Alte Liebe rostet nicht?: Der Bergpfarrer 462 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Christian Albersdörfer war in den Vorstand der Raiffeisenbank von St. Johann berufen worden. Am nächsten Montag sollte der Siebenunddreißigjährige den Dienst antreten. Er fuhr aber bereits am Freitagnachmittag bei der Pension ›Alpenrose‹ vor, die etwas außerhalb St. Johanns lag und die seine Schwester Pauline zusammen mit ihrem Mann betrieb. Pauline erwartete ihren jüngeren Bruder schon. Sie stand am Fenster und schaute voller Ungeduld hinaus. Als nun der Wagen mit dem Münchner Kennzeichen anhielt rief sie aufgeregt: »Michel! Michel, sie sind da!« Michael Wagner kam aus dem Wohnzimmer. »Na endlich«, sagte er lächelnd. »Ich hab' schon befürchtet, du platzt vor Ungeduld.« »Ach du …« Pauline eilte nach draußen, ihr Gatte folgte ihr. Soeben stieg Christian Albersdörfer aus dem Auto. Er war dunkelhaarig, schlank und etwa eins achtzig groß. Sein schmales, markantes Gesicht zeigte ein natürliches Lächeln, als er seiner Schwester und deren Mann zuwinkte. Er öffnete die hintere Tür seines Autos und sagte: »Steig aus, Kleines. Den Gurt hast du ja schon geöffnet.
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Buchvorschau
Alte Liebe rostet nicht? - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 462 –
Alte Liebe rostet nicht?
Toni Waidacher
Christian Albersdörfer war in den Vorstand der Raiffeisenbank von St. Johann berufen worden. Am nächsten Montag sollte der Siebenunddreißigjährige den Dienst antreten. Er fuhr aber bereits am Freitagnachmittag bei der Pension ›Alpenrose‹ vor, die etwas außerhalb St. Johanns lag und die seine Schwester Pauline zusammen mit ihrem Mann betrieb.
Pauline erwartete ihren jüngeren Bruder schon. Sie stand am Fenster und schaute voller Ungeduld hinaus. Als nun der Wagen mit dem Münchner Kennzeichen anhielt rief sie aufgeregt: »Michel! Michel, sie sind da!«
Michael Wagner kam aus dem Wohnzimmer. »Na endlich«, sagte er lächelnd. »Ich hab’ schon befürchtet, du platzt vor Ungeduld.«
»Ach du …« Pauline eilte nach draußen, ihr Gatte folgte ihr.
Soeben stieg Christian Albersdörfer aus dem Auto. Er war dunkelhaarig, schlank und etwa eins achtzig groß. Sein schmales, markantes Gesicht zeigte ein natürliches Lächeln, als er seiner Schwester und deren Mann zuwinkte. Er öffnete die hintere Tür seines Autos und sagte: »Steig aus, Kleines. Den Gurt hast du ja schon geöffnet. Bist ein gescheites Madel.«
Die fünfjährige Jana strahlte ihn mit ihren braunen Rehaugen an und kletterte aus dem BMW.
Nun waren auch Pauline und Michael bei ihnen angelangt. Während Michael seinem Schwager die Hand reichte, hob Pauline ihre kleine Nichte in die Höhe und rief lachend: »Na, du kleine Maus, endlich seid ihr da, – du und dein Papa!« Sie küsste die Kleine, einen glücklichen Glanz in den Augen. »Freust du dich, Mauserl?«
Jana nickte und Pauline drückte sie wieder fest an sich. Ihr selbst waren Kinder versagt geblieben, und so gehörte die ganze Mutterliebe der kleinen Tochter ihres Bruders.
Michael und Christian hatten einen kräftigen Händedruck gewechselt, und nun fragte Michael: »Wie war die Fahrt? Wir haben euch schon vor zwei Stunden erwartet. Gab’s Probleme auf der Autobahn?«
»Und was für welche! Die Wochenendurlauber, die aus Richtung München nach Garmisch zum Schifahren unterwegs waren, haben die ganze Autobahn hoffnungslos verstopft. Kilometerlange Staus, Stop-and-go. Wir haben fast dreimal so lang für die Strecke gebraucht als sonst.«
»Ja, das kann ich mir denken«, nickte Michael und wandte sich seiner Frau zu. »Darf ich die Kleine auch begrüßen, Schatz?«, fragte er mit einem Lächeln um die Lippen. »Immerhin hab’ ich sie auch schon seit Allerheiligen nimmer gesehen.« Er nahm Jana auf die Arme und lächelte sie an. »Grüaß di, Jana-Maus …«
Indes umarmten sich Christian und seine Schwester, und Pauline sagte: »Ich freu’ mich ja so, Christian, ich kann es kaum beschreiben, wie ich mich freu’. Bei uns im Haus findest du mit deiner Tochter genügend Platz, auch wenn im Sommer die Urlauber wieder kommen und die Pension voll ist. Aber darüber haben wir uns ja schon unterhalten. Ich hab’ für dich und das Madel schon alles vorbereitet. Euer Gepäck holen wir dann ins Haus. Jetzt kommt erst mal herein.«
Sie gingen ins Haus. Michael trug die kleine Jana auf dem Arm, sie hatte ihre Ärmchen um seinen Hals geschlungen.
Schließlich saßen sie im Esszimmer am Tisch und Pauline sagte: »Ich koch’ uns Kaffee. Warum hast du denn net angerufen und uns gesagt, dass ihr im Stau steckt, Christian. Ich hab’ regelrecht auf glühenden Kohlen gestanden.«
»In der Hektik hab’ ich, ehe wir losgefahren sind, vergessen, mein Handy aufzuladen. Ich hab’ dann die Jana, damit ihr die Zeit net so lang’ wird, einen Videofilm anschauen lassen und Nullkommanix war der Akku leer.«
»Ich bin vor Sorge fast vergangen«, versetzte Pauline, zuckte mit den Schultern und fügte hinzu: »Aber jetzt seid ihr ja wohlbehalten angekommen. Ich geh’ jetzt und koch’ Kaffee.« Sie schaute Jana an. »Und du, kleiner Engel, bekommst wie immer, wenn du bei mir bist, deinen Kinderkaffee. Den magst du doch?«
»Ja, Tante, und Erdbeerkuchen«, antwortete das Kind mit heller Stimme und viel Begeisterung.
»Natürlich, Kleines. Die Tante hat alles besorgt, was du magst.« Sie verließ das Esszimmer.
»Und sonst?«, fragte Michael. »Alles klar?«
»Im Großen und Ganzen – ja«, antwortete Christian. »Alina macht keine Probleme. Ich hab’ mich des Eindrucks net erwehren können, dass sie ziemlich erleichtert war, weil sich alles in ihrem Sinn ergeben hat.« Ein bitterer Zug kerbte sich in seine Mundwinkel. »Ob sie glücklich wird, weiß ich net. Ich kann’s mir kaum vorstellen.« Mit einem vielsagenden Blick auf seine Tochter fügte er hinzu: »Reden wir jetzt net drüber. Es wär’ sicherlich net so gut.«
»Das denk’ ich auch«, pflichtete Michael bei und strich der kleinen Jana zärtlich über die dunklen Haare, die zu einem Zopf geflochten waren.
Pauline brachte den Erdbeerkuchen auf einem gläsernen Tablett herein und stellte es auf den Tisch. Sie hatte den Kuchen bereits geschnitten.
»Der schaut aber lecker aus«, lobte Christian.
»Ihr wollt sicher doch auch Sahne dazu?«, fragte seine Schwester.
Jana nickte eifrig.
»Dem kann ich mich nur anschließen«, lachte Christian.
Während Pauline den Tisch deckte, ergriff ihr Mann wieder das Wort: »Es ist schon Tagesgespräch in St. Johann, dass du als neues Mitglied des Bankvorstandes zurückkehrst. Ich schätz’, du wirst dich auch ganz offiziell beim Bürgermeister vorstellen.«
»Ja. Gleich am Montag, nachdem ich mich bei meinen Kollegen in der Bank vorgestellt hab’, hab’ ich beim Bruckner einen Termin. Ist er immer noch der Alte, der ständig bestrebt ist, sein St. Johann zu einer Touristenhochburg im Wachnertal zu machen?«
Michael nickte. »Da war einiges in den vergangenen zwei Jahren. Erst wollte er eine Freilichtbühne für Open-Air-Festivals in St. Johann etablieren, dann war’s eine Sommerrodelbahn, und jetzt will ein Unternehmen aus Innsbruck eine Biogasanlage und ein Blockheizkraftwerk auf dem Gelände des Bundschererhofs errichten. Vorige Woche war deswegen eine Gemeinderatssitzung, bei der auch Pfarrer Trenker gesprochen hat. Er war’s, der die Freilichtbühne und die Sommerrodelbahn verhindern hat können. Jetzt kämpft er gegen die Biogasanlage. Ich war net bei der Sitzung. Soweit ich aber gehört hab’, ist unser Gemeinderat auch dagegen. In Waldeck und Engelsbach hingegen ist man dafür. Ich denk’, da ist noch net das letzte Wort gesprochen.«
»Den Pfarrer möcht’ ich auch begrüßen«, erklärte Christian. »Wie geht’s denn der Nadine? Pauline hat mir erzählt, dass sie ihrem Bruder zwei Beziehungen ruiniert hat. Ist sie denn immer noch so verbiestert?«
»Dass sie so geworden ist«, mischte sich Pauline ein, »daran bist du net ganz unschuldig.«
»Ich weiß«, murmelte Christian. »Es hat halt net sollen sein. Sie hat net weg gekonnt von St. Johann, vielleicht hat s’ auch gar net weg gewollt. Wer weiß das schon so genau? Und dann ist alles so gekommen, wie’s gekommen ist. Dass die Entwicklung net so glücklich war, hat kein Mensch voraussehen können.«
»Schicksal«, philosophierte Pauline und verließ das Esszimmer, um den Kaffee zu holen.
»Der Thorsten ist wieder verliebt«, erzählte Michael. »Und zwar in die Lang-Annika. Anfangs hat die Nadine auch wieder versucht, querzuschießen. Das ist sogar so weit gegangen, dass sie den Hof verlassen hat. Ich glaub’, sie hat irgendwo im Bayrischen Wald eine Stellung angetreten. Aber schon nach kurzer Zeit ist sie wieder aufgetaucht. Warum, weiß ich net. Spielt ja auch keine Rolle. Ich denk’, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie die Annika wieder vergrault hat.«
Pauline brachte die Kanne mit dem Kaffee und ein kleines Kännchen, in dem sie den mit Zucker und Milch