Der zweite Schritt ins Leben: Dr. Norden Bestseller – Neue Edition 3 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Was liegt noch vor, Loni?«, fragte Dr. Norden, als er zum Mittagessen heimfahren wollte. »Frau Dr. Engers hat sich angemeldet. Ich habe sie für siebzehn Uhr eingetragen. Sonst nur das Übliche, Herr Doktor.« Sie reichte ihm einen Zettel. »Die Liste für die Hausbesuche.« Dr. Norden warf einen kurzen Blick darauf. »Na, das sind ja nur sechs«, sagte er, »dann werde ich wohl doch mal wieder in Ruhe essen können. Ihnen auch guten Appetit, Loni.« Madlen Engers kommt auch mal wieder, dachte er, als er heimwärts fuhr. Ob sie ihre Fehlgeburt überwunden hat? Wie lange war das eigentlich schon her? Er kam nicht drauf. Da musste er seine Frau Fee fragen. Sie hatte ein besseres Gedächtnis.
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Dr. Norden – Retro Edition
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Buchvorschau
Der zweite Schritt ins Leben - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller – Neue Edition
– 3 –
Der zweite Schritt ins Leben
Patricia Vandenberg
»Was liegt noch vor, Loni?«, fragte Dr. Norden, als er zum Mittagessen heimfahren wollte.
»Frau Dr. Engers hat sich angemeldet. Ich habe sie für siebzehn Uhr eingetragen. Sonst nur das Übliche, Herr Doktor.« Sie reichte ihm einen Zettel. »Die Liste für die Hausbesuche.«
Dr. Norden warf einen kurzen Blick darauf. »Na, das sind ja nur sechs«, sagte er, »dann werde ich wohl doch mal wieder in Ruhe essen können. Ihnen auch guten Appetit, Loni.«
Madlen Engers kommt auch mal wieder, dachte er, als er heimwärts fuhr. Ob sie ihre Fehlgeburt überwunden hat? Wie lange war das eigentlich schon her? Er kam nicht drauf. Da musste er seine Frau Fee fragen. Sie hatte ein besseres Gedächtnis.
»Das liegt doch mindestens schon drei Jahre zurück«, sagte Fee Norden auf seine Frage.
»Was, schon so lange? Wie schnell doch die Zeit vergeht.«
»Sie hat sich also doch keinen anderen Arzt gesucht«, sagte Fee. »Oder sie ist reumütig zu dir zurückgekehrt«
»Ist doch gleich, Liebes. Sie ist eine kerngesunde Frau, die nicht dauernd zum Arzt zu laufen braucht. Und die Fehlgeburt ist auch nur durch die lange Flugreise gekommen.«
An alles, was seinen Arztberuf betraf, konnte er sich sehr gut erinnern. Nur Zeitbegriffe fehlten ihm.
Ist es tatsächlich schon drei Jahre her, fragte er sich, als ihm Dr. jur. Madlen Engers dann gegenübersaß. Sie schien ihm unverändert. Eine emanzipierte Frau, mittelgroß, gut gewachsen, mit einem aparten herzförmigen Gesicht, hohen Wangenknochen und leicht schräg stehenden graugrünen Augen. Eine modische Frisur, die ihr sehr gut zu Gesicht stand, ließ sie noch jünger erscheinen als damals.
»Mir hat nichts mehr gefehlt, Herr Dr. Norden«, sagte sie mit einem charmanten Lächeln, »sonst wäre ich selbstverständlich wieder zu Ihnen gekommen. Abgesehen davon, dass ich seit zwei Jahren geschieden bin«, fügte sie gleichmütig hinzu. »Jetzt bin ich um einiges klüger und habe keinerlei Illusionen mehr.«
Er sah sie forschend an. »Und wo fehlt es dennoch?«, fragte er.
»Ein bisschen überarbeitet«, erwiderte sie. »Ich will einmal einen richtigen Urlaub machen, und da wollte ich Sie doch lieber fragen, was für mich am besten wäre. Meer oder Schnee?«
»Meer wo?«, fragte er. »Wir haben Winter.«
»Die Bahamas vielleicht?«, fragte sie.
»Sie fahren doch Ski«, sagte er. »Wozu in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?«
»Eigentlich wollte ich das hören«, sagte Madlen. »Dann kann ich meinen Freunden wenigstens guten Gewissens sagen, dass mein Hausarzt mir den Skiurlaub geraten hat.«
»Seit wann richten Sie sich nach der Meinung von anderen?«, fragte Dr. Norden.
»Ich weiß es auch nicht«, erwiderte sie seufzend. »Meine Freunde haben zu mir gehalten nach der Scheidung. Ich habe mich angepasst.«
»Warum ist es zur Scheidung gekommen?«, fragte Dr. Norden. »Ich will aber nicht indiskret fragen.«
»Ich lasse mich gern ausfragen«, erwiderte sie offen. »Es lief nichts mehr nach der Fehlgeburt. Vorher vielleicht auch nicht. Ich hatte so bestimmte Vorstellungen von einer Ehe. Ich dachte, dass ein Kind unbedingt nötig ist, um einer Ehe die richtige Bindung zu geben. Und dann meine Schwiegermutter. Sie mochte mich, eigentlich hat sie diese Heirat zustande gebracht und unsere Ehe noch zusammengehalten, aber Kurt ist zu träge. Ich war ihm zu ehrgeizig und auch zu erfolgreich. Es stimmte nichts zusammen, und endlich hatte er etwas, das er gegen mich aufführen konnte. Ich konnte kein Kind zur Welt bringen.«
Sie sagte es kühl, aber Dr. Norden hörte die Resignation aus ihren Worten.
Die Scheidung schien sie nicht wesentlich zu belasten, aber die Fehlgeburt hatte sie nicht verwunden. Sie machte sich deshalb Vorwürfe.
Ganz plötzlich sprach sie darüber. »Meine Ehe war schon nicht mehr das, was sie sein sollte, aber ich wollte es nicht zur Scheidung kommen lassen. Ich dachte, dass das Kind uns wieder mehr aneinanderbinden würde. Als Kurt die Reise vorschlug, wollte ich auch nicht nein sagen, aber es war nur eine Jagd von einem Ort zum anderen. Und vielleicht wären nicht mal die Strapazen am schlimmsten gewesen, diese dauernden Streitereien wurden unerträglich. Er wollte dann, dass ich meinen Beruf aufgebe, aber das war doch zu viel verlangt. Wir trennten uns erst beruflich, dann entschloss ich mich zur Scheidung. Meine Schwiegermutter war tief betroffen. Aber es ging einfach nicht mehr. Seit der Scheidung hat Kurt auch mehr Erfolg. Ja, das wäre es, lieber Dr. Norden. Ich habe mich seither auf Wirtschaftsrecht verlegt. Und jetzt mache ich mal vier Wochen Urlaub.«
»Das ist recht«, sagte Dr. Norden. »Die Nerven sind recht überreizt.«
»Woran merken Sie das?«, fragte Madlen.
»Na ja, als Arzt merkt man das schon«, erwiderte er lächelnd. »Außerdem ist der Blutdruck ein bisschen sehr niedrig. Faulenzen am Meer würde ihm so wenig bekommen wie ein großer Klimaunterschied.«
»Also Skifahren«, sagte sie.
»Aber nicht gerade in höchster Höhe wohnen«, meinte Dr. Norden. »Ich würde Adelboden vorschlagen oder so was in der Richtung.«
»Und ich werde folgsam sein«, erklärte Madlen.
*
Heiraten nein, dachte Madlen, als sie in ihr Kabriolett stieg. Aber ein Kind möchte ich schon haben.
Sie hatte Zeit. Ihr Urlaub hatte eigentlich schon begonnen. Sie fuhr hinaus nach Seeshaupt, wo Regine Engers wohnte. Es war angenehmes Wetter, trocken, aber nicht zu kalt. Die Straßen waren geräumt, aber hohe Schneeberge türmten sich zu beiden Seiten, und auch die Bäume schienen noch wie überzuckert.
Sie kannte den Weg genau. Oft genug war sie ihn gefahren, obgleich sie mit Kurt eine Stadtwohnung gehabt hatte.
Doch als sie am Hause läutete, erschien eine fremde Frau. Sie war jung und sehr hübsch.
Sollte Kurt …? Madlen nahm sich zusammen, aber sie konnte nicht einfach umkehren, als die junge Frau freundlich nach ihrem Begehren fragte.
»Ich wollte zu Frau Engers«, sagte sie stockend.
»Oh, es tut mir leid, Frau Engers ist vor zwei Monaten gestorben«, erwiderte die junge Frau.
Madlen wurde blass. Kurt hat es nicht mal für nötig gehalten, mir das mitzuteilen, ging es ihr durch den Sinn.
»Dann entschuldigen Sie bitte die Störung«, sagte sie gepresst.
Sie fuhr in die Stadt zurück, zu seiner Wohnung, die einmal ihre gemeinsame Wohnung gewesen war. Eine Maisonettewohnung in einem Villenviertel.
Über ein Jahr war sie nicht mehr in München tätig gewesen, und sie hatte auch alte Verbindungen nicht gepflegt, denn alles waren gemeinsame gewesen. Aber sie wusste, dass Kurt seine Kanzlei hatte und er ein recht bekannter Scheidungsanwalt geworden war. Spezialisiert auf Scheidungen, wie es einmal in einem Zeitungsbericht gestanden hatte, bei dem es um die Scheidung eines prominenten Paares gegangen war.
An der Tür stand noch der Name Engers. Diesmal achtete sie darauf, was sie vorher in Seeshaupt nicht getan hatte.
Sie läutete. Und gleich darauf stand Kurt vor ihr. Mehr als mittelgroß, aber nicht viel größer als sie, blond, mit gewelltem, ziemlich langem Haar, etwas fülliger geworden.
»Du?«, staunte er. »Was führt dich zu mir, Madlen?«
»Ich war in Seeshaupt und habe erfahren, dass Mutter gestorben ist.«
»Warum nennst du sie noch Mutter?«, fiel er ihr ins Wort. »Du hast kein Recht dazu. Der Kummer über dich hat sie ins Grab gebracht.«
Madlens Lippen zuckten. »Ich habe ihr nichts angetan. Ich stand mit ihr in brieflicher Verbindung, bis sie nicht mehr geantwortet hat«, sagte sie. »Du hättest mir mitteilen müssen, dass sie krank ist, dann hätte ich sie besucht.«
»Das hätte mir gerade noch gefehlt«, fuhr er sie an, aber dann schwieg er abrupt, denn eine auffallend gekleidete Frau kam die Treppe herauf. Schlank war sie, wie ein Mannequin, und damenhaft sah sie nicht aus.
»Der Lift stockt schon mal wieder, Kurti«, sagte sie mit hoher, sehr heller Stimme, die Madlens empfindsamen Ohren wehtat. Dann fühlte sich Madlen aus stechenden Augen gemustert.
»Willst du uns nicht vorstellen, Kurti?«
»Meine geschiedene Frau, meine Verlobte«, sagte Kurt Engers zynisch. »Nina Wunderlich.«
»Ach, Sie sind die komische Nudel«, sagte Nina.
»Wahrhaft wunderlich«, erwiderte Madlen schlagfertig und ging.
Später, als sie dann in der Wohnung war, die sie gerade erst gemietet hatte, kamen ihr andere Gedanken. Bei vielen jungen Ehepaaren war es so, dass eine Schwiegermutter der Störfaktor war, bei ihnen war es das Gegenteil gewesen. Ohne diese gütige Frau wäre die Ehe vielleicht gar nicht zustande gekommen, und da sie nun tot war, empfand Madlen Trauer. Und mit dieser Nina Wunderlich mochte sich Kurt allerhand eingebrockt haben.
Sie betrachtete sich im Spiegel. Frei von weiblicher Eitelkeit war sie nicht. Wunderlich! Komische Nudel! War sie eine komische Nudel?
*
Zwei Tage später fuhr sie nach Adelboden. Sie verließ sich auf ihr Glück. Und sie hatte schon im ersten Hotel Glück. Sie bekam ein sehr hübsches Appartement. Vielleicht deshalb, weil sie sich gar nicht erst nach dem Preis erkundigt hatte.
Madlen konnte sich das leisten. Sie hatte erst kürzlich einen Onkel beerbt, und außerdem verdiente sie ausgezeichnet. Entsprechend war sie auch gekleidet. Durchaus keine komische Nudel!
Und sie ahnte nicht, dass es Kurt auch jetzt noch wurmte, dass Nina diese Bezeichnung gebraucht hatte. Ein heftiger Streit war an jenem Tag zwischen den »Verlobten« die Folge gewesen.
Doch davon wusste Madlen nichts und wollte auch nichts mehr davon wissen. Sie ließ sich einen Imbiss aufs Zimmer bringen und war auch mit dem Service zufrieden.
Nach einem ausgiebigen Bad