Doppeltes Spiel in St. Johann: Der Bergpfarrer 185 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Christian Sonnenleitner schaute ein wenig verwundert auf die schwere Limousine, die auf seinen Hof gefahren kam. Das Münchener Kennzeichen sagte ihm nichts, der Mann, der aus dem Fahrzeug ausstieg, aber umso mehr.
»Grüß dich, Sonnenleitnerbauer«, rief Franz Brandner. »Hast' einen Moment Zeit für mich?«
Der junge Bauer verzog das Gesicht.
»Hab' ich net«, erwiderte er schroff. »Die Arbeit macht sich nämlich net von allein'.«
Aus der Ecke hinter der Scheune kam Hasso herbeigelaufen und begrüßte den Besucher mit einem freundlichen Gebell. Franz Brandner war von dieser Begrüßung indes nicht so angetan.
»Schon gut, schon gut«, wehrte er den Hofhund ab und sah den Bauern lächelnd an. »Zwei Minuten wirst' schon haben.«
Christian seufzte leise. Es war das zweite Mal innerhalb von drei Tagen, dass der neue Bürgermeister von St. Johann auf den Hof gefahren kam. Dabei hatte Christian ihm schon beim ersten Mal unmissverständlich klar gemacht, dass er gar nicht daran denke, seinen Hof zu verkaufen.
»Ich wollt' mein Angebot erneuern«, sagte Brandner. »Und vor allem die Kaufsumme heraufsetzen. Ich biete dir neunzigtausend Euro mehr als vorher. Na, was sagst' jetzt dazu?«
Christian bedachte Franz Brandner mit einem geringschätzigen Blick.
»Du kennst meine Antwort«, entgegnete er bestimmt.
Der Bürgermeister rang die Hände. »Himmelherrgott, jetzt nimm doch Vernunft an!«, rief er. »Das ist mehr als eine halbe Million, was ich dir für deinen Hof biete. Weißt' überhaupt, was man damit alles anfangen kann? Du bräuchtest net mehr zu arbeiten, wenn du das Geld auch nur ein bissel geschickt anlegst... Ganz bequem von den Zinsen könntest' leben.«
Christian Sonnenleitner lächelte beinahe mitleidig.
»Jetzt stell'
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Buchvorschau
Doppeltes Spiel in St. Johann - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 185–
Doppeltes Spiel in St. Johann
Christian, fordere nicht das Glück heraus!
Toni Waidacher
Christian Sonnenleitner schaute ein wenig verwundert auf die schwere Limousine, die auf seinen Hof gefahren kam. Das Münchener Kennzeichen sagte ihm nichts, der Mann, der aus dem Fahrzeug ausstieg, aber umso mehr.
»Grüß dich, Sonnenleitnerbauer«, rief Franz Brandner. »Hast’ einen Moment Zeit für mich?«
Der junge Bauer verzog das Gesicht.
»Hab’ ich net«, erwiderte er schroff. »Die Arbeit macht sich nämlich net von allein’.«
Aus der Ecke hinter der Scheune kam Hasso herbeigelaufen und begrüßte den Besucher mit einem freundlichen Gebell. Franz Brandner war von dieser Begrüßung indes nicht so angetan.
»Schon gut, schon gut«, wehrte er den Hofhund ab und sah den Bauern lächelnd an. »Zwei Minuten wirst’ schon haben.«
Christian seufzte leise. Es war das zweite Mal innerhalb von drei Tagen, dass der neue Bürgermeister von St. Johann auf den Hof gefahren kam. Dabei hatte Christian ihm schon beim ersten Mal unmissverständlich klar gemacht, dass er gar nicht daran denke, seinen Hof zu verkaufen.
»Ich wollt’ mein Angebot erneuern«, sagte Brandner. »Und vor allem die Kaufsumme heraufsetzen. Ich biete dir neunzigtausend Euro mehr als vorher. Na, was sagst’ jetzt dazu?«
Christian bedachte Franz Brandner mit einem geringschätzigen Blick.
»Du kennst meine Antwort«, entgegnete er bestimmt.
Der Bürgermeister rang die Hände. »Himmelherrgott, jetzt nimm doch Vernunft an!«, rief er. »Das ist mehr als eine halbe Million, was ich dir für deinen Hof biete. Weißt’ überhaupt, was man damit alles anfangen kann? Du bräuchtest net mehr zu arbeiten, wenn du das Geld auch nur ein bissel geschickt anlegst... Ganz bequem von den Zinsen könntest’ leben.«
Christian Sonnenleitner lächelte beinahe mitleidig.
»Jetzt stell’ dir mal vor, Bürgermeister«, sagte der junge Bauer, mit einem leicht sarkastischen Unterton, »ich will’s mir gar net bequem machen. Ganz im Gegenteil, mit meiner Hände Arbeit will ich mir mein Brot verdienen. Es gibt nämlich noch Menschen, die Wert darauf legen, morgens aufzustehen, den ganzen Tag zu schaffen und dann abends müde, aber glücklich ins Bett zu fallen. Und so ein Mensch bin ich auch. Also noch einmal zum Mitschreiben: Ich verkauf’ net!«
Franz Brandner schnaubte vor sich hin. Bei diesem Kerl biss er wirklich auf Granit! Da musste er schon andere Geschützte auffahren.
»Du bist ein Dummkopf«, schimpfte er und setzte sich wieder in seinen Wagen. »Aber eine letzte Chance geb’ ich dir, nämlich drei Tage werd’ ich noch abwarten. Und dann kann’s durchaus sein, dass die Gemeinde dich enteignet. Gemeinwohl geht vor Eigennutz, Sonnenleitner, lass dir das gesagt sein!«
Der Sand auf dem Hof wirbelte auf, als der Bürgermeister seinen Wagen wendete und im rasanten Tempo vom Hof fuhr. Christian schaute ihm kopfschüttelnd hinterher.
»Wer war das denn?«, fragte eine Stimme hinter ihm.
Resl Traulinger war aus dem Haus gekommen und blickte dem davonfahrenden Auto nach.
»Unser neuer Bürgermeister«, antwortete der Bauer und starrte düster vor sich hin. »Der führt irgendwas im Schilde. Wenn ich bloß wüsste, was!«
Die junge Magd sah ihn fragend an.
»Ging’s wieder um den Verkauf?«
Christian nickte und erzählte von der unverblümten Drohung, mit der Franz Brandner wieder abgefahren war.
»Aber so leicht lass ich mich net ins Bockshorn jagen!«, fuhr er entschlossen fort. »Gleich heut’ Nachmittag fahr’ ich ins Dorf und red’ mit Pfarrer Trenker. Wenn mir einer raten kann, was ich tun soll, dann er.«
Resl atmete erleichtert auf.
»Ich bin froh, dass du net verkaufen willst«, sagte sie. »Ich würd’s nämlich bedauern, wenn ich mich schon wieder nach einer andren Stelle umsehen müsst’.«
»Keine Sorge«, sagte Christian und lächelte dabei grimmig, »der Hof gehört seit Generationen den Sonnenleitners, und daran wird sich so schnell nix ändern!«
Er stieg auf den Traktor und fuhr los. Resl schaute ihm nach, bis er verschwunden war, dann ging sie ins Haus.
Die junge Magd arbeitete erst seit einem halben Jahr auf dem Sonnenleitnerhof, nachdem sie ihre alte Stelle, im Allgäu, verloren hatte, weil der Bauer verstorben war. Es hatte keine Nachkommen gegeben, und der Hof war an die Gemeinde gefallen, die ihn hatte versteigern lassen.
Über ein Vierteljahr war Resl Traulinger arbeitslos gewesen, bis sie über eine Arbeitsvermittlung die Stelle hier im Wachnertal bekommen hatte.
Inzwischen hatte sie sich gut eingelebt. Die Arbeit machte ihr Spaß, außer ihr gab es sonst niemanden mehr auf dem Hof. Resl sorgte morgens für die Kühe, machte dann Frühstück und anschließend die anfallende Hausarbeit. Essenkochen, Putzen, Waschen – es waren regelmäßig wiederkehrende Tätigkeiten, aber gerade das gefiel der jungen hübschen Frau, mit den dunklen Augen und dem kastanienfarbenen Haar, das sie meist zu einem Zopf gebunden trug, der schwer auf ihren Rücken fiel.
Und noch etwas gefiel ihr auf dem Sonnenleitnerhof – und das war der Bauer selbst!
Schon beim Vorstellungsgespräch hatte Resl vor lauter Aufregung nicht gewusst, wohin sie blicken sollte.
Christian Sonnenleitner war ein großer, stattlicher Mann, Mitte Zwanzig. Er hatte beide Eltern schon früh verloren und bearbeitete den Hof seit vier Jahren nur mit Hilfe einer alten Magd, die aber inzwischen in Rente gegangen war und nun in einem Heim lebte. Das war der Grund, warum Resl die Stelle bekommen hatte. Dass ihr neuer Arbeitgeber noch so jung war und so gut aussah, dass sie sich beim ersten Blick in ihn verliebte, das hatte sie vorher nicht ahnen können.
Doch es war eine einseitige Liebe. Christian Sonnenleitner wusste nichts von der Leidenschaft seiner Magd zu ihm. Und Resl wagte nicht, sich ihm zu offenbaren. Sie hatten ein gutes Verhältnis zueinander, der Bauer war mit ihrer Arbeit zufrieden und lobte sie immer wieder. Damit musste sie sich begnügen.
Manchmal fragte sie sich, warum Christian keine Frau hatte. Aber auch über dieses Thema sprach sie nicht mit ihm. Er wird schon seine Gründe haben, dachte sie.
*
Sebastian Trenker sah den jungen Bauern konsterniert an.
»Hat er das tatsächlich gesagt, der Brandner, dass er dich enteignen will?«, fragte der Bergpfarrer.
Christian zuckte die Schultern.
»Net so direkt«, antwortete er, »aber angedroht hat er’s. Gemeinwohl geht vor Eigennutz, hat er gesagt.«
»Das ist schon richtig. Die Frage ist bloß, was hier das Wort ›Gemeinwohl‹ zu bedeuten hat?«
»Sie meinen, der Bürgermeister kann mir tatsächlich den Hof wegnehmen?«
»Unsinn!«, sagte der Geistliche und schüttelte den Kopf. »Das dürfte ihm sehr schwer fallen. Nein, es ist nix weiter, als eine unverhüllte Drohung, um dich einzuschüchtern. Aber ich bin froh, dass du net verkaufen willst.«
Die beiden Männer saßen auf der Terrasse des Pfarrhauses. Sophie Tappert hatte Kaffee gekocht und Kuchen aufgeschnitten. Sebastian schenkte seinem Besucher nach.
»Haben Sie eine Vorstellung, Hochwürden, was der Brandner mit meinem Hof will?«, fragte der junge Sonnenleitner.
»Eine genaue Vorstellung noch net«, antwortete der gute Hirte von St. Johann. »Bloß eine Vermutung. Aber um darüber zu sprechen, ist noch zu früh. Jedenfalls dank’ ich dir, dass du mich über Brandners Absichten informiert hast.«
»Also ich kann mir beim besten Willen net vorstellen, dass der selbst Bauer werden will«, sagte Christian. »Und der Hof ist keine halbe Million Euro wert. Soviel Land hab’ ich doch gar net.«
Pfarrer Trenker schürzte die Lippen.
»Sag’ das net! Es kommt immer drauf an, was man damit vorhat. Aber im Moment dreh’n wir uns nur im Kreis, wenn wir darüber spekulieren, was unser neuer Bürgermeister mit einem Bauernhof vorhat.«
Als Sebastian den Bauern verabschiedet hatte, setzte