Plätzchenduft und Tannengrün: Weihnachtsgeschichten-Anthologie der Lagerfeuer-Autoren
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Über dieses E-Book
Dabei ist es gar nicht so wichtig, ob sie alle tatsächlich jemals geschehen sind, die Hauptsache ist, sie werden schön erzählt. Lassen Sie sich entführen in die Welt der großen Festtags-Gefühle rund um den geschmückten Weihnachtsbaum.
Ein Angler auf Fehmarn ist vollkommen überrascht, als ihm am Heiligabend ein ganz besonderer Fang an die Angel geht. Sogar die Bundeswehr muss eingreifen. Ob der Weihnachtsmann dem kleinen Paul im Heim helfen kann, der einen ganz speziellen Wunsch hat? Backen Sie Weihnachtskekse für Afrika und erleben Sie die Geschichte vom Weihnachtsstern und dem gestohlenen Tannenbaum. Zwischen Weih-nachtsmännern und Juwelieren herrscht vor dem Fest ein besonders gespanntes Verhältnis und auch wenn das Bäumchen ein wenig "filigran" ist, und Trompete spielende Weihnachtsengel im Kinderheim gesichtet werden, hat doch eine kleine Tanne Probleme mit ihren Körpermaßen.
Wie plötzlich und unvorbereitet einen Weihnachten treffen kann, erfahren Sie ebenso, wie ein absolut sicheres Rezept gegen den Feiertagsstress: Weihnachten einfach unter Palmen verbringen. Genießen Sie die Zeit der Sternenlichter und stillen Diamanten. Machen Sie sich ein paar schöne Stunden mit den zauberhaften Geschichten und Gedichten zur Weihnacht.
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Buchvorschau
Plätzchenduft und Tannengrün - Claus Beese (Hrsg.)
Zum Buch
Dieses Buch ist als Printausgabe beim Mohland Verlag unter der
ISBN-Nummer 978-3-86675-214-6
erschienen und im Handel, beim Verlag oder beim Autor erhältlich.
Keine Zeit eines Jahres wird je so tiefgehende Gedanken,
intensive Gefühle
und kindliche Erinnerungen in sich bergen,
wie die besinnliche Weihnachtszeit.
Marie van Klant
Vorwort
Von Klaus-Dieter Welker
Funken wirbelten wie Glühwürmchen in den nächtlichen Himmel, als eine einzelne Windböe das Lagerfeuer am Rande der Dünen erfasste.
„Ein leichter Nordwest, murmelte eine der dunklen Gestalten. „Hoffentlich bringt er nicht noch mehr Schnee mit.
„Nein, danach sieht es nicht aus. Ich glaube, bald klart es auf."
Ein bärtiges Gesicht tauchte aus der Dunkelheit auf und legte ein weiteres Scheit auf die Flammen.
„Das wäre auch nicht schlimm, ließ sich eine weitere Stimme vernehmen. „Weiße Weihnachten, was gibt es Schöneres?
„Na, Weihnachten unter Palmen, lachte eine diesmal weibliche Stimme. „Stellt es euch doch mal vor: eine warme, klare Nacht. Keine jagenden Wolken, kein kalter Wind.
„Ohne Schnee würde mir etwas fehlen. Und eine festlich geschmückte Kokospalme: nein, so sehr ich Kokos auf Makronen liebe, mir ist ein schöner Tannenbaum lieber."
Es war eine bunt zusammengewürfelte Schar, die sich um das Feuer versammelt hatte. Männer und Frauen, junge und ältere. Aus ganz Deutschland hatten sie sich zusammengefunden, von den Küsten der Nord- und Ostsee, den hessischen Wäldern, den Ufern des Rheins und der Mosel bis weit hinunter in den Süden. Und so verschieden wie ihre Herkunft, ihr Alter und ihr Geschlecht, so unterschiedlich waren ihre Geschichten. Ein jeder von ihnen hatte seine eigenen Erfahrungen gemacht, hatte gute und schlechte Zeiten erlebt.
Eins aber hatten sie alle gemein: sie liebten Geschichten. Es konnten wahre sein, die sie selbst erlebt hatten und die für sie – und vielleicht auch für andere – eine besondere Bedeutung hatten. Aber ebenso konnten sie aus dem Reich der Phantasie stammen, einer anderen, ganz besonderen Welt mit ihrem Zauber. Sie konnten besinnlich, nachdenklich, manchmal traurig, aber ebenso heiter und voller Lebenslust sein.
Sie waren wie das Lagerfeuer, an dem sie nun saßen und das sie wärmte. Das heitere Knistern harziger Kiefernzweige oder ein Funkenregen weckte bei dem einen Erinnerungen an lustige kleine Begebenheiten, die rote Glut brachte den anderen zum Träumen von längst vergangenen Zeiten, von Liebe, von funkelndem rotem Wein. Die lodernden Flammen waren ein Aufbruch, die Kraft der Jugend. Die Wärme war Geborgenheit, war Vertrauen. Und der Wind, der sie umwehte, erzählte seine eigene Geschichte.
„Weihnachten. Das ist mehr als eine Geschichte. Es ist etwas ganz Besonderes, für jeden von uns auf seine eigene Art, sagte Claus leise und blickte in die Runde. „Ich würde euch gerne eine Geschichte erzählen, wenn ihr wollt. Und vielleicht fällt euch ja auch etwas ein, das ihr uns erzählen könntet.
Ja, das wollten sie, darum waren sie hier. Und so rückten sie näher an das Feuer, das sich in ihren Augen spiegelte.
Das Ungeheuer von Staberhuk
Von Claus Beese
Welcher Teufel hatte mich geritten, ausgerechnet am Vormittag des Heiligen Abend angeln zu wollen? Ich will es nicht beschwören, aber es bestand durchaus die Möglichkeit, dass es mit dem Wunsch meiner beiden weiblichen Familienangehörigen zusammenhing, Weihnachten auf Mallorca zu verbringen. Mir fehlte dafür jedes Verständnis, denn zwar wurde das Fest der Feste nahezu überall auf der Welt und in jeder Klimaregion gefeiert, doch Heiliger Abend ohne Schnee, Christbaum und ein wenig Gemütlichkeit war nun mal für mich kein Weihnachtsfest. „Feliz Navidad" anstelle Fröhlicher Weihnachten war nichts für mich, und anstatt am Strand von Malle bei 20 Grad zu grillen, stand ich lieber bei knappen null Grad am Strand von Fehmarn, um mir seefrischen Weihnachtsdorsch zu angeln.
Der laue Westwind ließ keine festliche Stimmung aufkommen, aber wozu auch? Frau und Tochter vergnügten sich bei den Spaniern, und mir allein würde der olle Rauschebart sicher nichts unter den Baum legen. Da konnte ich genau so gut selbst für mein Festtagsmenü sorgen, ohne dass sich zwei Nasen kraus zogen. Niemand würde mit spitzer Stimme sagen: „Riechst du es? Ich glaube, Papa kommt gleich heim. Heute gibt es wohl Fisch anstatt Gans!"
Nein, mein Weihnachtsgeschenk hatte ich mir selbst gemacht. Angelsachen gepackt, rein in den Wagen und ab nach Staberhuk. Weit und breit kein Frost, kein Schnee, das Meer plätscherte mit leisen Wellen gegen den Strand. Klasse Wetter! Wenn jetzt noch die Geschuppten mitspielten, würde ich mir heute Abend leckere Dorschfilets in der Pfanne goldbraun braten.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich in meinem Leben schon viele Dorsche gefangen habe, was also auf ein gewisses Maß an Erfahrung schließen lässt. Doch heute war es wie verhext, nichts, aber auch rein gar nichts tat sich an der Rute. Ich hatte nur „kleines" Gepäck dabei, rechnete ich doch damit, größere Mengen an Fischfilet nach Hause schleppen zu müssen. Allerdings sah es im Augenblick eher nicht danach aus. Ah, vermutlich falsche Stelle. Ein paar hundert Meter weiter in Richtung Leuchtturm fiel der Grund etwas steiler ab, und dort würden sich die Dorsche vermutlich stapeln.
Ich merkte recht schnell, dass sie das nicht taten. Egal, was ich als Köder an die Leine baumelte, es ließ sich keiner der Ostsee-Leoparden zum Biss überreden. Also noch etwas weiter in Richtung Kap. Ich krabbelte über Felsblöcke, stapfte durch den tiefen Sand, schlidderte über Geröll und kam dabei gut ins Schwitzen. Ich merkte weder, dass es langsam dämmerig wurde, noch dass die Temperatur weit unter den Gefrierpunkt gefallen war. Der Wind hatte auf Nord gedreht, und ich schaute erstaunt in den Himmel, als plötzlich weiße Flocken herabsegelten. Im Nu machte sich ein Schneetreiben auf, wie ich es noch nie gesehen hatte. Der scharfe Nordwind wehte die Eiskristalle mit solcher Wucht heran, dass sie mir schmerzhaft ins Gesicht schlugen. Wie kleine Nadelstiche piekste das. Ich zog die Ohrenklappen meiner Fellmütze herab, stellte den Kragen meiner Jacke hoch und wollte in die Handschuhe schlüpfen. Wo waren sie noch gleich? Ah, richtig. Im Wagen. Dort hatte ich sie nämlich vergessen. Gut, denn dort würden sie mit Sicherheit nicht nass werden können.
Ganz im Gegensatz zu mir. Ich verwandelte mich innerhalb von Minuten in einen wandelnden Schneemann. Es schien mir geraten, langsam ans Einpacken zu denken. Heute würden sie ungeschoren davonkommen. Ich war geneigt, den Ostseedorschen eine gewisse Galgenfrist einzuräumen, noch dazu wo doch Weihnachten war. Ich würde in diesem Jahr ausnahmsweise einmal die Nächstenliebe auch den Fischen angedeihen lassen. Petrus sei Dank, waren es ja nur drei Tage, nach deren Ablauf es keine Ausflüchte mehr gab. Die Pfanne wartete.
Upps! Was war das? Die Schnur ließ sich nicht einkurbeln. Ich hatte nicht aufgepasst, und so war an den Schnurlaufringen dickes Eis gewachsen. Die Schnur hing fest, und ich musste die Ringe irgendwie auftauen. Zu allem Überfluss zerrte etwas mit uriger Kraft an der Leine. Ein Königreich für ein Feuerzeug, warum musste ich auch Nichtraucher sein? Der Fisch zog an der Leine und normalerweise müsste jetzt die Rolle die Schnur freigeben, um den Druck auf die Rute zu vermindern. Doch das ging ja nicht! Ich spürte so etwas wie Panik aufkommen. Das Gerät war kurz vor dem Bersten, als ich mich entschied, dem Fisch ins Wasser entgegenzugehen. Ah, ich lag völlig richtig mit meiner Vermutung, dass es hier schnell tiefer würde. Die Ostsee eroberte meine Stiefel, und der Fisch zog noch immer. Um mich herum wirbelten die weißen Flocken und hoch über mir fingerten die Lichtbalken des Leuchtturmes durch die Dunkelheit. Während mir unten die Beine abstarben, rann mir oben der Schweiß in die Augen.
Wie verrückt muss man eigentlich sein, fragte ich mich, um dies hier nicht schnellstmöglich zu beenden? Ich kam zu dem Ergebnis, dass ich noch nicht verrückt genug war und watete zurück zum Strand. Die Rute würde im nächsten Augenblick zerbrechen oder die Schnur mit lautem Knall zerreißen. Egal. Verbissen kämpfte ich mich weiter den Strand hinauf, als das Unerwartete geschah. Schlagartig ließ der Zug am anderen Ende der Leine nach, und ich fiel vornüber. Das war nicht angenehm, ersparte mir aber eine unliebsame Begegnung mit dem schweren Blei. Mit einem scharfen Laut zischte es an mir vorbei und verschwand in der flimmernden Dunkelheit des Abendhimmels. Es flog zielsicher in die Richtung, aus der das leise Schellen von Schlittenglocken zu vernehmen war. Dann folgte ein dumpfer Schlag, als sei es gegen irgendetwas gestoßen. Vom Himmel hoch ertönte ein unterdrückter Schrei, dann fiel etwas Rotes herab und landete in einer der Schneewehen, die der Wind mittlerweile aufgetürmt hatte.
Meine Hosenbeine waren im Nu steifgefroren, doch stakste ich zu dem weißen Haufen hinüber und fing an, das merkwürdige Ding auszugraben, das da vom Himmel gefallen war. Ich hoffte, dass es kein teurer Satellit gewesen war, doch andererseits beruhigte mich die Überzeugung, dass kein Angelblei so hoch fliegen konnte. Ich zerrte und zog an einer roten Mütze, griff auch in den mächtigen weißen Bart und langsam kam ein alter Mann mit leichtem Übergewicht zum Vorschein. Ganz offensichtlich war er ohnmächtig, und ich wünschte, irgendjemand würde jetzt hier vorbeikommen, um mir zu helfen.
„Halt! Was machen Sie da?", ertönte hinter mir eine scharfe Stimme. Ich blickte mich um. Eine Handvoll Bundeswehrsoldaten war im Anmarsch. Sie mochten von der nahe gelegenen Radarstation kommen und der erste von ihnen hob abwehrbereit seine Schneeschaufel.