Wyatt Earp 105 – Western: Kilby stirbt
Von William Mark
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Mitten unter der Menschenmenge, die sich gegen den Vorbau des Crystal Palace drängte, stand ein schnauzbärtiger Mann, der ein Gewehr in der Hand hielt. Der Mörder Kilby. Mit kalten unbeteiligten Augen beobachtete er das Ringen vor der Schankhaustür. Eben flog mit berstendem, krachendem Geräusch ein menschlicher Körper durch die Schwingarme der Tür, prallte draußen gegen einen Vorbaupfeiler und sackte auf die Stepwalkbohlen. Der schnauzbärtige Mann mit dem Gewehr sah, wie jetzt ein riesiger Mensch den Crystal Palace verließ. Es war der Texaner Luke Short.
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Buchvorschau
Wyatt Earp 105 – Western - William Mark
Wyatt Earp –105–
Kilby stirbt
Roman von William Mark
Mitten unter der Menschenmenge, die sich gegen den Vorbau des Crystal Palace drängte, stand ein schnauzbärtiger Mann, der ein Gewehr in der Hand hielt.
Der Mörder Kilby. Mit kalten unbeteiligten Augen beobachtete er das Ringen vor der Schankhaustür.
Eben flog mit berstendem, krachendem Geräusch ein menschlicher Körper durch die Schwingarme der Tür, prallte draußen gegen einen Vorbaupfeiler und sackte auf die Stepwalkbohlen. Der schnauzbärtige Mann mit dem Gewehr sah, wie jetzt ein riesiger Mensch den Crystal Palace verließ.
Es war der Texaner Luke Short.
Er wurde draußen von mehreren Männern angegriffen, räumte aber mit seinen Bärenkräften fürchterlich unter ihnen auf.
Es war die Ringo-Bande, die hier den Vorbau zu stürmen versuchte.
Aber der Hüne erhielt jetzt wirksame Unterstützung von zwei Männern, die für ein halbes Dutzend zählten.
Wyatt Earp und Doc Holliday!
In diesem Augenblick stürmte eine junge Frau aus der Schanktür auf Doc Holliday zu und wies mit dem Arm in die Menge.
Kilby erschrak bis ins Mark.
Ich habe keine Chance! zuckte es durch sein Hirn. Und im Bruchteil einer Sekunde handelte er. Er hob den Lauf des Gewehrs, das bei ihm stets durchgeladen war, und zog den Stecher durch.
Der Schuß röhrte über den Vorbau.
Die Frau bekam einen Stoß und torkelte zurück. Der Marshal fing sie auf.
Kilby hatte das Gewehr blitzschnell zurück auf den Vorbau gelegt und es verstanden, die Panik der Menge für seine Flucht auszunutzen. Er stürmte an dem Vorbau entlang, weiter in die Dunkelheit der Gasse hinein, blieb bei Myers Clothing Store vor dem offenen Tor stehen und blickte in den düsteren Hof.
Aber dann entschloß er sich doch, sich hier nicht zu verstecken, da man ihn hier vermutlich zuerst suchen würde.
Er warf sich herum und tigerte in weiten Raubtiersätzen über die Straße, auf das dunkle Hoftor des Zimmermanns Lonegan zu.
In diesem Augenblick hörte er die Schritte des ersten Verfolgers in der Gasse.
Luke Short war ihm gefolgt.
Kilby stieß gegen das Tor – und mußte zu seinem Schrecken feststellen, daß es verschlossen war.
Wie ein gehetztes Tier wirbelte er herum und sprang auf einen Wagen zu, der neben dem Haus des Zimmermanns stand.
Es war ein großer vierspriegeliger Planwagen.
Auf der dem Texaner abgewandten Wagenseite zog Kilby sich unter der Plane an der Wagenplanke hoch und ließ sich auf die Bodenbretter gleiten. Schwer atmend lag er auf den kühlen Holzplanken und lauschte.
Dann hörte er drüben einen zweiten Mann herankommen.
Kilby richtete sich auf und entdeckte einen Schlitz in der Plane, durch den er die andere Straßenseite beobachten konnte, er sah jetzt die beiden Männer drüben stehen.
Schweiß rann ihm in Bächen unter dem Hutrand hervor.
Er sah, wie Luke Short sich umwandte und der Marshal drüben in Myers Hof verschwand. Es war also genauso gekommen, wie er befürchtet hatte.
Jetzt muß ich verschwinden! hämmerte es im Hirn des Verbrechers. Ich muß die Zeit ausnutzen, die der Verfolger in dem Hof drüben verbringt.
Er schob sich wieder über die Bordwand des Wagens, schlüpfte unter der Plane hervor und glitt neben dem rechten Hinterrad vom Wagen. Eine Sekunde blieb er lauschend stehen.
Dann entfernte er sich wie ein Schatten huschend, an der rechten Häuserfront entlang auf die Fremontstreet zu.
Als er sie erreicht hatte, hastete er vorwärts, blieb an der City Hall noch einmal stehen, um zu lauschen, wandte sich dann um und lief weiter. Er befand sich nur noch wenige Meter vor dem Eingang des O.K.-Corrals, als er jäh zusammenschrak und wie angenagelt stehenblieb.
Aus der Toreinfahrt schnellte ein Schatten hervor.
Kilby preßte sich gegen die Tür von Flys Galery.
Aber es war nur ein Hund, der aus dem Wagenabstellplatz hervorschoß; groß, schwarz und lautlos setzte er jetzt über die Straße und verschwand im Hof der Schneiderei Booland.
Aus der Gassenmündung der Secondstreet drang das Geräusch von Schritten.
Der Bandit wandte sich wieder um, huschte an der City Hall vorbei zurück, scheute aber die Einmündung der Thirdstreet. Geduckt überquerte er den breiten Fahrdamm der Fremontstreet und fand – erleichtert atmete er auf – das Hoftor neben Millers Bar geöffnet, stahl sich hindurch und hastete auf einen Kistenstapel im Hof zu, den er im diffusen Mondlicht schon vom Tor aus entdeckt hatte. Als er aber davorstand, mit den Händen nach den Kisten tastend, zuckte er zurück.
Särge! Er war in den Hof eines Undertakers (Beerdigungsunternehmer) geraten.
Aber die schnellen Schritte, die jetzt draußen auf der Straße zu hören waren, veranlaßten ihn, dennoch die Deckung dieser makabren Umgebung zu suchen.
Er kletterte an dem Stapel hinauf und verbarg sich in einem deckellosen Sargkasten.
Da hörte er, daß jemand im Hof war. Ganz deutlich vernahm er drüben am Stallhaus Schritte. Sie näherten sich dem Sargstapel. Plötzlich verstummte das Geräusch.
Der Mann im Sarg starrte mit weit aufgerissenen Augen in das mit flimmernden Sternen bedeckte Himmelsgewölbe. Den Mund hatte er weit geöffnet, um sich nicht durch ein Atemgeräusch zu verraten.
Plötzlich durchzuckte ihn jäher Schreck.
Ganz deutlich hörte er – an dem Sarg, der unter ihm stand, das Tasten einer Hand.
Es bestand für den Verbrecher nicht der geringste Zweifel, daß der Mann, der ihn da aufgespürt hatte, niemand anderes als Wyatt Earp sein konnte.
Der Bandit lag in äußerster Anspannung da und hielt den Atem an.
Dumpf dröhnte ihm der Schlag des eigenen Herzens in den Ohren. Und zwar so laut, daß Kilby befürchtete, der Mann unten, neben dem Sargstapel, müsse es hören können.
In diesem höllischen Augenblick wurde oben am Haus die Tür geöffnet, und eine kreischende Frauenstimme drang über den Hof.
»He, wer ist denn da? Was machen Sie denn hier?«
Die Frau hielt inne. »Marshal?« fragte sie ungläubig. Offenbar hatte sie den Mann erkannt. »Was suchen Sie in unserem Hof? Um Gottes willen – schmeißen Sie nicht die Särge um, die sind noch nicht bezahlt! Und leider auch noch nicht verkauft. Es sterben zu wenig Leute in dieser Stadt.«
Aus allernächster Nähe vernahm der Mann im Sarg die Stimme des Missouriers. Ihr metallener Klang ließ ihn erzittern.
»Tut mir leid, daß ich nichts zur Hebung Ihres Geschäftes tun kann, Mrs. Blaffer. – Ich suche einen Mann, der vorm Crystal Palace eine Frau niedergeschossen hat.«
Gleich darauf war die krächzende Stimme der Alten wieder zu hören.
»Sie werden doch nicht annehmen, daß er sich in einem unserer Särge versteckt hat.«
»Ausgeschlossen ist es nicht.«
»Um Himmels willen, schmeißen Sie die teuren Särge bloß nicht um. Mr. Putkin verlangt für das Stück siebzehn Dollar. Das Geld muß ja schließlich erst verdient werden…«
Der Marshal winkte ab und verließ den Hof.
Kilby atmete tief auf.
Die Frau, die noch im Hof gestanden und sich umgewandt hatte, fuhr zusammen.
»He?« fragte sie mit schiefgelegtem Kopf, »ist da jemand?« Sie blieb noch einen Augenblick stehen und verschwand dann im Haus. Die Tür wurde von innen verschlossen.
Kilby lag wie versteinert in dem Sargkasten und starrte wieder in die flimmernden Sterne.
»Das war nahe dran«, flüsterte er tonlos vor sich hin.
Minutenlang wagte er nicht, sich zu bewegen.
Wie konnte ich auch nur so wahnsinnig sein, mich ausgerechnet in diesem Hof zu verstecken, in einem Sargstapel! überlegte er. Vielleicht aber war gerade das seine Rettung gewesen. Er konnte nicht begreifen, wie der Marshal seine Spur bis hierher hatte verfolgen können.
Oder war Wyatt Earp zufällig in den Hof des Undertakers gekommen?
Auf der Fremontstreet draußen waren Schritte zu hören. Zwei Männer gingen vorüber und unterhielten sich ziemlich laut miteinander. Kilby konnte jedoch nichts von dem, was sie sagten, verstehen.
Er wartete eine Viertelstunde, ehe er es wagte, sein unheimliches Versteck zu verlassen.
Auf einem Umweg gelangte er in die Gasse, in der Rozy Gingers Bar lag. Befriedigt stellte der Verbrecher fest, daß der Saloon schon geschlossen war. Die Fenster waren zur Straße hin unbeleuchtet und keinerlei Geräusche mehr zu vernehmen.
Er schlich den gewohnten Weg durch den Hof an die rückwärtige Tür, fand diese aber verschlossen.
Zorn stieg in dem Banditen auf.
Er trat unter das Küchenfenster und versuchte es hochzuziehen, was ihm jedoch nicht gelang.
Da nahm er sein Bowiemesser aus dem Stiefelschacht, schob die Spitze unter das Fensterholz und preßte die Klinge mit aller Kraft tief in den entstandenen Spalt.
Als das Fenster sich auch jetzt noch nicht anheben ließ, stieß er das Messer noch einmal hart in den Spalt und brach den metallenen Bügel aus seiner Halterung.
Jetzt konnte er das Fenster hochschieben. Er schwang sich am Sims hinauf und stand gleich darauf in der dunklen Küche des Saloons.
Auf dem Weg zur Flurtür stieß er mit dem Schienbein gegen einen Hocker.
Er preßte