Vergessen werde ich dich nie
Von Violet Winspear
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Über dieses E-Book
Schon lange ist Felicia heimlich in den griechischen Milliardär Mykos Mayrakis verliebt. Und als sich die Chance bietet, ihn an sich zu binden, setzt die ansonsten so scheue Felicia alles auf eine Karte: Im Hochzeitskleid ihrer Cousine Penela geht sie zum Traualtar - niemand merkt, dass nicht Penela die Braut ist …
Violet Winspear
Violet Winspear wurde am 28.04.1928 in England geboren. 1961 veröffentliche sie ihren ersten Roman „Lucifer`s Angel“ bei Mills & Boon. Sie beschreibt ihre Helden so: Sie sind hager und muskulös, Außenseiter, bitter und hartherzig, wild, zynisch und Single. Natürlich sind sie auch reich. Aber vor allem haben sie eine große Sehnsucht nach Liebe, sind einsam und verfügen über eine große Menge an Leidenschaft. Die meisten Helden von Violet Winspear entsprechen diesem Bild. Sie beängstigen aber faszinieren. Sie müssen die Art von Mann sein, der über den „bösen Blick“ verfügt und man muss als Leserin das Gefühl haben, es wäre schlimm allein mit einem von ihnen im Raum zu sein. Da sie sie als „fähig zur Schändung“ bezeichnete, verursachte sie einen großen Aufruhr und wurde mit Hasstiraden bombardiert. Dennoch änderte Violet Winspear die Beschreibung ihrer Helden nicht. Violet Winspear schrieb von ihrem Zuhause in Süd-Ost-England aus, welches sie nicht verließ. Ihre Inspiration erhielt sie in der Ortsbibliothek. Sie war nie verheiratet und hat keine Kinder. Sie starb Anfang 1989 nach einem langem Kampf gegen Krebs.
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Vergessen werde ich dich nie - Violet Winspear
IMPRESSUM
Vergessen werde ich dich nie erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© by Violet Winspear
Originaltitel: „The Child Of Judas"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIANCA
Band 137 - 1979 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Umschlagsmotive: GettyImages_photominus
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733755652
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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1. KAPITEL
„Was für ein teuflisches Spiel haben Sie vor?"
Felicia hatte sich Penelas Sachen angezogen. Nur die weichen, grauen Schuhe waren ihr zu groß gewesen. Deswegen hatte sie sich aus dem Deckel des Schuhkartons Einlegesohlen geschnitten. Was konnte sie in diesem Augenblick schon zu ihrer Rechtfertigung vorbringen?
Penela war davongelaufen, und es schien nur einen Weg zu geben, Mykos vor allen Leuten in der Kirche, den Zeitungsreportern und Gratulanten, den Bekannten und den Feinden, die Männer mit Einfluss zwangsläufig haben, nicht der Lächerlichkeit preiszugeben: Sie, Felicia, hatte das weiße Spitzenkleid angezogen und den langen kostbaren Schleier so aufgesteckt, dass er ihr Gesicht verhüllte.
Unten in der Halle hatte Onkel Dominic die Braut erwartet. „Du siehst wunderbar aus", hatte er gesagt. Am Hochzeitstag seiner Tochter war er zu nervös, um zu bemerken, dass er gar nicht seine Tochter, sondern seine Nichte küsste und sie an seinem Arm zu dem wartenden Hochzeitsauto führte.
Kein Mensch hatte während der Zeremonie Felicias Abwesenheit bemerkt. Man wusste ja, dass sie schüchtern war. Dabei hatte sie sich für ihre Cousine ausgegeben und war vor dem Altar der griechischen Kirche einem Mann angetraut worden, der ihre Existenz kaum bemerkt hatte … bis zu diesem bestürzenden Augenblick.
„Wie um alles in der Welt haben Sie das fertig gebracht?, fragte Mykos und fasste wütend in ihr Haar. Er zog sie zu sich heran und musterte genau ihr Gesicht. „Es war dieser teuflische Schleier. Damit sahen Sie aus wie sie, wenn auch bleich und nervös an diesem wichtigsten aller Tage. Ein zusätzlicher Trick war Ihr Schwächeanfall in der Sakristei. Und dann zeigten Sie sich zu ergriffen, um an dem Empfang teilzunehmen. Sagen Sie
, dabei beugte sich Mykos noch näher zu ihr und seine Augen funkelten vor Zorn, „fühlen Sie sich allein mit mir auch noch so sicher – in unserem Flitterwochenhotel?"
Felicia spürte den Schmerz, als er an ihren Haaren zog. Aber am meisten litt sie unter der Schuld und einer ebenso schrecklichen Angst. Mykos Mavrakis war Grieche durch und durch, und dieser Umstand hatte die ganze Maskerade begünstigt.
Er war mit seinen beiden Brüdern und einigen Geschäftsfreunden in einem Extraauto zum Hotel gefahren worden, denn, ähnlich wie die Araber, lassen sich griechische Männer nicht mit Frauen in der Öffentlichkeit sehen. Frauen sind ihre privaten Angelegenheiten. Deshalb war die Braut von ihm getrennt gehalten worden bis zu dem Augenblick, als sie sich ganz allein gegenüberstanden – als Ehemann und Ehefrau.
Jeder einzelne Augenblick dieses Morgens war in Felicias Erinnerung so scharf eingeschliffen, wie die Facetten des Smaragdringes, den Penela auf dem Frisiertisch ihres Schlafzimmers zurückgelassen hatte. Er lag auf dem zusammengefalteten, eilig beschriebenen Zettel, den sie für Mykos hinterlassen hatte. Sie hatte ihn in Athen während einer ihrer vielen Gelegenheitsbeschäftigungen kennen gelernt, mit denen sie die Zeit bis zur Übernahme kleinerer Theaterrollen überbrückte. Reiseführerin für eine Busladung Feriengäste zu sein, sagte Penela zu, denn sie hatte ein sprühendes Temperament und fürchtete niemanden.
Genau diese Eigenschaften hatten diesen Mann angezogen, der jetzt mit Felicia in dem luxuriösen Wohnzimmer des Parkway Tower Hotels in London stand. Der Reiz muss sehr groß gewesen, denn es ist hinreichend bekannt, dass Griechen sehr traditionsbewusst sind und es daher vorziehen, einheimische Frauen zu heiraten. Penelas Anziehungskraft war jedoch offenbar so stark gewesen, dass es Mykos nach England zog, wo er Dominic Odell um die Hand seiner einzigen Tochter bat.
Aber es war Felicias Hand, die Mykos Mavrakis an diesem Morgen in der Kirche gehalten hatte, und es war ihr Finger, auf den der gravierte Ring aus feinstem Gold geschoben wurde. Das Sonnenlicht, das durch das hohe, spitze Fenster über den Altar fiel, hatte ihn glitzern lassen. Einen gleichen, aber größeren Ring steckte sie mit zitternden Fingern an seine rechte Hand. Fast hätte sie den Ring fallen lassen, denn sie war sich bewusst, dass sie den Zorn der Götter und des Griechen selbst auf sich ziehen würde, wenn sie die Rolle des Mädchens spielte, das er eigentlich haben wollte.
Felicia hatte einen Myrtenkranz getragen, und sie fragte sich, ob ihre Cousine wohl aus Furcht davongelaufen, oder ob es ein echtes Bedürfnis gewesen war, die Rolle als Ersatzschauspielerin in New York zu übernehmen.
Felicia wusste von der Affäre, die Penela mit dem Produzenten Drake Montressen gehabt hatte. Seit ihrer Schulzeit war sie von ihrer Cousine in alle Geheimnisse eingeweiht worden, und da sie keine eigene Familie hatte, war sie dankbar, dass Penela sie beinahe wie eine Schwester behandelte. Auch Dominic Odell, ein erfolgreicher Gebrauchsgrafiker, wäre über die Tatsache erschüttert gewesen, dass sein geliebtes Kind sich einem Mann wie Montressen hingegeben hatte. Dieser war wesentlich älter als Penela, ein starker Trinker und ein Frauenheld.
Felicia hatte versucht, ihre Missbilligung zu verbergen. Jedoch – wie konnte sie das flüchtige Verhältnis mit einem Mann verurteilen, wo sie etwas getan hatte, was einer Gotteslästerung gleichkam!? Von einem fremden Hochzeitsschleier verhüllt, hatte sie das Ritual einer griechischen Hochzeit über sich ergehen lassen. Drei Mal war sie mit dem Bräutigam zum Altar geschritten, durch die Bänder einer blumengeschmückten Krone mit ihm verbunden. Danach hatte sie am Hochzeitswein genippt und die silberbeschlagene Bibel mit der schönen, griechischen Schrift geküsst. Eine Zeremonie, die aus griechischer Sicht heilig war. Eine solche Verbindung konnte nur der Tod lösen.
Unter dem Schleier war ihr Gesicht so weiß wie die Blumen gewesen, die ihr Kleid schmückten: Schneeglöckchen, die als Symbol für Jungfräulichkeit an Körper, Geist und Seele galten.
Eine Ader trat an Mykos Schläfe hervor, als er auf Felicia herunterstarrte. Niemals in ihrem Leben hatte sie jemand so wütend gesehen. Er sah aus, als ob er seine Hände um ihren Hals legen wollte, um sie zu erwürgen, was sie ihm nicht hätte verübeln können. Fast hätte sie dies als eine Befreiung aus einer Situation empfunden, die mit jeder Sekunde unerträglicher wurde.
„Wie konnten Sie es wagen, sich für sie auszugeben und ihren Namen anzunehmen?", fragte er.
„Das habe ich nicht getan, stammelte Felicia, weil die Wörter kaum über ihre starren Lippen kommen wollten. „Ich – ich nannte meinen eigenen Namen.
„Cousine Felicia!" In Mykos Augen flackerte Zorn und Verachtung auf.
„Ich – ich schrieb ihn sogar in das Buch, und Sie hätten den Schwindel an Ort und Stelle aufdecken können."
„Ihre Hand zitterte so sehr, dass Sie auch mit jedem anderen Namen hätten unterschreiben können, und es wäre nicht zu entziffern gewesen, erwiderte Mykos. „Ich muss zugeben, ich wunderte mich darüber, dass Penela so nervös schien. Aber warum sollte ich bezweifeln, dass das Mädchen an meiner Seite meine richtige Braut war? Warum sollte ich einen Betrug vermuten?
Felicia zuckte zusammen, als sich seine Finger schmerzhaft in ihre zarten Schultern eingruben. Er zerrte sie zum Fenster, wo das Sonnenlicht des späten Nachmittags sich ungehindert in das Zimmer ergoss.
„Jetzt sehe ich, dass Sie nicht einmal eine Kopie von ihr sind, bemerkte Mykos schneidend. „Aber weiß der Teufel, die meisten Bräute sehen verändert aus. Selbst Verwandte und Freunde kennen sie mitunter nicht wieder. Das verschleierte Gesicht wirkt nicht vertraut, und der Mann hat das Gefühl, eine Wachsfigur zu heiraten. Wo sich sonst warme Hände berühren, vor dem Altar sind sie kalt und zittern. Wo die Stimme sonst verführerisch klingt, sie nimmt einen kühlen und abweisenden Ton an. Himmel und Hölle, wie kann ein Mann selbst vor dem Altar sicher sein, dass er dieselbe Frau heiratet, die er in der Nacht davor in seinen Armen hielt!
Da schrie Felicia vor Schmerz auf, denn sein Griff war zur Folter geworden. Sie war noch niemals vorher allein mit diesem Mann gewesen. Bisher hatte sie ihn, den griechischen Verlobten ihrer Cousine, in überfüllten Räumen erlebt. Einen Mann mit Gardemaß, mit der Gestalt eines Säbeltänzers und den Augen eines Löwen.
„Wenn ich Sie verletze, dann haben Sie es so gewollt", sagte Mykos mit einer Stimme, die so scharf wie ein Messer war.
„Eine Menge Schmerz wartet noch auf Sie, kleine Betrügerin. Es war ein Versprechen, keine Drohung. „Sie konnten wenig Freude erwartet haben, als Sie das weiße Kleid anzogen und Ihr Gesicht hinter diesem verfluchten Schleier versteckten! Sagen Sie mir, was haben Sie erwartet, als Sie sich für Penela ausgaben?
Seine Augen suchten nach der Wahrheit, und Felicia musste sie im letzten Winkel ihres Herzens verbergen. Wenn er nur einen Schimmer von dieser unglaublichen Wahrheit erfahren würde, wäre sie bloßgestellt.
Sollte er doch das Naheliegende glauben – dass sie als armes Mädchen die Gelegenheit beim Schopf ergriffen hatte, reich zu werden. Dies würde er verstehen, aber niemals den wahren Grund, warum sie sich als Penela verkleidet hatte. An dem Abend nämlich, als sie ihm in der Diele des Hauses ihres Onkels Mykos Mavrakis angeblickt und weiche Knie bekommen hatte, war sie der Meinung gewesen, diese Empfindung wäre nichts als Angst. Aber sie hatte in dieser Nacht stundenlang wach gelegen und war von seinen Bildern heimgesucht worden.
Sie zog den Zettel aus Penelas Kostümtasche, den ihre Cousine hastig beschrieben hatte, bevor sie ihm davongelaufen war. Schweigend gab sie ihn Mykos. Den Inhalt kannte sie.
„Lieber Mykos!
In gewisser Weise bin ich immer noch verrückt nach dir, und ich weiß, dass wir zusammen aufregende Zeiten hätten verleben können. Aber ich möchte eine Schauspielerin werden, und du als Grieche hättest mir dies nicht erlaubt. Ich habe die Chance, als Ersatz für Gertrude Maine in New York in einem herrlichen, neuen Stück aufzutreten. Das kann ich mir einfach nicht entgehen lassen.
Bitte versuche, mich zu verstehen, aus Liebe zu mir! Und bitte versuche auch, mir zu verzeihen. Felicia wird dir wahrscheinlich diesen Zettel geben. Ihrer Verschwiegenheit kannst du trauen und den anderen Leuten sagen, wir hätten Streit gehabt. Danke für die Erinnerungen.
Deine Drückebergerin, Penela."
Felicia zuckte zusammen, als Mykos das Papier zerknüllte und in den Papierkorb neben dem Schreibtisch warf. Das war’s, schien diese Geste zu sagen. Ein vergebliches Werben, eine Liebe, die es nicht wert war, erwidert zu werden.
„So, Ihnen kann ich also vertrauen!" Sein Blick blieb auf Felicia geheftet. Ein Mann, der zu befehlen gewohnt war, war von einem Mädchen sitzen gelassen und von einem anderen schamlos hereingelegt worden. Felicia wusste, dass er ihr nie verzeihen würde.
„Was – was wollen Sie jetzt tun?" Sie musste ihn fragen, sie musste seine Absichten kennen lernen. In jeder Beziehung war er ein Fremder für sie, und sie konnte nicht sicher sein, dass er sie nicht vor die Tür setzen würde. Zwar war sie seine Frau, aber andererseits auch ein Eindringling.
„Was möchten Sie, das ich tue?, fragte Mykos spöttisch. „Sie wissen besser als ich, warum Sie in der Aufmachung einer anderen Frau in die Kirche kamen und kühn dort weitermachten, wo sie aufgehört hatte. Die völlig mittellose, kleine Cousine, was? Merken Sie, dass Sie gänzlich meiner Gnade ausgeliefert sind?
„Ich – ich glaube schon", antwortete Felicia.
„Ich könnte sie aus dem Fenster werfen. Wer würde mir Vorwürfe machen? Wer würde sich daran stören?"
„Niemand, gab sie zu. „Sie wären im Recht.
„Ich freue mich, dass Sie das erkennen. Sein Blick glitt an ihr herunter. „Ich bin noch bestürzt darüber, dass ich glauben konnte, ich hätte Penela geheiratet. Sie sprüht vor Lebenslust, und Sie sind zurückhaltend. Ihr Haar ist gold- und nicht platinfarben, und Sie haben nicht den verführerischen Zug um den Mund. Wissen Sie, was ich über Sie denke?
„Ich kann es vermuten", antwortete Felicia ruhig. Noch nie hatte sie in einem Blick größere Verachtung entdecken können.
„Ich bezweifle, ob irgendein Mensch die Vorstellungskraft hat, wie tief der Abgrund ist, der sich auftut, wenn ich Sie anschaue. Es ist, als ob ich einen Diamant gekauft hätte und zu Hause feststellen würde, dass es ein Glassplitter ist. Ich fühle mich beraubt, und das ist ein Gefühl, das kein Grieche ertragen kann."
„Ich – es tut mir leid",