Wirbel um die Trachtenkönigin: Der Bergpfarrer 400 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Die Sonne war gerade aufgegangen, als Sebastian Trenker das Pfarrhaus verließ. Es war einer jener herrlichen Sommertage, an denen sich der gute Hirte von St. Johann gerne früh auf den Weg machte, um eine seiner geliebten Bergtouren zu unternehmen. Wie immer hatte Sophie Tappert den Rucksack des Geistlichen gut bestückt, denn die Perle des Pfarrhaushalts hatte jedesmal eine fürchterliche Angst, daß sich Hochwürden auf einer seiner Wanderungen verirren und dabei verhungern könne. Dabei war diese Furcht völlig unbegründet, schließlich nannte man Sebstian nicht umsonst den »Bergpfarrer«. Wie kein zweiter kannte er sich dort oben aus, und bisher war er immer noch heil von seinen Touren zurückgekehrt. Der Seelsorger schritt kräftig aus. In dem Dorf schliefen die meisten Menschen wohl noch, nur auf den Höfen ringsum wurde schon fleißig gearbeitet. Auch auf den Almen waren die Senner und Sennerinnen schon damit beschäftigt, die Kühe und Ziegen aus den Ställen und Pferchen zu lassen, damit sie sich an den würzigen Gräsern und Wildkräutern sattfressen konnten. Dieses gesunde und natürliche Futter wirkte sich auf den Geschmack der Milch aus, aus der die Almenbewohner einen unvergleichlich guten Bergkäse machten. Pfarrer Trenker war eine gute Stunde unterwegs, als er den Bauernhof der Familie Kronsberger vor sich liegen sah. Schon lange hatte er dort keinen Besuch mehr gemacht. Als er sich dem Anwesen näherte, bemerkte er eine Gestalt in der offenen Stalltür, die ihm bekannt vorkam. Beim näheren Hinsehen entpuppte sie sich als Dr. Elena Wiesinger, die junge Tierärztin von St. Johann. »Servus, Elena, was machen S' denn schon hier, in aller Herrgottsfrüh'?« rief er ihr zu. »Ach, Hochwürden, fragen S' besser net«, lachte die attraktive Frau.
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Der Bergpfarrer (ab 375)
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Buchvorschau
Wirbel um die Trachtenkönigin - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 400 –
Wirbel um die Trachtenkönigin
Toni Waidacher
Die Sonne war gerade aufgegangen, als Sebastian Trenker das Pfarrhaus verließ. Es war einer jener herrlichen Sommertage, an denen sich der gute Hirte von St. Johann gerne früh auf den Weg machte, um eine seiner geliebten Bergtouren zu unternehmen.
Wie immer hatte Sophie Tappert den Rucksack des Geistlichen gut bestückt, denn die Perle des Pfarrhaushalts hatte jedesmal eine fürchterliche Angst, daß sich Hochwürden auf einer seiner Wanderungen verirren und dabei verhungern könne. Dabei war diese Furcht völlig unbegründet, schließlich nannte man Sebstian nicht umsonst den »Bergpfarrer«. Wie kein zweiter kannte er sich dort oben aus, und bisher war er immer noch heil von seinen Touren zurückgekehrt.
Der Seelsorger schritt kräftig aus. In dem Dorf schliefen die meisten Menschen wohl noch, nur auf den Höfen ringsum wurde schon fleißig gearbeitet.
Auch auf den Almen waren die Senner und Sennerinnen schon damit beschäftigt, die Kühe und Ziegen aus den Ställen und Pferchen zu lassen, damit sie sich an den würzigen Gräsern und Wildkräutern sattfressen konnten. Dieses gesunde und natürliche Futter wirkte sich auf den Geschmack der Milch aus, aus der die Almenbewohner einen unvergleichlich guten Bergkäse machten.
Pfarrer Trenker war eine gute Stunde unterwegs, als er den Bauernhof der Familie Kronsberger vor sich liegen sah. Schon lange hatte er dort keinen Besuch mehr gemacht. Als er sich dem Anwesen näherte, bemerkte er eine Gestalt in der offenen Stalltür, die ihm bekannt vorkam. Beim näheren Hinsehen entpuppte sie sich als Dr. Elena Wiesinger, die junge Tierärztin von St. Johann.
»Servus, Elena, was machen S’ denn schon hier, in aller Herrgottsfrüh’?« rief er ihr zu.
»Ach, Hochwürden, fragen S’ besser net«, lachte die attraktive Frau. »Ich wär’ liebend gern noch ein bissel im Bett geblieben. Aber leider – wenn’s Vieh krank wird, dann muß unsereiner genauso früh heraus, wie Sie, wenn S’ Ihre Bergtouren machen.«
Erst jetzt sah Sebastian, daß noch eine weitere Person im Stall war. Valerie Thalbacher, die junge Praktikantin der Tierärztin packte eben die schwarze Tasche zusammen.
»Grüß dich, Valerie. Du auch schon auf den Beinen? Ich hab’ gedacht, du bereitest dich auf den Wettbewerb vor.«
»Das tu’ ich auch, Hochwürden«, antwortete das Madel. »Aber bis zum Wochenend sind’s ja noch ein paar Tage.«
St. Johann rüstete sich zum zweiten Mal für das Fest der Trachtenkönigin. Als Markus Bruckner, der Bürgermeister, im letzten Jahr die Idee dazu hatte, wurde die Veranstaltung so ein großer Erfolg, daß es gar keine Frage war, sie zu wiederholen. Die hübsche Tochter des Thalbacherbauern rechnete sich gute Chancen aus, in diesem Jahr zur Trachtenkönigin gewählt zu werden. Zur Zeit machte sie ein Praktikum in Elenas Praxis. Schon von Kindesbeinen an war es Valeries größter Wunsch, Tierärztin zu werden.
Auch Pfarrer Trenker glaubte, daß das Madel St. Johann als Trachtenkönigin gut repräsentieren würde und zählte es zum Kreis der Favoritinnen. Der Geistliche gehörte, wie weitere Honorationen des Alpendorfes, zum Festausschuß und der Jury an, die die Wahl entschieden.
»Was gibt’s denn hier für Probleme?« erkundigte sich Sebastian.
Die Frau des Dorfarztes, Toni Wiesinger, winkte ab.
»Halb so wild, Hochwürden«, erwiderte sie. »Eine von den Kronsberger Kühen soll bald kalben. Allerdings scheint sie was gefressen zu haben, das ihr net bekommen ist. Seit gestern abend liegt sie im Stroh, und in der Nacht sind Krämpfe hinzugekommen. So schlimm, daß der Bauer mich gleich heut’ in der Früh aus dem Bett geklingelt hat.
Die Valerie hat heut’ nacht bei uns geschlafen, nachdem es gestern wieder mal zu spät geworden ist, als daß sie noch hätt’ nach Haus’ fahren können.
Na ja, jetzt ist die Kuh versorgt, und wir fahren zurück und frühstücken erst einmal in aller Ruhe, bevor die Praxis geöffnet wird.«
Vinzent Kronsberger, der Bauer, war hinzugekommen und begrüßte den Geistlichen. Die Männer wechselten ein paar Worte miteinander, bevor sich Sebastian wieder auf den Weg machte.
Die Tierärztin und ihre Praktikantin winkten ihm nach. Während der Seelsorger weiter aufstieg, packten sie ihre Sachen in den Wagen und fuhren zum Dorf zurück.
*
Im Haus des Arztes herrschte noch vollkommene Ruhe, als Elena und Valerie dort eintrafen. Dr. Wiesinger schlief ebenso noch, wie der zweite Gast des Hauses, der junge Martin Hofbauer. Aus dem Zimmer im obersten Stock war jedenfalls kein Geräusch zu vernehmen.
Martin, ein junger Arzt, hatte sich nach seinem abgeschlossenen Medizinstudium um eine Praktikantenstelle in Dr. Wiesingers Praxis beworben. Hier wollte er weitere Erfahrungen sammeln, bevor er daran denken konnte, eine Doktorarbeit zu schreiben. Sein Wunschtraum war es, eines Tages so eine Landarztpraxis zu übernehmen, wie Toni Wiesinger sie führte.
Elena und Valerie hatten beim Bäckermeister Terzing angehalten. Zwar war das Geschäft noch nicht geöffnet, aber hinten an der Backstube hatte die junge Tierärztin schon öfter in den Morgenstunden geklopft, wenn sie von einem frühen Notfalleinsatz zurückkam. Jetzt verbreiteten frische Semmeln, die noch ganz heiß waren, ihren Duft durch die ganze Wohnung. Dazu gesellte sich das Aroma von frisch gebrühtem Kaffee. Auf dem Tisch im Eßzimmer standen leckerer Aufschnitt, Marmelade und Honig und selbstverständlich fehlte ein großes Stück Bergkäse nicht.
Elena schaute auf die Uhr.
»So langsam könnten s’ jetzt aber aufsteh’n«, sagte sie, als oben schon eine Tür klappte.
»Guten Morgen zusammen«, sagte Martin Hofbauer, als er die Treppe heruntergekommen war. »Seid ihr etwa schon unterwegs gewesen? Dann hab’ ich mich doch net verhört. Erst hab’ ich gedacht, ich hätt’ geträumt.«
»Von wegen«, schmunzelte die Tierärztin. »Als Sie noch selig schlummerten, sind wir beide schon zum Kronsbergerhof hinauf und haben einer Kuh das Leben gerettet.«
»Da sehen S’, Martin, wie selbstlos meine Frau ist«, ließ sich Dr. Wiesinger vernehmen.
Der Arzt war eben aus dem Schlafzimmer gekommen und hatte Elenas letzten Satz mitgehört. Er begrüßte seine Frau mit einem Kuß.
»Na, dann ist die Hausgemeinschaft ja versammelt«, stellte er fest. »Laßt uns schön frühstücken, bevor der Streß anfängt.«
Er wandte sich an Martin Hofbauer.
»Wenn ich mich net täusch’, dann haben wir heut’ einen übervollen Terminkalender.«
Der junge Arzt schmunzelte.
»Dann haben mich die Dörfler, wie’s scheint, wohl doch akzeptiert.«
Als Toni Wiesinger seinerzeit die Praxis des verstorbenen Dorfarztes übernahm, hatte er einige Kämpfe auszustehen, ehe die Leute aus St. Johann und der Umgebung ihm das Vertrauen schenkten, das er heute genoß. Sie waren der Meinung, jemand, der nicht mindestens fünfzig Jahre auf dem Buckel hatte, könne kein richtiger Arzt sein und verstünde nichts von seinem Handwerk. Toni Wiesinger war ihnen offenbar zu jung. Es bedurfte vieler Reden, vor allem auch durch Pfarrer Trenker, bevor der Warteraum in der Praxis wieder voller Patienten war.
Ähnliche Erfahrungen hatte auch Martin Hofbauer machen müssen, der, weil er keinen Doktortitel führte, in den