Aus Sehnsucht nach Charlotte: Kinderärztin Dr. Martens Classic 55 – Arztroman
Von Britta Frey
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Über dieses E-Book
Kinderärztin Dr. Martens ist eine weibliche Identifikationsfigur von Format. Sie ist ein einzigartiger, ein unbestechlicher Charakter – und sie verfügt über einen liebenswerten Charme.
Alle Leserinnen von Arztromanen und Familienromanen sind begeistert!
»Glücklich…?« Annerose Husmann nickte eifrig. »Sehr, Bernd«, beteuerte sie und streichelte seine Hand, die das Steuerrad hielt. Und ihr herzförmiges sonnengebräuntes Gesicht leuchtete dabei förmlich von innen her vor Vergnügen. Kein Wunder, sie waren praktisch noch auf der Hochzeitsreise, hatten erst vor vier Wochen in München geheiratet. Ganz schnell und kurzentschlossen, sozusagen Hals über Kopf, was sonst gar nicht die Art des jungen Ehemanns war. Bernd Husmann war ein großer stattlicher, wenn auch ein wenig unbeweglicher Mann, ein ansehnlicher Mittdreißiger, den so schnell nichts aus der Fassung brachte. Um so erstaunlicher diese Münchner Blitz-Hochzeit. Da war er, der sich mit allen Entscheidungen immer viel Zeit nahm und sogar ein bißchen schwer tat, wirklich über seinen Schatten gesprungen. Seine junge Frau Annerose war sein exaktes Gegenstück, sie hatte erst im letzten Januar ihren zwanzigsten Geburtstag gefeiert, sie besaß ein quirliges Temperament, war ungestüm und neugierig, pflegte sich kopfüber in die seltsamsten Abenteuer zu stürzen und besaß die schönsten blauen Augen, die man sich denken konnte. Diese enzianblauen Augen hatten es Bernd Husmann auf den ersten Blick angetan. Auf den zweiten war es ihr reizendes Lächeln gewesen, dieses unbefangene, unbekümmerte Mädchenlächeln, das ihn auf sie aufmerksam gemacht hatte. Im wohl weltberühmten Biergarten am »Chinesischen Turm« im Englischen Garten in München hatte man sich kennengelernt. Vor sechs Wochen, man höre und staune. Bernd Husmann, zum ersten Mal in München und entsprechend verwirrt ob der ungewohnten Lustigkeit, der fast südländischen Stimmung ringsum, hatte unter den blühenden Kastanien vor seiner Maß gegessen, einem Literkrug Bier, und hatte sich ganz schön verloren gefühlt. Ständig hatten sich neue Leute zu ihm an den Holztisch gesetzt und ihn angesprochen. Befremdlich fand er das, denn im Norddeutschen, wo er zu Haus war, redeten fremde Menschen nur miteinander, wenn es unumgänglich war. Und niemand setzte sich an einen Tisch, der bereits besetzt war, und sei es mit einer Person.
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Kinderärztin Dr. Martens
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Buchvorschau
Aus Sehnsucht nach Charlotte - Britta Frey
Kinderärztin Dr. Martens Classic
– 55 –
Aus Sehnsucht nach Charlotte
Britta Frey
»Glücklich…?« Annerose Husmann nickte eifrig. »Sehr, Bernd«, beteuerte sie und streichelte seine Hand, die das Steuerrad hielt. Und ihr herzförmiges sonnengebräuntes Gesicht leuchtete dabei förmlich von innen her vor Vergnügen.
Kein Wunder, sie waren praktisch noch auf der Hochzeitsreise, hatten erst vor vier Wochen in München geheiratet. Ganz schnell und kurzentschlossen, sozusagen Hals über Kopf, was sonst gar nicht die Art des jungen Ehemanns war.
Bernd Husmann war ein großer stattlicher, wenn auch ein wenig unbeweglicher Mann, ein ansehnlicher Mittdreißiger, den so schnell nichts aus der Fassung brachte.
Um so erstaunlicher diese Münchner Blitz-Hochzeit. Da war er, der sich mit allen Entscheidungen immer viel Zeit nahm und sogar ein bißchen schwer tat, wirklich über seinen Schatten gesprungen.
Seine junge Frau Annerose war sein exaktes Gegenstück, sie hatte erst im letzten Januar ihren zwanzigsten Geburtstag gefeiert, sie besaß ein quirliges Temperament, war ungestüm und neugierig, pflegte sich kopfüber in die seltsamsten Abenteuer zu stürzen und besaß die schönsten blauen Augen, die man sich denken konnte.
Diese enzianblauen Augen hatten es Bernd Husmann auf den ersten Blick angetan. Auf den zweiten war es ihr reizendes Lächeln gewesen, dieses unbefangene, unbekümmerte Mädchenlächeln, das ihn auf sie aufmerksam gemacht hatte.
Im wohl weltberühmten Biergarten am »Chinesischen Turm« im Englischen Garten in München hatte man sich kennengelernt. Vor sechs Wochen, man höre und staune.
Bernd Husmann, zum ersten Mal in München und entsprechend verwirrt ob der ungewohnten Lustigkeit, der fast südländischen Stimmung ringsum, hatte unter den blühenden Kastanien vor seiner Maß gegessen, einem Literkrug Bier, und hatte sich ganz schön verloren gefühlt.
Ständig hatten sich neue Leute zu ihm an den Holztisch gesetzt und ihn angesprochen. Befremdlich fand er das, denn im Norddeutschen, wo er zu Haus war, redeten fremde Menschen nur miteinander, wenn es unumgänglich war. Und niemand setzte sich an einen Tisch, der bereits besetzt war, und sei es mit einer Person.
Dann jedoch, als seine Stimmung gerade auf den Nullpunkt absacken wollte, hatte er die Annerose erblickt.
Sie hatte ihm sofort gefallen, weil da so ein Strahlen um sie gewesen war, etwas Helles und ansteckend Fröhliches, das ihm, dem ewig Zaudernden, Grübelnden, grundsätzlich abging.
Er hatte sie also mit seinen nebelgrauen norddeutschen Augen angestarrt, die Annerose, die mit einem Schwarm von Kindern auf dem sonnenbeschienenen Rasen herumtollte, daß ihre rotblonden Kringellocken nur so flogen.
So eine müßte man täglich um sich haben, das beste Mittel gegen die Schwermut, hatte er dabei gedacht und gelächelt, kaum daß er es selbst gewahrte.
Schade, daß sie schon vergeben ist, war sein nächster Gedanke gewesen, denn er hatte die Kinder, mit denen sie so ausgelassen spielte, für ihre eigenen gehalten. Zumindest einige davon.
Eine aussichtslose Sache, hatte er trübsinnig gedacht und bei sich beschlossen, sie sich aus dem Kopf zu schlagen. Denn mit einer Verheirateten ließ er sich grundsätzlich nicht ein.
Wegen der unausweichlichen Probleme.
Die er übrigens nie am eigenen Leibe erfahren hatte.
Er war kein Mann der Tat, sondern ein Theoretiker. Und als solcher verzichtete er konsequent auf jene Dinge, die bei anderen einen schlechten Ausgang genommen hatten.
Aber dann war ein knallroter Ball mit weißen Punkten auf ihn zugesprungen, war auf den Tisch gehüpft und geradewegs in seine Maß. Der Kinderschwarm hatte vor Vergnügen gequietscht.
Annerose hatte sich über das Mißgeschick kringelig gelacht. Und er? Er hatte unwillkürlich mitlachen müssen, obwohl Spontanes normalerweise nicht sein Fall war…
»Woran denkst du?« fragte sie mit ihrer hellen jungen Stimme.
»An München, an den Tag, als wir uns kennenlernten.«
»Ojemine!« Sie lachte und reckte sich so genüßlich wie ungeniert.
Das war auch etwas, was er an ihr bewunderte: ihre Natürlichkeit. Anders als er, überlegte sie nie zweimal oder gar dreimal, ob sie dies oder jenes tun solle. Auch ihre Neigung zu Skrupeln oder Gewissensbissen war gering.
Annerose war eine lebensbejahende junge Frau, die grundsätzlich positiv dachte und dem Leben dadurch die schönsten Seiten abgewann.
Er kannte sie erst seit sechs Wochen.
Doch in dieser Zeit, der besten seines bisherigen Lebens, wie er sich ehrlich eingestand, hatte sie kein einziges Mal schlechte Laune gehabt oder war verbiestert, kratzbürstig gewesen, deprimiert schon gar nicht.
Er bezweifelte, ob sie, die beneidenswert zufrieden war, erfüllt von Daseinsfreude und Vitalität, so etwas wie Depressionen überhaupt kannte.
»Weißt du, du hast da wie ein Bär ausg’schaut, als du so still und knurrig dag’sessen warst.« Sie lachte hell auf, so komisch fand sie ihn noch in der Erinnerung. »Aber lieb, Berndl, zum Küssen lieb.«
»Wie ein Bär?« fragte er sie irritiert. Mit einem Bären hatte ihn noch niemand verglichen.
Vielleicht, weil es niemand gewagt hatte. Daheim in Ögela, wo er lebte, einem kleinen Städtchen im Herzen der Lüneburger Heide, dem wunderschönen Land, wie es in einem Volkslied des berühmten Heidedichters Löns hieß, wurde er respektiert und gehörte als Apotheker zu den lokalen Autoritäten.
»Wie ein sehr einsamer Bär«, entgegnete sie mit ihrem verschmitzten Lächeln und prustete gleich davon los.
Er murmelte »Hört sich ja nicht sehr aufregend an.«
»Oh, ganz im Gegenteil«, widersprach sie ihm lebhaft. »Ich fand dich wahnsinnig interessant, du. Ganz wild war ich darauf, dich kennenzulernen, denn ich wollte zu gern erfahren, wer du bist. So einen wie dich hatte ich noch nie g’sehen.«
»Tatsächlich?« Er lächelte geschmeichelt.
»Die anderen Leut am Tisch haben alle miteinander g’sprochen und g’lacht. Du aber hast ganz für dich allein g’sessen und ganz mürrisch dreing’schaut… Das hat mich enorm g’reizt, verstehst?«
»Nun, da warst du gewiß froh, als sich der Ball selbständig machte und in mein Bierglas flog, wie?«
Sie schüttelte sich schier vor Lachen aus. »Er hat sich ja gar nicht selbständig g’macht, der Ball, Schatzl. Ich hab halt ein bissel nachg’holfen. Sag ehrlich, hast das nicht g’wußt?«
Natürlich nicht. Tricks und Schliche waren seine Sache nicht. Ehrlich und aufrichtig war er, legte stets großen Wert auf Transparenz. Sein Leben lang war er keinen krummen Weg gegangen, hatte er keinen Haken geschlagen. Keinem Menschen war er etwas schuldig geblieben, hatte immer sein Ziel vor Augen gehabt, auf das er schnurstracks und unbeirrt zumarschiert war: eine eigene Apotheke.
Und nun, es war nicht zu fassen, saß neben ihm eine junge Frau, seine Frau, und gestand ihm unbekümmert lachend, daß nicht eine himmlische Macht, wie er annahm, sondern sie selbst ihr Kennenlernen herbeiführte.
Bernd Husmann war perplex und einmal mehr verunsichert. Irgendwie schien sie es immer zu schaffen, ihn in Situationen zu manövrieren, in denen er sich ratlos fühlte wie ein Schulknabe.
Wie sollte er auf ihre unglaubliche Enthüllung reagieren? Er konnte übelnehmen, ihr zürnen oder sie über die zumeist üblen Folgen unaufrichtigen Verhaltens belehren.
Aber dann ertappte er sich dabei, wie er in ihr Lachen einstimmte. Etwas ungelenk zwar, weil spontane Heiterkeitsausbrüche nicht zu seinen täglichen Übungen gehörten, aber immerhin.
Der ernsthafte, honorige Herr Apotheker bog sich vor Lachen. Eine kleine Sensation. Und man mochte gar nicht daran denken, was die Leute von Ögela dazu gesagt hätten.
»Und ich Dummkopf dachte die ganze Zeit…« Er konnte vor Lachen nicht weitersprechen.
*
Sie vergötterte ihn. Er war der vornehmste, der ernsthafteste Mann, den sie je gesehen hatte. Alles an ihm war gerade und aufrichtig, hundertprozentig zuverlässig.
Ein Mann wie eine Eiche. So einen hatte sie immer haben wollen.
Sie bewunderte seine Klugheit. Er war mit Abstand der gescheiteste Mann in ihrem großen Bekanntenkreis. Daß er sich für sie entschieden hatte, die sehr viel jünger und unerfahrener als er war und längst nicht so intelligent, machte sie grenzenlos stolz.
Sie kannte ihre eigenen Schwächen, wußte sehr wohl, wie unbekümmert sie manchmal war, leichtfertig und noch viel zu naiv.
Aber bei ihrem Mann war sie nunmehr in den allerbesten Händen, an seiner Seite würde sie reifen, endlich erwachsen werden. Und er würde sie behutsam lenken, führen und sie zu dem machen, was ihr Wunschtraum seit jeher war – eine Dame wollte sie werden.
»Wie lange dauert’s denn noch, bis wir da sind?« erkundigte sie sich bei ihm, nachdem sie zweimal gegähnt hatte. Sehr verhalten, um ihn nicht zu kränken.
Sie war ja nur müde und keinesfalls gelangweilt.
Sehr gesprächig war er freilich nicht. Aber das nahm sie ihm nicht übel, denn er mußte sich, wie er ihr bei Antritt der Fahrt ausdrücklich eröffnete, auf die Straße konzentrieren.
Obwohl