Ich glaube, Walter wäre auch ein erstklassiger Pastor geworden: Juni 2014
Von Franziska König
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Über dieses E-Book
Teil einer Biografie.
Franziska lebt in der Wohnung ihrer jüngst verstorbenen Oma Ella, spielt Violine, reist herum, studiert das Leben böser Frauen und schildert die interessanten Vorkömnisse aus ihrem Alltag
Franziska König
'Ich könnt´ Romane erzählen!' Diesen Ausruf, der auch den Lippen einer älteren Dame entsprungen sein könnte, hört man von Franziska König öfters. Sie wohnt in einem alten Fachwerkhaus direkt neben der Stadtkirche im nordhessischen Grebenstein, nur wenige Trippelschritte von jenem prächtigen Fachwerkbau entfernt, wo einst ihr Vater, der unvergessene Geigenvirtuose und Lehrer Wolfram König (1938 - 2019) seine viel zu kurze Kindheit verbracht hat. Wolfram begann seine Laufbahn als Wunderkind der Malerei, doch nach dem viel zu frühen Tode seines Vaters wurde er bereits als 14-Jähriger in die Weltstadt Frankfurt a.M. entsandt, wo er ,von der Familie Neckermann an Sohnesstatt aufgenommen, die Kunst des Violinspiels erlernen sollte. Die malerische Kleinstadt Grebenstein, in der seine alte Mutter bis zu ihrem Tode lebte, besuchte er fortan nun noch als Gast. Und dennoch scheint sein Geist noch heute in den Gassen zu schweben. Franziska ist ebenfalls Geigerin von Beruf, aber bereits mit etwa 7 oder 8 Jahren begann sie Bücher zu schreiben, und längst ist´s zur Sucht geworden. Sie erzählt aus einem Musikerleben, berichtet von Begegnungen, und fasst die Dramen des Alltags zu einem Lesegenuss zusammen. Seit vielen Jahren führt sie ein Tagebuch in Romanform, das dem Zwecke dienen soll, sich dereinst im Alter wieder jung zu blättern. Seit dem 1.1.1992 fehlt nicht ein einziger Tag! Website: www.franziska-koenig.de
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Buchvorschau
Ich glaube, Walter wäre auch ein erstklassiger Pastor geworden - Franziska König
Meiner lieben Mutter
Familie Rothfuß-König an Heiligabend 1963
(Auch Ming ist bereits dabei – doch dies weiß zu diesem Zeitpunkt noch niemand)
Von links nach rechts:
Rehlein mit der 1-jährigen Franziska auf dem Schoß.
Untere Reihe: Tante Antje und der Opa (auf deren Knien die Zwillinge Heiner und Friedel verteilt sind) daneben Onkel Rainer, der erklärend den Zeigefinger ausgefahren hat.
Obere Reihe: Der junge Buz neben der Degerlocher Oma, Tante Bea, Onkel Dölein, Omi Mobbl, und der damals erst 14-jährige Onkel Andi.
Die wichtigsten Vorkömmlinge vorweg:
Den Rest findet man am Schluß des Buches im Personenverzeichnis
Orte der Handlung:
Grebenstein (Kleinstadt in Nordhessen),
Aurich (Hauptstadt von Ostfriesland)
Ofenbach: Ein kleines Dorf in Niederösterreich
Zum Hintergrund der Geschehnisse empfiehlt sich ein Blick auf diesen Link:
Einfach nur - familie könig vs werner bonhoff – in die Suchmaschine eingeben
Inhaltsverzeichnis
Juni 2014
Sonntag, 1. Juni
Montag, 2. Juni
Dienstag, 3. Juni
Mittwoch, 4. Juni
Donnerstag, 5. Juni
Freitag, 6. Juni
Samstag, 7. Juni
Sonntag, 8. Juni
(Pfingst-)montag, 9. Juni
Dienstag, 10. Juni
Mittwoch, 11. Juni
Donnerstag, 12. Juni
Freitag, 13. Juni
Samstag, 14. Juni
Sonntag, 15. Juni
Montag, 16. Juni
Dienstag, 17. Juni
Mittwoch, 18. Juni
Frohnleichnam, Donnerstag, 19. Juni
Freitag, 20. Juni
Samstag, 21. Juni
Sonntag, 22. Juni
Montag, 23. Juni
Dienstag, 24. Juni
Mittwoch, 25. Juni
Donnerstag, 26. Juni
Freitag, 27. Juni
Samstag, 28. Juni
Sonntag, 29. Juni
Montag, 30. Juni
Personenverzeichnis
Juni 2014
Sonntag, 1. Juni
Grebenstein
Glanzlos unauffälliges Schönwetter –
Mein heut´ger Traum:
Ming und ich fuhren in die Berge, - so, wie Ming es sich ein Leben lang gewünscht hatte.
Bald schon mußte getankt werden.
Eine mattbeleuchtete Esso-Tankstelle am Wegesrand schien sich hierfür anzubieten, doch daß die derart mühsam zu erreichen war!?
Statt auf einer zielführenden Straße, mußte man über ein schmales U-förmig gebogenes Wellblech fahren, unter dem sich eine tiefe Gebirgsschlucht befand, so daß man kaum hinab zu blicken wagte.
Bis zur Mitte des Blechs hin schwappte das Auto regelrecht hinein, doch in die Höhe gelangte man nicht mehr, und zu diesem sinnlosen Bemühen rotierten die Räder in schrillem Geheul solcherart, als sei man im Schneepürée stecken geblieben, und käme kaum noch vom Flecke.
Wenn man wahnwitzig Gas gab, so schaffte man wohl ein paar Millimeter in die Höh´, drohte jedoch rückwärts wieder hinabzurutschen, sobald man den verkrampften Fuß, der bis zum Anschlag auf dem Gaspedal stand, leicht lockerte, und in dieser mißlichen Lage bemerkte ich auch noch, daß ich die rote Tasche mit den gesparten 310 €, die doch für den Tank gedacht waren, in Ofenbach vergessen hatte!
Dieser misslichen Lage enthoben, und noch leicht vom jähen Schrecken über die Vergessung durchbebt, lag ich dann – von unsichtbarer Hand ans Tageslicht geangelt - wie allmorgendlich noch eine Weile herum.
Der Sack mit der Aufschrift „Mai 2014" stand geschnürt in der Ecke, und der Rückwärtsgewandte frägt sich: Habe ich diesen Monat einigermaßen anständig herumgebracht, so daß man mit einigem Stolz auf den Sack draufblicken darf?
In „Phoenix" wurde erzählt, wie Prinzessin Anne einst entführt werden sollte.
Ein armer Tropf aus dem Schrott und Korn eines Christoph G. (unserem Gärtner in Aurich) hatte sich etwas ausgedacht:
Er versuchte, ein wenig Geld vom Buckingham-Palast zu erpressen, doch darum ging es ihm nur am Rande, denn eigentlich wollte er die Prinzessin besitzen. Er hatte im Keller bereits ein Zimmer für sie ausgebaut, und sich Gedanken über das Zusammenleben gemacht.
Sogar eine neue Zahnbürste hatte er für sie gekauft.
Mein nachmittäglicher Besuch bei der Edith war eine Enttäuschung für mich, da die Edith ganz auf die grämliche Schiene hinabgesunken war.
(„Ach Gott, ja").
Unter Geächze und Gestöhne wälzte sie sich schwerfällig und freudlos durch den absehbar gewordenen Rest des Lebens, und ihre Grämlichkeit versetzte mich in Verlegenheit.
Aus Verlegenheit begann ich jeden Satz mit „Oh, und während ich noch darüber nachsann, ob dies nicht wohl eine ebensolche Störung sei wie ein beständiges „ich sach mal so
, das sich aufdringlich zwischen die Sätze flicht, und die Erzählmelodie unschön hemmt, hatte ich schon wieder einen Satz mit „oh" eingefädelt, fühlte beim Babbeln allerdings ohnedies kein geöffnetes Ohr für mich.
Die Edith ging ihrem Hobby, die Sonderangebotsbroschüren zu studieren, nach.
Zum Jubelpreis von 349 € wird ein Fahrrad feilgeboten.
„Das kann ich mir bald gönnen. Denn ich habe bereits 320 € gespart!" verriet ich, doch die Edith lachte nur freudlos dazu. Da geht man zweimal tanken, und schon ist alles wieder weg, wußte sie.
Vom Beätchen war ein langer und flügelschlacklerischer Brief gekommen – wimmelnd vor Beätlichkeiten.
Statt von einer lieben Tante aus Übersee mit einem warmen Brief beküsst, fühlte man sich begossen, oder vielmehr so, als habe jemand mit der aus Izzeleien zusammengeflochtenen Fliegenklatsche gedroht.
Das Beätchen rieb mir die vermeintlichen Fehlinterpretierereien aus meinem letzten Brief in drastischen Worten unter die Nase, und man merkte, wo ihre Knackpunkte liegen. (Beim Thema „Ehe & Familie.)
Am meisten wurmt das Beätchen der Gedanke, wir könnten denken, daß das Wagnerpizza-Idyll* ihrer Großfamilie als Hirngespinst nur ihrer eigenen Traumvorstellung entspräche.
*Die Wagnerpizza-Reklame: Eine durch und durch glückliche Familie freut sich am Genuß der Wagner-Pizza. Ob das Beätchen wohl denkt, ich könne ihr das eheliche Glück mit ihrem Jesse neiden?
Unfreundlich war der Brief zwar nicht, so doch gönnerhaft und überheblich, und Beätchens Grundbestreben, immer das letzte Wort zu behalten, schlug voll durch.
Nach so einem Brief sollte man den Kontakt eigentlich ganz abbrechen! dachte ich noch, aber als ich dann ratlos im Bad herumstand, kam mir die lange Strecke der Nichtbeantwortung noch „so am Anfang stehend" vor, und dann bastelte ich ja doch an einem langen Antwortschreiben herum.
Doch als ich mich nach freundlichem Beginn in Glut geschrieben hatte, wurde ich dann doch leicht ärgerlich: Ich griff zwei blode Satze auf und schrieb klipp & klar, daß ich die blod fande*.
*Da die stringente Bea in Amerika immer umlautfrei schreibt, schalten sich auch in meinem Kopf die Umlaute ab, wenn ich an sie denke.
Über einen Satz:
„Also nicht zu viele Gedanken, die du nicht verstehen kannst!" schrieb ich gar, daß ich dies richtig unverschämt fände.
Einen anderen Satz, den mir die Bea über „die Ehe als „langes Gespräch niedergetippt hatte, fand ich direkt lachhaft:
„Das bedeutet nicht, daß man ununterbrochen quatschen muß um interessant zu sein.
Man muß nicht immer lustig sein, Kika!"
Das Beätchen schreibt oft die simpelsten Dinge, die jedem geläufig sind, und färbt sie doch so ein, als müsse man nun völlig verdattert „doof aus der Wäsche schauen", da dies absolutes geistiges Neuland für einen sei. Und dazu schraubt das Beätchen in wildem erbosten inneren Gegacker bällchenartig und bedeutsam die Augen heraus. Etwas was man über den großen Teich hinweg sogar sehen kann!
Jedenfalls bastelte ich an einem Antwortschrieb herum, der mehr oder weniger jenem Zwecke dienen sollte, das schräge Kikabild in Beätchens Innerem wieder gerade zu hängen.
Dann harrte ich der Antwort aus Übersee gespannt entgegen.
Montag, 2. Juni
Grebenstein
Im Großen und Ganzen sehr schön,
und immer wieder zogen Wolkengebilde vorbei
Von glitzrigstem Sonnenscheine wachgeküsst, erhob ich mich zu einem Frühstück bei der Ulla, das bei mir immer mit einem Wannenbad eingeleitet wird, da ich einen duftenden, appetitlichen Eindruck hinterlassen möchte, und somit gar Omis historisches Parfüm benützte.
Denn leider wurde die Omi im 91. Jahre abberufen, bevor sie das Parfümfläschchen aufgebraucht hatte.
Dann schaute ich noch rasch nach, ob mir das Beätchen wohl geantwortet hat, doch dies hat das eitle Beätchen aus jenem Grunde nicht getan, um mir zu suggerieren, daß es „zu tun" habe.
Niemand schien zu dieser frühen Morgenstund an mich gedacht zu haben.
Wenig später am Frühstückstisch:
Ulla und ich sprachen über die Documenta, und ob dies wohl wirklich Kunstwerke wären, die einem dort vorgesetzt würden?
Z.B. eine blassgelb angesprühte Leinwand?
Ich war der Meinung, daß so manch einer Dinge sieht, die anderen verborgen bleiben. Es käme schlicht darauf an, in welcher Seelenlage man drauf blicke. Dem Einsamen z.B. verwandeln sich leblose Dinge und nehmen lebendige Züge an, die ein in Eile befindlicher Mensch gar nicht wahrnehmen würde.
Man sitzt auf dem Klosett, und plötzlich verwandelt sich