich erst in dem Augenblick ein, als Timm, der alte Kutscher, mit dem Jagdwagen vorfuhr, der von zwei herrlichen Füchsen gezogen wurde. Und Gudrun war ihren Verwandten dankbar für diese Rücksichtnahme, sie hätte an diesem Morgen keine oberflächliche Konversation machen können.

    Tina machte sich ganz steif, als die Tante sie umarmte und ihr einen Kuß auf die Stirn drückte. Sie knickste artig und deutete einen flüchtigen Handkuß an. Und dann fuhren sie ein letztes Mal durch den knirschenden Kies, mit dem die Parkwege bedeckt waren.

    Bettina hatte sich, um alles noch einmal sehen zu können, auf den Sitz gekniet und hielt das tränennasse Gesicht gegen den Fahrtwind. Sie hatte eigentlich, wie sie es sonst immer zu tun pflegte, neben Timm vorne auf dem Kutschbock sitzen wollen, doch der hatte mit einem bedauernden Blick auf eine Kiste gedeutet, die neben ihm stand und sicher zum Güterbahnhof gebracht werden sollte. Ganz entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit interessierte Tina sich überhaupt nicht für den Inhalt der kleinen Kiste. Diese stand unbeachtet im Gang des Zuges. Draußen flogen noch einmal für wenige Minuten die Felder von Born vorüber, dann lag alles hinter ihnen.

    An diesem Morgen tat die kleine Wohnung in der Fliederstraße 3 ihr möglichstes für den Empfang der neuen Mieter. Strahlende Sonne machte alle Räume freundlich und hell, und ein weicher Sommerwind bauschte die 
Stores und die bunten Gardinen.

    Gudrun von Born nestelte ein wenig ungeschickt an dem modernen Türschloß herum, dessen Schlüssel sie in ihrer Handtasche verwahrt hatte, als von innen geöffnet wurde.

    Voller Staunen standen sie der alten Betty gegenüber, die von jeher Beschließerin im Schloß gewesen war. Die kleine dicke Frau stand da, adrett vom Scheitel bis zur Sohle, so wie man es immer an ihr gekannt hatte, in einem hellblauen Leinenkleid mit großer weißer Schürze und breitete die molligen Arme aus. Tina flog mitten hinein, und auch Gudrun ertappte sich bei dem Wunsch, es ihrer kleinen Tochter gleichzutun. Das Staunen wollte kein Ende nehmen.

    »Betty, du Gute! Woher kommst du nur?«

    »Nu, mein Kälbchen« – Betty war Ostpreußin –, »woher soll ich schon kommen, natürlich aus Born. Aber da habe ich mir so gedacht, Betty, habe ich gedacht, was sollst du weiter in Born bei den neuen Herrschaften, die du nicht kennen tust, wo du doch die Frau Gräfin und die Tina so gerne hast. Da bin ich eben hergefahren, und wenn Sie mich wollen, nu, da wird die Betty eben bleiben und die Frau Gräfin und das Komteßchen betreuen.«

    Ihre guten, in den Polstern der runden Wangen fast verschwindenden Augen schimmerten feucht.

    Gudrun von Born hatte ihre Sprache wiedergefunden.

    »Betty, ich würde dich so liebend gerne behalten, aber du wirst nicht zufrieden sein, hier in der Stadt und dem kleinen Stübchen, das ja eigentlich nur ein halbes Zimmer ist. Hier

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