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Eiskinder II: Mysterythriller
Eiskinder II: Mysterythriller
Eiskinder II: Mysterythriller
eBook358 Seiten4 Stunden

Eiskinder II: Mysterythriller

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Über dieses E-Book

Mit Mühe und Not entkommen Sabines Eltern und einige gute Freunde der furchtbaren Eiswand, in der die verwunschenen Kinder tanzten und sangen:

„Eiskinder, Eiskinder, hallt es durch die Nacht…“

Der Groschensee ist zu ihrem persönlichen Revier geworden. Das Weihnachtsfest ist vorüber und die Angriffe der Eiskinder mit ihrem tödlichen, unnatürlichen Eis werden immer brutaler und rücksichtsloser. Die Kripo warnt eindringlich vor dem Betreten des Sees. Sabines Mutter beschließt in ihrer Verzweiflung, einen jungen Kater zu besorgen, um damit sie, ihr Töchterlein Sabine, die zugleich die Anführerin der Eiskinder ist, anzulocken…

Ob es ihr gelingt?
SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum14. Dez. 2016
ISBN9783730983737
Eiskinder II: Mysterythriller

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    Buchvorschau

    Eiskinder II - Alfred J. Schindler

    Eiskinder II

    Eiskinder II

    - DÄMONISCHE SPIELE -

    Mysterythriller

    von

    Alfred J. Schindler

    Was bisher geschah:

    Als ich Mitte Dezember mit Sabine, meiner kleinen Tochter, und Brunhilde, Sabines Mutter, zum Groschensee hinunterging, um mit ihnen in diesem Winter das erste Mal Schlittschuh zu laufen, war die Welt in unserer kleinen Familie - und auch in Waldhütte - noch in bester Ordnung. Doch dann verschwand Sabine direkt vor unseren Augen auf der Eisfläche des Sees. Das Eis war stabil. Sie konnte also nirgends eingebrochen sein. Etliche andere Kinder, die mit uns auf dem allseits beliebten See waren, konnten sich genauso wenig wie wir erklären, wohin sie verschwunden war. Wir verständigten sofort die Polizei, und eine spezielle Truppe von Männern machte sich unverzüglich auf die Suche nach Sabine. Von dem Polizeihund Benno erhofften wir uns natürlich am meisten. Jedoch die Suche blieb erfolglos. Ich hörte ein unerklärliches Sirren, ein hohes Pfeifen auf dem See, das sich weder ich, noch sonst jemand, erklären oder zuordnen konnte.

    In derselben Nacht ging ich alleine auf den dunklen See hinaus, der unheimlich und bedrohlich vor mir lag. Ich versuchte, von tiefer Angst um Sabine getrieben, ein Loch ins Eis zu schlagen, nur, um irgendetwas zu tun, und stellte überrascht fest, dass das Eis unglaublich hart war. Was war das für ein seltsames Eis? Wie es schien, hatte es mit dem Eis, das tagsüber den See bedeckte, nichts gemein.

    Ich sah unter dem Eis einen rötlichen Lichtschein.

    Ein Licht, wo keines sein konnte.

    Sabine kam nicht zurück. Eine Entführung wurde im Laufe der nächsten Tage ausgeschlossen. In Sabines Zimmer fanden sich plötzlich nasse Schlittschuhspuren. Ein Stofftier von Sabine war aus ihrem Zimmer verschwunden. War sie heimlich zurückgekommen?

    Die Soko-Eiskinder aus Bad Reichenhall kam keinen Schritt weiter. Man stellte fest, dass der See tagsüber „normal war, im Gegensatz zur Nacht. Taucher wurden eingesetzt. Schaulustige bevölkerten den See. Weitere Kinder verschwanden aus Waldhütte. Eine der Mütter, die sich umgebracht hatte, schrieb einen Abschiedszettel, in dem auch stand: „Die Kinder haben mich geholt.

    In Waldhütte entstand Panik. Immer mehr Familien verließen die Ortschaft, weil sie Angst hatten, dass die EISKINDER auch eines ihrer Kinder zu sich holen würden.

    Dann kam dieses „Eis" nachts in unser Haus. Es tötete Brunhildes Mutter auf bestialische Art und Weise. Als ein Ehepaar, das im Nachbarhaus wohnte, tot in seiner Garage gefunden wurde (sie waren in ihrem Auto in einem Eisblock erfroren), war das Chaos perfekt. Wir waren uns nun sicher, dass es sich um kein normales Eis handelte.

    Und uns wurde langsam klar, dass die EISKINDER ihre grausigen Spiele mit uns Erwachsenen trieben. Sie töteten wahllos. Eine tiefe Machtlosigkeit und Angst machte sich bei uns breit.

    Was war es, was die Kinder so werden ließ?

    Was hatte sie so sehr verändert?

    Lebten sie noch, oder waren sie schon tot?

    Diese EISKINDER waren grausam und böse zugleich.

    Weitere, unheimliche Dinge geschahen, die nicht von dieser Welt waren. Orkanartige Stürme, die sich zuerst nur auf dem Groschensee abspielten, also nicht darüber hinaus, verunsicherten uns. „Es ist eine unheimliche, zerstörende Macht, die von dem See und unseren Kindern Besitz ergriffen hat!", sagten wir uns.

    Drei Taucher, die nach den Kindern gesucht hatten, wurden von dem mörderischen See (oder waren es die EISKINDER?) getötet.

    Unser Priester versuchte, mit den EISKINDERN zu reden. Er ging mit uns auf den See hinaus. Er betete laut, und die EISKINDER kamen und manifestierten sich vor unseren Augen. Jedoch antworteten sie nicht auf seine Fragen, und versuchten sogar, ihn, den Pastor, zu töten. Es war etwas Grauenhaftes, etwas un-endlich Böses, das die EISKINDER umgab.

    Wurzelliese, eine alte Frau in unserem Dorf, die besondere Fähigkeiten besaß, versuchte, uns zu helfen. Sie konnte Dinge vorausahnen, jedoch nicht auf Befehl. Ihre Eingebungen kamen und gingen.

    Inzwischen waren sieben Kinder zu EISKINDERN geworden.

    Am Heiligen Abend begann das Finale: Während der Christmette vereiste die gesamte Kirche von innen. Es schien so, als ob die Gläubigen im Gotteshaus auf frevlerische Art und Weise erstickt und zerdrückt werden sollten. Brunhilde und ich waren natürlich auch in der Mette, als dies geschah. Über der Kirche tobte das Pfeifen und Sirren der EISKINDER. Die Kirchgänger begriffen: Sie hörten den...

    ... GESANG DER EISKINDER.

    Es war ihr Todeslied.

    Ihr Todesspiel.

    Sabines Mutter flehte, am Altar kniend, die EISKINDER an, die Kirche bzw. die Leute zu verschonen, und sie wurde erhört. Die EISKINDER und das Eis verschwanden. Dieses Eis löste sich in Nichts auf. Es hinterließ keinerlei Spuren, auch kein Wasser, denn es taute ja nicht auf. Es verschwand einfach genau so unerklärlich, wie es gekommen war.

    Sabine holte sich an diesem Abend ihr Weihnachtsgeschenk vom erleuchteten Baum, der geschmückt in unserem Garten stand: Ein Paar schöne, neue Schlittschuhe.

    Am 1. Weihnachtsfeiertag schickte die Regierung ein Spezialfahrzeug, das einem kleinen Eisbrecher ähnelte. Es fuhr über den See und warf tonnenweise Salz ab. Dieses Schiffchen, sowie ein riesiger Kran, der das inzwischen untergegangene Fahrzeug bergen sollte, versank unerklärlicherweise im See. Acht unschuldige Männer starben. Die EISKINDER hatten erneut zugeschlagen. Der Versuch, den See zu versalzen, misslang völlig, denn das Eis, dieses in der Zusammensetzung unbekannte Eis, war gegen Salz offensichtlich resistent. Der See gefror innerhalb kürzester Zeit, sprich in wenigen Stunden, wieder zu.

    Die EISKINDER töteten meinen Schwiegervater, Sabines Großvater. Er erstickte in einem Eisblock, direkt in seinem Bett - in unserem Haus. An einer der vereisten Fensterscheiben unseres Hauses stand mit Sabines Schrift: Geht! Bitte geht! - Die EISKINDER hatten also beschlossen, auch Brunhilde und mich zu töten. Aber unsere Sabine war offensichtlich dagegen, obwohl sie mit ihren sieben Jahren die Anführerin dieser Bande war. Sie hatte wohl den ausgeprägtesten Charakter, der die anderen, älteren Kinder aufblicken ließ.

    Sie hatte uns eindringlich gewarnt.

    In dieser Nacht um vier Uhr - es war der Morgen des 2. Weihnachtsfeiertages - suchte Brunhilde die endgültige Entscheidung: Wir gingen, zusammen bei klirrender Kälte mit unseren besten Freunden, hinunter zum schrecklichen, grauenhaften See. Wir wollten eine Konfrontation mit den EISKINDERN. Doch dann wurden wir Zeuge eines ungeheuerlichen Schauspiels: Der See begann, von unten zu leuchten. Es war DAS LICHT DER EISKINDER, das wir erblickten. Der See bäumte sich auf, und eine tödliche Eiswand entstand. Sie war sehr hoch und so breit, wie der gesamte See. Und unsere EISKINDER befanden sich in dieser Wand. Sie lachten, sie jauchzten und sie sangen ihr Lied:

    Eiskinder... Eiskinder... hallt es durch die Nacht..."

    01 2. Weihnachtsfeiertag, Sonntag 26.12. (vier Uhr morgens)

    Wir stehen gemeinsam, keine zehn Meter vor dieser schrecklichen, Furcht einflößenden, vom Grunde des Sees hell erleuchteten Eiswand. Unsere Eiskinder hören nicht auf, ihr lautes, durchdringendes Lied zu singen. Er geht uns durch Mark und Bein, dieser wahnsinnige Singsang:

    Hüüüh! Hoooh!

    Hüüüh! Hoooh!

    Es ist fast unglaublich, dass wir sie überhaupt hören können. Alleine dieser Umstand soll uns wohl sagen, dass wir ihre Gegebenheiten nicht mit den unseren messen können. Sie verfügen über gänzlich andere Möglichkeiten, als wir kleinen Menschen.

    Kommissar Erwin Müller, mein Freund, rührt sich nicht. Sein starrer Blick ist nach oben gerichtet, hinauf zum abschließenden Rand dieser schrecklichen Wand, die sich hoch über unseren Köpfen - etwa zehn bis zwölf Meter - wölbt. Erwin wirkt wie versteinert. Unsere Eiskinder befinden sich, wie gesagt, in dieser schrecklichen Eiswand, in diesem unüberwindbaren Block, und sie bewegen sich darin. Es scheint wirklich so, als ob sie tanzen würden. Sie sind gut gelaunt. Dies ist jedenfalls unser aller Eindruck. Oder zeigen sie uns nur ihre tödliche Macht? Wollen sie uns nur sagen:

    „Na, ihr armseligen Kreaturen?

    Was wollt ihr denn von uns?"

    Maximilian Springer, Erwins rechte Hand, der einen gewissen Draht zum Übersinnlichen hat, fürchtet wohl auch um sein noch junges Leben. Pastor Gründl, dieser große, kräftige Mann mit der Figur eines Schwergewichtsboxers, hat die Hände vor seiner Brust gefaltet: Er betet für sie, für die verwunschenen Eiskinder. Ja, ich bin mir sicher, dass er das gerade tut. Brunhilde zerdrückt vor Angst fast meine Hand. Sie ist völlig gelähmt, genau wie ich. Ich starre auf die tödliche Bedrohung und bin zu keiner Tat fähig. Diese Wand paralysiert uns förmlich, könnte man sagen. Ich sehe, dass die Eiskinder ihre Schlittschuhe tragen: Sie, die geliebten, verhassten Eiskinder. Ja, dies registriere ich in diesem düsteren Moment.

    Wurzelliese steht neben dem Pastor, und ihr Blick ist leer. Mir wird erst jetzt, in dieser Sekunde klar, dass sie wirklich vollkommen blind ist.

    Wir sechs Leutchen sehen etwas, was zuvor sicher noch kein anderer Mensch erblickt hat: Jauchzende, singende Kinder in einem überdimensionalen Eisblock.

    Dieses Eis, das wohl keines ist, verursacht grauenhafte Töne: Es kracht, es schmatzt, es knackt und es mahlt in sich selbst. Und es kommt langsam auf uns zu. Es verlässt ihn, den Groschensee und wälzt sich unaufhörlich in unsere Richtung. Genau in diesem Moment hören wir den Pastor brüllen. Er übertönt nur mühsam diese ekelhaften, fürchterlichen Geräusche des Eises und das unheimliche Singen der Eiskinder:

    „Lauft! Lauft, so schnell ihr könnt!

    Rennt um euer Leben!", schreit er.

    Und er sprintet los. Wir rennen hinter ihm her. Ich werfe einen kurzen, hastigen Blick zurück: Wurzelliese bewegt sich nicht. Sie wirkt wie am Boden festgenagelt. Ich laufe die fünf, sechs Schritte zurück, packe sie seitlich am Körper und hebe sie hoch. Sie ist nicht schwer, diese alte Frau. Und sie klammert sich fest an mich.

    Ich renne mit ihr um unser Leben.

    Um unser nacktes Leben.

    Hinter uns sind diese gräulichen Geräusche immer noch deutlich zu vernehmen. Es scheint, als ob uns dieser Eisblock folgen würde. Diese Massen erdrücken alles, was sich ihnen in den Weg stellt. Doch dann, nach etwa hundert Metern, werden diese eindringlichen Geräusche etwas leiser.

    Die Eiskinder lassen uns am Leben.

    Wie großzügig!

    Danke, Eiskinder!

    Völlig außer Atem setze ich Wurzelliese vorsichtig ab. Sie wirkt sehr ruhig und gefasst auf mich. Zwanzig, dreißig Meter vor uns stehen die anderen. Sie haben offensichtlich auch gemerkt, dass sie außer Lebensgefahr sind. Erwin kommt zu uns gelaufen und sagt:

    „Das war knapp, meine Herrschaften!"

    Und Wurzelliese antwortet: „Ihr Spiel wird immer dreister!"

    Es sieht tatsächlich so aus, als ob sich dieser riesige, hell glitzernde Eisblock langsam und fast unmerklich in den schwarzen, unergründlichen See zurückzieht. Er erinnert mich an ein schreckliches Ungetüm, das plötzlich einsieht, dass es uns nicht folgen kann. Wir können aus dieser Entfernung die Eiskinder immer noch gut erkennen, denn sie befinden sich ja im obersten Teil des Eisblocks. Dieser monumentale, hell erleuchtete Block senkt sich, er wird niedriger, und wir sehen zum ersten Mal, seit es die Eiskinder gibt, wie sie, in diesem Eisblock stehend und mit ihren Stofftieren winkend, im Groschensee untertauchen.

    Wie entsetzlich!

    Brunhilde weint: „Sabine und ihre Freunde leben also wirklich in diesem grauenhaften See, Günter!"

    „Ja, jetzt haben wir Gewissheit. Sie leben nicht, sondern sie existieren im See."

    Sie schnieft: „Sie sind also keine lebenden Menschen mehr!"

    „So kann man das nicht sagen," versuche ich sie zu trösten. Ich wirke aber, befürchte ich, nicht sehr überzeugend.

    Aber innerlich muss ich ihr zustimmen. Wir wussten bisher nicht, wo sich die Eiskinder nachts, und auch tagsüber, aufhielten. Irgendwo mussten sie ja sein! Sagten wir uns. Wir ahnten natürlich, dass sie sich im See befanden, zumal wir ja schon diese seltsamen, roten Lichter unter der Eisoberfläche gesehen hatten. Aber wir hatten, wie gesagt, noch keine Gewissheit. Und außerdem konnten wir es einfach nicht glauben. Jetzt dürfte diese Frage also geklärt sein: Der Groschensee, ja, der See selbst, ist der Aufenthaltsort unserer Kinder.

    Er ist ihre große Wohnung.

    Ihr privates Reich.

    Zumindest nachts.

    Diese armselige Eisbruch- und Versalzungsaktion des Sees, bei der acht Männer gestorben waren, hätte man keinesfalls starten dürfen. Die Verantwortlichen hatten nicht mitgedacht. Denn die Eiskinder konnten und wollten es nicht dulden, dass man ihren See belästigt. Dass man ihn verletzt. Sie hatten sich mit Brachialgewalt gewehrt, und sie hatten rigoros getötet. Aber andererseits muss man sich sagen: Woher hätten die Verantwortlichen auch wissen sollen, wie brutal die Eiskinder ihre Aktion abwehren würden? Halt! Sie hätten es wissen müssen! Denn es war allseits bekannt, dass die Eiskinder mordeten.

    Wir sechs Leute stehen eng aneinander auf diesem schmalen, dunklen Weg, der zur Ortschaft bzw. zu unseren Häusern führt. Es ist nicht weit bis dorthin, vielleicht einen knappen Kilometer, aber es kommt uns in diesen Minuten unendlich lang vor. Völlig erschlagen erreichen wir unser Zuhause. Unser eigenes Häuschen, das normalerweise so überaus friedlich wirkt, erscheint mir in dieser Sekunde bedrohlich. Es ist schon halb fünf Uhr am Morgen, und die kalte, finstere Nacht hat Waldhütte voll im Griff.

    Was werden sie jetzt wohl tun, unsere Eiskinder? Fährt es durch meinen Kopf. Sie befinden sich in diesem grausig kalten Wasser, tragen ihre Schlittschuhe und spielen mit Sabines Stofftieren, die sie sich klammheimlich aus ihrem verwaisten Zimmer geholt hatten. Wenn sie jetzt immer noch mit Stofftieren spielen, können sie doch normalerweise gar nicht so grauenhaft sein, geht es durch meinen Kopf. Was ist das für eine furchtbare Macht, die hier bei uns, in diesem verträumten Nest, zugeschlagen hat? Warum hatte sich diese überdimensionale Kraft an unseren unschuldigen, lieben Kindern vergriffen? Was will sie damit bezwecken? Will sie uns zeigen, wie klein und zerbrechlich wir doch sind? Aber wieso holten sie sich keine Erwachsenen? Wären ihnen solche zu unangenehm? Zu eigenständig und selbständig? Nutzt diese furchtbare Kraft die Unbedarftheit der Kinder aus?

    Deren Unerfahrenheit?

    Ihre Unschuld?

    Kann sie sich nur Kindern gegenüber durchsetzen? Wenn dem so wäre, dann dürfte ihre Kraft ja doch nicht so groß sein, wie immer angenommen wurde! Oder liege ich mit meinen Vermutungen völlig falsch? Läuft hier etwas ab, was wir einfach nicht kapieren können? Welcher Sinn steckt hinter dem Diebstahl unserer Kinder?

    Der eigentliche Sinn...

    Unsere Eiskinder spielen ihr tödliches, grausames Spiel. Wenn Sabine die Anführerin ist, (sie war ja, wie bekannt ist, die Erste, die verschwand) dann müssten die anderen sechs Kinder doch normalerweise auf sie hören. Aber es ist auch so, dass sie wohl die Jüngste ist. Die Jüngste in diesem auserwählten, mörderischen Kreis.

    Die Gruppe der Eiskinder, außer Sabine, hat also beschlossen, nun auch Brunhilde und mich zu töten. Und

    Sabine hatte uns heimlich gewarnt:

    Geht!

    Bitte geht!

    Hatte sie mit ihren kleinen Fingern an eine der Fensterscheiben unseres Häuschens von außen geschrieben. Aber Brunhilde wollte nicht gehen. Sie wollte Waldhütte unter keinen Umständen verlassen. Sie hätte Waldhütte niemals ohne ihre kleine Sabine verlassen können. Und sie suchte die alles entscheidende Konfrontation. Und was war das niederschmetternde Ergebnis? Die Eiskinder zeigten uns, wer das Sagen hat! Sie sind diejenigen, die das Ruder in der Hand halten, wie es scheint!

    Nicht wir!

    Und jetzt sitzen wir zu sechst in unserem Wohnzimmer und trinken zusammen auf die Eiskinder, natürlich mit einem mehr als bitteren Beigeschmack auf der Zunge...

    „Selbstverständlich kann ich euch nicht zwingen, Waldhütte zu verlassen," sagt Erwin nachdenklich zu Brunhilde und mir.

    „Das will ich auch hoffen!", antworte ich.

    Wurzelliese sagt leise, ihre Tasse Tee in beiden Händen haltend: „Wenn, dann müssten wir alle gehen."

    Springer, der Beamte aus Bad Reichenhall, reißt die Augen auf und sagt: „Das wäre die Lösung! Somit hätten die Eiskinder keinerlei Angriffsfläche mehr!"

    „Ihr könnt doch nicht die gesamte Ortschaft evakuieren.", erwidere ich.

    „Nein, das können wir nicht!", meint Erwin und trinkt einen Schluck Bier.

    „Es wäre aber das Beste!", sagt Pastor Gründl.

    „Viele Leute wollen den Ort nicht verlassen, egal, was noch passiert. Damit meine ich aber nicht die Familien mit Kindern!", sagt Erwin.

    „Ich finde, wir sollten uns zurückhalten und abwarten. Außerdem sollen unsere Eiskinder nicht das Gefühl kriegen, als ob sie uns von hier vertreiben können!", wirft Brunhilde ein. Sie hat sich offensichtlich wieder ein wenig gefangen.

    „Wenn du, Brunhilde, und auch du, Günter, wieder mein Wundermittel braucht, dann sagt es nur!", erklärt Wurzelliese wohlwollend. Sie spielt damit auf ihr Antidepressionswässerchen an, das Brunhilde zuletzt so sehr geholfen hatte.

    „Ja, danke, Liese., antwortet Brunhilde. „Wir kommen gerne auf dein Angebot zurück, wenn wir wieder in den Seilen hängen.

    „Ich habe keine Angst mehr, dass sie uns immer noch töten wollen!, werfe ich in die Runde. „Denn wenn sie es ernsthaft gewollt hätten, hätten sie es gerade vorhin schon getan!

    „Ihr solltet aber trotzdem vorsichtshalber den Ort verlassen!", meint Erwin. Und er blickt dabei mehr als ernst.

    „Nein, wir bleiben.", antwortet Brunhilde. Entschlossen ist ihr Gesichtsausdruck.

    Ich stimme ihr innerlich zu.

    Erwin sagt: „Übrigens: Einer unserer Chemiker war nachts am See und wollte das Eis untersuchen!"

    „Ja, und? Lebt er noch?", fragt der Pastor.

    Der Kommissar übergeht die direkte Anspielung: „Er füllte einige Eissplitter in sein Glasgefäß, und als er im Auto saß, war dieser kleine Behälter leer."

    „Ja, ja, wir wussten schon, dass sich dieses Eis einfach in Luft auflöst!" Sagt Gründl. Er überragt uns sogar im Sitzen um Haupteslänge, dieser außergewöhnliche

    Gottesmann.

    „Man kann es also nicht untersuchen. Das wollte ich damit nur sagen.", erklärt Erwin.

    Ich werfe ein: „Hintergruber unternahm doch auch schon den kläglichen Versuch, Proben von diesem Eis aus unserem Keller mitzunehmen, als meine Schwiegermuter so brutal ermordet wurde. Aber auch bei ihm löste es sich in Luft auf. Man könnte fast glauben, dass es spürt, dass man es untersuchen will!"

    „Aber man könnte doch direkt auf dem See diesen Versuch unternehmen, Herr Müller!"

    „Herr Pastor, inzwischen weiß jeder einzelne Mitarbeiter bei der Polizei, ja, fast jeder Bundesbürger, was auf diesem See geschieht. Ich glaube, dass sich niemand bereit erklären würde, nachts hinauszugehen, um labortechnische Untersuchungen anzustellen! Unser Chemiker war da wohl die berühmte Ausnahme! Aber er hatte Glück. Wahrscheinlich haben ihn die Eiskinder nicht gesehen. Tagsüber ist das Eis ja völlig normal, wie allseits bekannt ist!"

    „Ja, das ich kann mir schon vorstellen, dass sich keiner mehr nachts auf den See hinaustraut. Jetzt wissen wir ja auch mit Sicherheit, dass sich die Eiskinder nachts in dem See aufhalten.", sage ich.

    Erwin antwortet: „Wer immer noch nachts auf den See hinausgeht, ist lebensmüde."

    „Mach das mal den Schaulustigen klar.", sage ich zu ihm.

    „Ja, wir müssen damit rechnen, dass noch der ein oder andere Fremde nachts auf dem See getötet wird. Die Fremden sind unbelehrbar, obwohl sie in den TV-Nach-richten laufend über die uneinschätzbaren Gefahren informiert werden."

    Brunhilde sagt: „Ihr müsst euch das einmal vorstellen! Sieben Kinder zwischen sieben und fünfzehn Jahren terrorisieren eine ganze Ortschaft! Und darüber hinaus! Und niemand ist in der Lage, unsere... Kinder zu stoppen!"

    Springer wirft ein: „Natürlich könnte man mit Brachialgewalt versuchen ..."

    Brunhilde starrt ihn angriffslustig an, (ihr Mutterinstinkt bricht wohl schon wieder durch) und zischt: „Woran denken Sie?"

    „Nun, zum Beispiel..."

    „An eine Atombombe?", keift sie ihn an.

    „Aber nein. Ich dachte mehr an..."

    „Chemische Waffen?" Ihr Gesicht glüht.

    „Nein, Frau Münster! Lassen Sie mich doch mal ausreden!"

    „Woran dachten Sie, Herr Springer?"

    „An einen Teufelsaustreiber!"

    Pastor Gründl mischt sich ins Gespräch: „Sie wollen doch nicht ernsthaft glauben, Herr Springer, dass Exorzismus in diesem Fall angebracht ist? Die Eiskinder würden diesen so genannten Teufelsaustreiber in der Luft zerreißen! Verstehen Sie? Zerreißen!"

    „Glauben Sie?"

    „Ja, da bin ich mir sogar sicher! Wenn sich dieser arme, imaginäre Mensch nachts aufs Eis wagen würde, würden ihn die Eiskinder zu sich hinunterziehen in ihr nasses Reich, wie sie es schon bei mir versucht hatten! Bevor er auch nur ein Wörtchen sagen könnte, hätten sie ihn schon in ihren tödlichen Krallen!", sagt der Pastor. Sein Gesicht glüht vor Aufregung.

    „Sabine hat keine Krallen." Brunhilde fängt schon wieder an, zu heulen.

    „Entschuldigen Sie bitte. Aber ich hatte mich so in Rage geredet..."

    „Ist ja gut.", schnieft sie verzeihend.

    Wurzelliese legt tröstend ihren knochigen Arm um ihre Schulter. Ihre toten Augen blicken irgendwohin.

    „Warum verwandelt sich das tagsüber normale Eis nachts in eine andere Materie, Chef?", will Springer wissen.

    Erwin zuckt mit den Schultern und sagt: „Fragen Sie die Eiskinder!"

    Ich werfe ein: „Der See ist ja auch tagsüber brandgefährlich, nicht wahr? Es ist nicht nur nachts Wahnsinn, ihn zu betreten. Sabine ging ohne böse Absicht auf den See, und sie wurde von ihm geholt. Man kann also sagen, dass niemand den Groschensee betreten darf. Generell niemand! Und wer ihn trotzdem betritt, muss damit rechnen, zu sterben. Wir haben es schon erlebt."

    Und Wurzelliese sagt: „Ich hätte ja nie gedacht, dass sich in Waldhütte irgendwann solch zerstörerische Mächte niederlassen würde! Es war immer ein solch ruhiger und angenehmer Ort!"

    Wir anderen sitzen daneben und wissen keine Antworten. Diese Unwissenheit über die Hintergründe der Kinder bzw. deren „Verbündete" macht mich ganz nervös. Sie zehrt an meinen Nerven und an meinem Gemütszustand. Wir haben auf all unsere Fragen keinerlei Erklärungen. Und kein noch so gebildeter und erfahrener Wissenschaftler könnte uns in unserer vertrackten Situation weiterhelfen...

    Wir diskutieren, bis unsere Köpfe rauchen. Der Pastor ist sehr erregt, und Erwin weiß sich auch keinen Rat. Brunhilde serviert ein Schnäpschen nach dem anderen. Aus den Sätzen unserer Gäste klingt immer wieder heraus, wie froh sie sind, dass sie diesem tödlichen Eisgiganten entkommen sind.

    Der Pastor sagt, leicht angesäuselt: „Ich frage mich, wie dieses Eis zustande kommt. Irgendwie muss es doch entstehen."

    Springer wirft ein: „Und ich frage mich, wieso es sich, wenn es Nacht wird, verwandelt. Wie kann sich normales Eis, das ja nur aus Wasser besteht, derart verwandeln?"

    Brunhilde sagt: „Welche übersinnliche Macht steckt wohl dahinter, die dieses Eis fabriziert?"

    Wurzelliese beteiligt sich auch: „Wie kann es sich in Nichts auflösen? Sobald es seine Funktion erfüllt hat, verschwindet es, als ob es nie da gewesen wäre!"

    Und ich schließe ab: „Es ist doch nur zum Morden da. Oder?"

    Gegen sechs Uhr in der Früh (es ist immer noch finstere Nacht) verlassen uns unsere Gäste. Die Gespräche drehten sich fast ausschließlich um die Eiskinder, und darum, was wir wohl am besten tun sollten. Wir kamen zu keinem Ergebnis, und wir beließen es dabei. Der Pastor sagt beim Abschied, in der Haustüre stehend:

    „Grämen Sie sich nicht! Kommt Zeit, kommt Rat!"

    Der Abschiedsspruch des Geistlichen hat mich nicht sehr aufgebaut. Genauso gut hätte er sagen können:

    „Wir werden ja sehen! Oder: „Es wird schon irgendwie werden!

    Brunhilde verschließt die Türe, und wir sind alleine. Es ist unheimlich still in unserem alten Haus. Und wir sind todmüde. Das unglaubliche Erlebnis am See war fast zu viel für unser Gemüt, als auch für unsere Nerven. Als wir dann endlich in unserem Ehebett liegen, dreht sich Brunhilde zu mir herüber und flüstert (fast verschwörerisch):

    „Ich habe eine Idee!"

    Interessiert schaue ich sie an: „Ja? Und die wäre?"

    „Sabine wollte doch unbedingt ein kleines Kätzchen."

    „Ja, das stimmt." Ich bin todmüde, und verstehe nicht, worauf sie hinaus will.

    „Sie wollte ein kleines Kätzchen! Oder ein Katerbaby!"

    „Ja, ja."

    „Wir besorgen uns ein Katzenbaby und locken sie damit an!" Ihre Augen glitzern unternehmungslustig. Ich wundere mich über ihre Energiereserven, die jetzt, in der Nacht, zu Tage kommen.

    Ich stütze mich auf die Ellbogen und antworte: „Das ist die Idee des Jahres! Wir werden sie mit Hilfe des kleinen Tierchens zu uns zurückholen."

    „Gleich heute kümmere

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