Betrogen um ihr Kind: Dr. Norden Bestseller – Neue Edition 11 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
»Das darf doch nicht wahr sein«, stöhnte Dr. Norden, als er einen Laborbefund betrachtete. »Loni!« Loni eilte auf den dringenden Ruf herbei. »Was ist denn?«, fragte sie erschrocken, als sie Dr. Nordens finstere Miene sah. »Ist das wirklich die Blutgruppenbestimmung von Florian?«, fragte der Arzt erregt. »Aber sicher, warum zweifeln Sie?« »Warum? Beide Elternteile haben die Blutgruppe Null und er hat A!« Loni wurde blass. »Sie meinen, das könnte bedeuten, dass Florian gar nicht das Kind von Herrn und Frau Neuhaus ist?« »Es bedeutet, dass er entweder einen anderen Vater oder eine andere Mutter hat. Und als Chemiker wird Dr. Neuhaus auch von selbst darauf kommen. Da steht mir ja wieder etwas bevor.« Loni seufzte schwer.
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Buchvorschau
Betrogen um ihr Kind - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller – Neue Edition
– 11 –
Betrogen um ihr Kind
Patricia Vandenberg
»Das darf doch nicht wahr sein«, stöhnte Dr. Norden, als er einen Laborbefund betrachtete. »Loni!«
Loni eilte auf den dringenden Ruf herbei. »Was ist denn?«, fragte sie erschrocken, als sie Dr. Nordens finstere Miene sah.
»Ist das wirklich die Blutgruppenbestimmung von Florian?«, fragte der Arzt erregt.
»Aber sicher, warum zweifeln Sie?«
»Warum? Beide Elternteile haben die Blutgruppe Null und er hat A!«
Loni wurde blass. »Sie meinen, das könnte bedeuten, dass Florian gar nicht das Kind von Herrn und Frau Neuhaus ist?«
»Es bedeutet, dass er entweder einen anderen Vater oder eine andere Mutter hat. Und als Chemiker wird Dr. Neuhaus auch von selbst darauf kommen. Da steht mir ja wieder etwas bevor.«
Loni seufzte schwer. »Kann man da nicht ein bisschen mogeln?«, fragte sie leise.
»Sie sind gut, Loni. Nehmen wir mal an, dem Jungen passiert auf der Reise etwas. Nein, schummeln gibt es da nicht.«
»Vielleicht haben sie das Kind adoptiert, ohne dass sie darüber sprechen«, meinte Loni nach längerem Überlegen.
»Das wäre eine gute Lösung«, sagte Dr. Norden, aber ein Aufatmen gab es nicht.
Er wollte das Ehepaar Neuhaus auch nicht in seine Praxis bitten. Diese Angelegenheit bedurfte großen Einfühlungsvermögens und konnte nicht in ein paar Minuten geklärt werden. Er wollte mit dem sympathischen Ehepaar ungestört sprechen.
Dr. Wolfgang Neuhaus rüstete sich zu einer Vortragsreise durch die USA, und da diese etwa sechs Wochen dauern sollte, hatte er nicht ohne seine Frau und seinen Sohn fahren wollen.
Sie führten eine sehr glückliche Ehe und liebten ihren vierjährigen Sohn Florian abgöttisch. Er war allerdings auch ein besonders reizendes, liebenswertes Kind, und als der kleine Junge Dr. Norden entgegengesprungen kam, wurde es dem Arzt ganz flau im Magen. Zum ersten Male wurde es ihm bewusst, dass Wolfgang und Gabriele Neuhaus helle Augen hatten und Florian ganz dunkle.
»Das ist aber nett, dass Sie sich zu uns bemühen, lieber Dr. Norden«, wurde er von Gabriele Neuhaus empfangen. Aber als sie seine ernste Miene gewahrte, fragte sie ängstlich: »Es hat sich doch bei Floris Untersuchung hoffentlich nichts Negatives herausgestellt?«
»Nein, das nicht. Es ist wegen der Blutgruppenbestimmung.«
»Die hätten wir eigentlich längst machen lassen sollen«, sagte sie verlegen. »Aber Sie wissen ja, wie das manchmal ist. Man wartet damit so lange, bis sie dann gebraucht wird. Liegt sie etwa noch nicht vor? Wir müssen doch morgen schon fliegen.«
»Ich hätte gern auch mit Ihrem Mann gesprochen, Frau Neuhaus«, sagte Dr. Norden zögernd, »mit Ihnen beiden, und möglichst …« Er geriet ins Stocken und sah den kleinen Florian an.
Gabriele Neuhaus sah ihn schreckensvoll an. »Er ist nicht krank«, sagte Dr. Norden leise.
»Schau doch mal, wo Onkel Bobby steckt«, sagte Gabriele zu dem Jungen. »Dr. Norden muss mich schnell noch mal untersuchen.«
»Du bist aber nicht krank, Mami«, sagte der Kleine ängstlich.
»Nein, ich bin nicht krank«, erwiderte sie geistesabwesend. Dann sah sie Dr. Norden wieder an. »Mein Mann ist beim Packen. Er kann das viel besser als ich …«
Dr. Neuhaus war auch verblüfft, als Dr. Norden so zögernd begann.
»Es ist eine etwas heikle Situation, aber Sie werden mich verstehen, wenn Sie den Blutgruppenausweis von Florian sehen.«
Dr. Neuhaus betrachtete diesen nachdenklich. »Das ist doch nicht möglich«, sagte er leise. »Das widerspricht allen natürlichen Erbgesetzen.«
Es dauerte ziemlich lange, bis auch Gabriele begriff. Aber sie sagte das, was manche Mutter schon erschreckt hatte. »Es bedeutet, dass unser Kind vertauscht wurde. O mein Gott!«
Für Dr. Norden aber war dieser Ausruf vorerst der Beweis, dass es sich bei Florian keinesfalls um ein adoptiertes Kind handeln konnte, und während des folgenden Gespräches gewann er auch die Überzeugung, dass Wolfgang Neuhaus nicht eine Sekunde an der ehelichen Treue seiner Frau zweifelte.
»Florian ist dennoch unser Kind«, sagte er. »Er wächst bei uns auf, und wir lieben ihn. Wir wollen daraus kein Problem machen, so groß der Schrecken auch gewesen sein mag. Bitte, reg dich nicht auf, Gaby.«
»Ich will mich nicht aufregen«, flüsterte sie. »Ich muss jetzt nur daran denken, dass unser Kind vielleicht nicht so glücklich aufwächst wie Florian. Es ist ein schrecklicher Gedanke für mich.«
»Es tut mir leid, dass ich Ihnen diese Unruhe bereiten musste, aber ich dachte, es wäre besser, wenn wir darüber sprechen«, meinte Dr. Norden. »Sie hätten sich wohl auch Gedanken gemacht, wieso der Junge eine extreme Blutgruppe hat.«
»Natürlich hätte ich mir Gedanken gemacht«, sagte Wolfgang Neuhaus. »Aber wie dem auch sei, ich würde doch meinen Flori nie mehr hergeben. Es ist mir nur unbegreiflich, wie so etwas geschehen kann.«
Verstört blickte Gabriele den Arzt an. »Es war der Tag, an dem das Busunglück war«, sagte sie leise. »Im Krankenhaus ging es turbulent zu. Es waren Schwerverletzte zu versorgen. Du erinnerst dich doch noch, Wolfgang? Wir wären fast zu spät in die Klinik gekommen durch die Straßensperrung. Eine Viertelstunde später war das Baby schon da. Und kurz danach wurden noch zwei weitere geboren.« Sie schluchzte trocken auf. »Und in dem Trubel müssen sie die Kinder vertauscht haben.«
»Florian ist unser Sohn«, sagte Wolfgang Neuhaus fast aggressiv. »Blutgruppe hin, Blutgruppe her, er gehört zu uns, und das andere Kind wird genauso zu seinen Eltern gehören. Morgen fliegen wir, und dann haben wir Zeit, uns zu überlegen, was getan werden könnte, falls das Kind wirklich nicht in guten Verhältnissen aufwächst. Aber du wirst doch nicht auf Florian verzichten wollen, Gaby!«
»Nein, das will ich nicht. Ich würde mich auch damit abfinden, wenn es unserem Kind auch gut geht. Ja, Wolf, das würde ich akzeptieren. Man muss doch auch an die Kinder denken.«
*
Abgetan war es für sie jedoch nicht. Ihr kamen die Tränen, als sie Florian zu Bett brachte und sein liebes, kleines Gesicht betrachtete.
»Bist du traurig, weil wir wegfahren, Mami?«, fragte der Kleine. »Onkel Bobby gießt doch unsere Blümchen, und wir sind mit Papi zusammen. Und wir kommen doch auch wieder.«
»Ja, mein Liebling, wir kommen wieder«, sagte Gabriele zärtlich. »Ich bin nur ein bisschen aufgeregt.«
»Ich doch auch, Mami. Dass wir bloß nichts vergessen.«
Wolfgang Neuhaus hatte indessen seinen um drei Jahre jüngeren Bruder Robert bereits eingeweiht. Dem war es aufgefallen, dass plötzlich eine sehr gedrückte Stimmung herrschte, und er hatte nicht locker gelassen. Robert Neuhaus war Journalist. Er hatte ein Gespür für Stimmungen und auch für Gedanken, die nicht ausgesprochen wurden. Und er hatte ein außerordentlich gutes Verhältnis zu seinem Bruder und seiner Schwägerin. Florian wurde auch von ihm geliebt.
»Eine verteufelte Angelegenheit«, sagte er grimmig. »Hätte Dr. Norden euch das nicht ersparen können?«
»Er ist doch dazu verpflichtet«, erwiderte Wolfgang, »außerdem hätte ich mir auch Gedanken gemacht.«
Sie schwiegen, als Gabriele eintrat, aber sie sagte, dass man den Kopf nicht in den Sand stecken könnte.
»Ich will wissen, wie es dem Kind geht, das ich zur Welt gebracht habe«, sagte sie leise, aber nun doch schon sehr bestimmt. »Wir müssen nachforschen, Wolf.«
»Und bringen vielleicht eine Lawine ins Rollen«, sagte der. »Es werden offizielle Untersuchungen stattfinden und nicht nur zwei Elternpaare, auch zwei Kinder werden hineingezogen. Ihre Welt wird in den Grundfesten erschüttert.«
Robert starrte vor sich hin. Sein schmales Gesicht war eine undurchsichtige Maske. »Ich werde Nachforschungen anstellen, Gaby. Ganz diskret. Mir wird da schon allerhand einfallen. Ich verstehe dich. Es könnte ja tatsächlich so sein, dass das andere Kind in Armut aufwächst. Vielleicht ist es sogar ein uneheliches Kind. Du kannst das nicht wegschieben, Wolf. Ich werde jedenfalls nichts unternehmen, was Florian schaden könnte.«
»Aber wir wissen doch nicht mal die Namen von den anderen Müttern, die am gleichen Tag ihre Kinder zur Welt gebracht haben«, sagte Wolfgang. »Oder hast du eine Ahnung, Gaby?«
»Ich weiß nur, dass eine in dem Unglücksbus war. Ihr Mann war dabei schwer verletzt worden, so weit ich mich erinnere. Man hat das von mir ferngehalten. Ich war ja auch in einem Einzelzimmer und bin mit anderen Patientinnen nicht in Berührung gekommen. An ihren Namen kann ich mich nicht erinnern.«
»Überlass das mir, Gaby. Ich mache das schon irgendwie«, erklärte Robert. »Einem Journalisten nimmt man manches ab, was bei anderen misstrauisch betrachtet wird. Mir fällt schon etwas ein. Macht euch nicht kopfscheu.«
Leicht sagte er das auch nicht dahin. Der Gedanke, dass doch böse Folgen entstehen könnten, beschwerte ihn sehr, aber er wusste auch, dass Gaby fortan immer an jenes andere Kind denken würde. Sie hatte Florian alle Liebe gegeben, aber hatte das Kind, das sie zur Welt gebracht hatte, auch so viel Liebe empfangen?
*
Die gleichen Gedanken machten sich auch Daniel und Fee Norden. Fee ging das sehr nahe. Sie war schließlich auch dreifache Mutter, und der Gedanke, dass ihr solches hätte geschehen können, regte sie auf.
»Nun, mein Schatz, beruhige dich mal wieder«, sagte Daniel nachsichtig. »Bei uns ist alles klar.«
»Aber in der heutigen Zeit darf doch so etwas gar nicht passieren«, sagte Fee.
»Es waren außergewöhnliche Umstände. Es braucht keine Nachlässigkeit des Personals gewesen zu sein. Es mag einfach eine Überforderung mitgespielt haben.«
»Aus der nun ein doppeltes Unglück entstehen