Wo ist Eberhard Hagedorn?: Der kleine Fürst 149 – Adelsroman
Von Viola Maybach
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"Der kleine Fürst" ist vom heutigen Romanmarkt nicht mehr wegzudenken.
Neue Erschütterung auf Schloss Sternberg:
Der Butler wird entführt! Eine Verwechslung,
denn die dreiste Ganovengang meinte eigentlich einen anderen.
Und das macht alles noch viel schlimmer…
»Es ist jetzt kurz vor Mitternacht«, sagte Baronin Sofia von Kant zu ihrem Mann, Baron Friedrich. »Es muss etwas passiert sein, Fritz. Niemals würde Herr Hagedorn sich so verspäten, ohne uns Bescheid zu geben.«
»Wahrscheinlich hast du Recht, aber er hatte heute Urlaub«, erwiderte der Baron. »Theoretisch kann er so spät zurückkommen, wie er will.«
»Theoretisch, theoretisch!«, rief sie. »Er hat gesagt, er ist zum Abendessen zurück. Und was Herr Hagedorn verspricht, das hält er auch.«
»Seine Verspätung könnte mit dem Freund zusammenhängen, den er treffen wollte. Herr Hagedorn sagte doch, er sei sehr krank. Vielleicht ging es ihm nicht gut.« Der Baron bemerkte den Gesichtsausdruck seiner Frau und verstummte.
»Ich wünschte, ich könnte daran glauben«, sagte Sofia leise. Sie sah so bekümmert aus, dass er unwillkürlich zu ihr ging, um sie in die Arme zu schließen. Sie hatten schwere Monate hinter sich, schlimme Verleumdungen hatten ihnen das Leben zur Hölle gemacht. Sofia war darüber sogar krank geworden. Neue Aufregung war Gift, nicht nur für sie, sondern für die ganze Familie.
Eberhard Hagedorn, seit langen Jahren Butler in Schloss Sternberg, hatte für diesen Sonntag um Urlaub gebeten, was für sich genommen schon ein ganz außergewöhnliches Ereignis gewesen war, denn der alte Butler behauptete von sich, Urlaub nicht sonderlich zu schätzen. »Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich arbeiten kann«, sagte er gern. Er wohnte im Schloss und war immer da, wenn er gebraucht
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Buchvorschau
Wo ist Eberhard Hagedorn? - Viola Maybach
Der kleine Fürst
– 149–
Wo ist Eberhard Hagedorn?
Sogar der kleine Fürst steht vor einem Rätsel
Viola Maybach
Neue Erschütterung auf Schloss Sternberg:
Der Butler wird entführt! Eine Verwechslung,
denn die dreiste Ganovengang meinte eigentlich einen anderen.
Und das macht alles noch viel schlimmer…
»Es ist jetzt kurz vor Mitternacht«, sagte Baronin Sofia von Kant zu ihrem Mann, Baron Friedrich. »Es muss etwas passiert sein, Fritz. Niemals würde Herr Hagedorn sich so verspäten, ohne uns Bescheid zu geben.«
»Wahrscheinlich hast du Recht, aber er hatte heute Urlaub«, erwiderte der Baron. »Theoretisch kann er so spät zurückkommen, wie er will.«
»Theoretisch, theoretisch!«, rief sie. »Er hat gesagt, er ist zum Abendessen zurück. Und was Herr Hagedorn verspricht, das hält er auch.«
»Seine Verspätung könnte mit dem Freund zusammenhängen, den er treffen wollte. Herr Hagedorn sagte doch, er sei sehr krank. Vielleicht ging es ihm nicht gut.« Der Baron bemerkte den Gesichtsausdruck seiner Frau und verstummte.
»Ich wünschte, ich könnte daran glauben«, sagte Sofia leise. Sie sah so bekümmert aus, dass er unwillkürlich zu ihr ging, um sie in die Arme zu schließen. Sie hatten schwere Monate hinter sich, schlimme Verleumdungen hatten ihnen das Leben zur Hölle gemacht. Sofia war darüber sogar krank geworden. Neue Aufregung war Gift, nicht nur für sie, sondern für die ganze Familie.
Eberhard Hagedorn, seit langen Jahren Butler in Schloss Sternberg, hatte für diesen Sonntag um Urlaub gebeten, was für sich genommen schon ein ganz außergewöhnliches Ereignis gewesen war, denn der alte Butler behauptete von sich, Urlaub nicht sonderlich zu schätzen. »Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich arbeiten kann«, sagte er gern. Er wohnte im Schloss und war immer da, wenn er gebraucht wurde. Aber der Brief eines alten Freundes, der schwer erkrankt war, hatte ihn dazu bewogen, eine seiner raren Ausnahmen zu machen und um einen Tag Urlaub zu bitten, damit er sich mit diesem Freund in einem Nachbarort treffen konnte.
Er hatte angekündigt, zum Abendessen auf jeden Fall zurück zu sein, doch gegessen hatten sie längst, der Sonntag würde in wenigen Minuten vorüber sein, und Eberhard Hagedorn war noch immer nicht zurück.
»Ich finde, wir sollten die Polizei rufen«, sagte Baronin Sofia. »Selbst wenn es Herrn Hagedorns Freund schlecht ginge und er sich verpflichtet fühlte, sich um ihn zu kümmern: Er hätte uns angerufen und Bescheid gesagt.«
»Lass uns bis morgen früh warten«, schlug er vor. »Ich denke eigentlich immer noch, dass es sich nur um eine Verkettung unglücklicher Umstände handeln kann.«
Ihr Blick war forschend. »Glaubst du das wirklich? Ich nicht, muss ich sagen. Wir hatten Herrn Hagedorn angeboten, dass Herr Wiedemann ihn mit der Limousine abholt. Er hätte nur anrufen und einen Zeitpunkt ausmachen müssen, aber auch das hat er nicht getan. Herr Wiedemann hat den ganzen Nachmittag auf seinen Anruf gewartet. Ich habe es im Gefühl, dass etwas nicht stimmt.«
»Mama?«
Sie drehten sich beide erschrocken um und sahen ihre dreizehnjährige Tochter Anna an der Tür stehen. »Wieso schläfst du noch nicht?«, rief die Baronin. »Weißt du, wie spät es ist? Und hast du nicht gesagt, dass ihr morgen eine Arbeit in Englisch schreibt?«
Hinter Anna tauchte ihr drei Jahre älterer Bruder Konrad auf und schließlich auch noch der Cousin der beiden, der fünfzehnjährige Christian von Sternberg. Er war es, der jetzt sagte: »Wir können alle nicht schlafen, Tante Sofia. Wir haben darauf gewartet, dass Herr Hagedorn zurückkommt.«
Für die Teenager war der alte Butler mehr als ein Angestellter. Sie respektierten und vertrauten ihm.
»Ihm muss was passiert sein.« Anna ahnte nicht, dass sie die Befürchtungen ihrer Mutter wiederholte. Sie sah Sofia sehr ähnlich, hatte die blonden Locken, das hübsche runde Gesicht und das lebhafte Mienenspiel von ihr geerbt. Auch Konrad war blond, glich aber sonst eher dem Vater. Christian dagegen hatte dunkle glatte Haare, die er ziemlich lang trug. Er war schmal und genauso groß wie der ein Jahr ältere Konrad, er wirkte ernster und reifer als seine fünfzehn Jahre.
»Wir haben gerade beschlossen, bis morgen zu warten, bevor wir etwas unternehmen«, sagte der Baron mit erzwungener Ruhe. »Es nützt niemandem, wenn wir jetzt in Panik geraten. Ich weiß, dass Herr Hagedorn zum Abendessen wieder hier sein wollte, aber vielleicht hat er es sich anders überlegt. Es war sein erster Urlaubstag seit langer Zeit, vielleicht wollte er ihn bis zum Ende genießen.« Er hätte selbst nur zu gern an seine Worte geglaubt, doch es gelang ihm so wenig wie den anderen, er sah es an ihren Augen. Dennoch fuhr er fort: »Und jetzt geht ihr bitte alle ins Bett und versucht zu schlafen. Genau das würde Herr Hagedorn jetzt auch sagen, wenn er hier wäre.«
Dieser letzte Hinweis bewirkte immerhin, dass die Teenager sich zurückzogen, wenn auch nur langsam und erkennbar unwillig.
Als sie wieder allein waren, sagte Sofia: »Ich werde kein Auge zutun, bevor er hier ist.«
»Das hilft aber leider niemandem, im Gegenteil. Bitte, lass uns Ruhe bewahren. Was ist denn bis jetzt schon passiert? Unser Butler kehrt später zurück als angekündigt. Die Polizei würde sich krank lachen, wenn wir jetzt dort anriefen. Du weißt doch, wie das geht: Es muss erst eine ziemlich lange Zeit verstrichen sein, bevor sie beginnen, einen verschwundenen Erwachsenen zu suchen. Bei Kindern ist das etwas anderes, aber bei Erwachsenen? Die sind frei, zu gehen, wohin immer sie wollen. Ich verspreche dir, morgen früh ein Gespräch mit Kriminalrat Overbeck zu führen, aber heute Nacht unternehmen wir nichts mehr. Ich möchte mich nicht gerne lächerlich machen. Ein Mensch kann sich mal verspäten, selbst bei Herrn Hagedorn ist das möglich.«
Sie sah ein, dass er Recht hatte, und so nickte sie, obwohl sie immer noch niedergeschlagen aussah. »Ich hoffe nur«, sagte sie leise, »dass uns nicht ein neues Unglück trifft, Fritz.«
Er nahm sie noch einmal in die Arme und drückte sie liebevoll an sich. Ja, Unglück hatte es für die Familie im vergangenen Jahr wahrhaftig genug gegeben. Zuerst waren Christians Eltern, Fürstin Elisabeth und Fürst Leopold von Sternberg, bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Der Junge, bis dahin glücklich und behütet aufgewachsen, von seinen Eltern geliebt und gefördert, war über Nacht Vollwaise geworden. Sofia, seine Tante, hatte ihre über alles geliebte Schwester verloren, und die ganze Familie trauerte um den Verlust vertrauter Menschen, mit denen sie bis zu diesem Unglück eng zusammengelebt hatten.
Sofia und Friedrich wohnten mit ihren Kindern schon seit Jahren im Schloss – seit das Fürstenpaar wusste, dass Christian ein Einzelkind bleiben würde. Damals hatten sie die Kants gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, nach Sternberg zu ziehen. Es waren für alle gute Jahre gewesen, nicht nur für die Kinder. Die Schwestern Elisabeth und Sofia hatten wie früher Freud und Leid geteilt, und Friedrich hatte in Leopold ebenfalls einen guten Freund gefunden. Das