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Höllentrip: Alkohol- und Medikamentenabusus
Höllentrip: Alkohol- und Medikamentenabusus
Höllentrip: Alkohol- und Medikamentenabusus
eBook445 Seiten5 Stunden

Höllentrip: Alkohol- und Medikamentenabusus

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Über dieses E-Book

Der alkohol- und medikamentenabhängige Franz Uebermuth beschreibt in knallharten Worten seine persönliche Suchtkarriere, die er beinahe mit dem Leben bezahlt hätte. Er nimmt kein Blatt vor den Mund und berichtet von der Entstehung der Krankheit bis hin zum Stillstand. Und er zeigt in knapp 120 Leitsätzen WEGE AUS DER SUCHT.

Nur 4 % schaffen es, bis zu ihrem Lebensende trocken und clean zu bleiben. Und dazu möchte Herr Uebermuth gehören.

"Erst wenn der Leidensdruck stärker ist, als der Suchtdruck und man ganz am Ende ist, kann man kapitulieren. Vorher nicht." Das sind seine Worte.
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum14. Dez. 2016
ISBN9783730981139
Höllentrip: Alkohol- und Medikamentenabusus

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    Buchvorschau

    Höllentrip - Alfred J. Schindler

    Höllentrip

    Höllentrip

    Ein Aufklärungsbuch über Alkohol- und Medikamentenabusus

    (protokolliert und geschrieben von

    ALFRED J. SCHINDLER)

    …im Auftrag von FRANZ UEBERMUTH

    Die gnadenlose Suchttragödie des

    FRANZ UEBERMUTH

    Dieses Buch widme ich meiner geliebten Frau Susanna, die mir in den schwersten Zeiten meines bisherigen Lebens zur Seite stand...

    INHALTSVERZEICHNIS

    Kapitel 1 Ursprung der Krankheit

    Kapitel 2 Schulzeit schon mit Stoff

    Kapitel 3 meine erste große Liebe

    Kapitel 4 der Tod meines Vaters

    Kapitel 5 es geht so richtig los...

    Kapitel 6 der falsche Umgang

    Kapitel 7 mein Freund Albert

    Kapitel 8 die Lagunenbar

    Kapitel 9 meine angehende Ehefrau

    Kapitel 10 meine „Ehe"

    Kapitel 11 Lauras tragischer Unfall

    Kapitel 12 Scheidung/Suizidversuch

    Kapitel 13 meine erste Therapie

    Kapitel 14 zurück in der Freiheit

    Kapitel 15 und wieder ohne Arbeit

    Kapitel 16 meine Geliebte, die Flasche

    Kapitel 17 Katharina

    Kapitel 18 Medikamente zum Alkohol

    Kapitel 19 es geht abwärts...

    Kapitel 20 der totale Absturz

    Kapitel 21 Delirium und Wahnsinn

    Kapitel 22 meine zweite Therapie

    Kapitel 23 wieder auf freiem Fuß

    Kapitel 24 zurück ins Berufsleben

    Kapitel 25 Treffen mit Albert

    Kapitel 26 bei den Amerikanern

    Kapitel 27 Rückfallgedanken...

    Kapitel 28 die Uhr tickt – es passiert

    Kapitel 29 ein neuer Arbeitsplatz

    Kapitel 30 wieder in der Heimatstadt

    Kapitel 31 der alles vernichtende Unfall

    Kapitel 32 im Aus – alles vorbei

    Kapitel 33 der fast verhängnisvolle Brand

    Kapitel 34 Gitty

    Kapitel 35 ich gehe rückwärts

    Kapitel 36 ich resigniere...

    Kapitel 37 nichts geht mehr

    Kapitel 38 vor der 3. und letzten Therapie

    Kapitel 39 meine allerletzte Chance

    Kapitel 40 Therapieverlängerung

    Kapitel 41 der Wiederholungseffekt

    Kapitel 42 meine Partnerin Susanna

    Kapitel 43 ich bäume mich auf

    Kapitel 44 ich sterbe...

    Kapitel 45 die totale Veränderung

    Kapitel 46 die ERKENNTNIS – die Hoffnung

    VORWORT

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    Es fiel mir nicht schwer, den richtigen Einstieg dieser wahren und knallharten Geschichte zu finden.

    Bei mir entstand die Suchtkrankheit bereits, als ich etwa vierzehn Jahre alt war. In diesem Alter hatte ich schon meine ersten Erfahrungen mit Alkohol gemacht.

    Als ich mich entschloss, dieses Buch schreiben zu lassen, sagte ich mir: ich stehe zu meiner Krankheit, die so unmerklich auftrat. Dies ist wohl die Voraussetzung dafür, ungeschönt und wahrheitsgetreu erzählen zu können.

    Es wird Ihnen sicherlich schwer fallen, meine Geschichte nachzuvollziehen. Aber ich finde, es ist besser, ich schreibe meine gesamte Suchtkarriere genauso, wie sie wirklich war: vom harmlosen Anfang bis zum bitteren, grauenhaften Ende.

    Vielleicht erkennt sich der ein oder andere Gefährdete, wenn er diese Horrorgeschichte liest. Oder aber ein Angehöriger, Freund oder Vorgesetzter sieht plötzlich gewisse Übereinstimmungen einer Person mit meiner. Leider rutschen in jüngster Zeit immer mehr junge Leute in eine (über kurz oder lang tödliche) Abhängigkeit, wie man der Presse und den aktuellen Statistiken entnehmen kann.

    Ich wünsche Ihnen nun „gute Unterhaltung" beim Lesen dieses Buches. Es wird Sie gelegentlich schockieren, aber ich hoffe, dann und wann auch etwas amüsieren...

    KAPITEL 1

    Wenn mein Vater mit seinen Freunden trank, fiel mir auf, wie sehr er sich in seinem Wesen veränderte. Er verlor dann all seine Ernsthaftigkeit und Unzufriedenheit, und das gefiel mir an ihm. Er wirkte gelöst, und alle Sorgen schienen von ihm gefallen zu sein.

    Wenn er wieder nüchtern war, war er unausstehlich. Er tyrannisierte Mutter und uns Kinder. Gelegentlich schlug er mich grundlos. Ich hasste ihn dafür. Das Schlimmste aber war seine abweisende, negative Haltung mir gegenüber, die er an den Tag legte.

    Das Wort Angst stand in unserer Familie an der Tagesordnung.

    Irgendwann betrank ich mich mit dem Schnaps, der „ihm" gehörte. Es war furchtbar. Ich kotzte und dachte, die Welt würde untergehen. Jedoch die Wirkung, die vorausgegangen war, hatte mich beeindruckt. Positiv beeindruckt.

    Leider.

    KAPITEL 2

    Ich besuchte die Knaben-Realschule in Ingolstadt und war ein mittelmäßiger Schüler.

    Tischtennis und Bowling waren meine bevorzugten Sportarten. Die beiden Bowlingbahnen befanden sich in einem Gasthaus, ganz in der Nähe unserer Wohnung. Unsere Mannschaft wurde einige Male Deutscher Meister und noch öfter Bayerischer Meister.

    Es kam dann schon mal vor, dass ich beschwipst oder angetrunken nach Hause kam. Aber dies wurde von meinen Eltern nicht registriert. Waren sie so sehr mit sich selbst beschäftigt?

    KAPITEL 3

    Vor dem Abschluss der Mittleren Reife lernte ich meine erste große Liebe kennen. Sie hieß Margit, war vierzehn Jahre alt, und eben das wunderbarste Mädchen auf dieser Erde. Sie besuchte das örtliche Mädchengymnasium, und ich holte sie tagtäglich mittags mit dem Fahrrad von der Schule ab. Ich liebte sie über alles. In ihrem Elternhaus konnte ich ein- und ausgehen, wie es mir beliebte. Ich hatte das volle Vertrauen ihrer Eltern.

    Anlässlich Margits fünfzehnten Geburtstags bereitete ich ein kleines Sommernachtsfest vor. Es fand im Garten ihrer Eltern statt. Dazu wurden einige unserer Freunde eingeladen. Selbstverständlich waren auch unsere Eltern mit anwesend. Sie mussten das Spektakel schließlich bezahlen.

    An diesem Abend ging es sehr unbeschwert zu, nur mein Vater, der in einem großen Kaufhaus als Chefdekorateur arbeitete, war schon nachmittags ziemlich angetrunken erschienen. Wie so oft hatte er schon in der Arbeit getrunken. Er schaffte es, das Fest platzen zu lassen, indem er Margits Oma ans Knie fasste. Die Blamage war perfekt. Meine Mutter und ich hätten uns am liebsten in einem Mauseloch verkrochen.Und ich hätte ihn dafür umbringen können. Ja, das hätte ich liebend gerne getan.

    Inzwischen hatte ich die Realschule abgeschlossen. Ich begann bei einer großen Textimaschinen- und Armaturenfabrik in Ingolstadt eine Berufsausbildung als Industriekaufmann.

    KAPITEL 4

    Kurz vor meinem achtzehnten Lebensjahr (im Herbst 1972) wurde mein Vater im alten Städtischen Krankenhaus Ingolstadt operiert. Er hatte Rippenfellkrebs. Vier Monate lag er zu Hause in seinem Bett, und er machte es uns allen sehr schwer. Meine ältere Schwester war inzwischen nicht mehr in der elterlichen Wohnung, da sie geheiratet hatte.

    Vater siechte sowohl körperlich, als auch geistig dahin. Er starb am Neujahrsmorgen in seinem Bett. Mit dreiundvierzig Jahre musste er schon sterben. Er war verhungert, aber er tat mir nicht Leid.

    Ich erinnerte mich damals, an seinem Totenbett stehend, an gewisse, vergangene Situationen: als er meine Mutter vor uns Kindern geohrfeigt hatte. Seine ewigen Nörgeleien und Ungerechtigkeiten hatten sich in meinem Unterbewusstsein manifestiert. Ich hatte immer schon das Gefühl gehabt, dass er mich nicht mochte. Aber ich wusste nicht, wieso. Nichts Positives wollte mir in dieser prekären Situation einfallen, zumal ich ganz nebenbei eine halbe Flasche Rum leerte. Vater würde beerdigt werden, dachte ich mir, und die Sache dürfte somit endlich erledigt sein.

    Genauso empfand ich.

    Nicht anders.

    KAPITEL 5

    Einen Tag nach dem Ableben meines Vaters musste ich wieder zu meiner Ausbildungsstelle in die Firma. Wie üblich meldete ich mich im Personalbüro und wurde in eine neue Abteilung – die Rechtsabteilung – geschickt. So schrieb es der Ausbildungsplan vor.

    Der Rechtsreferendar begrüßte mich sehr freundlich und bat mich, ihm gegenüber am Schreibtisch Platz zu nehmen, um mit dem theoretischen Unterricht beginnen zu können. Inmitten seines Vortrags über Bilanzwesen wurde mir hundeelend schlecht. Ich musste mich ohne große Vorwarnung in den zum Glück bereitstehenden Papierkorb übergeben. Der Mann war dermaßen perplex, dass er mich aufforderte, ihm ins Personalbüro zu folgen. Mir war schon alles egal, und ich folgte ihm wie ein begossener Pudel. Der Jurist verlangte vom Personalchef, nachdem er den Vorfall in allen Einzelheiten geschildert hatte, dass man mich schriftlich verwarnen, besser gesagt, aus der Firma werfen solle. Es sei in seiner glanzvollen Laufbahn doch noch nie vorgekommen, dass ein Lehrling vor seinen Augen (in seinem so durchdachten und höchst interessanten Unterricht) einen Papierkorb gefüllt hätte.

    Der Personalchef, ein guter Bekannter meines Vaters, fragte mich in Anwesenheit des Schockierten, was denn nur mit mir los und in mich gefahren sei, und vor allem, warum ich so viel getrunken hatte. Ich erklärte ihm völlig emotionslos, dass mein Vater am Tag zuvor im Kreis der Familie gestorben war. (Ich benutzte das Ableben meines alten Herrn als Waffe)

    Zuerst dachte er, ich sei verrückt geworden, da er nicht wusste, dass mein Vater todkrank war, aber dann rief er meine Mutter an und kondolierte ihr, ohne von dem Vorfall im Büro etwas zu erwähnen. Er verzichtete auf eine schriftliche Abmahnung, beruhigte den Juristen, der inzwischen etwas betreten daneben stand, (er hatte mich schließlich nicht gefragt, was mit mir eigentlich los war) und man gab mir für den Rest des Tages frei. Ich drehte mich um und sagte zu dem Juristen:

    „Es heißt Auszubildender, und nicht Lehrling!"

    Seit dem 01. Januar 1973 fühlte ich mich innerlich frei. Der negative Druck und die konstante Angst vor meinem Vater waren weg. Ich konnte mich so entwickeln, wie es mir gefiel. Damit begann auch meine Alkoholikerkarriere so richtig. Ich verkonsumierte mehr und mehr, beständig, und ohne Pause. Ich war nicht einen einzigen Tag ohne Alkohol!

    Schließlich kam die Zeit, in der ich meine Ausbildung als Industriekaufmann vorzeitig abschloss (mein Notendurchschnitt lag bei 1,7). Als Angestellter verdiente ich nun recht gut. Ich verkaufte am Telefon Armaturen an Großhändler. Kaum rutschte der Zeiger der Uhr im Büro auf sechzehn Uhr, sprang ich auf, egal, was noch an Arbeit zu machen war, und verließ eiligen Schrittes die Firma. War das immer eine Freude, gleich nach Feierabend mit den guten Freunden „bei Oma Resi" (so hieß das kleine, alte Lebensmittelgeschäft) ein paar Halbe schlucken zu können! Der Sportverein war in dieser Zeit schon sehr in den Hintergrund getreten; ganz zum Missfallen der Sponsoren und Kameraden. Meine Leistungen in der Bowlingmannschaft fielen langsam, aber konstant, ab.

    Ich bevorzugte die Wirkung des Alkohols. Er dämpfte mich. Und genau das brauchte ich.

    Nach einigen Promillen wuchs ich innerlich und zeigte unter meinen Saufkumpanen Können, Wissen und auch Stärke. Ich verhielt mich so, wie es in diesen Kreisen so üblich ist. Ich fühlte mich schon damals als kleiner Innendienstverkäufer zumindest als Verkaufsleiter, wenn ich genügend intus hatte. Entsprechend verhielt ich mich auch und ging nie ohne Krawatte aus. Auf gepflegte Kleidung legte ich schon immer besonderen Wert. Auch die körperliche Hygiene war bei mir großgeschrieben. Diesen grundlegenden Eigenschaften blieb ich bis zum heutigen Tag treu – bis auf wenige Ausnahmen. Nach Außen hin versuchte ich schon damals, meine nächsten Angehörigen und Freunde zu täuschen. Und es gelang mir auch! In mir sah es ganz anders aus. Über Gefühle konnte ich nicht reden. Dies war in meinen Augen unmännlich, ja, unmöglich. Solch eine Schwäche konnte und wollte ich mir nicht leisten. Aber gerade diese Haltung führte mich auf einen Irrweg des Lebens, der mir sehr viel Kraft kostete, ganz abgesehen von den persönlichen, finanziellen und bürgerlichen Nachteilen, die mir dadurch entstanden. Aber davon wusste ich damals zum Glück noch nichts.

    Resi, die Geschäftsinhaberin, gestattete ihren Stammgästen, zu denen ich ja gehörte, auch auf Kredit zu trinken. Zumindest bis zum nächsten Ersten des Monats gab sie uns Kredit. Dann war bei mir schon damals gelegentlich ein halbes Monatsgehalt fällig. Ich ärgerte mich nicht lange darüber, blätterte die Hunderter hin, die in ihrer kleinen Kasse für immer verschwanden, und kippte mir zur Feier des Tages ein paar Kurze und fünf, sechs Halbe Bier hinter die Binde. Dieses sich monatlich wiederholende Ritual musste vergessen werden.

    Schon in diesem Alter, also mit achtzehn Jahren, konnte ich negative Erlebnisse und Gefühle, die dieselben nach sich zogen, nicht ertragen. Ich wollte sie nicht ertragen und handelte entsprechend, indem ich mich betäubte.

    Das war mein Ventil.

    Diese Situation, wie ich sie durchlebte, war inzwischen schon ein ziemlicher Dauerzustand geworden. Das heißt aber nicht, in keiner Weise, dass ich negativ auffiel. Nein: ich beherrschte mich in jeder Lage, spielte den normalen Menschen, wenn auch mit einer konstanten Alkoholfahne, bei der ich mir aber damals noch nichts dachte. Meine alkoholische Laufbahn war sowohl in sozialer, als auch in finanzieller, und natürlich auch in gesundheitlicher Hinsicht vorprogrammiert. Nicht einen einzigen Gedanken verschwendete ich ans Sparen. Zum Beispiel, um mir ein Motorrad oder ein schönes Auto zu kaufen, wie es so viele meiner Freunde taten. Nein, mein altes Fahrrad genügte mir vollends. Hauptsache für mich war, dass mir das Geld für Alkohol und Zigaretten nicht ausging. Das finanzielle Chaos begann also schon damals. Ich kam aus meinen Zechschulden nicht mehr heraus. Wie gesagt. Ein Jahr später konnte ich im Sommerurlaub mit meinen Saufkumpanen nicht wegfahren, weil ich mein gesamtes Gehalt, sowie das Urlaubsgeld, bei der alten Dame abliefern musste. Sie strich die Scheine ein, schenkte mir ein Bier ein, und lächelte hintergründig.

    „Prost, Franz!"

    „Danke, Resi!"

    „Lass es dir schmecken!" (Ihre Augen glitzerten gierig)

    Dieser Zustand ging so weiter, ohne dass sich etwas veränderte. Doch eines Tages eröffnete mir Margit telefonisch, dass sich in unserer inzwischen dreijährigen Verbindung etwas verändern würde. Es war ihren Eltern natürlich nicht entgangen, dass ich in den letzter Zeit immer häufiger ins Wirtshaus ging und Margit sehr vernachlässigte. Sie wussten selbstverständlich, was dies bedeutete. Sie bestellten mich schließlich zu einer ernsthaften Unterredung zu sich nach Hause. In dem folgenden Gespräch erklärten sie mir freundlich, aber bestimmt, dass es nicht anginge, dass ich so viel trinken würde. Sie würden zwar verstehen, dass sich durch den Tod meines Vaters in meinem Leben einiges verändert habe, jedoch würden sie es nicht mehr länger akzeptieren, dass ich des Öfteren betrunken zu ihnen kommen und ihre kleine Margit mit allen möglichen unsinnigen Erzählungen in Beschlag nehmen würde. Dies war tatsächlich geschehen, und ich konnte es leider nicht mehr ändern. Zu gerne hätte ich es in diesem Moment ungeschehen gemacht...

    ... aber es war zu spät.

    Margit kam von ihrem Zimmer herunter und erklärte mir auch, dass nun zwischen uns Schluss sei. Sie müsse sich jetzt auf die Schule konzentrieren. Außerdem nerve es sie, dass ich andauernd eine Alkoholfahne hätte. Das war ein satter Schlag – mitten ins Gesicht. Und was das Schlimmste daran war:

    Es gab kein Zurück mehr.

    Wie gesagt.

    Ich hatte mir also meine erste große Liebe kaputt gemacht: Langsam und systematisch, ungewollt und unaufhaltsam...

    Und was war schuld daran?

    KAPITEL 6

    Dieses mehr als negative Erlebnis löste bei mir einen Schock aus. Obwohl mir die Konsequenz in fairer Art und Weise ausführlichst mitgeteilt wurde, war ich völlig fertig. Nun war ich wieder solo für Onkel. Ich schwang mich auf mein Rennrad und raste wie gewohnt, nur dieses Mal innerlich zerrüttet und aggressiv, zu Resi, wo ich dann im Freundeskreis mein ach so schweres Leid vortrug und mich dabei ganz fürchterlich mit Schnaps betrank. Was meine Kumpane von mir dachten, war mir egal. Wahrscheinlich lachten sie mich innerlich aus. Ich verstand die Welt nicht mehr. War denn dieses bisschen Alkohol schuld daran, sich von mir zu trennen? Eine Welle aus Selbstmitleid schlug über mir zusammen. Ich wankte später nach Hause zu meiner Mutter, die versuchte, mich zu trösten. Am nächsten Morgen entschuldigte sie mich in der Firma wegen starker Übelkeit.

    Von diesem so tragischen Tag an, der gravierend für mich war, ging es rasch und rascher Richtung Alkoholabhängigkeit. Die zweite seelische Katastrophe war in meinem noch so jungen Leben passiert, die meinen labilen Charakter durcheinander wirbelte und mich aus dem Gleichgewicht brachte. Ich war solchen Dingen und Ereignissen nicht gewachsen. Irgendwie hatte ich den Halt verloren.

    Jedoch: Hatte ich ihn jemals besessen?

    Meine Mutter, immer noch meine direkte Bezugsperson, ahnte nichts von dem schlimmen, inneren Zustand, den ich durchmachte, da ich schon damals ein Meister im Verheimlichen war: Un-durchsichtig und immer lächelnd. Sie bemerkte auch nicht, dass ich langsam, aber sicher, abglitt. Von meinen wirklichen Gefühlen merkte Keiner etwas. Mutter war eine gute, fürsorgliche Frau, die noch mit sich selbst kämpfen musste, um ihr Seelenheil aufrecht erhalten zu können. Sie wusste nicht, wie sie mich anpacken sollte, weil ich sie nicht an mich heran ließ. Ich gab ihr keine Chance dazu. Es war eine gewisse Schutzhaltung meinerseits. Eine starke Führhand wäre nun für mich gut gewesen, jedoch war eine solche nicht vorhanden.

    In den damaligen siebziger Jahren war es hinsichtlich des Arbeitsplatzverlustrisikos noch nicht so tragisch, wie es heute ist. Auch wusste man allgemein – sprich die Bevölkerung – noch sehr wenig über Alkoholerkrankungen und deren Auswirkungen. Die Aufklärungsarbeit war so gut wie...

    ... nicht getan.

    Nun lebten also wir Drei – Mutter, Christa (meine kleine Schwester) und ich – in einer netten Dreizimmerwohnung. Es handelte sich um eine Sozialwohnung. Gunda, die ältere Schwester, war aus dem Elternhaus geflüchtet, als Vater noch gelebt hatte. Genau dies hatte sie uns erzählt, als Vater gestorben war. Sie sagte, sie habe geheiratet, um Vater nicht mehr sehen zu müssen. Er war ihr zu sehr auf die Nerven gegangen, wie sie verlauten ließ. Tatsache aber war, dass sie ihren Ehemann über alles liebte. Sie hätte sicherlich auch geheiratet, wenn Vater nicht gestorben wäre.

    Für den Führerschein, den ich nun in Angriff nahm, brauchte ich mehr als ein halbes Jahr, bis ich ihn endlich bekam, weil ich immer wieder den theoretischen Unterricht geschwänzt hatte. Der Alkohol war mir wichtiger. Gelegentlich spielte ich noch etwas Tischtennis, aber nicht annähernd mit dem früheren Elan. Jedoch den Bowlingverein besuchte ich immer noch regelmäßig. Von Fall zu Fall trainierten wir, die Mannschaft, in nahe gelegenen Städten wie Nürnberg, Augsburg oder München. In großen Hallen zu spielen war etwas ganz anderes, als auf unserer kleinen Bowlingbahn in Ingolstadt.

    Meine kleine Schwester hatte durch meine negativen Charaktereigenschaften, die ich an den Tag legte, nicht viel zu lachen. Man kann es besser so ausdrücken: Sie hatte von mir gar nichts. Normalerweise sagen kleine Mädchen zu ihren Freundinnen:

    „Schau, das ist mein großer Bruder!"

    Aber ich frage Sie: Wie sollte sie darauf kommen, dies, oder etwas Ähnliches, zu sagen? Falls ja, dann höchstens mit einem Ausdruck der Peinlichkeit in der Stimme, möchte ich wohl behaupten. Genauso verhielt es sich, und dies für eine lange Zeit. Sie war ein hochintelligentes Mädchen, das genau wie Margit das örtliche Katharinengym-nasium besuchte, und sie brachte hervorragende Leistungen. Ihr Abitur bestand sie mit Bravour. Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, dass sie irgendwelche Probleme hatte. Jedenfalls war mir davon nichts bekannt. Ich muss aber auch eingestehen, dass ich mich all die Jahre über nicht um sie kümmerte. Ich führte mich also zu Hause oft so seltsam auf, dass Christa das bisschen Respekt, das sie in früheren Jahren noch vor mir hatte, gänzlich verlor.

    Es ist nicht leicht, mit einem Menschen zusammenzuleben, der tagtäglich mehr oder weniger angetrunken nach Hause kommt. Christa und Mutter konnten ein Lied davon singen! Ich hatte aber nicht die Angewohnheit, wochentags bis Mitternacht, oder gar noch länger, wegzubleiben. Um ca. neunzehn, zwanzig Uhr kam ich nach Hause. Dann schlug ich mir noch einige Eier in die Pfanne und verschwand in meinem Bett, eben, weil ich den Kanal voll hatte. Ich brauchte dann diese lange Schlafphase, da ich sonst am nächsten Morgen nicht hätte arbeiten können. Mein täglicher Alkoholkonsum betrug damals täglich etwa fünf, sechs Halbe Bier, wobei aber noch etliche Schnäpse hinzukamen. Es war eben niemand da, der mir mal zwischendurch so richtig den Marsch geblasen hätte. Vielleicht wäre es auch nicht schlecht gewesen, wenn Mutter an mein Verantwortungsbewusstsein appelliert hätte. Aber sie ließ mich genau so, wie ich damals war. Tiefsinnige, ernsthafte Gespräche wollte ich sowieso nicht führen – unter keinen Umständen. Dies wäre mir zu unangenehm gewesen. Ich hätte mich in diesem Fall tatsächlich anstrengen und von meinem Seelenleben etwas preisgeben müssen. Für mich war dieser Gedanke völlig abwegig.

    So zog ich also meine Kneipenfreunde vor. Dort konnte ich mich so richtig aufführen, ohne dass es irgendjemand aufregte. Es war von mir damals ein grundlegender Fehler, dass ich mir gerade dieses Umfeld ausgesucht hatte, in dem ich mir aber so ungemein wohl fühlte:

    weil ich immer jemanden brauchte, den ich volllabern konnte

    weil ich mir gerne Leute aussuchte, denen ich etwas vormachen konnte

    weil ich dadurch meine Minderwertigkeitskomplexe ausleben konnte

    Je älter, desto reifer wird man, sagt ein Sprichwort. Und je älter, desto klüger wird man. Bei mir traf das leider nicht zu.

    KAPITEL 7

    Inzwischen war ich neunzehn Jahre alt geworden, und prompt begann wieder eine gewisse Veränderung in meinem Leben. Sie werden sich vielleicht denken: Was geschah denn nun schon wieder mit ihm? Aber gestatten Sie mir, zu erzählen: die Verstärkung meines Alkoholkonsums bahnte sich an.

    Ich beschloss, das Pflaster zu wechseln und bezahlte Resi umgehend die restliche, offene Zeche. Ich verabschiedete mich von ihr; und zwar auf Nimmerwiedersehen.

    Ganz in der Nähe unserer Wohnung befand sich eine gemütliche Kneipe, in die ich nun überwechselte. Hier wurde ich Stammgast. Der Kreis der Hartgesottenen nahm mich zwar anfangs nicht besonders freundlich auf, jedoch gliederte ich mich schnell ein, indem ich die eine oder andere Runde bezahlte. Es befanden sich auch jüngere Burschen hier, die noch in der Berufsausbildung standen, und denen es an Geld fehlte. Diese waren natürlich für jedes Bier dankbar, das ich ihnen ausgab. Geld hatte ich ja nun genügend. Besonders wenn ich etwas intus hatte, war ich oft sehr großzügig. Ich hatte meine Spendierhosen an und spielte den großen Maxe. (Mein verblichener Vater hatte sich übrigens genauso verhalten).

    So ein Wahnsinn, kann ich heute nur sagen. Aber genau so war ich damals. Ich holte mir auf diese Art und Weise die Anerkennung, die ich brauchte.

    In dieser so lustigen, unbeschwerten Zeit waren die Worte Angstzustände, Zittern und Kotzen Fremdwörter für mich. Gewissensbisse hatte ich nur, wenn ich wieder nüchtern war. Das war immer am Morgen, bevor ich zur Arbeit ging. Oft schon musste ich frühmorgens sehr genau überlegen, was sich am Vorabend ereignet hatte. An gewisse Situationen konnte ich mich dann und wann nicht mehr genau erinnern, und gerade bei lauten Meinungsverschiedenheiten, die bei uns in der Kneipe an der Tagesordnung waren, wusste ich des Öfteren nicht mehr, was ich am Vorabend gesagt oder auch getan hatte. Nicht selten passierte es, dass ich unsere Wirtin Ulla am folgenden Nachmittag fragte, ob ich mich hinsichtlich meiner vorangegangenen Verhaltensweisen (meinen zynischen und beleidigenden Bemerkungen) bei jemandem entschuldigen müsse. Ich tat dies dann schon regelmäßig, und die Leute gewöhnten sich daran. Mein hintergründig schlechtes Gewissen schaltete ich systematisch aus, weil ich wusste, dass ich mich sowieso bei Irgendjemandem entschuldigen würde. Ich bereinigte die Sache dann, indem ich das eine oder andere Bier, oder auch einen Schnaps, spendierte. Ja, genau so lief das ab, und nicht anders.

    Ich machte mir keinerlei Gedanken über diese chronischen Gedächtnislücken. Sie waren für mich kein Warnzeichen. Im Gegenteil! Ich brüstete mich sogar damit!

    Ich war in meinen Handlungen dermaßen vorprogrammiert, dass mir eigentlich nie etwas passieren konnte. Diese seltsame Eigenschaft trainierte ich, bewusst oder auch unbewusst, bis hin zur Perfektion, für jede Lebenslage passend, die da so kommen sollte.

    Und sie kamen, diese Lebenslagen!

    Ich war also schon damals ein Alkoholiker mit entsprechenden Palimpsesten, sprich Gedächtnislücken. Und es sei noch bemerkt: Alkoholiker sind auch ohne Schauspielunterricht perfekt in ihren Darstellungen und Verwandlungen.

    Wie erwähnt, zog es mich tagtäglich, wie von einem imaginären Magneten angezogen, in diesen Kreis. Hier ging es immer so unbeschwert und lustig zu. Von der Realität, vom echten Leben, wollte ich nichts wissen. Es genügte mir die verhasste Arbeit, dieses langweilige Büro, in dem ich fünf Mal pro Woche acht Stunden lang sitzen musste. Aber dies musste sein, um meine Sauforgien finanzieren zu können. Wenn sich im Gasthaus ein Gespräch in eine bestimmte Richtung bewegte, z. B. über Geldproblematik, Religion oder Politik, so gelang es mir mit all meiner antrainierten Raffinesse, mich aus diesem, für mich negativen Gespräch, zu winden, in dem ich ablenkte. So einfach war das. Gewusst, wie. Ich wollte nichts Ernstes oder Negatives hören. Mein Ziel war es, nur vom Alkohol angetörnt zu sein, herumzualbern, zu spielen, und gewisse Themen, die mir nicht passten, in den Dreck zu ziehen.

    In diesem wilden Kreis befand sich auch ein Mann namens Albert, der fünf Jahre älter war, als ich. Er war ein kräftiger Bursche, der in jungen Jahren zur See gefahren war. Er wirkte auf mich sehr männlich, überlegen, und doch irgendwie selbstlos, zugleich bescheiden und kameradschaftlich. Eigenschaften, die ich sehr an ihm schätzte. In der Zeit, in der ich ihn kennenlernte, trieb er Kampfsport wie Boxen, Judo und auch etwas Gewichtheben. Besonders sein schwarzer Gürtel im Judo beeindruckte nicht nur mich. Er wusste sich seiner Haut zu wehren, und man hatte im Gasthaus einen Heidenrespekt vor ihm. Auch er kam täglich. Albert konnte immer solch aufregende Geschichten von der Seefahrt erzählen. In diesen Stunden hörte man ihm schweigend zu, und keiner unterbrach oder störte ihn in seinem Redefluss. Es war amüsant, ihm zuzuhören.

    Wir erlebten in dieser Kneipe eine wilde Zeit, in der es dann schon mal vorkam, dass eine Polizeistreife auf der Matte stand, wenn es zu heiß herging. Obwohl der Wirt selbst Kriminalpolizist war, war der Einsatz der Beamten oft unumgänglich. Gelegentlich senkte sich auch sein Gummiknüppel, den der Wirt hinter dem Tresen liegen hatte, auf das eine oder andere Haupt nieder, wenn es wirklich nicht mehr zu vermeiden war. In dieser so intimen Gruppe wurde wirklich mehr verkonsumiert, als es sich ein Durchschnittsbürger hätte leisten können.

    In unserer Kneipe verkehrte auch ein Araber, der einen regen Autohandel mit Gebrauchtfahrzeugen betrieb. Er verstand es, mir einen seiner kleinen Sportwagen, einen dunkelroten FIAT 850 Sport, schmackhaft zu machen. Der Preis war akzeptabel, und ich konnte nicht mehr Nein sagen.

    Nachdem ich mir den Gesamtbetrag – ich glaube, es waren zweitausendfünfhundert DM - von meiner Mutter geliehen hatte, kaufte ich den Wagen und fuhr dann selbstverständlich sofort an der Kneipe vor, um ihn meinen Kumpanen zu zeigen. Tagtäglich gondelte ich nun mit meinem angesäuselten Gehirn durch die Landschaft, ohne dass etwas passierte. Nur einmal stieg Albert aus, da es ihm doch zu brenzlig geworden war. Ich war auf zwei Reifen um eine Kurve gesegelt, und wir hätten uns dabei beinahe überschlagen.

    Genau nach drei Wochen stieg ich an einem Freitagabend spätnachts vor der Kneipe in meinen Wagen ein und kam genau einhundert Meter weit. In einer rechtwinkeligen Linkskurve, ca. fünfzig Meter vor meinem Zuhause, kam ich ins Schleudern und prallte auf dem Bürgersteig gegen einen Telefonmasten. Dieser kippte um und fiel zu meinem großen Glück (und komischerweise) nach vorne. Der Masten war morsch, weil ihn ein Saufkumpan namens Eddi nach seiner Zechtour immer in vorausschauender Art und Weise angepinkelt hatte.

    Die von Nachbarn herbeigerufene Polizei ließ mich zum ersten Mal in meinem Leben den berühmten Röhrchentest machen. Ich war am Unfallort geblieben, weil es wenig Sinn gemacht hätte, wenn ich zu Mutter gegangen wäre. Die Polizei hätte mich hundertprozentig zu meinem demolierten Wagen zurückgebracht. Im selben Moment, als ich ins Röhrchen pustete, kam unser Wirt, der Kriminalpolizist, um die Ecke gefahren. Er sah die Bescherung und stieg aus seinem Auto. Er überzeugte die beiden jungen Beamten davon, dass ich normalerweise nie betrunken fahren würde. Ich höre noch seine Worte:

    „Glaubt mir. Franz lässt sein Auto immer stehen, wenn er etwas intus hat!"

    „Wirklich?"

    „Aber sicher!"

    „Na gut. Dann wollen wir mal nicht so sein. Er hat ja niemanden verletzt!"

    Einer der Beamten fragte mich, ob ich mit einem Bußgeld von vierzig DM einverstanden sei. Völlig perplex und innerlich jubelnd überreichte ich den Beamten einen Hundertmarkschein und sagte, sie sollten sich doch von dem Rest einen netten Abend machen. Dieses Angebot schlugen sie jedoch aus und gaben mir das Wechselgeld zurück.

    Am nächsten Mittag, nachdem sich meine Mutter von der Schreckensnachricht wieder etwas beruhigt hatte, (sie hatte zwischenzeitlich schon von verschiedenen Nachbarn gehört, was passiert war und sich den restlos kaputten Wagen angesehen, der ja immer noch in dieser Nebenstraße stand) ging ich schnurstracks Richtung Gasthaus. Ich kam auch an der Unfallstelle vorbei. Dort standen zwei etwas ältere Damen, die über die verantwortungslosen, jugendlichen Fahrer im Allgemeinen schimpften. Man müsse sich vorstellen, meinte die eine, dass hier nachts ein Mensch spazieren ginge, und dieser ohne die geringste Vorwarnung über den Haufen gefahren werde. Die andere nickte heftig. Ohne Aufforderung schloss ich mich der Meinung der beiden Damen an und schimpfte mit. Anschließend fragten sie mich, ob ich denn zufällig den Unfallfahrer des FIATS kennen würde. Ich antwortete, dass ich selbst der Fahrer gewesen sei. Ungläubig starrten sie mich an. Sie waren fassungslos. Ja, das war wohl zu viel für sie. Ich ließ sie einfach so stehen. Ich dachte mir gar nichts dabei. Es war einfach ein Riesenspaß, mitge-schimpft und die Quasseltanten veräppelt zu haben. Im Wirtshaus angekommen, bezahlte ich dem Wirt für seine Hilfe eine Maß Bier und zwei oder drei Schnäpse, und der danach folgende Umsatz ließ nicht zu wünschen übrig.

    In den kommenden Monaten veränderte sich dann die gute Beziehung zwischen den Stammgästen und den Wirtsleuten. Man merkte, dass sie es nicht mehr nötig hatten, freundlich, zuvorkommend und einwandfrei zu bedienen. Es war alles zu selbstverständlich geworden: der tägliche Besuch in der Kneipe mit den entsprechenden Zechen und die dann und wann leicht überhöhten Abrechnungen der Wirtsleute. Eines Tages ging die Bombe hoch, und nach einer ordentlichen Schlägerei, bei der teilweise die Einrichtung zu Bruch ging, erhielten wir allesamt Lokalverbot.

    Dies kam uns ganz gelegen, weil wir uns sowieso schon längere Zeit nach einer anderen, gemütlichen Kneipe umgesehen, und diese auch gefunden hatten. Hier konnten wir uns genauso aufführen, wie in der alten Kaschemme. Die neue Kneipe hieß Lagunenbar.

    KAPITEL 8

    So zog also die gesamte Clique nach Oberhaunstadt (bei Ingolstadt) in die bäuerliche Wirtschaft um, die einen solch klangvollen Namen hatte. Leider war es nun nach den ausgiebigen Gaststättenbesuchen nicht mehr möglich, schnell nach Hause zu kommen. Aber dadurch, dass wir eine eingeschworene Gemeinschaft waren, nahmen wir die unfreiwilligen Spaziergänge in Kauf. Radfahren wollte keiner von uns. Sehr wenige besaßen einen eigenen Wagen. Und ein Taxi zu nehmen, erschien uns zu teuer. In dieser neuen, alten Kneipe waren die Preise sehr niedrig gehalten. Auch gab es hier einen richtigen Biergarten mit Kastanienbäumen, sowie Bierbänke, und der Schnaps wurde zum Ladenpreis verkauft. Es handelte sich um unverzollten Whisky und Cognac, den der Wirt (ein ausgemachtes Schlitzohr) regelmäßig beschaffte. Das Bier floss aus dem Fass wie aus einer unversiegbaren Quelle. Der Durst war dementsprechend. Es gab hier selbstverständlich keine Tischdecken oder sonstigen Schnickschnack – und das war gut so! Es wurde ja laufend von uns Tölpeln etwas umgeschüttet. Auch ging des Öfteren ein Glas zu Bruch, wenn der Griff bzw. der Blick zu unsicher geworden war. Aber dies alles spielte in diesem Haufen keine Rolle. Es kam ein neues Glas auf den Tisch, und man konnte weitersaufen.

    Es war, wie bereits angedeutet, eine sehr primitive Kneipe, in der sich ein normaler Mensch wahrscheinlich nicht wohl gefühlt hätte. Für uns aber war es die ideale Wirtschaft, die wir über alles liebten. Tagaus, tagein, trafen wir uns hier und verplemperten unser sauer verdientes Geld. Die Stimmung, die zu vorgerückter Stunde oft herrschte, können Sie sich sicherlich gut

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