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Dass dich nicht der Sensenmann
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eBook194 Seiten2 Stunden

Dass dich nicht der Sensenmann

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Über dieses E-Book

Dass dich nicht der Sensenmann holt!

Neugierige Leute sterben bald!

Solche Warnungen bekommt ein aufgeweckter Lausbub von Erwachsenen zu hören.

Trotzdem versucht er auf eigene Faust, Mördern auf die Spur zu kommen. Und mit Erfolg. Zur Seite steht ihm eine kluge Freundin.

Und doch: Zweimal holt ihn um ein Haar der Sensenmann. Denn wer bereits gemordet hat, hat wenig Scheu, erneut zu morden. Etwa wenn er als SS-Aufseher im KZ schon reichlich Erfahrungen gesammelt hat.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum13. März 2023
ISBN9783755435501
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    Buchvorschau

    Dass dich nicht der Sensenmann - Karl Plepelits

    Dass dich nicht der Sensenmann holt

    1

    Hurra, ist das lustig: Anlauf nehmen und über die zugefrorenen, nur mit einer dünnen Schneeschicht bedeckten „Lacken" rutschen! Besonders dann, wenn dieses Vergnügen mit einem Wettkampf verbunden ist, wer weiter rutschen kann.

    Denn natürlich vergnüge ich mich nicht allein mit dieser „Rutschpartie", sondern zusammen mit meinen Freunden und Mitschülern Hansi und Wuki oder vielmehr gegen sie. Schließlich soll es ja ein Wettkampf sein. Na, und außerdem hält es warm.

    Hält warm? Ja, klar, solange man halt trocken bleibt. Aber nachdem wir uns diesem Vergnügen lange genug hingegeben haben und ich schon fast als Sieger feststehe, kracht unversehens das Eis gefährlich unter mir. Und schon stecke ich bis zu den Knien im Wasser und glaube auf meiner Brust bereits die kalte Hand von Schnitter Tod zu spüren.

    Nein, nein, keine Angst! So schnell stirbt man nicht. Und zum Glück befinde ich mich schon nahe dem Ufer. Ja, zu meinem Glück. Denn wäre ich das nicht – ich würde wohl bis zum Hals oder womöglich bis über den Haarschopf im Wasser stecken. Und was dann?

    Klar, dass ich nach dem ersten Schrecken schnell aus dem Wasser herauszuklettern versuche. Ist übrigens gar nicht so einfach. Ja, Grund habe ich unter den Füßen, aber verdammt weichen und verdammt unebenen, somit keinen, der mir sicheren Halt bietet. Und noch unangenehmer: Ich mache versuchsweise nur einen kleinen Schritt, und schon stecke ich noch tiefer im Wasser.

    Na, endlich schaffe ich es, mit Hilfe beider Hände auf festeres Eis herauszukrabbeln und zur Sicherheit auf allen vieren ans nahe Ufer zu kriechen. Hansi und Wuki eilen mir natürlich sofort zu Hilfe, wohlgemerkt, indem sie einen großen Bogen um das von mir produzierte Eisloch machen. Nur, zu helfen gibt es eigentlich eh nichts mehr. Im Prinzip bin ich wohlbehalten, nur eben klatschnass und müsste möglichst schnell trockengelegt werden. Meine einzige Sorge besteht jetzt darin, mein Missgeschick zu Hause zu verheimlichen, um zu verhindern, dass meine Mutter vor nachträglicher Angst außer sich gerät und ein Mordstheater macht oder sich gar bemüßigt fühlt, nach dem Pracker, sprich, Teppichklopfer, zu greifen und mir, wie dem Teppich auf der Teppichstange den Staub, die Unbesonnenheit und den vermeintlichen Übermut aus dem Hinterteil zu klopfen.

    Das Vergnügen auf dem Eis ist damit definitiv beendet, und sofortige Heimkehr ist geboten. Trotzdem zögere ich, den weiten Weg zurück in die Stadt anzutreten. Irgendetwas lässt mir keine Ruhe. Was war das für ein merkwürdig weicher Gegenstand auf dem Seegrund, von dem ich abgerutscht bin? Wie Schlamm hat sich das bei Gott nicht angefühlt. Und wäre es wirklich Schlamm gewesen, wie hätte ich dann in noch tieferes Wasser abrutschen können? Zu sehen ist nichts, obwohl gerade an der gefährlichen Stelle kein Schnee mehr die Sicht behindert. Aber das Wasser ist jetzt trüb. Klar, ich bin schuld. Ich habe Schlamm aufgewühlt.

    „Warum beeilst du dich denn nicht?, höre ich Hansi rufen. „Du wirst dir noch den Tod holen, wenn du da noch länger herumstehst. Was suchst du denn da überhaupt?

    „Ich weiß nicht, brumme ich missvergnügt. „Aber vielleicht seht ihr was?

    „Was sollen wir denn in dem trüben Wasser ..."

    Hansi verstummt mitten im Satz, als ihm Wuki unverhofft einen offenbar unerwartet festen Schlag auf den Brustkorb versetzt und, sichtlich aufgeregt, mit der anderen Hand auf das Loch im Eis zeigt. Da reißt Hansi die Augen auf und greift sich auf den Mund. Der Schlamm sinkt bereits langsam zu Boden, und im allmählich klarer werdenden Wasser beginnt sich ein mysteriöser länglicher Gegenstand abzuzeichnen, der unter Garantie nicht dorthin gehört. Und dieser mysteriöse Gegenstand entpuppt sich immer deutlicher als menschlicher Körper, man könnte fast glauben, als Körper eines Dämons. Denn das Gesicht – ha, das Gesicht ist auf entsetzenerregende Weise entstellt.

    2

    Dieses Missgeschick mit all den katastrophalen Folgen, die es nach sich zog, trug sich vor unfassbar langer Zeit zu, als ich noch nicht wie heute doppelter Großvater, sondern noch jung und dumm war und mütterliches Missfallen fürchten musste, konkret, am 10. Jänner des Jahres 1954.

    Es ereignete sich in den Auwäldern bei Melk, jenem für sein berühmtes Benediktinerstift bekannten Städtchen in Niederösterreich. Sein offizieller Name ist zwar Melk an der Donau. Aber genaugenommen liegt es gar nicht an der Donau, sondern teils an einem Arm des Stromes, der hier von ausgedehnten Auwäldern begleitet wird, teils am Fuß des steilen Stiftsfelsens. Und in diesen Auwäldern finden sich zahlreiche „Lacken. So nennt man hier Teiche oder kleine Seen, deren Wasser offensichtlich nach dem Prinzip der kommunizierenden Gefäße mit dem der Donau verbunden ist. Das hat zur Folge, dass der Wasserspiegel besagter „Lacken extrem unterschiedlich sein kann. Und wenn die Donau Hochwasser führt, steht sowieso jedes Mal die ganze Au unter Wasser.

    Im Winter führt die Donau normalerweise Niederwasser. Und nicht nur das. Der Wasserspiegel pflegt dann ständig noch weiter abzusinken. Letzteres merkt man besonders deutlich an den Eisdecken der „Lacken" und des Donauarms (wenn er zufriert, was nicht in jedem Winter der Fall ist). Dort bildet sich nämlich an den Ufern stets eine abschüssige Eisschicht, und die Eisdecke selbst ist in Ufernähe offenbar dünner oder brüchiger, jedenfalls weniger tragfähig als weiter draußen.

    So konnte es geschehen, dass ich an einem eisigen Sonntag im Jänner 1954 in Ufernähe durch die sonst so stabile Eisdecke brach und mein Freund Wuki im Wasser die grausig entstellte Leiche eines Menschen entdeckte (falls es sich nicht um einen Dämon handelte; so sah ihr Gesicht nämlich aus).

    Jetzt wusste ich wenigstens, auf was für einen Gegenstand ich dabei abgestürzt war, und war nun doppelt entsetzt. Mein Entsetzen war so groß, dass ich für einige Augenblicke völlig vergaß, dass meine Kleider triefend nass waren und ich elendiglich fror. Ich schrie nicht, riss nur, wie mir einer meiner Freunde nachher erzählte, den Mund weit auf, als ob mir der Schrei im Hals stecken geblieben wäre. Wie gelähmt, stumm und regungslos, starrte ich auf den Toten im Wasser – denn wie an der Kleidung mit einiger Sicherheit zu erkennen war, handelte es sich um eine männliche Leiche – und bot vermutlich den Anblick des Menschen auf Munchs berühmtem Bild „Der Schrei". Meine Freunde mussten mich erst daran erinnern, dass ich schleunigst trockengelegt gehörte.

    Auf dem Heimweg mitten durch die Stadt blieb mein beklagenswerter Zustand zum Glück unbemerkt. So dachte ich.

    Aber nein, ich freute mich zu früh. Wir überquerten gerade den Hauptplatz, da hielt mit quietschenden Reifen ein Auto neben uns, auf der Fahrerseite ging das Fenster auf, und eine mir nur zu gut bekannte Stimme rief mir zu: „Ja, Meisl! Hörst du, wie schaust denn du aus?"

    Es war der Pater Eustachius, unser Klassenvorstand und Deutschprofessor im Stiftsgymnasium (den wir Schüler, natürlich nur unter uns, meistens nur Stachius oder einfach Stachi nannten; und wir fanden, dass dieser Spitzname bestens zu ihm passte, weil er an die Stacheln erinnerte, die er mit sich trug wie ein Igel, nur eben unsichtbar). Dass er in einem Auto herumkurvte, war für uns keine Überraschung. Soviel wir wussten, war er der Einzige unter all den Patres im Stift, der ein solches Privileg besaß. Dies war uns übrigens ein ständiges Rätsel. Wir hatten ja gelernt: Ordenspriester haben nicht nur Gehorsam und Keuschheit, sondern auch Armut gelobt. Wie kam dann also der Pater Eustachius zu einem eigenen Auto?

    Verflixt, ausgerechnet der Stachius! Wie peinlich!

    Vor Schreck brachte ich nicht einmal einen Gruß, geschweige denn eine Antwort auf seine Frage heraus. Hansi und Wuki erkannten meine Verlegenheit und sagten brav, obwohl etwas zaghaft: „Grüß Gott. Und mit bedauernder Stimme verriet ihm Wuki das Offensichtliche: „Naja, eingebrochen ist er halt. Und Hansi fügte eifrig hinzu: „Ja, wissen Sie, das Eis war auf einmal zu dünn."

    Pater Eustachius machte große Augen. „Das Eis? In der Au? Auf einer Lacke?"

    Ich nickte heftig, und es gelang mir zu sagen: „Ja, ja. Und jetzt muss ich schleunigst heim, mich umziehen, trockenlegen."

    „Ja, dann, beeil dich, dass dich nicht der Sensenmann …", rief er, schloss das Fenster und brauste davon. Hatte ihm der Name Sensenmann solchen Schrecken eingejagt? Damit meinte er wahrscheinlich den Schnitter Tod. Ich hatte diesen Ausdruck noch nie gehört. 

    „He, so nett kenne ich den Stachi gar nicht", bemerkte Wuki, während wir weitermarschierten.

    Und Hansi: „Unglaublich. Direkt mitfühlend. Sind wir von ihm gar nicht gewohnt."

    Und Wuki (eigentlich hieß er ja Hans-Horst, aber aus unerfindlichen Gründen wurde er von Eltern, Verwandten und Freunden stets unverdrossen Wuki genannt): „Ja, wirklich. Trottel, setz di nieder – sein Lieblingsspruch, wenn einer was nicht kann oder nicht verstanden hat. Ich zum Beispiel. Na ja, ich bin halt nicht so ein Genie wie ihr zwei."

    Und Hansi: „Geh, hör auf. Zu mir sagt er das ja auch oft genug. Und nur, weil der Stachius so schiach zu uns ist, sind wir noch lang keine Trotteln."

    Und ich: „Na, hoffentlich verrät er mich nicht an meinen Stiefvater. Ihr wisst ja, der arbeitet im Stift als Buchhalter."

    3

    Bald danach kamen wir am Rathaus mit dem Melker Gendarmerieposten vorbei. Und da erinnerten wir uns wieder an unsere grausige Entdeckung. Sollten wir hier nicht haltmachen und den Leichenfund melden? Andererseits, was war wohl dringender: das Melden eines Leichenfundes oder das Trockenlegen eines Lausbuben, der bei Minusgraden nähere Bekanntschaft mit dem eisigen Wasser gemacht hat? So überlegten wir ein kleines Weilchen hin und her. Ich war dafür, gleich zur Gendarmerie zu gehen. Die Nässe war nicht so schlimm. Weit größer war meine Angst, die Mutti könnte mein Missgeschick entdecken.

    Den Ausschlag gab Hansis Argumentation: „Du, Schurli (so nannte man mich damals allgemein statt mit meinem richtigen Namen Georg; nur der Stiefvater nannte mich Schurl) „pass auf, die Meldung ist nicht so dringend. Der Tote ist, so wie’s ausschaut, eh schon ziemlich tot und kann garantiert nicht mehr zum Leben erweckt werden wie der Lazarus oder der gekreuzigte Jesus. Wichtig ist im Moment nur das eine, dass du nicht krank wirst. Sonst bist du wirklich auch bald tot. Und die Auferstehung von den Toten am dritten Tag kannst du dir gleich abschminken.

    „Aber meine Mutter ..."

    „Glaubst du nicht, dass deine Mutter mit einem toten Schurli noch weniger Freude hätte als mit einem, der in nassen Klamotten heimkommt? Außerdem werden wir dich begleiten."

    Und so geschah es. Hansi und Wuki begleiteten mich zu mir nach Hause. Und es gelang mir, mich durch die tagsüber stets unversperrte Haustür ins Haus und an der Küche, dem gewöhnlichen Aufenthaltsraum, vorbei ins leider wie üblich ungeheizte Wohnzimmer zu schleichen, wo nicht nur mein Bett stand, sondern auch der Wäsche- und Kleiderschrank. Und während Hansi und Wuki meine Mutter in der warmen Küche besuchten und mit harmlosen Erzählungen unterhielten, vertauschte ich das nasse Zeug eilends mit trockenem Gewand, ehe ich mich selbst in die Höhle des Löwen, nein, der Löwin wagte.

    Übrigens, zu meiner eigenen Überraschung gelang es mir, dieses Missgeschick vor den mütterlichen Augen geheim zu halten. Und ich wurde nicht einmal krank.

    Die Gendarmen machten, wie man sich leicht denken kann, große Augen, als wir zu dritt vor ihnen aufkreuzten und ihnen berichteten, was wir entdeckt hatten, und schienen uns zunächst gar nicht zu glauben. Melk sei doch so ein friedliches Nest. Da gebe es doch keine Verbrecher, geschweige denn Mörder. Doch da wir auf unserer Schilderung beharrten, erklärten sich schließlich zwei von ihnen bereit, sich von uns zu dem mysteriösen Leichenfund führen zu lassen, und machten sich in unserem Schlepptau auf den Weg, nicht ohne ab und zu über die weite Hatscherei zu jammern. Denn natürlich war der Fundort nur zu Fuß erreichbar. Dort angelangt, glaubten sie uns endlich und waren zunächst einmal ebenso starr vor Entsetzen, wie wir es gewesen waren. Denn obwohl die Stelle, wo ich eingebrochen war, inzwischen wieder von einer dünnen Eisschicht bedeckt war, war infolge des Fehlens der Schneeschicht an dieser Stelle die im Wasser liegende Leiche noch immer klar zu erkennen. Schließlich zückte der eine Gendarm ein Funkgerät und sprach, sichtlich aufgeregt, hinein. Ich glaubte zu verstehen, dass er Verstärkung anforderte. Fragen konnten wir aber nicht mehr, denn der andere Beamte schickte uns unverzüglich heim.

    4

    Hansi, Wuki und ich waren damals knapp vierzehn Jahre alt und Quartaner im Melker Stiftsgymnasium, das heißt, wir gingen alle drei in die

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