Nur Mut, lieber Herr Doktor!: Toni der Hüttenwirt 261 – Heimatroman
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Über dieses E-Book
"Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser.
Es war früh am Morgen. Überall lagen Tautropfen, die wie funkelnde Edelsteine glitzerten. Toni wanderte hinunter auf die Oberländer Alm und genoss diese frühe Tageszeit. Von der Oberländer Alm bezogen Anna und Toni jeden Tag frische Milch, Butter und Käse. Hildegard, die Hilda gerufen wurde, und ihr Mann Wenzel Oberländer produzierten hauptsächlich für die Berghütte. Wenn die Kühe viel Milch gaben, wurden zwei Kannen auf den Milchwagen geladen. Die beiden Alten hatten schon vor Jahren den Hof ihrem Sohn überschrieben. Sie lebten im Winter im Altenteil. Ihr Bub hatte den Hof in Ferienwohnungen umgewandelt. Das brachte ein besseres Einkommen, als die Landwirtschaft im Nebenerwerb weiterzuführen. Das sahen Wenzel und Hilda ein. Doch sie hatten ein ganzes langes Leben in der Landwirtschaft gearbeitet und ein Leben in Müßiggang und ohne Tiere war für sie nicht denkbar. Wer rastet, der rostet, war ihr Lebensmotto. Deshalb hatten sie die Almhütte mit dem Land ringsumher noch behalten. Diese bewirtschafteten sie im Sommer. Sie hatten einige Kühe, ein paar Ziegen und Hühner. Wie jeden Morgen lief Bello voraus und stürmte durch die offene Tür der Almhütte. Er war gewohnt, von Hilda ein Leckerli zu bekommen, doch heute war kein freudiges Gebell zu hören. Als Toni die Almhütte erreichte, kam ihm Wenzel entgegen. Er sah elend aus.
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Buchvorschau
Nur Mut, lieber Herr Doktor! - Friederike von Buchner
Toni der Hüttenwirt
– 261 –
Nur Mut, lieber Herr Doktor!
Sonst muss der kleine Sascha helfen …
Friederike von Buchner
Es war früh am Morgen. Überall lagen Tautropfen, die wie funkelnde Edelsteine glitzerten.
Toni wanderte hinunter auf die Oberländer Alm und genoss diese frühe Tageszeit. Von der Oberländer Alm bezogen Anna und Toni jeden Tag frische Milch, Butter und Käse.
Hildegard, die Hilda gerufen wurde, und ihr Mann Wenzel Oberländer produzierten hauptsächlich für die Berghütte. Wenn die Kühe viel Milch gaben, wurden zwei Kannen auf den Milchwagen geladen. Die beiden Alten hatten schon vor Jahren den Hof ihrem Sohn überschrieben. Sie lebten im Winter im Altenteil. Ihr Bub hatte den Hof in Ferienwohnungen umgewandelt. Das brachte ein besseres Einkommen, als die Landwirtschaft im Nebenerwerb weiterzuführen. Das sahen Wenzel und Hilda ein. Doch sie hatten ein ganzes langes Leben in der Landwirtschaft gearbeitet und ein Leben in Müßiggang und ohne Tiere war für sie nicht denkbar. Wer rastet, der rostet, war ihr Lebensmotto. Deshalb hatten sie die Almhütte mit dem Land ringsumher noch behalten. Diese bewirtschafteten sie im Sommer. Sie hatten einige Kühe, ein paar Ziegen und Hühner.
Wie jeden Morgen lief Bello voraus und stürmte durch die offene Tür der Almhütte. Er war gewohnt, von Hilda ein Leckerli zu bekommen, doch heute war kein freudiges Gebell zu hören.
Als Toni die Almhütte erreichte, kam ihm Wenzel entgegen. Er sah elend aus. Als er Toni sah, fing er an am ganzen Körper zu zittern. Tränen schossen ihm in die Augen.
»Um Gottes willen, Alois! Was hast du? Was ist passiert?«, fragte Toni entsetzt.
Toni warf seinen Rucksack auf den Boden. Er legte den Arm um Wenzel und führte ihn behutsam zur Bank die, seitlich vom Eingang, vor der Almhütte stand.
»Wo ist Hilda?«, fragte Toni. Aufregung und Angst hatten Tonis Herz gepackt.
»Des ist es doch, Toni«, schluchzte Wenzel. »Meine Hilda hat gestern Nachmittag noch einen Besuch bei ihrer alten Schulfreundin gemacht, der Maria Rieger. Die Maria hatte Geburtstag. Doch Hilda ist nicht heimgekommen. Die ganze Nacht war sie fort.«
»Dann wird sie sicher bei der Maria übernachtet haben«, sagte Toni. »Ich schicke Bello mit den Sachen auf die Berghütte, dann fahre ich zu den Riegers und hole Hilda ab.«
»Toni, dort ist sie nicht!«
»Nicht?«
Toni bot Wenzel sein Taschentuch an.
Der lehnte ab und wischte sich mit seinem eigenen Taschentuch die Augen und schnäuzte sich. »Ich habe die ganze Nacht vor lauter Kummer nicht geschlafen. Die Hilda war vorher noch bei der Veronika Boller im Laden, weil sie etwas kaufen wollte. Unsere Enkelin Vroni hat bald Geburtstag. Sie wollte Wolle kaufen und dem Madl eine schöne bunte Trachtenweste stricken. Die große Tüte mit der Wolle hat sie bei der Maria liegen lassen. Deshalb hat die Liesel, die Tochter von der Maria, gestern Abend die Einkaufstüte gebracht. Sie hat sich auch gewundert, dass die Hilda noch nicht daheim war. Aber da machte ich mir noch keine großen Gedanken. Es war noch hell. Meine Hilda kommt den Sommer über selten ins Tal. Sie wird sich irgendwo verplaudert haben oder sie ist daheim bei uns vorbeigegangen und hat unseren Buben und seine Familie besucht, dachte ich. Aber als es dann dunkel wurde, bin dich unruhig geworden. Doch ich hoffte, dass sie vielleicht herauf gefahren wird, von unserm Seppl oder seiner Frau Resl. Unsere beiden Enkelkinder, der Simon und die Vroni, haben auch den Führerschein. Dann wurde es Mitternacht, und ich wartete und wartete. Und heute Morgen kam sie auch nicht. Toni, ich hab Angst, dass ihr etwas passiert ist. Unser Bub hätte sie bestimmt raufgefahren. Bestimmt hätte er das gemacht, bevor er heute Morgen nach München gefahren ist. Du weißt, er arbeitet hauptberuflich in München. Oder die Resl hätte sie raufgefahren, bevor sie nach Kirchwalden zur Arbeit gefahren ist. Der Simon und die Vroni haben Semesterferien. Da denke ich mir, entweder schlafen sie länger oder sie machen ein Praktikum oder sie gehen in den Ferien einer Arbeit nach. Das weiß ich aber nicht so genau. Schließlich sind wir schon Wochen hier auf der Alm. Hilda und ich sind gern allein und wollen nicht betütert werden. Wir sind zwar alt, aber wir sind selbstständig und brauchen keine Hilfe, das weißt du«, sagte Wenzel. Er wischte sich erneut die Augen.
»Ich helfe dir suchen, Wenzel! Wir finden sie«, sagte Toni. »Du trinkst jetzt einen Kaffee! Hast du schon gefrühstückt?«
»Na, und Abendbrot hatte ich auch net. Ohne Hilda schmeckt es nicht.«
»Du musst etwas essen, Wenzel. Du bist völlig entkräftet. Ich mache dir Frühstück. Vorher schicke ich Bello mit den Sachen hinauf zur Berghütte.«
Wie jeden Morgen hatte Wenzel die Lebensmittel bereitgestellt. Toni packte mehrere große Pakete Butter und die Flaschen mit Sahne in Bellos Packtaschen und schickte ihn los. Dann rief er Anna auf der Berghütte an.
»Anna, ich bin’s. Ich hab Bello raufgeschickt, mit der Butter und der Sahne. Den Käse und die Milch bringe ich später mit. Ich muss mich um Wenzel kümmern. Hilda war gestern im Dorf unterwegs und ist nicht heimgekommen. Der Arme ist völlig aufgelöst. Ich kann jetzt nicht lange reden. Ich rufe dich später wieder an.«
»Ja, tue das! Wenn du Hilfe brauchst, gib mir Bescheid. Dann komme ich. Alois und die Kinder können die Hüttengäste gut allein versorgen. Und grüße Wenzel von mir! Hoffentlich ist Hilda nichts zugestoßen.«
»Das hoffe ich auch, Anna!« Toni legte auf. Er ging in die Küche der Almhütte.
Der Herd war kalt. Wenzel hatte kein Feuer gemacht. Toni heizte die alte schwarze Küchenhexe an. Es würde dauern, bis das Wasser für den Kaffee heiß war. So schenkte er Wenzel einen Becher Milch ein und machte ihm zwei große Scheiben Brot mit Butter und Marmelade.
»So, des tust du essen, Wenzel! Und ich rufe bei euch daheim im Tal an.«
»Dort ist niemand. Sie sind doch schon alle nach München und Kirchwalden zur Arbeit gefahren. Die Telefonnummern habe ich nicht, wo sie arbeiten. Wozu auch? Wir haben hier oben kein Telefon.«
Toni musste Wenzel gut zureden, damit er aß. Nebenbei rief er zuerst Maria Rieger an. Sie war sehr besorgt, konnte sich aber keinen Reim darauf machen, wo Hilda sein könnte. Anschließend rief Toni die Polizeistation in Waldkogel an und informierte seinen Freund Gewolf Irminger und seine Kollegin Christine Danzer. Wie immer, wenn Tonis Nummer auf dem Display erschien, meldete sich Gewolf mit ›Wolfi‹, wie er von befreundeten Waldkogelern gerufen wurde.
»Mei, Toni, so früh am Morgen? Ich habe gerade aufgeschlossen. Was gibt es?«
Toni fasste es kurz zusammen.
»Mei, Toni, des hört sich net gut an. Ich werde Chris bitten, mit dem Motorrad die Wald- und Feldwege abzufahren. Wenn es etwas Neues gibt, melde ich mich sofort. Ruf doch zusätzlich den Leo an! Er soll mit dem Hubschrauber aus der Luft suchen.«
»Das wollte ich als Nächstes machen. Pfüat di, Wolfi!«
Sie legten auf.
Toni rief Leonhard Gasser auf der Leitstelle der Bergwacht in Kirchwalden an. Er war gerade in seinem Büro eingetroffen. Toni teilte ihm mit, dass Hilda Oberländer vermisst wurde. Leo versprach, sofort einen Hubschrauber loszuschicken.
Als Nächstes rief Toni das Pfarrhaus an. Helene Träutlein war am Telefon. Sie gab sofort an Pfarrer Zandler weiter.
»Toni, das hört sich nicht gut an«, sagte der Geistliche besorgt. »Hast du Marie schon angerufen, unsere Gemeindehelferin? Sie soll auf die Oberländer Alm gehen und beim Wenzel bleiben, bis Hilda gefunden wird.«
»Das ist eine gute Idee. An die Marie Weißgerber habe ich in der Aufregung gar nicht gedacht.«
»Sage ihr, ich komme gleich und fahre sie rauf