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AUGEN, GRÜN WIE EINE KATZE: Der Krimi-Klassiker!
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AUGEN, GRÜN WIE EINE KATZE: Der Krimi-Klassiker!
eBook240 Seiten3 Stunden

AUGEN, GRÜN WIE EINE KATZE: Der Krimi-Klassiker!

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Über dieses E-Book

Kriminal-Lieutenant Shapiro versteht nichts von Malerei. Deshalb hilft ihm die hübsche, grünäugige Doris Weigand, den Mord an dem bekannten New Yorker Maler Shackleford Jones aufzuklären.

Im Zwielicht des Künstlerviertels Greenwich Village nimmt der Mörder nun Doris ins Visier...

Der Roman Augen, grün wie eine Katze von F. R. Lockridge (* 26. September 1898 in St. Joseph, Missouri; † 19. Juni 1982 in Tyron, North Carolina) erschien erstmals im Jahr 1967; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1968.

Der Verlag DER ROMANKIOSK veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Thrillers aus der New Yorker Kunst-Szene in seiner Reihe DIE MITTERNACHTSKRIMIS.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum21. Mai 2020
ISBN9783748742487
AUGEN, GRÜN WIE EINE KATZE: Der Krimi-Klassiker!

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    Buchvorschau

    AUGEN, GRÜN WIE EINE KATZE - F. R. Lockridge

    Das Buch

    Kriminal-Lieutenant Shapiro versteht nichts von Malerei. Deshalb hilft ihm die hübsche, grünäugige Doris Weigand, den Mord an dem bekannten New Yorker Maler Shackleford Jones aufzuklären.

    Im Zwielicht des Künstlerviertels Greenwich Village nimmt der Mörder nun Doris ins Visier...

    Der Roman Augen, grün wie eine Katze von F. R. Lockridge (* 26. September 1898 in St. Joseph, Missouri; † 19. Juni 1982 in Tyron, North Carolina) erschien erstmals im Jahr 1967; eine deutsche Erstveröffentlichung erfolgte 1968.

    Der Verlag DER ROMANKIOSK veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe dieses Thrillers aus der New Yorker Kunst-Szene in seiner Reihe DIE MITTERNACHTSKRIMIS.

    AUGEN, GRÜN WIE EINE KATZE

    Erstes Kapitel

    Sie bezahlte den Taxifahrer. Dann stand sie auf dem Bürgersteig und sah zu, wie das Taxi langsam die Straße hinunterrollte. An der nächsten Ecke hielt es einen Moment an und bog dann rechts ab. Das sei der richtige Weg, hatte sie dem Fahrer gesagt, um am einfachsten wieder aus dem Gewirr der Gassen herauszufinden, in das sie ihn hineindirigiert hatte. Als der Wagen außer Sicht war, stand sie noch eine kleine Weile vor dem baufälligen alten Haus. Sie wusste, dass sie es hinauszuschieben versuchte; sie wusste aber auch, dass es sinnlos war, es hinauszuschieben.

    Die drei Treppen würden davon nicht weniger steil werden und die Stufen so eng bleiben, wie sie waren. Sie holte tief Atem und betrat das Gebäude. An der ersten Stufe zögerte sie noch einmal, diesmal nur ganz kurz; dann begann sie hinaufzusteigen, und wie jedes Mal erlebte sie das gleiche Schwindelgefühl. Die Stufen neigten sich schräg von der Wand weg, und ihr fiel ein, wie oft sie schon gedacht hatte, dass diese abbruchreife Hütte eines Tages in sich zusammenkrachen würde. Und gesagt hatte sie es auch oft genug, doch jedes Mal darauf eine grobe Antwort erhalten.

    Oben, auf der letzten Stufe, machte sie eine Pause, um Atem zu holen.

    Sie ging durch einen Flur und stand dann vor der vertrauten Tür. Sie holte den Schlüssel aus ihrer Handtasche, steckte ihn ins Schloss und versuchte ihn nach rechts zu drehen.

    Er ließ sich nicht drehen.

    Flüchtig kam ihr der Gedanke, er hätte das Schloss auswechseln lassen. Es sah ihm aber nicht ähnlich. Dann fiel ihr ein, dass sie wieder einmal den üblichen Fehler machte. Wenn der Schlüssel zu tief in das Schlüsselloch gesteckt wurde, schon um ein paar Millimeter zu viel, ließ er sich nicht drehen. Sie zog ihn diese paar Millimeter heraus, drehte, und das Schloss schnappte. Sie drückte die Tür auf und rief, schon während sie den großen, unaufgeräumten Raum betrat: »Shack? Bist du da, Shack?«

    Sie rief laut, erhielt aber keine Antwort. Sie rief wieder. Und dann ging sie in den Raum hinein - in den riesigen Raum, der das ganze dritte Stockwerk dieses schäbigen Hauses einnahm. Sie kam nicht weit, bevor sie anhielt und beide Hände auf ihren Mund presste.

    Er hatte viel Blut verloren. Er lag auf dem Boden vor der kleinen Staffelei. Das Blut hatte sich zu einer Lache unter seinem Körper ausgebreitet. Er lag mit dem Gesicht nach unten, und in seinem Hinterkopf, hinter dem rechten Ohr, war ein Loch. Der Revolver lag auf dem Fußboden, dicht neben seiner ausgestreckten rechten Hand.

    Ihre Schreie hallten durch die Leere des riesigen Raumes. Sie konnte nicht aufhören zu schreien. Irgendwann drehte sie sich um und schwankte zur Tür. Das Schreien hörte noch immer nicht auf. Aber es schien, als käme es nicht mehr aus ihrem Mund.

    Sie zog die Tür weit auf, und jetzt endlich formten sich Worte. »Hilfe!«, schrie sie. »Hilfe!«

    Sie taumelte zur obersten Treppenstufe und beugte sich über das Geländer.

    Erst meinte sie, von niemandem gehört zu werden. Sie begann die Stufen hinunterzugehen. Aber dann vernahm sie unten das Zuschlägen einer Tür und Schritte im Treppenhaus.

    Sich noch immer am Geländer festklammernd, ließ sie sich auf die Stufe hinuntergleiten und blieb dort sitzen.

    Der Mann, der durch den darunterliegenden Flur und dann die Treppe zu ihr heraufgerannt kam, war breit und untersetzt. Sein weißes Hemd stand am Kragen offen. Sobald er die Treppe zur Hälfte erklommen hatte, blieb er stehen und fragte: »Was ist los, Madam?« Er redete laut, schrie die Worte beinahe heraus.

    Sie zeigte hinter sich und zog sich langsam hoch.

    »Mr. Jones«, stammelte sie. »Dort drinnen.« Wieder zeigte sie auf die offene Tür. »Er ist - er ist tot! Er ist...« Ihre Stimme brach krächzend ab, und sie drängte sich an die Wand, um den breiten Mann vorbeizulassen. Dann redete sie wieder, mit leiser, zitternder, aber deutlich verständlicher Stimme. »Er hat sich umgebracht. Shade hat sich erschossen.«

    Dann lehnte sie sich an die Wand und begann zu schluchzen.

      Zweites Kapitel

    Lieutenant Nathan Shapiro sah sich in dem riesigen Raum um und gestand sich, dass dies weit über seine geistigen Kräfte ging. Das war keine Überraschung für ihn. Er war an seine Unzulänglichkeit gewöhnt und nur darüber erstaunt, dass diese offenbar nicht allgemein bekannt war. Captain William Weigand, der Leiter des Morddezernats Süd, sollte, nach Shapiros Meinung, wahrlich der erste sein, der die Grenzen seines Untergebenen erkannte.

    »Sieht wie Selbstmord aus, Nate«, hatte Weigand an diesem Juninachmittag gesagt. »Im Revier ist man damit zufrieden. Unser Doktor ist es nicht. Ihm gefällt der Schusswinkel nicht. Es geht also auf die Frage Selbstmord oder Mord hinaus. Sie können Tony Cook haben.«

    Sergeant Tony Cook hatte Schwierigkeiten, die Little Great Smith Street zu finden. Der Polizeiwagen fuhr in zahllose falsche Abzweigungen hinein, bevor er endlich die richtige fand. Cook war erst kürzlich vom Polizeirevier Bronx zum Morddezernat Süd versetzt worden, und das aus Gründen, die ihn selbst verblüfften. In Bronx kannte er jede Hintergasse. Aber hier, in Greenwich Village, da war er verraten und verloren. Little Great Smith Street! Ganz Greenwich Village konnte ihm gestohlen bleiben.

    Shapiro seufzte mitfühlend und gedachte wehmütig seiner Zeit in Brooklyn, wo er seine erste Streife gegangen war, was er, wenn man ihn nach seinen Wünschen gefragt hätte, immer noch tun würde.

    »Könnten mal die nächste Abbiegung links probieren«, schlug er Cook vor, welcher erwiderte: »Sie sind der Boss«, und es probierte. Er musste auf den Randstein hinauffahren, um den Leichenwagen vorbeizulassen. Der Fahrer wies mit dem Daumen über die Schulter, um die Richtung zu weisen. Hinter einem Vorsprung war die enge Straße mit Polizeiwagen verstopft. Der Spezialwagen des Morddezernats, ein Labor auf Rädern sozusagen, musste auf dem Bürgersteig parken. Cook zwängte den Dienstwagen knapp dahinter.

    Das baufällige Haus, vor dem sich die Wagen zusammendrängten, neigte sich nach Shapiros Schätzung beträchtlich zur Westseite. Aber die drei steilen Treppen, die sie nun hinaufkletterten, zeigten ein deutliches Gefälle nach Osten. Außerdem knarrten sie zum Erbarmen. Zwei von den Türen, an denen er vorbeikam, trugen Schilder, die eine im Erdgeschoss Imperial Nobelties, Inc., Perma-Snaps die im ersten Stockwerk. Das zweite Stockwerk des Gebäudes - eines Gebäudes, das, wie Lieutenant Shapiro missmutig dachte, schon vor zwanzig Jahren abgebrochen gehört hätte - war unbewohnt.

    Die Tür der Wohnung im dritten Stock stand zur Hälfte offen. Ein Stück Papier war mit Reißzwecken befestigt, und auf dem Papier stand in schwarzen Druckbuchstaben, leicht ansteigend, ein einziges Wort: Shack. Wenigstens sah das Wort ungefähr wie Shack aus. Ungelenk gemalt von einem Kind, nahm Shapiro an. Von einem etwas zurückgebliebenen Kind, vermutlich. Er stieß die Tür weiter auf.

    Vor ihm lag ein riesiger Raum, der das ganze Stockwerk einnahm. Ein schräges Atelierfenster bildete fast die Hälfte der Zimmerdecke. Nordlicht - natürlich. Es war unerwartet kühl hier. Wegen der Nordseite? Nein. Der Raum hatte eine Klimaanlage. Shapiro fiel die höllische Rechnung ein, die man ihm damals, als er in einem einzigen Zimmer seines Brooklyner Apartments eine Klimaanlage einbauen ließ, präsentiert hatte. Was es gekostet haben musste, diesen Saal - 15 m breit und 30 m lang, grob geschätzt - mit einer wirksamen Klimaanlage zu versehen, entzog sich seiner ohnehin nicht stark entwickelten Vorstellungskraft. Jedenfalls mehr, als das ganze schäbige Haus wert war, dachte er. In der ungefähren Mitte hielt ein einzelner Holzbalken die Zimmerdecke. Hoffentlich, dachte Shapiro. Der Stützbalken war schief wie alles andere.

    Eine Anzahl von Männern bewegte sich geschäftig in dem Raum hin und her. Einer zeichnete mit sicheren, flinken Strichen den Plan des Zimmers in einen Skizzenblock. Zwei andere verteilten auf Holzstühlen und Holztischen im hinteren Teil des Raumes Puder zum Abnehmen von Fingerabdrücken. Sie ließen auch die Simse der Fenster am entfernten Ende nicht aus. Die Beamten des Polizeilabors erledigten ihre Pflichten, ob nun dabei etwas herauskam oder nicht. Lieutenant Jacobs von der Kriminalabteilung der Bezirksstation stand unter dem schrägen Atelierfenster und schaute nachdenklich auf den Fußboden.

    Shapiro ging zu ihm. Jacobs hob den Kopf und übertrug nun seinen nachdenklichen Blick auf den langen, mageren Mann mit dem langen, traurigen Gesicht und den traurigen braunen Augen. »Sie haben es also aufgehalst bekommen, was, Nate?«, bemerkte er, und Shapiro sagte, mit einer Stimme so traurig wie sein Gesicht, dass es so aussähe. Er blickte sich wieder in dem Raum um und seufzte, schaute auf den Fußboden hinunter und auf den Kreideumriss. Da war eine Menge Blut innerhalb dieses Kreideumrisses und auch außerhalb der Linie. Das Blut war in die rissigen Bodenbretter eingesickert und dort geronnen.

    »Hinter dem rechten Ohr«, sagte Jacobs. »Revolver auf dem Boden, dort, wo er gewesen sein könnte. Ein .32er.«

    »Hinter dem rechten Ohr?«

    »Ah, Sie und Doktor Simpson«, machte Jacobs. »Er könnte es durchaus fertiggebracht haben. Drückte mit dem Daumen auf den Abzug. Kommt vor. Sie wissen das selbst, Nate.«

    »Kontakt?«

    »Wirklich! Sie und der Doc! Schön, er wollte den Lauf nicht auf seinem Kopf fühlen. Selbstmörder machen die merkwürdigsten Sachen.«         

    »Der Revolver?«

    »In Ordnung. Schmierflecken. Was wir bei Handwaffen immer kriegen. Die Ballistik-Leute haben ihn mitgenommen. Sie kommen reichlich spät, Nate.«

    Shapiro nickte und sah sich wieder in dem Raum um. Dieser war vollgestopft mit ungerahmten Leinwandrechtecken. Sie standen aufs Geratewohl gegen die Wände geschichtet, lagen auf Bänken und Gestellen, lehnten auf mehreren im Raum verteilten Staffeleien. Auf der dem Kreideumriss auf dem Fußboden am nächsten stehenden Staffelei, dort, wo ein Mann gestürzt und gestorben war, war ein Bogen Zeichenpapier mit Reißzwecken befestigt, auf dem sich schwarze Striche befanden. Undeutlich und farbig schienen sie sich zu der Skizze einer Frauengestalt zusammenzufügen. Einer sehr abstrakten Frauengestalt. Vielleicht sollte es auch gar keine Frau darstellen. Shapiro schüttelte hoffnungslos seinen Kopf. Es hatte wirklich keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Was er hier sah, lag weit jenseits seines Fassungsvermögens, und so würde es auch bleiben.

    Er versuchte ohne besonderen Erfolg die Bilder in seinem Blickfeld nicht anzusehen. Je länger er sich mit ihnen befasste, desto verwirrter wurde er. Er hätte nie gedacht, dass so viele Farbschattierungen existierten, oder dass man sie auf eine so verrückte Weise über eine Leinwand verteilen konnte.

    »Sollen Gemälde sein«, unterbrach Jacobs seine stummen Betrachtungen. »Können Sie was damit anfangen, Nate?«

    »Nein.«

    »Die Schule, in die mein Junge geht, hat ein Unterrichtsfach, das sie dort Kunsterziehung oder so nennen«, fuhr Jacobs fort. »Geben den Kindern Farbe und Papier und sagen ihnen, sie sollen was damit anfangen. Jetzt passen Sie auf, Nate. Mein Kleiner ist erst sechs. Sie ließen ihn eines seiner Bilder mit nach Hause bringen, und man konnte auf der Stelle erkennen, dass er eine Kuh gemalt hatte. Gott allein weiß, wo er jemals eine Kuh gesehen hat, aber man konnte sofort sehen, es war eine Kuh.«

    »Im Central-Park-Zoo«, sagte Shapiro. »Dort haben sie eine Kuh.«

    Er schaute wieder auf die Staffelei, vor der, aller Wahrscheinlichkeit nach, Shackleford Jones gestanden hatte, als er beschloss, sich zu erschießen. Je länger er hinschaute, umso mehr glaubte Nathan Shapiro zu begreifen, was Jones zu seinem unabänderlichen Entschluss getrieben hatte. Mein Gott, hatte Jones sicher gedacht, das habe ich gemacht! Und ging und holte sich einen Revolver.

    »Sein Revolver?«, fragte Shapiro.

    Die Nachforschungen in dieser Richtung waren noch nicht abgeschlossen. Jones hatte einen Waffenschein besessen, so dass man in den Akten die Seriennummer feststellen und mit der des Revolvers, den man auf dem Boden neben der Leiche gefunden hatte, vergleichen konnte. Und der Pathologe würde die Kugel aus dem Gehirn des Malers holen und, wenn sie von dem Knochen, den sie zerschmettert hatte, nicht gar zu verbeult war, guckten sie sich die Männer von der Ballistik unter einem Vergleichsmikroskop an. Aber, hundert zu eins, hatte Shackleford Jones seinen eigenen Revolver dazu benutzt, sich eine Kugel in den Kopf zu jagen. Tausend zu eins, wenn es nach Lieutenant Myron Jacobs’ Berechnung ging.

    »Einige von diesen jungen Ärzten...«, fing Jacobs wieder an.

    Shapiro ging nicht darauf ein. Sich eigenhändig in den Hinterkopf zu schießen war zumindest eine verdammt umständliche Methode. Einen Revolver in einiger Distanz vom Kopf zu halten, hieß das Risiko eines Fehlschlages einzugehen. Andererseits durfte man bei einem Menschen, der auf diese Weise Farbe auf Leinwand verteilte, schönes Zeichenpapier mit solchen Skizzen verdarb, beinahe jeden möglichen Schwachsinn erwarten.

    »Wir sind demnächst fertig«, bemerkte Jacobs mit einem Blick auf zwei von seinen Leuten, die das Atelier der Länge nach durchquerten. »In dieser verdammten Bude hat offenbar noch nie jemand abgestaubt«, sagte der eine im Vorbeigehen. »Wo man hinschaut sind Fingerabdrücke.«

    »Das macht doch Spaß«, entgegnete Jacobs und drehte sich nach Shapiro um. »Und Ihnen auch, wenn Sie die Sache erst mal in die Finger bekommen«, fügte er hinzu. »Ihnen und Ihrem Sergeant. Der ist neu im Morddezernat, stimmt’s?«

    »Sie meinen Cook. Wurde von Bronx hierher versetzt. Hat den Burnside-Mord aufgeklärt. Mehr oder weniger allein, glaube ich. Ja, wir wollen uns hier noch ein bisschen umsehen. Obwohl ich mir nicht denken kann, dass dabei etwas herauskommt. Hat er hier gewohnt?«

    Shackleford Jones war nicht berechtigt gewesen, im Atelier zu wohnen; zumindest besagten das die gesetzlichen Bestimmungen.

    Seit mehreren Jahren protestierten Maler einzeln und in Gruppen gegen diese Zwangsmaßnahme. Außerdem hatten sie eine Reihe von Möglichkeiten ausgeknobelt, wie man diese Bestimmungen umgehen konnte.

    »Damit ist es nichts«, winkte Jacobs ab. »Dort hinter dem Gerümpel steht zwar ein Feldbett, aber nichts beweist, dass Jones es benutzte. Nach dem, was diese Kunsthändlerin von ihm sagt, hat er drüben in der East Eighth Street eine Wohnung. Wir haben das schon nachgeprüft.«

    Nathan Shapiro prägte seinem Gedächtnis die Adresse ein. Da hatte er jedenfalls etwas, womit er anfangen konnte. Es war verdammt lästig, erst vier Stunden nachher aufzukreuzen, wenn sich bereits Gott und die Welt mit dem Fall befasst hatten. Von einem Beamten des Morddezernats erwartete nun natürlich jeder, er würde alles das herausfinden, was die anderen übersahen. Solch hochgespannte Erwartungen waren, zumindest nach Shapiros Meinung über sich selbst, höchst ungerechtfertigt. Bloß, weil ein Kerl ein oder zweimal Glück hatte und mit einem Revolver anständig umzugehen verstand – so viel gestand sich Shapiro zu -, kamen die Leute auf wer weiß was für überspannte Ideen.

    »Ich werde mal eine Weile in der Sache herumstochern«, sagte Shapiro zu Lieutenant Jacobs. »Wie kam er zu dem Waffenschein?«

    Jacobs hatte keine Ahnung. Wahrscheinlich hatte Jones zu irgendjemandem eine Verbindung gehabt. Könnte auch sein, dass es ihm gelungen war, diesem Jemand einzureden, das Zeug hier in seinem Atelier sei wertvoll. Jacobs sah sich um. »Himmel!«, brummte er. »Soweit ich sehen kann, gibt’s hier nichts mehr zu tun. Sie sperren ab, wenn Sie fertig sind, nicht wahr? Ist ein Schnappschloss.«

    Shapiro dachte missmutig, dass ohnehin schon alles, worauf es ankam, von Leuten erledigt wurde, die weitaus fähiger als er selbst waren. Laut sagte er: »Mach’ ich, Jake. Wir brauchen nicht lange.«

    Er schlenderte die eine Seite des langen Raumes entlang und sah sich die Bilder an, und Sergeant Anthony Cook tat dasselbe auf der anderen Seite.

    Ein Gemälde, das auf einer Staffelei stand, zeigte in grellen, starken Farben ein Durcheinander von Formen. Soweit Shapiro sehen konnte, hatten die Formen keinerlei Zusammenhang, keinerlei Bedeutung. Trotzdem stand er mehrere Minuten lang vor der Staffelei, weil das Ding ihn irgendwie herausforderte - geradezu aufreizte.

    In der unteren rechten Ecke der großen Leinwand stand das Wort Shack. Die Buchstaben waren so ungelenk und primitiv wie die auf dem Zettel an der Tür. Die Signatur des Malers vermutlich. Sollte die Tatsache, dass er das Ding signiert hatte, bedeuten, dass er es für fertig hielt? Shapiro schüttelte schon wieder den Kopf, seufzte und wandte sich ab, um sich das oberste von einem Stapel, der an der Wand lehnte, anzusehen.

    Wieder ein Durcheinander von Formen und Farben; aber diesmal riefen sie in ihm immerhin eine vage Vorstellung wach. Er wusste nicht, wieso und warum es ihn an einen Autofriedhof erinnerte; aber das war

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