Freude auf der Entbindungsstation: Dr. Laurin – Neue Edition 18 – Arztroman
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Die großartige Schriftstellerin Patricia Vandenberg, die schon den berühmten Dr. Norden verfasste, hat mit den 200 Romanen Dr. Laurin ihr Meisterstück geschaffen. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus.
»In der Prof. -Kayser-Klinik werden die Patienten mit dem Namen genannt«, sagte Dr. Uhl unwillig zu der jungen Schwester. Schwester Beates rundes Gesicht färbte sich dunkelrot. »Entschuldigung, Herr Berghoff hat geläutet«, berichtigte sie sich rasch. Dr. Uhl war schon auf dem Weg zu Zimmer 9, doch er traf unterwegs mit Dr. Sternberg zusammen. »Sie wollen auch zu Herrn Berghoff?« fragte Eckart Sternberg. »Das übernehme ich.« Auch Dr. Sternberg schöpfte noch einmal tief Atem, bevor er das Krankenzimmer betrat. Vier Wochen führte man hier bereits einen aussichtslosen Kampf um das Leben des Gutsbesitzers Robert Berghoff. Bleich und regungslos lag er in den Kissen, aber seine Augen, kluge, gütige Augen, richteten sich forschend auf das Gesicht des sympathischen Arztes. »Wie lange habe ich noch zu leben, Herr Doktor?« fragte er leise. Diesen Mann konnte man nicht mehr täuschen.
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Freude auf der Entbindungsstation - Patricia Vandenberg
Dr. Laurin – Neue Edition
– 18 –
Freude auf der Entbindungsstation
Patricia Vandenberg
»In der Prof.-Kayser-Klinik werden die Patienten mit dem Namen genannt«, sagte Dr. Uhl unwillig zu der jungen Schwester.
Schwester Beates rundes Gesicht färbte sich dunkelrot. »Entschuldigung, Herr Berghoff hat geläutet«, berichtigte sie sich rasch.
Dr. Uhl war schon auf dem Weg zu Zimmer 9, doch er traf unterwegs mit Dr. Sternberg zusammen.
»Sie wollen auch zu Herrn Berghoff?« fragte Eckart Sternberg. »Das übernehme ich.«
Auch Dr. Sternberg schöpfte noch einmal tief Atem, bevor er das Krankenzimmer betrat. Vier Wochen führte man hier bereits einen aussichtslosen Kampf um das Leben des Gutsbesitzers Robert Berghoff. Bleich und regungslos lag er in den Kissen, aber seine Augen, kluge, gütige Augen, richteten sich forschend auf das Gesicht des sympathischen Arztes.
»Wie lange habe ich noch zu leben, Herr Doktor?« fragte er leise.
Diesen Mann konnte man nicht mehr täuschen. Er wußte Bescheid, und nun bestätigte er es.
»Ich weiß es wahrscheinlich länger als Sie«, sagte Robert Berghoff ruhig. »Gegen Leukämie ist so leicht noch kein Kraut gewachsen. Ich möchte nur wissen, ob ich die Geburt unseres Kindes noch erleben werde.«
»Ich kann es nicht sagen, Herr Berghoff«, erwiderte Dr. Sternberg resigniert.
»Ich möchte Sie bitten, mich vor den Besuchen meiner Frau so zu präparieren, daß sie keinen Schock bekommt«, sagte Robert Berghoff bestimmt.
Das war völlig überflüssig, aber er mochte es dem Kranken nicht sagen. Viola Berghoff wußte, wie es um ihren Mann stand. Alle, die sie während dieser Woche kennengelernt hatten, waren voller Bewunderung für diese zarte Frau.
*
Viola Berghoff war indessen im Sprechzimmer von Dr. Laurin. Auch er fühlte nur Bewunderung und Verehrung für diese Frau, die vier Wochen vor der Geburt ihres Kindes stand, und deren Mann drüben gegen den unerbittlichen Tod ankämpfte, um diese Geburt noch zu erleben. Er würde sie nicht mehr erleben. Dr. Sternberg gab ihm höchstens noch eine Woche.
»Wenn er doch wenigstens erleben könnte, daß der Name Berghoff weiterleben wird«, sagte Viola leise. »Warum nur müssen die besten, gütigsten Menschen so früh sterben? Ich habe ihm so unendlich viel zu verdanken«, sagte sie verhalten. Dr. Laurin horchte auf. Seltsame Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Dankbarkeit und Liebe?
Sie war erst vierundzwanzig. Robert Berghoff war siebzehn Jahre älter als sie, und er mußte den Keim seiner unheilbaren Krankheit schon lange in sich getragen haben, als sie heirateten. Sie waren noch nicht lange verheiratet.
Viola Berghoff war eine sehr anmutige Frau. Ihr Gesicht war unregelmäßig, aber unglaublich ausdrucksvoll. Wunderschön waren die Augen, die ihrem Namen entsprachen, von einem tiefen Violett, das in der Erregung schwarz wirkte. Ihr honigblondes Haar umgab in natürlichen Wellen dieses ovale Gesicht, über dem ein Hauch von Schwermut lag.
Was Dr. Laurin wunderte, war der Umstand, daß Viola Berghoff nicht ein einziges Mal gefragt hatte, ob die Krankheit ihres Mannes erblich sei. Wollte sie es nicht wissen? Wollte sie es von sich weisen, oder dachte sie gar nicht daran, daß es so sein könnte?
Jetzt zwang sie sich zu einem Lächeln. »Bei mir ist ja wohl alles in Ordnung«, sagte sie. »Ich werde jetzt zu meinem Mann gehen. Falls meine Schwiegermutter sich wieder nach meinem Zustand erkundigen sollte, können Sie sie beruhigen, nicht wahr?«
Die Schwiegermutter, Frau Lucy Berghoff, war ein weiteres Problem für Dr. Laurin. Auch über sie konnte er sich nur wundern. Sie war zwar fast zusammengebrochen, als man ihr sagen mußte, daß ihr Sohn nicht mehr gesund werden würde, aber jetzt war sie vor allem besorgt um ihre Schwiegertochter. Und das nahm manchen wunder, denn sie war eine sehr eigenwillige, fast hochmütige Frau, und jedermann wußte, daß Viola Berghoff vor ihrer Ehe eine kleine Angestellte gewesen war, Tochter eines Beamten. Die Berghoffs waren, wenn auch bürgerlich, ein altes, vornehmes Geschlecht und steinreich.
Etwas ganz Besonderes mußte um Viola sein, wenn sie das Herz dieser Frau hatte gewinnen können.
»Ich könnte heulen«, sagte Hanna Bluhme, Dr. Laurins bewährte, mütterliche Sprechstundenhilfe, als Viola Berghoff gegangen war. »Da kommt solch ein kleines Wesen vielleicht zur selben Stunde auf die Welt, in der sein Vater stirbt. Und sie ist doch noch so jung!«
Hanna Bluhme hatte selbst alles Leid der Welt erlebt, denn auch ihr Mann war an einer unheilbaren Krankheit gestorben. Sie war mit ihren beiden Kindern zurückgeblieben, aber diese waren schon halb erwachsen, als das geschah. Ihre Tochter Cornelia war inzwischen gut verheiratet, und Bernd, ihr Sohn, war nach einem schweren Unfall wieder genesen. Aber Hanna litt mit, wenn andere litten, und so mußte Dr. Laurin heute wieder einmal sie trösten.
Robert Berghoff war auf den Besuch seiner Frau vorbereitet. Er hatte kurz zuvor eine Infusion bekommen, und nun täuschte sein Aussehen über seinen wahren Zustand hinweg.
»Da bist du ja, mein Liebes«, sagte er zärtlich.
Viola beugte sich zu ihm hinab und küßte ihn.
»Wie geht es dir, Lieber?« fragte sie weich.
»Das muß ich dich fragen. Du bist viel wichtiger als ich, mein Kleines. Ist Dr. Laurin zufrieden?«
»Sehr zufrieden, Rob. Ich hoffe, Dr. Sternberg ist mit dir auch so zufrieden.«
Sie spielte nun schon seit Wochen die Zuversichtliche, und manchmal drohten sie die Kräfte zu verlassen.
Sie streichelte seine abgemagerten Hände. »Es wird bestimmt ein Junge, Liebster«, sagte sie. »Mama meint es auch. Sie ist die beste Schwiegermutter, die man sich wünschen kann. Ich weiß nicht, womit ich das verdiene.«
»Ich weiß es. Dich muß man liebhaben. Du hast mir eine wundervolle Zeit geschenkt, Viola.«
»Pssst.« Sie legte ihren Zeigefinger auf seine Lippen. »Du bist ein wundervoller Mann, Rob. Ich bin doch die Beschenkte.«
Nun erstickten die aufsteigenden Tränen doch ihre Stimme. Aber er merkte es nicht mehr deutlich, die Beruhigungsmittel begannen schon zu wirken.
»Ich liebe dich, Viola, ich habe dich von Anfang an geliebt. Du sollst glücklich sein. Meine Gedanken werden immer bei dir sein, meine Liebe…«
Er war wieder eingeschlafen.
Sie vernahm die schwachen, unregelmäßigen Atemzüge und spürte, wie Tränen über ihre Wangen rollten.
Verlaß mich nicht, dachte sie. Warum sollst du nicht mit mir leben dürfen? Ich würde dich nie verlassen, Rob, nie mehr. Ich kann vergessen, was gewesen ist.
Konnte sie es wirklich? Die Zeit rann dahin, und sie saß noch immer an seinem Bett. Und die Bilder der Vergangenheit wurden vor ihren Augen lebendig. Ein Mann, der auch den Namen Berghoff trug, schien vor ihr zu stehen, zwischen ihr und Robert. Herbert Berghoff, Roberts Bruder.
*
Er war Chefingenieur gewesen in der Fabrik, in der sie als Sekretärin beschäftigt war. Herbert Berghoff, dreiunddreißig, von allen Frauen umschwärmt.
Viola dachte