Zacharias Heydens Tochter
Von Anny von Panhuys
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Buchvorschau
Zacharias Heydens Tochter - Anny von Panhuys
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Die efeuumsponnenden Vorderfenster des alten Hauses am Geistpförtchen gingen auf den Main hinaus, und Lisl Heyden begrüßte jeden Morgen aufs neue mit einem frohen Aufleuchten der Augen den dunkelschimmernden Fluß, dessen Wellen in so behaglicher Langsamkeit vorbeizogen, als wollten sie den Menschen zurufen: Nehmt euch an uns ein Beispiel, nicht überstürzen, aber auch nie stillstehen, dann kommt man am besten und am sichersten an das Ziel! —
Lisls Mutter, die kleine, immer schaffenswütige Frau mit den verarbeiteten Händen und dem trotz ihrer zweiundvierzig Jahre schon so stark verfälteten Gesicht, verstand die Sprache und den Rat der Mainwellen nicht. Sie war immer erregt, immer beschäftigt, hatte niemals Zeit und begriff ihren Mann nicht, der ganze Tage lang vorn in dem dämmernden Laden auf einem Stuhle hockte, mitten unter den alten Gegenständen, die er verkaufte, und sich damit beschäftigte, müde Uhren wieder in Gang zu bringen. Dabei dachte er über Dinge nach, an die zu denken ihr niemals eingefallen wäre. Und die Lisl war beinahe wie er, saß stundenlang wie angenagelt, träumte und ließ darüber die Suppe anbrennen.
Dann grollte Frau Martha wohl mit ihrem Manne:
„Du verdirbst Lisl. Nähen müßte sie lernen und flicken, waschen, kochen, bügeln, wie ich es auch habe lernen müssen. Statt dessen schlüpft sie mir mitten in der Arbeit weg und geht zu dir in den Laden, kramt zwischen den alten wurmstichigen Scharteken herum, zwischen dem staubzerfressenen Krempel, vor dem ich nie den Ekel verliere."
Zacharias Heyden lächelte ob solcher Reden ein schattenhaftes Lächeln in seinen dünnen, graublonden Spitzbart hinein.
„Der alte Krempel bringt Geld, Martha, mein Vater wußte, was er mir hinterließ, und wir beide brauchen um die Zukunft unseres Kindes auch keine Sorge zu hegen. Wenn Lisl nicht kochen lernen mag, dann läßt sie sich später kochen, und wenn sie nicht nähen lernen will, dann besorgen ihr das für ihr gutes Geld andere Menschen."
Frau Martha schüttelte über soviel menschlichen Unverstand den Kopf, aber da sie wußte, sie würde ihren Mann doch zu keiner anderen Meinung bekehren, schwieg sie. Vor Jahren hatte sie zum Beispiel versucht, ihn zur Aufgabe des von seinem Vater ererbten Antiquitätengeschäfts zu bewegen. Lange hatte sie ihm keine Ruhe gelassen, bis er, der sonst immer Ruhige, Geduldige, ihr endlich zornig erklärte: das von ihm geliebte Antiquitätengeschäft aufgeben, hieße ihm Luft und Licht nehmen, die doch der Mensch zum Dasein brauche. Licht und Luft nannte er den von alten Möbeln und vielen anderen Gegenständen vollgepfropften dämmrigen Ladenraum, in dem trotz vielem Lüften ein ständig muffiger Geruch herrschte. Aber Frau Martha wußte, die Antiquitäten waren es nicht, die den Mann wie mit eisernen Klammern in dem unfreundlichen Laden am Geistpförtchen festhielten. Nein, die Schuld daran trugen allein die alten Uhren, die er mit wahrer Leidenschaft aufkaufte und wieder instand setzte. Tag für Tag mühten sich seine Finger, dem Gefüge uralter Räderwerke wieder Leben einzuhauchen.
So saß er auch heute, und derweil wurde der Kaffee kalt, den er des Nachmittags doch immer recht heiß und anregend wünschte.
Frau Marthas Ruf „Zacharias!" verhallte ungehört. Da ging die Tochter, den Vater zu holen.
Lisl Heyden schob mit leicht emporgereckter Hand den schweren fransenumzitterten Vorhang, der die Wohnung vom Laden schied, rasch beiseite, aber ihr Auge mußte sich erst an das Dämmerlicht, das ständig in dem Verkaufsraum herrschte, gewöhnen, und die dunklen Wimpern zuckten ein paarmal auf und ab.
„Vater, du möchtest nun Kaffee trinken kommen", rief ihre junge Stimme, die so tief und klangvoll war wie eine wundervoll abgetönte Glocke.
Ein schmalschultriger Mann mit zergrübeltem Philosophengesicht erhob sich langsam aus dem breitarmigen Korbstuhl, in dem er gesessen hatte.
Er ging müde, mit schleppendem Schritt.
Ehe er sich durch den Vorhang in die Wohnung begab, blieb er vor dem Mädchen stehen und lächelte das junge, neunzehnjährige Gesicht liebevoll an.
„Klein-Lisl, die Uhrmacher können alle nichts, manch einer von ihnen vermöchte von mir zu lernen."
Lisl nickte und dachte: Die Hauptsache ist, daß dem Vater sein Steckenpferd Freude macht. Das dünkte ihr genug.
Sie strich mit liebkosender Gebärde über eine rotsamtene Decke, die das Wappen eines ausgestorbenen Geschlechtes zeigte. Die Decke war leicht über eine Stuhllehne geworfen gewesen, sie legte sie auf einen kleinen Nähtisch von Birnbaumholz und stellte ein Bildchen im Biedermeierrahmen darauf. Sich der Wirkung freuend, stand sie in Schauen verloren. Die Ladentür vom Geistpförtchen her öffnete sich, und ein vornehm aussehender, älterer Herr trat ein.
„Tag, Fräulein Lisl. Nun, haben Sie des Vaters steife Ordnung wieder ein bißchen durchbrochen und etwas umgebaut?"
Er wies auf den mit der rotsamtenen Decke behängten Nähtisch. „Sieht hübsch aus, die alte, feudale Wappendecke über dem braven Arbeitstischlein."
„Das finde ich auch, Herr von Wetterland, lächelte das junge Mädchen erfreut. „Vater behauptet in solchem Fall wie diesem stets, ich brächte Dinge zusammen, die nicht zueinander passen, die im strengsten Gegensatz zueinander stehen.
Friedrich Wetterland lachte, daß sein fransiger Schnurrbart leise zitterte.
„Weiß, weiß, Fräulein Lisl, mein Freund Zacharias Heyden ist, genau wie sein seliger Vater dereinst, für strenge Ordnung. Möbel, Vasen und Döschen müssen fein säuberlich in Reih und Glied stehen. So hat es der Vater gehalten, so hält’s der Sohn. Na ja, der Heydensche Antiquitätenhandel am Geistpförtchen in Frankfurt hat seinen alten, bewährten Ruf. Was da verkauft wird, findet früher oder später seine guten Abnehmer."
Er bog sich näher zu dem Mädchen:
„Fräulein Lisl, was machen die Uhren? Wäre gescheiter, wenn Zacharias Heyden, statt sich den Kopf damit verrückt zu machen, ab und zu an die Luft ginge und über sein Bosseln und Sinnieren nicht vergäße, daß das Uehrlein, das einem jeden von uns für die Erdenwanderschaft mitgegeben wurde, auch verlangt, daß man etwas für den Körper, in dem es beständig hämmert und klopft, tut."
Lisl nickte.
„Herr von Wetterland, Sie meinen es gut mit dem Vater, gut mit uns allen, als ob Sie zu uns gehörten, Sie sind ein prachtvoller Hausherr. Aber den Vater von dem, was Sie eben erzählten, zu überzeugen, würde weder mir, noch sonst jemandem gelingen. Und ich denke, wenn sein Glück in dem da gipfelt, sie wies auf eine kleine auseinandergenommene Uhr, „dann soll man ihm sein Glück lassen. Es geht mir oft durch den Kopf, das Glück ist sowieso nicht allzu dicht gesät.
Wetterland ließ sich auf dem Korbstuhl vor dem Räderwerk der Uhr nieder. Er beschaute mit einem kleinen Kopfschütteln das Durcheinander von Rädchen.
„Spielerei", warf er fast verächtlich hin, „und wenn es keine solchen alten Uhren gäbe, würden Sie, Lisl Heyden, sicher noch nicht gelernt haben, so bitter vom Glück zu sprechen. Auch Ihnen fehlt Luft und Licht. Ihre Mutter scheuert und wischt den ganzen Tag, als hinge die Seligkeit davon ab, der Vater vertrödelt die Zeit mit einer Nichtigkeit, die ihm Wichtigkeit und Lebenszweck dünkt, und Sie pendeln zwischen Küche und Laden hin und her und wissen nichts von frohen, lachenden Mädchentagen.
In Lisls großen blauen Augen spiegelte sich ein leichtes Erstaunen.
„Ich habe mich über nichts zu beklagen und bin der Ansicht, daß ich es besser habe als sehr viele Mädchen meines Alters. Ein schwärmerisches Lichtchen gab den Augen saphirnen Glanz. „Herr von Wetterland, es mag ja sein, daß meine Altersgenossinen manches Vergnügen genießen, von dem ich nichts ahne, dafür aber wissen sie nichts von dem, was mich erfreut.
Sie streckte beide Arme weit von sich, als wollte sie alles, was der Laden barg, umarmen und ans Herz drücken. „Vielleicht begreifen auch Sie, Herr von Wetterland, der Sie ein so großes Verständnis für künstlerische Dinge besitzen, nicht einmal, wie wunderschön es ist, hier zu leben. Sehen Sie, jeder, auch der kleinste Gegenstand hier, hat seine Geschichte, und ich bilde mir ein, alle diese Geschichten zu kennen. Dann male ich mir auch zuweilen aus, ich hätte ein großes Haus und viel Geld, so daß ich mir das alles, was Vaters Laden birgt, zu kaufen vermöchte, und noch vieles andere dazu. Nichts Lieberes könnte ich mir denken, als mich ganz nach meinem Geschmack einzurichten, um den Menschen zu zeigen, was ich unter Schönheit verstehe. Oh, wenn ich der Vater wäre, setzte ich alles in Bewegung, um mangelndem Kunstverständnis auf die Beine zu helfen."
„Also möchten Sie so eine Art von Reformatorin werden? lächelte Wetterland ein bißchen belustigt. „Schnurrige Ideen das! Paßt gar nicht für Lisl Heydens hübsches Köpfchen.
Trotz der nebensächlichen Art, wie er das sagte, war ein Etwas in seinem Gesicht, das gespannteste Aufmerksamkeit verriet, da er nun weitersprach:
„Sie haben einen vorzüglichen Geschmack, Phantasie, Geschichtskenntnis wie ein angehender Professor, der darüber Vorlesungen halten will, auch wissen Sie viel von Kostümkunde. Wie wäre es, wenn ich Ihnen Gelegenheit gäbe, sich ein wenig auf dem Gebiet, das Sie noch lockt, zu betätigen?"
Lisls Augen hingen an dem Munde Wetterlands, als wollten sie schon im voraus davon ablesen, was nun kommen mußte.
Aber Wetterland weidete sich an der sichtlichen Ungeduld Lisls. Er ließ sie ein bißchen auf die Erklärung seiner Andeutung warten, und da er endlich die junge Neugier befriedigen wollte, bewegte sich der Vorhang im Ladenhintergrund, und Zacharias Heyden schritt heran, blaß, müde, aber mit einem fast hochmütigen Zug im Philosophengesicht.
Er drückte Friedrich Wetterland, der sein Hausherr war und zugleich einer seiner besten Kunden, die Hand und wollte gleich von seinen Uhren erzählen, wie er es Bekannten gegenüber zu tun pflegte. Doch Wetterland schnitt ihm das Wort ab.
„Lieber Heyden, es winkt Ihnen wieder, ein feines Geschäft: Kommerzienrat Heumann, wie Sie wissen, ein guter Freund von mir, möchte seiner Frau einen schon lange gehegten Wunsch erfüllen und ihr die Einrichtung eines Biedermeierzimmers schenken. Aber echt muß jedes Stück sein, das ist die Hauptbedingung. Ich erzählte ihm, Sie hätten erst vor kurzem eine solche Einrichtung erworben, die wirklich keine Nachahmung sei. Nein, echte, wirkliche Biedermeiermänner und -frauen hätten auf den grundsoliden Stühlen gesessen und ihre von Wertherstimmung übergossenen Gesichter in dem flachrahmigen Spiegel gespiegelt. — Der Hinweis genügte, den Kommerzienrat zu veranlassen, Ihrer ollen Bude hier einen Besuch zu machen, um die Geschichte anzugucken und, wie ich hoffe, auch zu kaufen."
Zacharias Heyden verneigte sich dankbar.
„Wie nett von Ihnen, sich für mich zu bemühen, Herr von Wetterland."
Er war ein guter Geschäftsmann und konnte in Augenblicken, die seine geschäftliche, praktische Aufmerksamkeit erheischten, vollständig seine Uhren vergessen.
Lisl stand und hatte der kurzen Unterhaltung beigewohnt. Ueber der weißen Stirn zitterte ein unmutiger Schatten. Nun schien Herr von Wetterland gar nicht mehr daran zu denken, ihr irgendeine Erklärung für seine vorhin gemachten Andeutungen zu geben. Und in des Vaters Gegenwart war es auch wohl besser so, denn er behauptete doch, obwohl er sie in seinem Reich gewähren ließ, sie besitze keinen Geschmack.
Friedrich Wetterland nickte ihr zu, und seine hübschen, junggebliebenen Augen zwinkerten sie an, als sei sie eine Verbündete.
„Ja, aber die Sache hat noch einen Haken, lieber Heyden, der Kommerzienrat möchte das betreffende Zimmer nämlich besonders nett und traulich herrichten lassen, will aber von einem Durchschnittsdekorateur nichts wissen. Seine Gattin ist stark schöngeistig veranlagt und stellt Ansprüche."
Heyden zog mit der mageren Rechten seinen grau- und braunfaserigen Spitzbart lang.
„Wenn es sein muß, will ich mich selbst darum kümmern und die Aufstellung der Möbel übernehmen. Aber wenn ich mich davor drücken kann, tue ich es natürlich."
Wetterland zwinkerte ihr schon wieder zu. Lisl sah es ganz deutlich, aber zugleich erwachte auch in ihr eine Ahnung von dem, was Wetterland, der wie die verkörperte Vornehmheit in dem alten Strohsessel lehnte, beabsichtigte.
Und nun sagte er es denn auch klipp und klar heraus. Lisl zitterte darob förmlich vor Freude, aber ihr Vater lachte voll überlegenen Spottes:
„Herr von Wetterland, Sie treiben natürlich nur Scherz, denn mein Mädel kann sich doch nicht ernstlich damit befassen, so ein Zimmer einzurichten, bei dem es wirklich darauf ankommt. Er zupfte an der rotsamtenen Wappendecke. „Ueberzeugen Sie sich doch mal, was für einen Unfug sie sich hier wieder geleistet hat. Die Wappendecke über dem Nähtischchen. Solche Zusammenstellung tut meinem Geschmack förmlich weh.
Wetterland legte sich kräftig für Lisl ein.
„Der Geschmack Ihrer Tochter mag nicht jedermann zusagen, aber ich muß Ihnen ehrlich bekennen, ich finde ihn eigenartig und stimmungsvoll, und niemand als Ihre Tochter erscheint mir berufener, sich in so einem Geschäft wie dem Ihren künstlerisch zu betätigen."
Er wandte sich mit freundlicher Gebärde an Lisl.
„Ich verspüre tollen Durst, würden Sie so liebenswürdig sein, mir ein Glas Wasser zu kredenzen."
Lisl merkte, Herr von Wetterland wollte sie nur für kurze Zeit aus dem Laden entfernen, sie sollte nicht Zeuge seines weiteren Gespräches mit dem Vater sein.
Mit einem kleinen, hoffnungsvollen Lächeln entfernte sie sich.
Kaum war der schwere Vorhang hinter ihrer Gestalt zusammengefallen, so begann Wetterland eifrig auf den Antiquar einzureden.
„Weshalb machen Sie die Augen nicht auf, wo es doch Wertvolles zu sehen gibt, weshalb lassen Sie Ihrer Tochter keine größere Freiheit auf dem Gebiet, darauf ihre ganze Begabung hinweist? Ich habe Lisl schon seit Jahren beobachtet und immer wieder gefunden, daß alles, was ihre Hände berührten, sich förmlich verwandelte. Wenn Lisl Ihnen, mein lieber Heyden, hier im Laden nur ein Väschen zurechtrückte, dann fiel es auf, dann kam des Väschens Reiz zur Geltung. Lisl besitzt einen ganz wunderbaren Schönheitssinn, und es könnte wirklich nichts schaden, wenn Sie ihr die Anordnung im Laden und den Schaufenstern vollständig überließen."
Zacharias Heyden schnurrte ein paarmal mit den Füßen, was bei ihm ein Zeichen von Verstimmung war.
„Herr von Wetterland, ein junges Mädchen soll sich in den Jahren, in denen sich Lisl befindet, auf die künftige Hausfrau vorbereiten, und dazu ist es nicht nötig, daß sich ihr Schönheitssinn damit befaßt, einen alten Antiquitätenladen für die Augen der Kunden wohlgefälliger herzurichten."
Der andere lächelte fein.
„Schade, daß Sie so denken, aber vielleicht werden Sie doch noch einmal anderer Meinung."
Er wollte noch etwas hinzusetzen, doch die Ladenklingel schrillte, und zugleich öffnete sich die Tür von der Gasse her. Dadurch ward dieser Unterredung vorläufig ein Ziel gesetzt.
Kommerzienrat Heumann trat ein. Er grüßte mit einer kurzen Handbewegung nach dem Hut, dann bot er Wetterland die Rechte.
„Schon hier? Besten Dank! Also können wir wohl die Biedermeiersachen beaugenscheinigen." Sein Blick irrte wie suchend durch den langgestreckten Raum, um plötzlich an dem Nähtischchen hängenzubleiben.
Ein Schmunzeln zitterte um den bartlosen Mund.
„Famose Zusammenstellung, lobte er, „die hocharistokratische Decke über dem spießigen Biedermeier, alle Achtung!
Wetterland schielte zu Heyden hinüber, dann sagte er:
„Dergleichen Einfälle stammen von der Tochter des Herrn Heyden."
Der Antiquar ging schnell mit einem höflichen: „Darf ich die Herren bitten, mir zu folgen", voran in einen seitlichen Nebenraum des Ladens, wo die Biedermeiermöbel standen.
Eckschrank und Kleiderschrank, Schreibtisch, Rundtisch, Spinett und Stühle waren dicht und wirkungslos hingestellt. Und schön waren die Möbel! Aus ziemlich hellen Birnbaumholz mit reichen Ebenholzintarsien. Auch waren sie tadellos erhalten.
Heumann äußerte sich anerkennend.
„Die Sachen dürften auch meiner Frau gefallen. Sagen Sie, Herr Heyden, könnten Sie mir, wenn ich kaufe, jemanden nennen, der das Zimmer recht schön und ganz im Sinne der Zeit, aus der die Möbel herrühren, einrichtet?"
Heyden war dienstbeflissen.
„Gewiß, Herr Kommerzienrat, und zwar werde ich das gern selbst übernehmen."
Wetterland machte eine abwehrende Handbewegung.
„Lieber Heumann, ich gebe dir den guten Rat, sichere dir für den Zweck, zugleich mit dem Kauf der Möbel, die Feenhand und den Schönheitssinn Fräulein Heydens, denn dann kannst du sicher darauf rechnen, deiner Frau eine besonders gelungene Ueberraschung zu bieten."
Heyden zuckte die Achseln.
„Das ist nur Einbildung von Ihnen, Herr von Wetterland."
Der Kommerzienrat achtete gar nicht auf den Einwurf, sondern sagte kurz:
„Also ich kaufe nur dann, wenn Ihre Tochter es übernimmt, das Biedermeierzimmer einzurichten."
Zacharias Heyden ärgerte sich über Wetterlands Art, ihm alles weitere Bestimmen über den Punkt genommen zu haben, denn was blieb ihm jetzt übrig, als sich zu fügen.
Mit süßsaurer Miene ging er auf die gestellte Bedingung ein, denn bisher hatte der Kommerzienrat noch nicht einmal nach dem Preis gefragt, und solche großzügigen Käufer waren selten.
Er rief die Tochter, und Lisl kam. Schlank, blutjung.
Der Kommerzienrat hüstelte.
„Ist das wirklich das Fräulein …?"
Er brach ab. Wetterland lachte.
„Ich verstehe dein Staunen, lieber Freund, aber Fräulein Lisl ist tatsächlich trotz ihrer Jugend die Dame, die ich