… und er war doch der Schnellste: Wyatt Earp 181 – Western
Von William Mark
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Es gab schon damals, noch zu Lebzeiten vieler großer Revolverschützen, im alten Westen und überhaupt in den Staaten manche Meinungsverschiedenheiten über die drei größten Coltmen. Alle Überlegungen spielten sich immer nur unter dem Namen Doc Holliday ab. Nächst ihm erst begann der Kampf um die Rangfolge der ersten Plätze. Da war vor allem natürlich der gefährliche Hal Flanagan; ein Vetter der Tombstoner Outlaw-Familie, der erst um die Mitte der Achtziger Jahre von sich reden machte und ganz zweifellos direkt ein ›Talent‹ auf diesem Sektor darstellte. Ganz sicher ist dann im gleichen Atemzug mit Flanagan Eg Flemming zu nennen; einer der seltsamsten Charaktere, die der alte Westen überhaupt aufzuweisen hat. Und dann sollte von Carson Kit gesprochen werden; der Sheriff von Colorado Springs war sicher einer der schnellsten Schützen, die man in dem mittleren Westen je gekannt hat. Seltsamerweise hat sich niemals jemand bei dieser Frage mit Wyatt Earp befaßt, der doch ganz sicher einer der allerschnellsten Männer mit dem sechsschüssigen Revolver gewesen ist. Man hielt es einfach für eine Selbstverständlichkeit, daß er eben genauso schnell schoß wie der Traumschütze Holliday, der ja sein Partner war. Gleich hinter Wyatt sollte gerechterweise der Texaner Luke Short genannt werden, denn es hat keinen Gegner gegeben, der den Revolver je schneller als der Riese aus dem Halfter gebracht hätte. Aber die Chronik des Westens befaßt sich da nicht mit den Männern des Gesetzes, wie Wyatt Earp und Carson Kit oder auch Luke Short, der ja lange Zeit den Sheriffstern trug, sondern mehr mit Leuten, die – wenn man einmal von Doc Holliday absieht – auf der anderen Seite des Gesetzes standen. Mit Gestalten wie eben Eg Flemming, Hal Flanagan und – wir dürfen nicht vergessen: Kirk McLowery! Ein Bruder von Frank und Tom McLowery, die beide bei dem historischen Kampf im Ok-Corral am 26. Oktober 1881 gegen Wyatt Earp und Doc Holliday gefallen sind. Denn auch er muß in der allervordersten Reihe genannt werden. Seine Duelle mit den schnellen Gerringer-Brothers, die er in einem furiosen Gunfight schlug, sein Kampf mit Gene Hartoc, sein Gefecht mit Harry Lipman und Dan Alverson bleiben unvergessen in der Geschichte des Westens. Ich selbst würde da noch ganz vornehin einen Namen setzen, der in der Historie des Westens gar nicht groß genug ob seiner Dämonie als Bravo und Scharfschütze geschrieben werden kann: nämlich Clay Allison! Er war ein geradezu unwahrscheinlicher, unheimlicher Schütze mit dem Revolver und mit dem Gewehr, was ja bekanntlich selten ist. Ebenso sein Bruder John, der erst später in unserer Story auftauchen wird, und der sich von Mat und Ric, den beiden anderen Allison-Brothers, getrennt hatte, aber ebenso wie die beiden an dem ›großen‹ Clay hing. Auch die Clantons gehörten in diese Reihe, allen voran Ike. Er war ein hervorragender Schütze.
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… und er war doch der Schnellste - William Mark
Wyatt Earp
– 181–
… und er war doch der Schnellste
William Mark
Es gab schon damals, noch zu Lebzeiten vieler großer Revolverschützen, im alten Westen und überhaupt in den Staaten manche Meinungsverschiedenheiten über die drei größten Coltmen.
Alle Überlegungen spielten sich immer nur unter dem Namen Doc Holliday ab. Nächst ihm erst begann der Kampf um die Rangfolge der ersten Plätze. Da war vor allem natürlich der gefährliche Hal Flanagan; ein Vetter der Tombstoner Outlaw-Familie, der erst um die Mitte der Achtziger Jahre von sich reden machte und ganz zweifellos direkt ein ›Talent‹ auf diesem Sektor darstellte. Ganz sicher ist dann im gleichen Atemzug mit Flanagan Eg Flemming zu nennen; einer der seltsamsten Charaktere, die der alte Westen überhaupt aufzuweisen hat. Und dann sollte von Carson Kit gesprochen werden; der Sheriff von Colorado Springs war sicher einer der schnellsten Schützen, die man in dem mittleren Westen je gekannt hat.
Seltsamerweise hat sich niemals jemand bei dieser Frage mit Wyatt Earp befaßt, der doch ganz sicher einer der allerschnellsten Männer mit dem sechsschüssigen Revolver gewesen ist. Man hielt es einfach für eine Selbstverständlichkeit, daß er eben genauso schnell schoß wie der Traumschütze Holliday, der ja sein Partner war. Gleich hinter Wyatt sollte gerechterweise der Texaner Luke Short genannt werden, denn es hat keinen Gegner gegeben, der den Revolver je schneller als der Riese aus dem Halfter gebracht hätte. Aber die Chronik des Westens befaßt sich da nicht mit den Männern des Gesetzes, wie Wyatt Earp und Carson Kit oder auch Luke Short, der ja lange Zeit den Sheriffstern trug, sondern mehr mit Leuten, die – wenn man einmal von Doc Holliday absieht – auf der anderen Seite des Gesetzes standen. Mit Gestalten wie eben Eg Flemming, Hal Flanagan und – wir dürfen nicht vergessen: Kirk McLowery! Ein Bruder von Frank und Tom McLowery, die beide bei dem historischen Kampf im Ok-Corral am 26. Oktober 1881 gegen Wyatt Earp und Doc Holliday gefallen sind.
Denn auch er muß in der allervordersten Reihe genannt werden. Seine Duelle mit den schnellen Gerringer-Brothers, die er in einem furiosen Gunfight schlug, sein Kampf mit Gene Hartoc, sein Gefecht mit Harry Lipman und Dan Alverson bleiben unvergessen in der Geschichte des Westens.
Ich selbst würde da noch ganz vornehin einen Namen setzen, der in der Historie des Westens gar nicht groß genug ob seiner Dämonie als Bravo und Scharfschütze geschrieben werden kann: nämlich Clay Allison! Er war ein geradezu unwahrscheinlicher, unheimlicher Schütze mit dem Revolver und mit dem Gewehr, was ja bekanntlich selten ist. Ebenso sein Bruder John, der erst später in unserer Story auftauchen wird, und der sich von Mat und Ric, den beiden anderen Allison-Brothers, getrennt hatte, aber ebenso wie die beiden an dem ›großen‹ Clay hing.
Auch die Clantons gehörten in diese Reihe, allen voran Ike. Er war ein hervorragender Schütze. Ebenso sein Bruder Dilly.
Es gibt da noch einige Namen, die oft genannt werden, aber wenig in diesem Gebiet zu suchen haben. Einmal wird da zuweilen von Jesse James gesprochen. Er war ein Räuber, ein Bandenführer, ein zwielichtiger Mensch, der mal gut, mal schlecht handelte, aber ein sonderlich guter, geschweige denn ein großer Revolverschütze oder Gunman (Gewehrmann) ist er nicht gewesen. Zum Ärger mancher Leute, die auch ihn für einen der schnellsten Revolverschützen des Westens hielten, muß ich hier einen gewissen William Bonney erwähnen, der ›Billy the Kid‹ genannt wurde. Er war absolut kein großer Coltman. Im Gegenteil, Augenzeugen berichteten mehrfach, daß er sogar ein ausgesprochen schlechter Schütze gewesen sei – und die 21 (!) Toten, die er zurückgelassen hat, waren meist hilflose Leute, die diesem geistesschwachen Burschen sogar meist noch aus dem Wege zu gehen versucht hatten. Glücklicherweise ist seine unrühmliche Laufbahn von dem tüchtigen Sheriff Patrick Garrett schon sehr bald beendet worden; Bonney wurde nicht einmal ganz einundzwanzig Jahre alt. Eine Verherrlichung solcher Gestalten halte ich für naiv und unsinnig. Ebenso sieht es mit einer Reihe anderer Figuren aus, die wegen ihrer Verbrechen populär wurden.
Heute haben wir uns mit einem Manne zu befassen, der tatsächlich mit einem gewissen Recht von sich sagen konnte, wirklich einer der schnellsten Revolverschützen des Westens zu sein. Allerdings behauptete er im Frühling 1885: »Ich bin nicht e i n e r der schnellsten – ich bin d e r schnellste!«
Sein Name war Eg Flemming. Zu Unrecht ist er im Gegensatz zu anderen großen Namen dieser Zeit etwas vergessen worden; das heißt, Amerika hat ihn nicht vergessen. Vor allem Kansas nicht – insbesondere die Stadt Wichita wird sich seiner immer erinnern.
Er stammte aus einem kleinen Nest namens Westover in der Nähe von Jackson in Tennessee. Da war er am 17. Januar 1855 als Sohn eines Lehrers auf die Welt gekommen. Sie hatten nur den einen Sohn, die biederen, etwas bigotten Flemmings, die für das benachbarte große Jackson, dem sie sich so gern angeschlossen hätten, so etwas wie ›Provinzleute‹ darstellten.
Etwas von diesem Geist des Verzichtenmüssens, des ewig zu Kleinen, des Minderbemittelten, muß von den Eltern auf den Sohn übergegangen sein. Auch er wollte stets höher hinaus.
Zunächst besuchte er mit Eifer die Schule. Dem emsigen Bemühen seines Vaters gelang es dann, den protestantischen Hauptpastor Jackson für den sehr aufgeschlossenen Burschen zu interessieren.
Eg Flemming kam auf ein Seminar, besuchte zwei Jahre später eine richtige Hochschule – und niemand in Westover vermochte es zu fassen: der mittelgroße, unbedeutend wirkende, schmalgesichtige, etwas bläßliche Lehrerssohn mit den hellen Augen wurde Advokat. Er bestand seine Examen alle mit Auszeichnung und war schon mit zweiundzwanzig Jahren Doktor der Rechte.
Leider begnügte der energiegeladene junge Mann sich damit noch nicht.
Er wollte mehr, viel mehr.
Und schon anderthalb Jahre nach bestandener Prüfung lehnte sich der junge Anwalt gegen den Gouverneur von Tennessee auf, beschuldigte ihn der Bestechlichkeit, der Vetternschaft und der Vernachlässigung seiner Pflichten. In einem sensationellen Prozeß redete der junge Doktor die beiden erfahrenen Anwälte des Gouverneurs nieder, vermochte das unbestechliche Gericht sogar zu überzeugen, und gewann.
Aber auch das genügte ihm noch nicht: er wollte noch mehr. Er bekämpfte auch den Nachfolger des daraufhin abgesetzten Staatsoberhauptes und verfeindete sich auf diese Weise mit jedermann. Der Emporkömmling aus der Provinz bekam damit auch rasch das, was jeder Parvenu sehr schnell hat: Feinde! Und zwar mehr, als er brauchen konnte.
Bis er eines Abends, kurz vor Weihnachten 1879, auf offener Straße in Knoxville überfallen wurde. Dabei wurde seine linke Gesichtshälfte verletzt. Ebenso trug er mehrere Wunden am Leib davon. Dennoch hatten die Gegner das nicht erreicht, was sie erreichen wollten: nämlich ihn völlig aus dem Spiel zu bringen.
Als er am Morgen des 9. Januar 1880 wiederum auf offener Straße – diesmal mit dem Revolver – angefallen wurde, und zwar von dem siebzehnjährigen Studenten Griffith und dem vierunddreißigjährigen Revolutionär Goldmann, zwei bezahlten Leuten seiner Gegner, geschah etwas Ungeheuerliches: Der junge Politiker schoß zurück!
Yeah, Eg Flemming zog blitzschnell einen schweren achtunddreißiger Smith & Wesson Revolver aus dem Gurt und feuerte zurück.
Goldmann wurde ins Herz getroffen und war sofort tot.
Der junge Griffith wurde mit einem Lungensteckschuß weggeschleppt und starb drei Tage später im Bethana-Hospital von Knoxville.
So sehr die sieben Schüsse, die an jenem Morgen auf der breiten Magnolia Avenue von Tennessees Hauptstadt Knoxville gefallen waren, die Popularität des jungen politischen Anwalts bei einer gewissen breiten Schicht der Bevölkerung hoben, so sehr senkten sie sie bei einer anderen Gruppe, die mehr Einfluß besaß. Als am vierzehnten Februar, also einen Monat nach den Schüssen auf der Magnolia Avenue, vorm Gerichtsgebäude der Stadt am hellen Mittag abermals ein Mann vor Flemming mit dem Revolver auftauchte und der Anwalt wieder schneller schoß und den anderen auf der Stelle tötete, verwandelte sich die Begeisterung, die es bei der jungen Generation des Staates für Flemming anfangs gegeben hatte, auch dort in Grausen.
Man fürchtete ihn und verabscheute ihn sogar, als er, sieben Wochen später, mitten im Gerichtssaal, von einem jungen Referendar mit der Waffe bedroht, erneut den schußgewandten Mann spielte, der den Gegner mit einem ›Hammerschlag-Duo‹ (mit zwei Schüssen, die im Original-Westernstil von zwei Handkantenschlägen auf den Hammer ausgelöst wurden) niederstreckte. Nie sollten ihn die Leute, die während der Verhandlung anwesend waren, vergessen. Sieben Tage quälte sich der Getroffene mit seiner schweren Verletzung herum, und dann erlag er ihr trotz aller ärztlichen Bemühungen, die Flemming sogar insgeheim finanzierte, doch.
Damit war das Schicksal des ›schußschnellen Rechtsanwalts‹ aber besiegelt, als es selbst seine ärgsten Feinde je für möglich gehalten hätten. Nicht, daß man ihm rechtlich etwas anhaben konnte, denn so gesehen hatte er ja in Notwehr gehandelt. Aber die Leute betrachteten ihn bereits als ›Revolvermann‹, als einen Menschen, der mit der Schußwaffe lebte, und verziehen ihm daher die Toten nicht, die er auf der Strecke ließ. Ein so sicherer Schütze hätte sich nach ihrer Meinung mit einer Verletzung des Gegners begnügen müssen, die diesen nur kampfunfähig machte.
Von den Kollegen, Richtern und sogar seinen Freunden