Scherben bringen Glück: Fürstenkinder 62 – Adelsroman
Von Gabriela Stein
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Über dieses E-Book
Ihre Lebensschicksale gehen zu Herzen, ihre erstaunliche Jugend, ihre erste Liebe – ein Leben in Reichtum, in Saus und Braus, aber oft auch in großer, verletzender Einsamkeit.
Große Gefühle, zauberhafte Prinzessinnen, edle Prinzen begeistern die Leserinnen dieser einzigartigen Romane und ziehen sie in ihren Bann.
Grelles Licht lag auf den Porzellan-Entwürfen Leslie de Wittes, als sich Chef-Designer Mark Bronan darüberneigte, als dürfe ihm auch nicht die kleinste Formenaussage verborgen bleiben. »Interessant«, murmelte er ein ums andere Mal, als Leiter der Entwurf-Abteilung der Fürstlichen Porzellan-Manufaktur Rautenbach stets auf der Suche nach neuen Talenten und doch immer auch der Linie des traditionsreichen Hauses verpflichtet. Diese Linie aber setzte Grenzen und ließ manches junge Talent mit ausgefallenen Ideen schon bei der ersten Präsentation seiner Arbeiten scheitern. Schade, war das und ein künstlerischer Stillstand der in alten Zwängen gefangenen Manufaktur. So war es auch diesmal. Denn zweifelsohne war die kleine, frisch von der Schule kommende Designerin da vor ihm äußerst begabt, aber für das auf Tradition bedachte Haus viel zu modern und ausgefallen. Aber welch eine Vorstellungskraft begegnete ihm hier! Es war schwer, sich vom Anblick der einzelnen Entwürfe zu trennen, vom Ideenreichtum dieses Talents. So ließ er sich denn auch Zeit bei der Durchsicht der Blätter. Resigniert schob er schließlich mit einer raschen Bewegung die über den Tisch verstreut liegenden Entwürfe wieder zusammen. Immerhin war er leitender Angestellter dieses Hauses und hatte dessen Programm zu vertreten. »Frau de Witte«, begann er, die Stimme leise und etwas nasal. »Ihre Arbeiten sind zweifelsohne recht interessant, aber für unser Haus viel zu modern – und damit zu schnelllebig. Das heißt nun nicht, dass ich Sie gleich an einen Betrieb für billige Massenware verweisen will, schließlich gibt es auch renommierte Häuser, welche qualitativ sehr gutes Porzellan in modernem Design auf den Markt bringen. Vielleicht versuchen Sie es dort einmal …« Mark Bronan, schmal und dunkel gekleidet, bewegte sich nun um den langen Glastisch herum. »Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen Glück.« Leslie de Witte schreckte auf.
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Buchvorschau
Scherben bringen Glück - Gabriela Stein
Fürstenkinder
– 62 –
Scherben bringen Glück
Wie Leslie einen Preis und das Herz des Fürsten gewann
Gabriela Stein
Grelles Licht lag auf den Porzellan-Entwürfen Leslie de Wittes, als sich Chef-Designer Mark Bronan darüberneigte, als dürfe ihm auch nicht die kleinste Formenaussage verborgen bleiben.
»Interessant«, murmelte er ein ums andere Mal, als Leiter der Entwurf-Abteilung der Fürstlichen Porzellan-Manufaktur Rautenbach stets auf der Suche nach neuen Talenten und doch immer auch der Linie des traditionsreichen Hauses verpflichtet.
Diese Linie aber setzte Grenzen und ließ manches junge Talent mit ausgefallenen Ideen schon bei der ersten Präsentation seiner Arbeiten scheitern. Schade, war das und ein künstlerischer Stillstand der in alten Zwängen gefangenen Manufaktur.
So war es auch diesmal. Denn zweifelsohne war die kleine, frisch von der Schule kommende Designerin da vor ihm äußerst begabt, aber für das auf Tradition bedachte Haus viel zu modern und ausgefallen.
Aber welch eine Vorstellungskraft begegnete ihm hier! Es war schwer, sich vom Anblick der einzelnen Entwürfe zu trennen, vom Ideenreichtum dieses Talents. So ließ er sich denn auch Zeit bei der Durchsicht der Blätter.
Resigniert schob er schließlich mit einer raschen Bewegung die über den Tisch verstreut liegenden Entwürfe wieder zusammen.
Immerhin war er leitender Angestellter dieses Hauses und hatte dessen Programm zu vertreten.
»Frau de Witte«, begann er, die Stimme leise und etwas nasal. »Ihre Arbeiten sind zweifelsohne recht interessant, aber für unser Haus viel zu modern – und damit zu schnelllebig. Das heißt nun nicht, dass ich Sie gleich an einen Betrieb für billige Massenware verweisen will, schließlich gibt es auch renommierte Häuser, welche qualitativ sehr gutes Porzellan in modernem Design auf den Markt bringen. Vielleicht versuchen Sie es dort einmal …«
Mark Bronan, schmal und dunkel gekleidet, bewegte sich nun um den langen Glastisch herum. »Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen Glück.«
Leslie de Witte schreckte auf. Einen Augenblick lang hatte sie sich dem Gefühl einer erfolgreich verlaufenden Präsentation hingegeben, um nun zu begreifen, dass sie bereits wieder verabschiedet wurde.
Das aber durfte nicht sein! Was hatte es für Mühe gekostet, hier überhaupt einen Vorstellungstermin zu bekommen! In diesem überaus renommierten Haus. Wer bekam schon eine solche Chance?
»Halt, nein, warten Sie, Herr Bronan!«, rief sie dann auch wie in höchster Not dem sich der Tür zuwendenden Mann nach, dabei recht unfein alles auf eine Karte setzend. »Ich kann Ihnen auch konservative Entwürfe liefern, das ist überhaupt kein Problem …«
Mark Bronan wandte sich ihr wieder zu, die Brauen erhoben, das schmale gebräunte Gesicht eher abweisend. »Das bezweifle ich«, sagte er, nun wieder ganz Vertreter dieses Hauses und sie dabei von Kopf bis Fuß mit kühlen Augen messend. »Bleiben Sie bei Ihrer Linie – es wäre schade sie zu verlassen, um sich für den Geschmack von gestern zu verbiegen.«
Resignation färbte kurz seine Stimme. Dann sagte er mit einem Blick zum Tisch hin: »Ich werde Ihnen meine Sekretärin schicken, damit sie Ihnen beim Zusammennehmen der Blätter hilft.«
»Bitte …!« Ihre dunklen Augen flehten, hielten ihn fest.
Der Chef-Designer zeigte nun alle Zeichen der Ungeduld. »Sie glauben mir nicht, Frau de Witte?«, fragte er. »Dann sehen Sie sich einmal die Jubiläumsausstellung unseres Hauses im Palais Rautenbach an. Dort finden Sie jene durchgehende Linie, welche unübertroffen bis heute für das Zusammenspiel von Kunst und handwerklichem Können steht. Keine Akademie kann ihren Studenten heute noch dieses Stilgefühl vermitteln.«
Irritiert sah Leslie ihm nach, als er den Raum nun endgültig verließ.
Ein Angepasster, dachte sie, einer, der den Wunsch nach zeitgemäßen Formen dem verkrusteten Firmendenken unterordnen muss, wenn er denn seinen Job behalten will.
Aber war sie nicht drauf und dran, es ihm nachzutun? Hatte nicht auch sie bei der Ablehnung dieser Entwürfe umgehend angeboten, sich etwas im gewünschten Stil der Manufaktur einfallen zu lassen?
Nachdenklich sah sie auf die verstreut liegenden Zeichnungen. Würde sie ihr Talent für klare Formen wirklich verleugnen, um sich einem Programm unterzuordnen, welches im Geschmack einer längst vergangenen Zeit noch seine Zukunft sah?
Ratlos ging sie daran, ihre Entwürfe wieder zusammenzulegen, ahnend, dass auch sie letzten Endes Kompromisse würde schließen müssen, um in dieser Branche Fuß zu fassen. Aber erging es nicht jedem Designer so? Schließlich war sie nichts anderes als ein Ideen-Lieferant – und als solcher stets auf den Abnehmer angewiesen.
Wieso hatte sie eigentlich erwartet, dass gerade dieses Haus sich für ihre fortschrittlichen Entwürfe begeistern würde? Sie lächelte. Aber war nicht jeder Examensabsolvent ein kleiner Revolutionär, der glaubte, alles verändern zu können?
Sie würde sich die Ausstellung ansehen – und vielleicht den Weg der Mitte suchen. Schließlich verkaufte ein Mode-Designer seine spektakulären Entwürfe für den Laufsteg auch nicht ungeschliffen an die Konfektionsbetriebe. Ihr jugendlicher Optimismus kehrte zurück und der Wille, Erfolg zu haben. Vielleicht konnte sie ja nach ein paar Monaten einen neuen Versuch in dieser altehrwürdigen Manufaktur wagen …
Wenig später erklärte ihr die Sekretärin Mark Bronans den Weg zum Palais Rautenbach, während sie ihr behilflich war, ihre Zeichnungen in die Mappe zurückzulegen. »Es ist nicht weit von hier – Sie können das Schloss auch bequem zu Fuß erreichen.«
Dann stand sie wieder im hellen Sonnenlicht, die Mappe unterm Arm und die Träume reduziert. »Du musst Ausdauer haben, um einen Job zu bekommen«, hatte Großvater Ludwig de Witte am Morgen noch am Zug gesagt, »und du musst Hartnäckigkeit zeigen, wenn du an freie Aufträge herankommen willst.«
Sie nickte, murmelte: »Ja, ich weiß, Großpapa«, und dann hielt sie sich gedanklich an ihm fest, so wie sie ihn kannte, in seiner Töpferei stehend, tonbeschmiert und die nie versagende Begeisterung für sein Handwerk in den Augen.
Mit neuem Mut ging sie nun die Straße hinab. Das Leben war wie ein Gefäß, manchmal von vornherein nach oben verengt. Aber ihr Gefäß sollte weit und offen sein und alle Möglichkeiten aufnehmen, das beschloss sie und sah hoffnungsvoll ins Licht.
*
Das Palais lag am Ende einer stark befahrenen Prachtstraße. Und obgleich dort viele alte Villen standen, ließ doch sein Anblick das Herz des Betrachters höherschlagen.
So erging es auch Leslie, als sie durch die kunstvollen Gitterstäbe der Einfahrt auf den dahinter liegenden Schlosshof sah, auf den ockergelben Bau im reinsten Barock. Ein Stadtpalais wie aus dem Bilderbuch, stuckverziert und gediegen vornehm.
Eine Weile stand sie da, die eine Hand an den Gitterstäben, während die andere die Mappe mit den Entwürfen hielt. Das Tor war verschlossen. Vergebens suchte sie auch ein Plakat, welches auf die Ausstellung hinwies.
Was tun? Und war sie überhaupt richtig hier? Während sie dies noch überlegte, öffnete sich plötzlich wie durch Geisterhand das Tor, glitten seine Flügel lautlos auseinander – und nahmen ihre Hand mit.
Erschrocken zog sie sie zurück. Dabei rutschte ihr die Mappe aus der anderen Hand und fiel zu Boden. Beim Sturz öffnete sie sich und gab den Blick auf ihre Zeichnungen frei.
»Habe ich Sie erschreckt?« Die freundliche Männerstimme kam von hinten – und ließ sie herumfahren. Erst jetzt bemerkte Leslie, dass hinter ihr ein Wagen parkte – und sie ihm im Weg stand.
Der Mann aber, der den Wagen verlassen hatte und nun auf sie zukam, wirkte freundlich und entgegenkommend. Dazu war er blond und von jungenhafter Lässigkeit. Eine Art, welche ihn auf den ersten Blick jünger erscheinen ließ, als er bei näherer Betrachtung war.
Diese nähere Betrachtung aber war es dann, die Leslie in heftige Verwirrung stürzte und sie