Gemeindeschwester Rosmarie: Dr. Norden Bestseller – Neue Edition 12 – Arztroman
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Für Dr. Norden ist kein Mensch nur ein 'Fall', er sieht immer den ganzen Menschen in seinem Patienten. Er gibt nicht auf, wenn er auf schwierige Fälle stößt, bei denen kein sichtbarer Erfolg der Heilung zu erkennen ist. Immer an seiner Seite ist seine Frau Fee, selbst eine großartige Ärztin, die ihn mit feinem, häufig detektivischem Spürsinn unterstützt. Auf sie kann er sich immer verlassen, wenn es darum geht zu helfen.
Die Nebel wollten nicht weichen an diesem unfreundlichen Novembertag, und deshalb geriet auch der Verkehr immer wieder ins Stocken. Dr. Daniel Norden brauchte für seine Krankenbesuche noch mehr Zeit als sonst. Nun hatte er den letzten und dreizehnten noch vor sich. Er war nicht abergläubisch, doch den Besuch bei Maria Hellbrügg hatte er sich deshalb bis zuletzt aufgehoben, weil er wusste, dass Schwester Rosmarie sich seiner Patientin angenommen hatte, und dass diese bestens versorgt wurde. Seit zwei Monaten waltete die Gemeindeschwester Rosmarie Brink mit einer Aufopferung ohnegleichen ihres nicht leichten Amtes. Hin und wieder begegnete ihr Dr. Norden, wenn er Hausbesuche machte, aber weitaus öfter hörte er lobende und dankbare Worte über sie. An ihr hatten selbst die schwierigsten Patienten nichts auszusetzen. Ihn freute es. Er hatte seine Bedenken gehabt, ob sie mit diesen oft so unduldsamen Kranken zurechtkommen würde, als er sie kennenlernte, da sie einen eher verschlossenen Eindruck machte, doch ihre Taten zählten wohl mehr als Worte. Sie erfreute sich schon nach kurzer Zeit großer Beliebtheit. Als er vor der alten und sehr gepflegten Villa aus seinem Wagen stieg, öffnete ihm Schwester Rosmarie schon stürmisch die Tür. Offensichtlich hatte sie auf ihn gewartet. Etwas mehr als mittelgroß, schlank und biegsam, stand sie vor ihm. Ihr schmales ernstes Gesicht zeigte einen besonders sorgenvollen Ausdruck. Das lange rötlich-braune Haar war hochgesteckt und kringelte sich nur über der klaren, hohen Stirn in kleinen Löckchen. »Es geht Frau Hellbrügg gar nicht gut, Herr Doktor«, sagte sie leise. »Sie hatte eine schlechte Nacht.
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Buchvorschau
Gemeindeschwester Rosmarie - Patricia Vandenberg
Dr. Norden Bestseller – Neue Edition
– 12 –
Gemeindeschwester Rosmarie
… lebt nur für andere. Und ihr eigener Schmerz?
Patricia Vandenberg
Die Nebel wollten nicht weichen an diesem unfreundlichen Novembertag, und deshalb geriet auch der Verkehr immer wieder ins Stocken. Dr. Daniel Norden brauchte für seine Krankenbesuche noch mehr Zeit als sonst. Nun hatte er den letzten und dreizehnten noch vor sich. Er war nicht abergläubisch, doch den Besuch bei Maria Hellbrügg hatte er sich deshalb bis zuletzt aufgehoben, weil er wusste, dass Schwester Rosmarie sich seiner Patientin angenommen hatte, und dass diese bestens versorgt wurde.
Seit zwei Monaten waltete die Gemeindeschwester Rosmarie Brink mit einer Aufopferung ohnegleichen ihres nicht leichten Amtes. Hin und wieder begegnete ihr Dr. Norden, wenn er Hausbesuche machte, aber weitaus öfter hörte er lobende und dankbare Worte über sie. An ihr hatten selbst die schwierigsten Patienten nichts auszusetzen.
Ihn freute es. Er hatte seine Bedenken gehabt, ob sie mit diesen oft so unduldsamen Kranken zurechtkommen würde, als er sie kennenlernte, da sie einen eher verschlossenen Eindruck machte, doch ihre Taten zählten wohl mehr als Worte. Sie erfreute sich schon nach kurzer Zeit großer Beliebtheit.
Als er vor der alten und sehr gepflegten Villa aus seinem Wagen stieg, öffnete ihm Schwester Rosmarie schon stürmisch die Tür. Offensichtlich hatte sie auf ihn gewartet.
Etwas mehr als mittelgroß, schlank und biegsam, stand sie vor ihm. Ihr schmales ernstes Gesicht zeigte einen besonders sorgenvollen Ausdruck. Das lange rötlich-braune Haar war hochgesteckt und kringelte sich nur über der klaren, hohen Stirn in kleinen Löckchen.
»Es geht Frau Hellbrügg gar nicht gut, Herr Doktor«, sagte sie leise. »Sie hatte eine schlechte Nacht. Sie verzehrt sich in Sorge um ihren Sohn.«
»Hat sie noch immer keine Nachricht von ihm?«, fragte er leise flüsternd. Rosmarie schüttelte verneinend den Kopf.
»Sie hat in den Nachrichten gehört, dass wieder so viel passiert ist«, murmelte sie. »Es ist ja auch schrecklich genug.«
Ja, es war schrecklich. Daniel Norden hatte nicht gedacht, dass es im fernen Afrika so schlimm kommen würde, als sein junger Kollege Dr. Martin Hellbrügg die Entscheidung getroffen hatte, für drei Jahre an ein Urwaldhospital zu gehen, um sein Können und auch seinen Willen zu helfen, gleich richtig unter Beweis zu stellen. Tragisch war es für Maria Hellbrügg gewesen, dass dann ihr Mann so plötzlich starb und Martin dort nicht alles stehen und liegen lassen konnte. Nun bangte sie auch um das Leben ihres einzigen Sohnes.
Sie selbst hatte gerade eine schwere Grippe überwunden. Zwei Wochen hatte sie in der Klinik gelegen, aber dann hatte sie sich nach ihrem gemütlichen Heim gesehnt, obgleich sie noch sehr geschwächt war. Aber es war auch in ihrem Fall gut, dass man die Gemeindeschwester Rosmarie hatte, denn Hauspflegerinnen waren dünn gesät, und es gab zu viele Schwerkranke, die sich gar nicht allein behelfen konnten.
Maria Hellbrügg war keine wehleidige Frau. Wenn sie litt, litt sie still. Sie zeigte nun, als Dr. Norden ihr Zimmer betrat, ein tapferes Lächeln.
»Bei Wind und Wetter und Nebel, immer unterwegs«, sagte sie mit ihrer leisen, angenehmen Stimme. »Und spät ist es auch schon wieder. Ihre Frau wird sich sorgen, lieber Dr. Norden.«
»Jetzt bin ich ja bald zu Hause«, erwiderte er, während er ihren Puls fühlte.
»Der hat es aber eilig«, stellte er beiläufig fest. »Sie müssen sich noch mehr schonen.«
»Es ist nur die Angst um Martin«, erklärte sie mit erstickter Stimme. »Ich fühle, dass etwas ist mit ihm, etwas Schlimmes.«
»Das machen diese Nachrichten, liebe Frau Hellbrügg«, sagte Dr. Norden. »Sie dürfen sich nicht damit quälen.«
»Wenn ich doch nur eine Nachricht von ihm hätte«, sagte sie bebend.
»Die Post wird lange unterwegs sein«, meinte er tröstend, und für sich dachte er, dass man schlechte Nachrichten meist schneller bekam als gute. Aber solche Andeutung wollte er doch lieber nicht machen. Er hoffte, dass sein junger Kollege gesund zurückkehren würde zu seiner Mutter, denn die drei Jahre waren nun bereits abgelaufen.
*
Dr. Martin Hellbrügg dachte zu dieser Stunde auch daran, dass er eigentlich schon mehr als eine Woche in der Heimat sein könnte, aber es sah nicht so aus, als würde er die Heimreise in absehbarer Zeit antreten können. Sie saßen fest in ihrem Hospital, das von den Aufständischen umzingelt war. Wie es weitergehen sollte, wusste niemand, und er wollte darüber auch gar nicht nachdenken. Viel Zeit zur Besinnung blieb den drei Ärzten sowieso nicht, die hier die Kranken und Verwundeten zu betreuen hatten. Nur die Hoffnung blieb ihnen, dass sie von irregeleiteten Söldnern verschont bleiben würden.
Dr. Hellbrügg stand am Bett einer jungen Frau, die sich in Fieberträumen hin und her wälzte, stöhnte und ab und zu angstvoll aufschrie.
»Kai, wo ist Kai?«, stöhnte sie jetzt wieder, und nun riss sie ihre Augen auf, nachtdunkle, schreckensvolle Augen.
»Er wird bald kommen, Leila«, sagte Martin Hellbrügg sanft. »Er wird bestimmt kommen.«
»Du sagst es nur, Tino«, flüsterte sie, »du sagst es immer wieder, schon so lange.«
Was sollte er sonst sagen? Dass niemand wusste, wo sich Kai Candell aufhielt, ob er überhaupt noch lebte?
»Ich habe doch schon mein Baby verloren«, schluchzte Leila. »Sie können mir doch Kai nicht auch nehmen.«
Martin zog es das Herz zusammen. Leila hatte eine Frühgeburt erlitten. Das Baby war nicht zu retten gewesen, und es stand zu fürchten, dass auch sie die folgenden Tage nicht überstehen würde, wenn nicht ein Wunder geschah. Das Wunder, dass Kai kommen würde. Aber wie sollte er kommen? Er wusste ja nicht einmal, dass sich seine Frau im Hospital befand. Und wenn er sie im Hause suchte, in seinem Hause, würde er dieses leer und verwüstet finden.
Martin war mit den Candells befreundet. Kai war leitender Ingenieur in einer Diamantenmine und seit zwei Jahren mit der reizenden Farmertochter Leila verheiratet. Sie hatten sich wohlgefühlt in diesem Land, und sie hatte Martin das Heimweh vergessen helfen. Nun aber war alles anders gekommen. Nun herrschte hier das Chaos.
Dr. Martin Hellbrügg gab Leila ein Beruhigungsmittel und dachte dabei sorgenvoll, dass die Medikamente nicht mehr lange reichen würden, um die Patienten noch zu versorgen. Auch die Lebensmittel waren zusammengeschmolzen. Die Lage schien aussichtslos.
Leila war eingeschlafen. Martin ging zu seinem Kollegen Dr. Brown. Der dunkelhäutige Arzt blickte ihn aus müden Augen an. »Bei Tagesanbruch landet ein Hubschrauber, Tino«, sagte er heiser. »Pack deine Sachen.«
»Wieso?«, fragte Martin bestürzt.
»Ihr werdet geholt. Du und die sechs Weißen, die noch hier sind.«
»Und du?«
»Ich bleibe selbstverständlich.«
»Dann bleibe ich auch.«
»Nein, du musst die Patienten betreuen. Wird Leila es schaffen?«
Martin zuckte die Schultern. »Was ist mit Percy?«, erkundigte er sich.
Dr. Brown legte die schmalen Hände vor sein müdes Gesicht. »Er bleibt. Er hat nichts mehr zu verlieren. Laura ist vor einer Viertelstunde gestorben.«
Martin senkte den Kopf. Ein Zucken lief über sein Gesicht. »Ich bin weder ein Feigling, noch ein Deserteur«, sagte er leise.
»Nein, du bist beides nicht. Ich befehle dir, die Patienten zu begleiten. Ich bin hier der Boss. Es gibt keine Widerrede. Ich hoffe, dass ihr durchkommt.« Er machte eine kleine Pause. »Und ich hoffe, dass es ein Wiedersehen gibt, Tino.«
*
Maria Hellbrügg trank den Tee, den Rosmarie ihr gebracht hatte. Ihre Hand zitterte so stark, dass sie kaum die Tasse halten konnte.
»Würden Sie heute Nacht bei mir bleiben, Rosmarie«, fragte sie leise. »Ich fühle mich so entsetzlich einsam.«
»Ich bleibe gern«, erwiderte Rosmarie.
»Sie sind sehr lieb. Ich bin egoistisch, aber …«, sie geriet ins Stocken und wischte sich schnell ein paar Tränen aus den Augenwinkeln.
»Nein, Sie sind keineswegs egoistisch«, erwiderte Rosmarie. »Auf mich wartet heute niemand mehr.«
»Aber Ihre Tage sind ausgefüllt mit der Fürsorge für andere, und Sie brauchen wirklich Ihre Ruhe. Aber ich will Sie nicht beanspruchen. Ich möchte nur nicht allein sein im Haus. Ich bin so unruhig.« Sie verschlang die Hände ineinander. »Sie können in Martins Zimmer schlafen. Ich lüfte es jeden Tag. Das Bett ist frisch bezogen.«
Und sie wartet jeden Tag auf ihren Sohn, dachte Rosmarie. Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu der großen Fotografie, die auf dem Sekretär stand. Ein junges Gesicht, ein lächelnder Mund, helle Augen, dunkles Haar, eine unverkennbare Ähnlichkeit mit der Mutter gab dieses Bild wider.
»Sie haben keine Angehörigen in der Nähe, Rosmarie?«, fragte Maria Hellbrügg verhalten.
»Nein«, kam die leise Antwort.
»Haben Sie wenigstens eine nette Wohnung bekommen?«
»Ja, ich bin zufrieden.«
»Sie könnten hier wohnen, das Haus ist so groß.«
Überrascht sah Rosmarie Frau Hellbrügg an, denn eigentlich war auch Maria bei aller Freundlichkeit immer sehr zurückhaltend. Nun lächelte sie flüchtig. »Ich glaube, wir würden uns gut verstehen«, sagte Maria.
»Ich bin den ganzen Tag unterwegs«, sagte Rosmarie. »Morgen früh um sieben Uhr muss ich bei den Gröbners sein und die Kinder versorgen. Die Mutter ist in der Klinik, der Vater muss früh zur Arbeit.«
»Wie viele Kinder sind das?«, fragte Maria.
»Drei. Die beiden Großen gehen zur Schule, die Kleine in den Kindergarten. Liebe Kerlchen.«
Es war das erste Mal, dass Rosmarie über andere Pfleglinge sprach. Maria betrachtete das junge und doch schon so gereifte Gesicht jetzt ziemlich gedankenvoll.
»Und dann geht es den ganzen Tag so weiter?«, fragte sie.
»Wo man halt gebraucht wird«, antwortete Rosmarie.
»Sie sind