Sturz aus den Wolken: Dr. Norden 21 – Arztroman
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Über dieses E-Book
Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist.
»Tolles Foto. Das muss von einem Flugzeug aus gemacht sein.« Fee Norden saß in der Küche am Tresen und blätterte in einer Hochglanzzeitschrift. Dabei stolperte sie über das Bild, das das Innere eines Vulkans von oben zeigte. »Aber so tief kann doch kein Flugzeug über einem Krater fliegen.« Ihr Mann Daniel saß mit einer Tasse Kaffee neben ihr. Es war früher Samstagnachmittag. Das späte Frühstück, an dem nur zwei der fünf Kinder teilgenommen hatten, lag schon eine Weile zurück. Die Haushälterin Lenni stand an der Spüle und putzte Fische und Gemüse fürs Mittagessen. Ihr Verehrer Oskar Roeckl half ihr dabei. Oder versuchte es zumindest. »Nimm ein Schälmesser. So bleibt ja nichts von der Karotte übrig«, schimpfte sie und nickte mit dem Kopf Richtung Schublade. Fügsam ging Oskar hinüber und kehrte mit einem Obstmesser zurück. Lenni stieß ein abgrundtiefes Seufzen aus. »Muss man dir denn alles erklären?« Sie nahm ihm das Messer aus der Hand. »Das machst du bestimmt mit Absicht, damit du nicht helfen musst. Ich kenn doch die Tricks der Männer und Kinder.«
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Dr. Norden – Retro Edition
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Buchvorschau
Sturz aus den Wolken - Patricia Vandenberg
Dr. Norden
– 21 –
Sturz aus den Wolken
Familie Norden bangt um Felix
Patricia Vandenberg
»Tolles Foto. Das muss von einem Flugzeug aus gemacht sein.« Fee Norden saß in der Küche am Tresen und blätterte in einer Hochglanzzeitschrift. Dabei stolperte sie über das Bild, das das Innere eines Vulkans von oben zeigte. »Aber so tief kann doch kein Flugzeug über einem Krater fliegen.«
Ihr Mann Daniel saß mit einer Tasse Kaffee neben ihr. Es war früher Samstagnachmittag. Das späte Frühstück, an dem nur zwei der fünf Kinder teilgenommen hatten, lag schon eine Weile zurück. Die Haushälterin Lenni stand an der Spüle und putzte Fische und Gemüse fürs Mittagessen. Ihr Verehrer Oskar Roeckl half ihr dabei. Oder versuchte es zumindest.
»Nimm ein Schälmesser. So bleibt ja nichts von der Karotte übrig«, schimpfte sie und nickte mit dem Kopf Richtung Schublade.
Fügsam ging Oskar hinüber und kehrte mit einem Obstmesser zurück.
Lenni stieß ein abgrundtiefes Seufzen aus.
»Muss man dir denn alles erklären?« Sie nahm ihm das Messer aus der Hand. »Das machst du bestimmt mit Absicht, damit du nicht helfen musst. Ich kenn doch die Tricks der Männer und Kinder.«
Statt wütend zu sein, sah Oskar sie herzerweichend an.
»Frauen versteht man nicht, man liebt sie.« Ehe sie Gelegenheit zu einer Antwort hatte, beugte er sich über sie und drückte ihr einen unschuldigen Kuss auf den Mund.
Lennis Wangen wurden tiefrot. Nach so vielen Jahren des Alleinseins hatte sie sich noch nicht an diese Zärtlichkeiten gewöhnt, zumal die Liebe zwischen Oskar und ihr noch ein zartes Pflänzchen war.
Daniel schickte den beiden einen amüsierten Blick, ehe er sich auf seine Frau konzentrierte und sich ebenfalls über die Zeitschrift beugte.
»Du hast recht. Vielleicht ist das mit einer Spezialkamera fotografiert.«
Darüber hatte Fee auch schon spekuliert.
»Gibt es überhaupt Kameras mit so einer gigantischen Auflösung?«
Die beiden waren so vertieft in dieses Problem, dass sie keine Notiz von ihrem Zuhörer nahmen.
Schon vor einer Weile war der jüngste Sohn Janni in die Küche gekommen, um den Kühlschrank nach Essbarem abzusuchen. Die Diskussion der Eltern lenkte ihn von seinem Vorhaben ab. Ein kurzer Blick über Fees Schulter genügte.
»Das ist mit einer Drohne fotografiert.« Mit wegwerfender Handbewegung löste er das Rätsel. »Deshalb will ich ja unbedingt so ein Teil haben. Da kann man die irrsten Bilder und Videos aus einer völlig neuen Perspektive machen. Wenn ich die auf dem Computer bearbeite … ach …« Mitten im Satz hielt er inne. Er seufzte sehnsüchtig und verdrehte verzückt die Augen.
Genau wie sein Vater innerlich.
»Darüber haben wir doch schon tausend Mal diskutiert. Ich finde diese Dinger viel zu gefährlich. Erst neulich wäre so eine Drohne um ein Haar mit einem Flugzeug kollidiert.«
»Mann, Dad, wirst du eigentlich für’s Schwarzmalen bezahlt?«, stöhnte Jan auf. »Natürlich würde ich mich an Recht und Gesetz halten. Dein Vertrauen ehrt mich wirklich.«
Schon hatte Daniel eine scharfe Antwort auf den Lippen, als Fee ihm zuvor kam.
»Dürftest du so eine Drohne überhaupt fliegen lassen?« Bisher hatte sie sich aus den Diskussionen weitgehend herausgehalten.
Auf diese Frage schien Janni nur gewartet zu haben.
»Grundsätzlich braucht man für Geräte, die leichter als fünf Kilo sind, keine Genehmigung. Und solange ich mit der Drohne für private Zwecke fotografiere und filme und die Aufnahmen nicht veröffentliche, ist auch dafür keine Erlaubnis nötig«, ratterte er den Gesetzestext herunter, den er längst in- und auswendig kannte. »Im Übrigen darf ich nur im unkontrollierten Luftraum bis zu einer Höhe von 762 Metern und nur auf Sicht fliegen. Über Menschen und Menschenansammlungen, Unglücksorten, bei Polizeieinsätzen, über Kasernen, Kraftwerken und in der Nähe von Flughäfen hat eine Drohne nichts verloren.«
Felicitas staunte nicht schlecht.
»Alle Achtung, da hast du dich ja schon richtig ausführlich informiert.«
Janni legte den Kopf schief und sah seine Mutter schmelzend an.
»Ich hab gehofft, dass ich doch noch so ein Teil kaufen darf.«
»Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt«, scherzte Daniel, erntete aber nur ein müdes Lächeln seines Sohnes.
Diesen letzten Satz schnappte Oskar Roeckl auf. Er gesellte sich zu Janni und legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter.
»Sieht aus, als wäre heute nicht unser Glückstag, was, Sportsfreund?«, fragte er mitfühlend.
»Du bist wenigstens schon erwachsen und kannst machen, was du willst«, erwiderte Janni zähneknirschend.
Oskar lachte.
»Nicht, wenn Lenni dabei ist. Sie gibt mir immer wieder das Gefühl, ein Kleinkind zu sein.«
»Dann sollten wir uns zusammentun. Gemeinsam sind wir stärker«, machte Janni einen Vorschlag, ehe er Oskar am Arm aus der Küche zog. Er hatte eine Idee gehabt, die so aufregend war, dass er darüber sogar seine Esslust vergaß. Und das mochte was heißen.
*
»So, meine Herrschaften, ich hoffe, mit diesem Pensum ist Ihr Nachmittag gerettet.« Der Dozent der Verkehrsfliegerschule lächelte in die Runde der Schüler.
»Das schafft doch kein Mensch. Sie sind echt ein Sadist«, platzte Manuel Tinschert heraus. Als Sohn eines einflussreichen Unternehmers hatte er das Selbstbewusstsein bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Sein Tischnachbar Felix Norden dagegen hielt die Luft an. Von Anfang an glänzte Manuel mehr durch vorlaute Sprüche als durch bestechende Leistungen.
René Steinhilber sah das offenbar ähnlich. Kühl lächelnd musterte er den Schüler.
»Zu Ihnen bin ich besonders gern gemein. Und stellen Sie sich vor: Ich werd auch noch bezahlt dafür.«
Die Mitschüler prusteten und glucksten vor unterdrücktem Lachen. Um Manuel keine Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, klatschte Dr. Steinhilber in die Hände. »Wir sehen uns morgen in alter Frische.«
Augenblicklich erfüllten Stühlerücken und Murmeln den Raum. Auch die beiden Freunde packten ihre Sachen zusammen und standen auf. Manuel würdigte den Lehrer keines Blickes, als er an ihm vorbei aus dem Saal ging.
»Findest du nicht, dass es klüger wäre, mal den Mund zu halten?«, fragte Felix, als sie hinaus in den Sommertag traten. Der Himmel war bewölkt, aber die Luft warm. »Dann würde der Steinhilber bestimmt mal ein Auge zudrücken. Das ist jetzt schon die zweite Prüfung, die du bei ihm wiederholen musst.«
»Ach was, ein bisschen Spaß muss sein«, winkte Manuel unbeeindruckt ab und kickte einen Stein weg. Klackernd sprang er übers Pflaster und landete in einem Blumenbeet. »Geht dir diese dröge Theorie eigentlich nicht auf die Nerven?«
»Schon«, gab Felix