Tapferes kleines Waisenkind: Dr. Laurin – Neue Edition 9 – Arztroman
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Die großartige Schriftstellerin Patricia Vandenberg, die schon den berühmten Dr. Norden verfasste, hat mit den 200 Romanen Dr. Laurin ihr Meisterstück geschaffen. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus.
Dr. Leon Laurin betrachtete seinen Besucher mit einem unergründlichen Ausdruck. Sie hatten sich mit einem kurzen festen Händedruck begrüßt. Erik Wolf nahm in dem Sessel vor dem Schreibtisch Platz. Vor einigen Tagen hatte er zum ersten Mal Gelegenheit gehabt, den bekannten Arzt persönlich kennenzulernen. Seinen Namen kannte er schon seit einigen Jahren, gesehen hatte er den Arzt auch schon einmal flüchtig, und zu diesem Zeitpunkt hatte er diesen Mann nicht nur glühend beneidet, sondern war auch sehr eifersüchtig gewesen. Er hat Antonia geliebt, dachte jetzt auch Dr. Laurin. Und vielleicht liebt er sie auch heute noch. Leon Laurin hatte einmal allen Grund gehabt, auf Erik Wolf eifersüchtig zu sein, denn er war der einzige Mann, der ihm wirklich hätte gefährlich werden können. Es lag lange genug zurück, daß er jetzt objektiv darüber denken konnte. Er war sich Antonias Liebe sicher. Sie waren glücklich verheiratet und stolze Eltern eines Zwillingspärchens. Erik Wolf wußte das alles. Er hatte Antonia in den Voralpen getroffen, dort, wo er sie vor Jahren beim Skifahren kennengelernt hatte. In einer Zeit, in der Leon Laurin zwar schon sehr in Antonia verliebt war, aber doch nicht sicher, ob aus ihnen jemals ein Paar werden würde. Auch über die Rolle, die Erik Wolf in Antonias Leben gespielt hatte, war Leon sich im klaren. Sie hatten lange darüber gesprochen. Voller Zweifel, daß Leon sie jemals wirklich lieben würde, hatte Antonia Kayser sich damals für kurze Stunden in den interessanten Architekten verliebt. Nur für kurze Stunden, denn charaktervoll, wie Erik Wolf war, hatte er sie nicht im Zweifel darüber gelassen, daß er verheiratet war und daß er zu diesem Zeitpunkt nicht daran denken konnte, sich scheiden zu lassen, denn seine Frau war durch einen Unfall gelähmt.
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Tapferes kleines Waisenkind - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin – Neue Edition
– 9 –
Tapferes kleines Waisenkind
Patricia Vandenberg
Dr. Leon Laurin betrachtete seinen Besucher mit einem unergründlichen Ausdruck. Sie hatten sich mit einem kurzen festen Händedruck begrüßt.
Erik Wolf nahm in dem Sessel vor dem Schreibtisch Platz. Vor einigen Tagen hatte er zum ersten Mal Gelegenheit gehabt, den bekannten Arzt persönlich kennenzulernen. Seinen Namen kannte er schon seit einigen Jahren, gesehen hatte er den Arzt auch schon einmal flüchtig, und zu diesem Zeitpunkt hatte er diesen Mann nicht nur glühend beneidet, sondern war auch sehr eifersüchtig gewesen.
Er hat Antonia geliebt, dachte jetzt auch Dr. Laurin. Und vielleicht liebt er sie auch heute noch.
Leon Laurin hatte einmal allen Grund gehabt, auf Erik Wolf eifersüchtig zu sein, denn er war der einzige Mann, der ihm wirklich hätte gefährlich werden können. Es lag lange genug zurück, daß er jetzt objektiv darüber denken konnte. Er war sich Antonias Liebe sicher. Sie waren glücklich verheiratet und stolze Eltern eines Zwillingspärchens.
Erik Wolf wußte das alles. Er hatte Antonia in den Voralpen getroffen, dort, wo er sie vor Jahren beim Skifahren kennengelernt hatte. In einer Zeit, in der Leon Laurin zwar schon sehr in Antonia verliebt war, aber doch nicht sicher, ob aus ihnen jemals ein Paar werden würde.
Auch über die Rolle, die Erik Wolf in Antonias Leben gespielt hatte, war Leon sich im klaren. Sie hatten lange darüber gesprochen.
Voller Zweifel, daß Leon sie jemals wirklich lieben würde, hatte Antonia Kayser sich damals für kurze Stunden in den interessanten Architekten verliebt. Nur für kurze Stunden, denn charaktervoll, wie Erik Wolf war, hatte er sie nicht im Zweifel darüber gelassen, daß er verheiratet war und daß er zu diesem Zeitpunkt nicht daran denken konnte, sich scheiden zu lassen, denn seine Frau war durch einen Unfall gelähmt.
Durch einen Unfall, den er verschuldet hatte!
»Sie kennen meine Geschichte?« fragte Erik Wolf zögernd. »Es ist etwas seltsam, daß ich jetzt hier vor Ihnen sitze, Herr Dr. Laurin, aber ich denke doch, daß wir beide Männer sind, die sich nicht mit geheimen Vorwürfen zu belasten brauchen. Daß ich Ihre bezaubernde Frau noch immer tief verehre, will ich nicht leugnen, und ich hoffe, daß Sie es mir nicht verübeln. Antonia ist glücklich. Das ist ein sehr beruhigendes Gefühl für mich.«
»Na, das freut mich aber«, meinte Leon leicht ironisch, um dem Gespräch den allzu tiefen Ernst zu nehmen.
»Ich hatte nun ja Gelegenheit, auch Ihre Gattin kennenzulernen und gestehe gern, daß ich Sie für eine bewundernswerte Frau halte.«
»Das ist sie auch, und deswegen möchte ich auch alles tun, damit sie vollends glücklich wird. Unsere Ehe hat eine harte Krise durchgestanden – ich gebe es zu, aber Anne und ich stehen uns jetzt näher als jemals zuvor.«
Wolf hatte alles getan, um die Heilung seiner Frau zu erreichen, um sich nicht mehr mit diesen entsetzlichen Vorwürfen plagen zu müssen. Und es war wirklich seltsam gewesen. Die gemeinsame Zeit mit Anne, der Kampf um ihre Gesundheit, hatte Erik verwandelt. Vor allem Annes Verständnis, ihre Geduld und die Tatsache, daß sie ihm niemals Vorwürfe machte, hatte sie eng verbunden.
»Anne wünscht sich ein Kind«, sagte Erik Wolf leise. »Jetzt, da sie Ihre entzückenden Zwillinge gesehen hat, mehr denn je. Herr Dr. Laurin, sagen Sie mir offen: Besteht eine Chance, daß sie ein Kind bekommen kann, nach all dem, was sie durchzustehen hatte?
»Das kann ich ohne weiteres nicht sagen«, erwiderte Leon nachdenklich. »Wir müßten sie gründlich untersuchen, beobachten und eventuell auch behandeln. Sogar querschnittsgelähmte Frauen, die überhaupt keine Chance zu einer völligen Genesung haben, können gesunde Kinder zur Welt bringen. Wenn Ihre Frau sich uns anvertrauen will, werde ich selbstverständlich alles tun, was in meiner Macht steht, um ihrem Wunsch auch Erfüllung zu bringen. Wie lange wollen Sie noch in Europa bleiben, Herr Wolf?«
»Solange es nötig sein wird, wenn eine Chance für Anne besteht. Finanziell sind wir ja glücklicherweise unabhängig. Beruflich bin ich auch nicht gebunden. Ich kann überall arbeiten.«
»Weiß Ihre Frau, daß Sie bei mir sind?« fragte Leon.
Erik Wolf schüttelte den Kopf. »Ich wollte erst mit Ihnen sprechen. So tapfer Anne sonst ist – wenn es um das ersehnte Kind geht, ist sie überaus empfindlich. Aber wenn gar keine Hoffnung bestünde, könnte ich sie vorsichtig darauf vorbereiten, daß wir vielleicht eines adoptieren könnten.«
»Was dann gar kein schlechter Gedanke wäre. Wir haben ja auch ein Adoptivkind in der Familie. Der Onkel meiner Frau hat nach langer, kinderloser Ehe einen Jungen adoptiert, und er ist ihnen so lieb wie ein eigenes. Dabei war Florian immerhin schon zehn. Man kann auch Babys adoptieren. Und ich glaube fast, daß man dann ganz vergißt, daß sie nicht das eigene Kind sind. Solche Entschlüsse wollen allerdings reiflich überlegt sein. Sehen wir uns Ihre Frau lieber erst einmal ganz genau an. Wann können Sie sie bringen?«
»Wann Sie wollen! Anne hat sich bereits gut erholt.«
Dr. Laurin nickte zustimmend. »Ich konnte es am Sonntag feststellen.«
»Ich wäre Ihnen zu unendlichem Dank verpflichtet«, sagte Erik Wolf leise.
*
»Ein Notruf, Schwester Karin«, rief Schwester Laura atemlos. »Ein Unfall!«
»Wir sind kein Unfallkrankenhaus! Meine Güte – warum zittern Sie denn so?« Sie nahm der jungen Schwester den Hörer aus der Hand.
»Ja, hier Prof.-Kayser-Klinik! Worum handelt es sich? – Florian Kayser. – Ja, natürlich gehört er zur Familie. Er ist verunglückt? Und es besteht Lebensgefahr? – Bringen Sie ihn sofort!«
Totenblaß ließ Karin den Hörer fallen.
»Florian!« stöhnte sie. »Rasch, geben Sie Alarm, dem Chef sage ich es selbst!«
Auch Leon Laurin, der eben Erik Wolf verabschiedet hatte, konnte nur mit Mühe die Fassung bewahren.
Florian war verunglückt! Wie es geschehen war, wußte noch niemand.
Aber anscheinend war das Schlimmste zu befürchten. Die chirurgische Station war in Alarmbereitschaft versetzt. Professor Kayser war schon zur Stelle.
»Monika kann es noch nicht wissen«, murmelte er. »Sie ist bei Teresa. Leon, es ist entsetzlich!«
Es war nur gut, daß Dr. Sternberg die Nerven nicht verlor.
Mit Sirenengeheul fuhr bereits der Ambulanzwagen vor. Ein schrecklich zugerichteter Florian wurde in den Operationssaal gefahren.
Wie alles gekommen war, erfuhren sie erst viel später. Sämtliche Ärzte waren stundenlang bemüht, dieses junge Leben zu retten, aber es war nicht zu leugnen, Florians Leben hing auch nach der Operation und den Bluttransfusionen nur an einem