Für wen schlägt dein Herz, Leonie?: Der Bergpfarrer 317 – Heimatroman
Von Toni Waidacher
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Über dieses E-Book
Diese Serie enthält alles, was die Leserinnen und Leser von Heimatromanen interessiert.
Leonies Mobiltelefon läutete. Die Neunundzwanzigjährige befand sich in der Küche des Moosbicherlhofs und war dabei, das Mittagessen für ihre Schwiegereltern und ihren Mann zuzubereiten. Sie nahm ein Handtuch und wischte sich die Hände damit ab, dann griff sie nach dem Handy. Bei der Anruferin handelte es sich um ihre Cousine Angelika. Leonie krampfte sich der Magen zusammen und ihr Herz schlug schneller. Ihre Tante Barbara, eine Schwester ihrer viel zu früh verstorbenen Mutter, war schwer erkrankt, und die Tatsache, dass Angelika vormittags anrief, bedeutete sicherlich nichts Gutes. Mit gemischten, beklommenen Gefühlen nahm sie das Gespräch an, hob das Handy ans Ohr und sagte mit belegter Stimme: »Guten Morgen, Angelika. Ich hoff' net, dass du mit einer schlechten Nachricht anrufst.« »Grüaß di, Cousine. Es ist leider so. Die Mama ist heut' früh in der Bergklinik verstorben.« Angelika schniefte, ihre Stimme hatte brüchig geklungen. »Sie ist friedlich eingeschlafen. Der Pfarrer Trenker hat ihr gestern Abend noch die Sterbesakramente gegeben.« Angelika fing an zu weinen. »Sie war doch noch so jung, net mal sechzig ist sie geworden.« Der Tod fragt net nach dem Alter, sinnierte Leonie, laut sagte sie: »Die Tante hat ja gewusst, dass sie nimmer gesund wird, und die letzten Wochen waren für sie doch nur noch eine einzige Qual. Wahrscheinlich war der Tod für sie eine Erlösung. Natürlich ists tragisch und es trifft mich ungemein, obwohl ich tagtäglich mit deinem Anruf gerechnet hab'. Mir bleibt's nur, dir meine tief empfundene Anteilnahme auszusprechen, Angelika.«
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Der Bergpfarrer (ab 375)
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Buchvorschau
Für wen schlägt dein Herz, Leonie? - Toni Waidacher
Der Bergpfarrer
– 317 –
Für wen schlägt dein Herz, Leonie?
Eine junge Frau im Zwiespalt der Gefühle…
Toni Waidacher
Leonies Mobiltelefon läutete. Die Neunundzwanzigjährige befand sich in der Küche des Moosbicherlhofs und war dabei, das Mittagessen für ihre Schwiegereltern und ihren Mann zuzubereiten. Sie nahm ein Handtuch und wischte sich die Hände damit ab, dann griff sie nach dem Handy.
Bei der Anruferin handelte es sich um ihre Cousine Angelika. Leonie krampfte sich der Magen zusammen und ihr Herz schlug schneller. Ihre Tante Barbara, eine Schwester ihrer viel zu früh verstorbenen Mutter, war schwer erkrankt, und die Tatsache, dass Angelika vormittags anrief, bedeutete sicherlich nichts Gutes.
Mit gemischten, beklommenen Gefühlen nahm sie das Gespräch an, hob das Handy ans Ohr und sagte mit belegter Stimme: »Guten Morgen, Angelika. Ich hoff‘ net, dass du mit einer schlechten Nachricht anrufst.«
»Grüaß di, Cousine. Es ist leider so. Die Mama ist heut‘ früh in der Bergklinik verstorben.« Angelika schniefte, ihre Stimme hatte brüchig geklungen. »Sie ist friedlich eingeschlafen. Der Pfarrer Trenker hat ihr gestern Abend noch die Sterbesakramente gegeben.« Angelika fing an zu weinen. »Sie war doch noch so jung, net mal sechzig ist sie geworden.«
Der Tod fragt net nach dem Alter, sinnierte Leonie, laut sagte sie: »Die Tante hat ja gewusst, dass sie nimmer gesund wird, und die letzten Wochen waren für sie doch nur noch eine einzige Qual. Wahrscheinlich war der Tod für sie eine Erlösung. Natürlich ists tragisch und es trifft mich ungemein, obwohl ich tagtäglich mit deinem Anruf gerechnet hab‘. Mir bleibt‘s nur, dir meine tief empfundene Anteilnahme auszusprechen, Angelika.«
»Danke, Leonie.« Angelikas Stimme klang jetzt wieder gefestigter, weniger gepresst. »Du kommst doch zur Beerdigung? Sie findet am Freitag statt. Um acht Uhr hält der Pfarrer Trenker die Messe, anschließend erfolgt die Beisetzung.«
»Natürlich komm‘ ich«, erklärte Leonie. »Das ist doch keine Frage. Und wenn der Christian net mitkommt, dann erschein‘ ich allein. Wir würden schon am Donnerstag anreisen. Bei dir könnten wir doch übernachten?«
»Freilich. Ich freu‘ mich schon, wenn wir uns wieder mal sehen. Ellbach ist zwar net aus der Welt, dennoch haben wir uns schon an die drei Monate nimmer gesehen.«
»Auf dem Hof hier gibts immer was zu tun, Angelika«, erwiderte Leonie und ihre Stimme hatte einen etwas verbitterten Klang angenommen. »Daumendrehen kommt bei uns net infrage. Aber darüber haben wir ja schon des Öfteren gesprochen. Es ist schwer, Christians Mutter was recht zu machen. Und sein Vater stößt ins gleiche Horn. Manchmal möcht‘ ich auf und davon laufen. Ich bin nur dem Christian zuliebe noch hier. Aber der wird auch immer mürrischer.«
»Reden wir drüber, wenn du nach St. Johann kommst, Leonie«, sagte Angelika.
In dem Moment betrat Leonies Schwiegermutter die Küche. Katharina Moosbichler war eine große Frau von grobknochiger Gestalt. Ihre angegrauten, dunklen Haare waren streng zurückgekämmt und zu einem Zopf geflochten, der am Hinterkopf zu einem Knoten zusammengesteckt war.
»In Ordnung, Angelika«, erwiderte Leonie. »Ich ruf‘ dich noch einmal an, wenn ich mit dem Christian gesprochen hab‘. Pfüat di!«
»Alles klar, Leonie. Wir sehen uns dann am Donnerstag. Servus.«
Leonie legte das Handy auf den Tisch.
»War das deine Cousine?«, erkundigte sich Katharina Moosbichler und fügte sogleich hinzu: »Ich schließ‘ es daraus, dass du den Namen Angelika genannt hast.«
»Die Tante Barbara ist heut‘ früh verstorben«, sagte Leonie. »Am Freitag findet die Beerdigung statt. Ich werd‘ am Donnerstag schon nach St. Johann fahren.«
»Du weißt ja, dass es hier auf dem Hof einen Haufen Arbeit gibt«, stieß Katharina hervor, die grauen Augen, in denen nicht die Spur von Freundlichkeit wahrzunehmen war, auf Leonie gerichtet. Leonie wusste, was Katharina mit ihrem Hinweis auf die viele Arbeit zum Ausdruck bringen wollte. In ihr erwachte der Widerstand.
Sie mochten sich nicht besonders, Leonie und ihre Schwiegermutter. Christian Moosbichlers Eltern hatten vor drei Jahren alles getan, um die Hochzeit ihres Sohnes mit der unvermögenden Leonie zu verhindern. Ihnen wäre es lieb gewesen, wenn ihr Sohn eine reiche Bauerntochter geheiratet hätte. Alles was sie, Leonie, in die Ehe hatte mitbringen können, waren ihre Arbeitskraft und die Liebe zu Christian. Und diese Liebe war erwidert worden. Christian hatte sie gegen den Willen seiner Eltern geheiratet. Ein gutes Verhältnis zu ihnen war nie zustande gekommen.
»Ihr werdet sicher zwei oder drei Tage mal ohne mich und den Christian auskommen«, versetzte Leonie kühl.
»Den Christian willst du auch mitnehmen?«, fragte Katharina wenig begeistert. »Es sind noch einige Äcker und Wiesen zu richten, außerdem stehen sechzig Kühe im Stall, die gemolken werden müssen. Der Stall ist überdies sauber zu halten, das Vieh muss gefüttert werden, und der Haushalt verrichtet sich ja auch net von selber.«
»Willst du mir ein schlechtes Gewissen einreden?«, fragte Leonie, die sich von ihrer Schwiegermutter schon lange nicht mehr alles gefallen ließ. »Du und der Konrad, ihr seid keine alten, gebrechlichen Leut‘, die net mal eine Mistgabel in die Hand nehmen und den Stall sauber machen könnten. Und drei Mahlzeiten am Tag wirst du dir und dem Konrad wohl bereiten können. Die Äcker und Wiesen laufen uns net davon. Wenn sie drei Tage später gepflügt und gedüngt werden, ist das sicherlich kein Beinbruch.«
»Wie redest du denn mit mir?«, fuhr Katharina ihre Schwiegertochter an.
»Wieso? Wie red‘ ich denn mit dir?« Leonie wich dem vorwurfsvollen Blick der Älteren nicht aus. »Ich war weder respektlos noch anmaßend. Bis vor drei Jahren habt ihr den Hof ja auch ohne mich bewirtschaftet. Ich lass‘ es mir jedenfalls net nehmen, zur Beerdigung meiner Tante nach St. Johann zu fahren.«
Katharina maß ihre Schwiegertochter mit einem geringschätzigen Blick, machte kehrt und strebte der Tür zu, um die Küche zu verlassen. Leonies Stimme holte sie ein. Die Neunundzwanzigjährige sagte: »Ihr – du und der Schwiegervater – seid fit genug, um die Kühe an die Melkmaschine anzuschließen, ihnen Futter zu geben und den Stall zwei Tage lang sauber zu halten. Am Freitagnachmittag kommen wir ja schon wieder heim.«
»Wir haben den Hof an den Christian übergeben«, entgegnete Katharina. »Also soll er sich auch drum kümmern. Und du hast hier eingeheiratet. Was das heißt, brauch‘ ich dir net zu sagen. Darüber haben wir von Anfang an keinen Zweifel aufkommen lassen.«
»Ich glaub‘ net, dass du dich über mich beklagen kannst«, stieß Leonie hervor. »Es gibt keine Arbeit auf dem Hof, die ich net verrichten würd‘.«
Katharina winkte ab und verließ die Küche wieder.
Leonie, die sich recht couragiert gezeigt hatte, ließ sich auf einen Stuhl fallen, schlug die Hände vor das Gesicht und murmelte verzweifelt: »Zum Christian seiner Mutter werd‘ ich wohl nie einen Draht finden. Ich hab‘ immer nur versucht, ihr alles recht zu machen. Aber sie findet immer ein Haar in der Suppe.«
Leonies Hände sanken wieder nach unten. Nachdem sie kurze Zeit so dagesessen und gedankenvoll auf den Fußboden gestarrt hatte, erhob sie sich seufzend und ging wieder an ihre Arbeit …
Nacheinander erschienen erst Christian, dann sein Vater und schließlich auch Leonies Schwiegermutter zum Mittagessen. Christian war nicht überrascht, als ihm Leonie vom Tod ihrer Tante erzählte. »Das war zu erwarten«, brummte er. »Die Ärzte haben ja schon seit einigen Wochen keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass deine Tante nimmer wird.«
Es gab einen Gemüseauflauf aus Kartoffeln, Zwiebeln, Tomaten, Blumenkohl und Brokkoli, mit Mozzarella und geriebenem Emmentalerkäse überbacken, gewürzt mit schwarzem Pfeffer, Oregano und Knoblauch.
Jeder nahm sich aus der Pfanne, die Leonie mitten auf den Tisch gestellt hatte, so viel wie er wollte.
»Warum hast du mich eigentlich net gleich angerufen und mir Bescheid gesagt, nachdem dich deine Cousine vom Tod der Tante informiert hatte?«, fragte Christian.
»Ich wollt‘ dich net von deiner Arbeit abhalten«, versetzte Leonie und warf ihrer Schwiegermutter einen trotzigen Blick zu. »So bedeutsam, scheint mir, wird der Tod meiner Tante hier auf dem Hof eh net empfunden.«
»Wir haben deine Tante kaum gekannt«, rechtfertigte sich Konrad Moosbichler, Christians Vater.
»Spielt ja auch keine Rolle«, versetzte Leonie und schaute ihren Mann an. »Du kommst doch mit nach St. Johann zur Beerdigung? Sie findet am Freitag in der Früh statt, ich will aber schon am Donnerstagnachmittag hinfahren.«
»Eigentlich hab‘ ich keine Zeit«, antwortete Christian. »Aber wir können ja nach der Beerdigung gleich zurückfahren.« Er nickte. »In Ordnung. Ich komme mit.«
Seine Mutter