Wir sind nicht bestechlich!: Dr. Norden 48 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Ach, Fee, gut, dass ich dich treffe!« In Gedanken versunken strebte Dr. Felicitas Norden auf den Eingang der Behnisch-Klinik zu. Als sie ihren Namen hörte, blieb sie stehen und sah sich um. »Marianne, was machst du denn hier?«, begrüßte sie die Tortenkünstlerin, die seit einiger Zeit mit ihrem Bruder und Chef der Pädiatrie, Dr. Mario Cornelius, liiert war. Marianne Hasselt machte neben der Ärztin Halt und schnappte nach Luft. »Kannst du Mario bitte das hier geben?« Sie hielt eine Papiertüte hoch, die die Aufschrift der Bäckerei ›Schöne Aussichten‹ trug, in der sie arbeitete. »Eine Tüte voller süßer Sünden«, wusste Fee sofort um den Inhalt. »Dein Vertrauen ehrt mich. Aber warum gibst du sie ihm nicht selbst?«, wunderte sie sich über diesen Auftrag. »Weil ich im Halteverbot stehe und mir zwei Strafzettel an einem Tag definitiv zu viel sind.« Marianne lachte, und zwei Grübchen zeigten sich auf ihren Wangen. »Stell dir vor: Ich wurde kontrolliert und hab den Geldbeutel mit dem Führerschein in der Bäckerei liegen gelassen.« »Was kostet dieses Vergehen?« »Zehn Euro.«
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Dr. Norden – Retro Edition
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Buchvorschau
Wir sind nicht bestechlich! - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 48 –
Wir sind nicht bestechlich!
Unveröffentlichter Roman
Patricia Vandenberg
»Ach, Fee, gut, dass ich dich treffe!« In Gedanken versunken strebte Dr. Felicitas Norden auf den Eingang der Behnisch-Klinik zu. Als sie ihren Namen hörte, blieb sie stehen und sah sich um. »Marianne, was machst du denn hier?«, begrüßte sie die Tortenkünstlerin, die seit einiger Zeit mit ihrem Bruder und Chef der Pädiatrie, Dr. Mario Cornelius, liiert war. Marianne Hasselt machte neben der Ärztin Halt und schnappte nach Luft. »Kannst du Mario bitte das hier geben?« Sie hielt eine Papiertüte hoch, die die Aufschrift der Bäckerei ›Schöne Aussichten‹ trug, in der sie arbeitete. »Eine Tüte voller süßer Sünden«, wusste Fee sofort um den Inhalt. »Dein Vertrauen ehrt mich. Aber warum gibst du sie ihm nicht selbst?«, wunderte sie sich über diesen Auftrag. »Weil ich im Halteverbot stehe und mir zwei Strafzettel an einem Tag definitiv zu viel sind.« Marianne lachte, und zwei Grübchen zeigten sich auf ihren Wangen. »Stell dir vor: Ich wurde kontrolliert und hab den Geldbeutel mit dem Führerschein in der Bäckerei liegen gelassen.«
»Was kostet dieses Vergehen?«
»Zehn Euro.« Marianne schüttelte den Kopf, dass ihre Locken hin und her flogen, als wollten sie ihre Entrüstung über diese Gemeinheit zum Ausdruck bringen. »Dabei werden andere Verkehrsteilnehmer, die eine echte Gefahr sind, nicht zur Rechenschaft gezogen«, erinnerte sie sich an einen Lastwagen, der ihr gleich darauf die Vorfahrt genommen hatte. »Wenn man erwachsen geworden ist, muss man oft feststellen, dass Gerechtigkeit genauso real ist wie Elfen und Feen«, schmunzelte Fee. Sie verstand genau, was Marianne meinte. »Du sagst es. Gibst du Mario die Tüte? Und bestell ihm bitte Grüße von mir. Seit Wochen bekomme ich ihn kaum mehr zu Gesicht. Offenbar gefällt es ihm jetzt so gut in der Klinik, dass er gar nicht mehr heimkommen mag.« Felicitas wusste, worauf die Tortenkünstlerin anspielte. »Der Umbau der Pädiatrie ist aber auch wirklich gelungen«, musste sie zugeben. »Alles strahlt in neuem Glanz und die Räume, die Roman zusätzlich entworfen und gebaut hat, sind wunderschön.« Tatsächlich hatte Jenny Behnischs Lebensgefährte, der Architekt Roman Kürschner, ganze Arbeit geleistet.
»Klingt verlockend«, seufzte Marianne. »Vielleicht sollte ich Roman mal zu mir nach Hause einladen.«
»Oder du ziehst zu uns in die Klinik. Dann bekommst du deinen Liebsten auch öfter zu Gesicht.«
»Gute Idee!« Aus den Augenwinkeln sah Marianne die Verkehrspolizistin, die mit prüfendem Blick an den parkenden Autos vor der Klinik entlang wanderte. »Aber ich fürchte, ich muss woanders über die Durchführung nachdenken. Schönen Tag dir!« Sie umarmte Fee schnell, ehe sie sich im Laufschritt auf den Weg zu ihrem Wagen machte.
Die Ärztin sah ihr nach, wie die Tortenkünstlerin mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen einstieg und gerade noch rechtzeitig wegfuhr, bevor sie den zweiten Strafzettel des Tages kassierte. Dann machte sich Fee, bewaffnet mit der Tüte, die einen betörenden Duft verströmte, auf den Weg zu ihrem Arbeitsplatz. Im Aufenthaltsraum der Ärzte traf sie auf ihren Bruder, der mit ihrem ungeliebten Kollegen Volker Lammers zusammen stand. »Einen wunderschönen guten Tag, die Herren«, beschloss sie, Lammers‘ Angriffe der Vergangenheit wenigstens für diesen Augenblick zu vergessen und ihrer guten Laune freien Lauf zu lassen. Das war ein schöner Vorsatz. Doch ihr Lachen fand keinen Widerhall.
»Heute ist kein schöner Tag!«, knurrte Lammers.
Wenigstens wusste Felicitas, dass sie diesmal nicht für seine grimmige Miene verantwortlich war.
»Was ist denn passiert?«, erkundigte sie sich und drückte Mario die Tüte seiner Freundin in die Hand. »Mit schönen Grüßen von Marianne.« Dabei ließ sie den Kollegen nicht aus den Augen. »Der kleine Schmitz … Er hätte es um ein Haar nicht geschafft«, war es der Chef der Pädiatrie, der ihre Frage beantwortete. »Diese Blutung … Wahnsinn …«
»Wenn wir einen dieser neuen Diodenlaser gehabt hätten, wäre mit Sicherheit alles gut gegangen«, schimpfte Volker Lammers.
»Ich weiß nicht«, konnte sich Fee einen Widerspruch nicht verkneifen. »Wir wissen doch alle, dass letzten Endes nur das Schicksal über Leben und Tod eines jeden Menschen entscheidet.«
»Ich glaube nicht an Schicksal«, gab Lammers zurück und trank einen Schluck Kaffee aus seiner Tasse. »Vielleicht ist Ihnen das neu, aber die Entfernung von Lebermetastasen ist eine mit hohem Blutverlust und Schwierigkeiten verbundene Operation. Mit der Laserchirurgie wurden neue, schonende Verfahren entwickelt, mit denen sich gewebeschonend, blutungsarm und präzise größere Leberareale genauso resezieren lassen wie kleine, einzelne Metastasen«, hielt er ihr einen kleinen Vortrag.
Während Dr. Cornelius zuhörte, öffnete er die Tüte, die seine Schwester ihm in die Hand gedrückt hatte. Trotz seiner Verstimmung konnte er dem verlockenden Duft nicht widerstehen und bot den Kollegen Kirschplunder, Vanillehörnchen und Quarkbällchen an. Felicitas war der Appetit vergangen, aber Lammers griff ohne Zögern in die Tüte. Mario selbst entschied sich für ein Stück Plunder. Der Blätterteig zerbröselte in seinem Mund und vermischte sich mit der süßsauren Füllung zu einem einmaligen Genuss, der ihn seine Sorgen wenigstens kurz vergessen ließ. »Marianne weiß einfach, was ich brauche«, seufzte er.
Doch Lammers, der sein Quarkbällchen mit einem Bissen verschlungen hatte, war schon wieder beim Thema.
»Einen chirurgischen Laser«, beharrte er.
Dr. Cornelius seufzte.
»Sie wissen so gut wie ich, dass die Haushaltsmittel in diesem Jahr wegen der Renovierung der Pädiatrie erschöpft sind. Wir müssen uns wohl oder übel bis nächstes Jahr gedulden.«
Doch davon wollte Volker Lammers nichts wissen. Er leckte sich den Zucker von den Lippen und sah Fee an. Plötzlich spielte ein anzügliches Lächeln um seine Lippen.
»Es gäbe noch andere Möglichkeiten, an so ein Gerät zu kommen. Wir bräuchten einfach ein paar Sponsoren. Wie wär’s, wenn unsere Stellvertreterin zur Abwechslung mal ihre weiblichen Reize spielen lassen würde …«
»Das ist aber nett von Ihnen, dass Sie mir inzwischen so was wie Reize zugestehen«, konterte Fee. »Wenn ich mich recht erinnere, war das bis gestern nicht der Fall.«
»Stimmt, und ich habe meine Meinung auch nicht geändert«, ließ sich Lammers auf den Schlagabtausch ein. »Aber offenbar gibt es Männer, die an Ihnen was finden. Selbst wenn mir das für immer ein Rätsel bleiben wird.«
»Da hab ich ja noch mal richtig Glück gehabt, dass Sie mir als Verehrer erspart bleiben.« Es war ein hartes Stück Arbeit gewesen, sich nicht mehr über die Attacken eines Dr. Lammers aufzuregen. Doch Fee war stolz darauf, es inzwischen geschafft zu haben. Sie lächelte ihn an wie ein Engel und nickte den beiden Männern zu. »Dann werde ich mich mal an die Arbeit machen. Steht was Besonderes an?«, wandte sie sich an ihren Bruder, der die Nase schon wieder in die Tüte gesteckt hatte. »Frag doch bitte die Kollegin May. Sie hat uns vertreten, während wir uns um den kleinen Schmitz gekümmert haben«, murmelte er und griff nach einem Vanille-Schoko-Hörnchen. Fee gönnte ihm diese Erholungspause von Herzen